Hans Rath: Da muss man durch

  • Nee, muss man nicht


    Auf der Suche nach Urlaubslektüre landete "Da muss man durch" eher zufällig auf dem Stapel - nach Cover, Autorenbio, Klappentext und Leseprobe (erste zwei Seiten) meinte ich, eines dieser lässigen, amüsanten, nicht unschlauen, vielleicht sogar hippen Jungsbücher á la Sachau, Uschmann usw. zu kaufen. Von Hans Rath hatte ich bis dato noch nichts gehört, und auch die Tatsache, dass es einen Vorgängerroman mit dem Titel "Man tut, was man kann" gibt, erfuhr ich erst später.


    Aber das ist auch alles herzlich egal.


    Der Mittvierziger Dr. Paul Schuberth soll "Vorstandschef" (welche Position damit genau gemeint ist, erklärt Rath nicht, aber das ist symptomatisch) des Verlags werden, in dem er bis jetzt Personalchef war. Deshalb, vor allem aber, weil die Entscheidung noch nicht endgültig gefallen ist, muss er zum Antrittsbesuch nach Mallorca, auf das Anwesen der Familie, der der Verlag gehört. Diese Familie besteht aus verhaltensauffälligen Knalltüten, etwa dem duckmäuserischen Sohn des weiblichen Familienoberhaupts, das wiederum nicht ohne Grund Elisabeth heißt, denn die Dame erinnert an eine gewisse britische Monarchin aus dem 16. Jahrhundert (Tudor-Dynastie). Außerdem gibt es eine promiske Enkelin, einen tumben Urenkel, einen saufenden Ehemann und so weiter. Und, natürlich, Iris, mit der Paul Schuberth kurz vor ihrer Hochzeit eine Affäre hatte.


    Der Held bewältigt die ganze Nummer aber vergleichsweise locker, setzt sogar seinen Kumpel Schamski als stellvertretenden "Vorstandschef" durch, gesteht nebenbei Iris seine Liebe, pimpert aber auch mit ihrer Schwester Audrey.


    Und so geht es dann (in Deutschland) weiter. Leider.


    Hin und wieder findet Rath einen schönen Vergleich, und es gibt sogar ein, zwei richtig pfiffige Abschnitte, etwa jenen, in dem der Protagonist darüber nachdenkt, dass es eine hübsche Idee ist, wenn sehr reiche Menschen ihre Besitztümer mit den Namen alter Kommunisten versehen (die Yacht der Familie heißt "Bertolt Brecht"). Meistens aber quält "Da muss man durch" mit lapidarem Geschehen, höchst simpler Sprache, vorhersehbaren Entwicklungen und aufgesetzt lustigen Einfällen. Der Autor brilliert mit Kenntnissen auf BUNTE-Niveau (z.B. juristische Recherche in Sachen "Schadenersatz" wäre durchaus angebracht gewesen) und arbeitet gerne mit haarsträubenden Zufällen, die sich auch noch häufen.


    Es gibt eine Stelle, an der merkt Paul - als andeutungsweise selbstironisches Alter Ego des Autors - an, dass die gesamte Geschichte gut für einen Groschenroman wäre. Ich konnte das beifällige Nicken nicht unterdrücken. "Da muss man durch" ist ein Groschenroman "in etwas schlauer", ausgedehnt auf 270 Seiten. Klischees, Stereotypen, Halbwissen, ein bisschen Sex, hin und wieder ein Gag, vermeintliche (aber unauthentische) Einblicke in die Welt "derer da oben" - und fertig.


    Gut, ich hatte ein anderes Buch erwartet, aber ich habe prinzipiell auch nichts gegen seichtere Unterhaltungsliteratur - so lange es gut gemacht ist.
    Ist es aber nicht, sondern vor allem nervtötend.

  • Zitat

    Original von Tom


    Gut, ich hatte ein anderes Buch erwartet, aber ich habe prinzipiell auch nichts gegen seichtere Unterhaltungsliteratur - so lange es gut gemacht ist.
    Ist es aber nicht, sondern vor allem nervtötend.


    Wenn du nach wirklich guter Urlaubslektüre suchst dann sei dir dieses Buch hier empfohlen. :grin


    Unterhaltend, spritzig und gut zu lesen. :wave

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • vermutlich bin ich durch die kürzliche lektüre von "die mohns" (s. rezi) noch beeinflusst, außerdem haben sicher viele promis eine residenz auf jürgen drews königsreich und der name elisabeth/elizabeth/liz ist gewiss auch nicht gerade selten. trotzdem: du bist sicher, nicht etwa einer bertelsmann-persiflage aufgesessen zu sein? gerade auf den letzten mohn-seiten spielen reisen nach mallorca eine nicht unerhebliche rolle im berufsleben mancher bertelsmänner und soziale attitüden hatte der im letzten jahr verstorbene reinhold ja auch, weshalb also kein schiff zum kraft und freude tanken namens brecht? :grin


    edit. isbn ergänzt

    Mögen wir uns auf der Lichtung am Ende des Pfades wiedersehen, wenn alle Welten enden. (Der Turm, S. King)


    Wir fächern die Zeit auf, so gut wir können, aber letztlich nimmt die Welt sie wieder ganz zurück. (Wolfsmond, S. King)


    Roland Deschain

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von krokus ()