Zurückkehren - Tahar Ben Jelloun

  • Berlin Verlag, 142 Seiten
    März 2010 erschienen!
    Originaltitel: Au pays
    Aus dem Französischen von Christiane Kayser


    Kurzbeschreibung
    Sein Leben lang arbeitet Mohamed bei Renault in Paris. Seine Kinder sind ihm entfremdet, er hat sie an Frankreich verloren. Und er hat nur noch einen Traum: in seiner Heimat Marokko ein Haus zu bauen, in dem er seine Familie wieder zusammenführen kann.Mohamed ist Muslim, Familienvater und Marokkaner - in dieser Reihenfolge. Und ein vorbildlicher Arbeiter: Vierzig Jahre hat er bei Renault in Paris am Fließband gestanden, Tag für Tag, nie kam er zu spät: Die Arbeit war sein Leben.
    Jetzt steht ihm die Rente bevor, und er zieht Bilanz: wie er 1962 sein Dorf in Marokko verlässt, nur den Koran in der Hand, der eingeschlagen ist in ein Stück vom Leichentuch seines Vaters und den er nicht lesen kann; die Heirat mit seiner Cousine; seine tiefe Religiosität, die ihm keine Assimilierung an die französischen Sitten gestattet, sein Abscheu aber auch vor den Fanatikern; seine fünf Kinder, die sich ihm entfremdet haben. "Lafrance", davon ist er überzeugt, hat ihm zwar Arbeit gegeben, ihm aber seine Kinder gestohlen: Er versteht ihr Französisch nicht, der eine Sohn hat eine Christin geheiratet und der andere, Rachid, nennt sich Richard.


    Über den Autor:
    Tahar Ben Jelloun wurde 1944 in Marokko geboren, lebt in Paris. Er gilt als bedeutendster Vertreter der französischsprachigen Literatur des Maghreb, wurde 1987 mit dem Prix Goncourt für seinen Roman "Die Nacht der Unschuld" ausgezeichnet.


    Meine Meinung
    Zurückkehren ist ein kurzer Roman, aber inhaltsreich. Er konzentriert sich vollkommen auf seine Hauptfigur Mohammed, der aus Marokko stammt, aber vor 40 Jahren nach Frankreich einwanderte. Mohammed ist Moslem, aber nicht fanatisch, er ist absolut ehrlich und treu, arbeitet hart und tut alles für seine Familie. Als er jetzt sein Rentenalter erreicht hat, glaubt er trotzdem mit leeren Händen dazustehen. Seine Kinder sind ihm entfremdet, Frankreich bot ihm Arbeit, wurde aber nie seine Heimat. Obwohl der Roman größtenteils in Frankreich spielt, kommt auf fast jeder Seite das Wort Marokko vor. Mohammed wägt die unterschiedlichen Länder gegeneinander ab, der Kühle Frankreichs steht die Rückständigkeit Marokkos gegenüber. Hier bringt der Autor viele Thesen ins Spiel, sicher überwiegend gute und richtige Gedanken, doch sie wirken nur dann, wenn sie am Beispiel der Figur direkt gezeigt werden, mit allen Konsequenzen. Einige sozialpolitische Ereignisse werden wie nebenbei erwähnt, fast nur um abgehakt zu werden, aber einige haben tatsächlich Auswirkungen auf den Protagonisten, z.B. wird bei den gewalttätigen Unruhen in Frankreich sein Auto abgefackelt.


    Die Stärke des Romans liegt in der Hauptfigur, und der Sprache, die Tahar Ben Jelloun findet, um seine Empfindungen zu beschreiben.
    Leider fällt dann das überzogene Ende in Marokko ab. Trotzdem kann man das Buch mit Gewinn lesen, den Tahar Ben Jellouns Stil ist überzeugend und er wagt sich an Themen, über die viele lieber schweigen.