OT: Outlaw
Klappentext:
Ein hungriger kleiner Dieb, ihm auf den Fersen ein blutrünstiger Sheriff – im mittelalterlichen Sherwood weiß der verzweifelte Alan nu eine Zuflucht: die Bande von Vogelfreien um den sagenumwobenen Robin Hood. Sehr bald erkennt der berüchtigte Outlaw, wen das Schicksal ihm da zugespielt hat – der Junge mit der unglaublichen Singstimme soll ihm als Spion dienen. Denn einmal als Barde ausgebildet, wird er Zutritt zu den allerhöchsten Kreisen haben...
Der Autor:
Angus Donald, 1965 als Sohn eines britischen Diplomaten in China geboren, arbeitete als Journalist und Kriegsberichterstatter unter anderem in Afghanistan. Später zog er sich auf ein kleines Cottage in seiner britischen Heimat zurück, um Romanautor zu werden. Väterlicher- wie mütterlicherseits stammt Angus Donald vom ritterlichen Hochadel ab, was sein Faible für den von ihm gewählten Stoff erklären könnte.
Meine Meinung:
Schnörkellos und brutal, so beschreibt Angus Donald die Geschichte von Alan Dale, einem kleinen Jungen mit einer unglaublichen Singstimme, der unter die Fittiche von Robin Hood gerät. Aber das Leben im Sherwood Forrest ist nicht so glorienreich, wie es in Filmen und Büchern gerne dargestellt wird. Es ist grausam und hart, Alan muss eine Menge lernen und einstecken, er ist zwar ein Günstling von Robin, aber Vergünstigungen werden ihm dadurch trotzdem nicht gewährt. Besonders Guy, der Sohn von Thangbrand, auf dessen Hof Alan in der Kunst des Kampfes ausgebildet wird, hat es auf ihn abgesehen. Aus unerklärlichen Gründen hasst er ihn von Anfang an, ausgerechnet auf ihn trifft Alan dann später noch einmal am Hofe der Königin. Aber nicht nur in der Kampfeskunst wird Alan ausgebildet, mit dem Barden Bernard bekommt er einen Troubadour zur Seite gestellt, der ihm so einiges von den schönen Künsten beibringt. Denn Alan ist ein begnadeter Sänger, der gerne auch mit Robin selber Lieder und Balladen singt.
Eigentlich ein recht interessanter Plot, ein Blick hinter die wahre Fassade eines Helden. Losgelöst vom Hollywood Boom, kann der Autor das wirkliche Gesicht von Robin Hood und seinen Gefolgsleuten präsentieren. Dafür wählt er stilsicher die Figur des jungen Alan aus, einem Jungen, der noch formbar ist und die Welt aus zwar kindlichen, aber bereits erfahrenen Augen betrachtet. Früh musste er erlernen, dass das Böse überall lauert und man schon abgestempelt wird, wenn man zufällig nur aus dem falschen Stall kommt. Sein Talent, der Gesang, zählt nicht viel in dieser brutalen Welt, in der nur derjenige überleben kann, der den meisten Feinden den Kopf abhackt. Denn das Buch ist unglaublich brutal und grausam, ständig gibt es Kämpfe, abgehackte Gliedmassen und Serienvergewaltigungen. Ganze Dörfer werden vernichtet, die Einwohner abgeschlachtet, verstümmelt und vergewaltigt, das Blut tropft regelrecht aus den Seiten. Robin, als Anführer, kennt keine Gnade, Little John schwingt die Axt und die Glieder fallen. Es war halt auch die Zeit, in der man einem Dieb einfach die Hand abhackte zur Strafe, da wurde nicht lange gefackelt. Angus Donald erzählt das alles auch noch relativ emotionslos, mit Schmerzensschilderungen hält er sich nicht lange auf. Dafür aber umso mehr mit Details über langwierige Kämpfe und die Kunst des Tötens, über den ersten getöteten Feind des jungen Alan lässt er ihn lange nachdenken. Denn es war genauso ein junger Mann wie er auch, der nur das Pech hatte, auf der anderen Seite zu stehen.
Alan ist eigentlich die Hauptfigur, aber da Robin bekannter ist und Alan ständig an ihn denkt, spielt er eine genauso große Rolle. Sein Charakter ist sehr vielfältig, auf der eine Seite ist er brutal und nicht kleinlich mit seinen Strafen, auf der anderen Seite ist er ein begnadeter Schauspieler und Sänger, der auch mal aus voller Seele lachen kann. Auch die aus Filmen bekannten Nebencharaktere Little John, Bruder Tuck und Will Scarlet spielen eine ständige Rolle, allerdings leider nur nebensächlich. Über ihren wahren Hintergrund hätte man gerne noch mehr erfahren, sie bleiben leider sehr blass im Gegensatz zu Robin. In Sir Murdoc lässt der Autor dann das personifizierte Böse erstehen, dem Charakter gesteht er keine Wandlungsfähigkeit zu.
Wie viel ist Legende und wie viel davon ist Realität? Bis heute ist man sich nicht sicher, ob es wirklich einen Robin Hood gab. Mit Sicherheit gab es aber Banden von Gesetzlosen, die die Wälder unsicher machten und Verbrechen verübten. Angus Donald zeigt eine Möglichkeit auf, wie es wirklich hätte sein können, auch wenn er dazu leider eine sehr brutale Möglichkeit gewählt hat. Man muss schon viel Leid ertragen können, um hier bei der Stange zu bleiben. War es wirklich nötig, soviel Grausamkeit in die Geschichte zu bringen.
Fazit
Wie hat Robin Hood wirklich gelebt? Angus Donald gewährt einen tiefen Einblick in die sagenumwobene Gestalt eines Helden, der eigentlich gar kein Held ist, sondern schon sehr früh glorifiziert wurde. Mit einem gehörigen Maß an Brutalität und Grausamkeit kann man durch die Augen eines jungen Mannes einen ehrlichen Blick auf einen Helden einer jeden Kindheit werfen. Für sanfte Gemüter mit Sicherheit nicht geeignet muss jeder für sich selber entscheiden, ob er seine Kindheitshelden vom Podest stoßen möchte.
LG
Patty