Richard Price - Cash

  • Richard Price – Cash


    Verlag: S.Fischer
    Gebundene Ausgabe: 521 Seiten
    Originaltitel: Lush Life
    übersetzt von Miriam Mandelkow


    Klappentext


    Als der Barkeeper Ike Marcus auf dem Heimweg von einer Kneipentour erschossen wird, konzentrierten sich Detective Matty Clark und sein Team vom NYPD zuerst auf Mitopfer Eric Cash. Der behauptet, sie seien als Gruppe von zwei Bewaffneten überfallen worden, obwohl es gegenteilige Zeugenaussagen gibt. Wem sollen die Cops glauben? Bedrängt von den Medien und dem Vater des Opfers, müssen sie allen Spuren nachjagen, bevor sie erkalten ...


    Autor


    Richard Price wurde 1949 in der Bronx geboren. Viele seiner Romane wurden verfilmt, u.a. von Spike Lee. Price schreibt außerdem Drehbücher für Filme von und mit Martin Scorsese, Al Pacino und Paul Newman. 2007 gewann Price den Edgar Award für seine Arbeit an der hochgelobten TV-Serie „The Wire“, für die er monatelang bei der Polizei recherchierte. Er lebt in New York.


    Meinung


    Vier Sweatshirts in einem Pseudotaxi Ecke Clinton Street an der Abfahrt der Williamsburg Bridge beim Abschöpfen der kleinen Fische. Die Task Force Lebensqualität. Ihr Mantra: Dope, Kanonen, Überstunden; ihr Motto: Jeder hat etwas zu verlieren.


    Ein Meisterwerk, ein amerikanisches Meisterwerk. Price schreibt und beschreibt das Leben in New York auf kühle, distanzierte, bisweilen abgehackte Weise, und doch befinde ich mich mitten drin, direkt neben Matty, dem Detective des NYPD, der Ike Marcus Mörder sucht, direkt neben Billy Marcus, für den der Tod seines Sohnes unfassbar ist und dessen Gewissen keine Ruhe lässt, der helfen will und dabei doch die Arbeit der Polizei mehr behindert denn unterstützt, und direkt neben Eric Cash, der unter Verdacht gerät und dadurch langsam, körperlich wie seelisch, auf den Abgrund zu trudelt.
    Price Beschreibungen sind bildhaft, seine Vergleiche zum Niederknien.
    Anfangs verwirrte mich die rasche Reihe an Namen, Szenen und Dialogen, und ich brauchte eine gewisse Zeit, um mich ein und zurechtzufinden. Doch es hat sich gelohnt, dranzubleiben, meine Begeisterung wuchs mit jeder Seite. Price gelingt mit nur wenigen Worten eine genaue Innenansicht seiner Protagonisten, ihr Denken, Handeln und Fühlen auf das Hauptsächliche zu reduzieren und für den Leser greifbar zu machen.


    Fazit


    Absolut lesenswert!

  • Vielen Dank Kristin für die tolle Rezi. :wave
    Mich hat das Buch auch total begeistert und mir ging es ähnlich wie dir - nach anfänglichen Schwierigkeiten mit den vielen Namen hat es sich absolut gelohnt dranzubleiben.
    Ein grandioser New York-Roman fernab der glamourösen 5th Avenue

    Herzlichst, FrauWilli
    ___________________________________________________
    Ich habe mich entschieden glücklich zu sein, das ist besser für die Gesundheit. - Voltaire

  • Danke für die Rezension. :wave Ich habe das Buch schon im SUB - wie auch noch mehrere Bücher von Richard Price - und freue mich drauf.



    Zitat

    Autor


    Richard Price wurde 1949 in der Bronx geboren. Viele seiner Romane wurden verfilmt, u.a. von Spike Lee. Price schreibt außerdem Drehbücher für Filme von und mit Martin Scorsese, Al Pacino und Paul Newman. 2007 gewann Price den Edgar Award für seine Arbeit an der hochgelobten TV-Serie „The Wire“, für die er monatelang bei der Polizei recherchierte. Er lebt in New York.


    Das ist doch eine gute Gelegenheit, wieder mal The Wire zu empfehlen. ;-)



    .

  • Cash – Richard Price


    Rückseite
    Drei Männer werden nachts in der Lower East Side von zwei dunkelhäutigen Jugendlichen überfallen. Einer der drei wird erschossen, die Täter fliehen. Der Hauptzeuge, Eric, verstrickt sich bei der Polizei immer tiefer in Widersprüche. Detective Matty Clark kommen jedoch bald Zweifel an seiner Schuld. Richard Price lässt in seinem in den USA hymnisch gefeierten Bestseller die Fassade des strahlenden, neuen New Yorks bröckeln und zeigt die dahinter liegenden Risse, die unter dem Glamour verborgene Macht und Gewalt. "Nicht heute Nacht" ist ein Röntgenblick auf die Lower East Side, ein großer Roman von einem meisterhaften Gegenwartschronisten


    Meine Meinung
    Ich halte Cash im Gegensatz zur allgemeinen Meinung jetzt nicht gleich für ein Meisterwerk, denn ich erkenne nicht die so große Relevanz in der Umsetzung der Themen. Die Themen sind wichtig, aber Richard Price wertet nicht. Ansonsten hat das Buch nach einem schleppenden Anfang natürlich wirklich eine Menge zu bieten.


    Zwei Barkeeper (Ike und Eric) werden überfallen, einer wird erschossen.


    Der Roman heißt im Original „Lush life“, ein besserer Titel als das langweilige deutsche „Cash“, das sich auf den unschuldig Verdächtigten Barkeeper Eric Cash bezieht, der zwar eine wichtige Rolle im Roman spielt, aber er hat kaum eigene Szenen und es geht nicht nur um ihn. Auch Billy, der Vater des Ermordeten versucht der Tat auf die Spur zu kommen. Billy ist vom Tod seines Sohnes traumatisiert. Ziemlich am Ende des Buches sagt er:
    “Mein Sohn Ike liebte New York. Und diese Stadt hat ihn ausgespien... Diese Stadt hat Blut am Maul. Diese Stadt…
    Was braucht man, um hier zu überleben? Wer überlebt. Die, die Halbtoten? Die Bewusstlosen?“


    Der Roman steigert sich mit der Zeit. Die beschriebene Polizeiarbeit inklusive dem Verhalten der Menschen bei den Verhören oder Befragungen wirkten sehr realistisch.
    Richard Price berücksichtigt beim Darstellen der New Yorker Lower East Side im Jahr 2002 auch das unterschiedliche Verhalten in Sprache und Kultur verschiedener Bevölkerungsgruppen.


    Sprachlich sind das abgehackte und der Slang gewöhnungsbedürftig und, so vermute ich, durch die Übersetzung erheblich gemindert. Immerhin sind viele Dialoge hardboiled gehalten, dabei auch überraschend und originell, aber auch da denke ich manchmal, sie sind direkt für einen Film geschrieben. Die Charaktere bleiben nur angerissen, keine der Figuren geht mir Nahe oder gefällt mir so richtig. Durch die vorhergehenden Verfilmungen von Richard Prices Büchern, z.B. der gelungen Film „Clockers“ von Spike, musste ich bei manchen Charakteren direkt an die typischen Schauspieler denken, vor allem an Harvey Keitel bei Matty Clark.
    Vermutlich sind die Charaktere absichtlich nicht ausgestaltet, damit der Leser sie sich gedanklich freier vorstellen kann.


    Zweifelsohne ist Cash ein interessantes Buch, aber mein größtes Problem ist, dass der Roman in Teilen gleichzeitig Krimi als auch Gesellschaftsroman sein will, und so die eine Seite immer der anderen schuldet. So fasse ich es jedenfalls für manche Passagen auf! Am Ende fehlt mir trotz der großen Komplexität etwas, aber ich könnte mir vorstellen, dass das in einer guten Verfilmung mit ausdrucksstarken Schauspielern ausgeglichen wird.
    Von mir bekommt das Buch 6 von 10 Punkten!

  • Ich habe das Buch auf Englisch gelesen und fand es fantastisch. Gekauft hatte ich es mir, weil es schamlos mit des Autors Verbindung zu "The Wire" wirbt, jedoch nicht zu Unrecht, denn das Buch kann man gut und gerne direkt neben David Simons "Homicide" stellen, dahin passt es perfekt.


    Ich habe es nicht als Krimi wahrgenommen, da wir relativ bald erfahren, wer der Täter ist und die Lösung den Cops eher in den Schoß fällt. Mein einziger winziger Kritikpunkt ist, dass ich ganz gern etwas mehr vom Täter gesehen hätte und dafür vielleicht weniger vom trauernden Vater. Aber vielleicht ist es so schon OK, denn das ist eine Seite, die seltener betrachtet wird.



    Matty und Yolonda fand ich auch sehr gut getroffen und ich fand auch das Ende sehr gut, als Matty zum nächsten Fall gerufen wird und schon weiß, dass es nun wohl wieder von vorne beginnt, wenn ihn auch der nächste Fall mangels lästigen Vaters vielleicht weniger belasten wird.


    Ich werde mir den Namen Richard Price auf jeden Fall merken und bin in diesem Fall sehr dankbar über die Werbung am Cover.
    -

  • Cash steht bei mir schon lange im Regal, in das ich es nach einem ersten Leseversuch schnell wieder verbannt hatte.
    Diesmal hatte ich mehr Ausdauer, auch wenn die ersten Kapitel immer noch schwierig waren. Zu fremd sind mir die geschilderten Menschen, die Welt, in der sie leben. Es braucht Zeit, sich in dieser Großstadt zurechtzufinden.
    Mich hat besonders beeindruckt, wie genau und fast immer wohlwollend Price auch die Nebenfiguren beschreibt. Selbst wenn sie kein bisschen sympathisch erscheinen - er schildert sie immer als Menschen, deren Verhalten nachvollziehbar ist. Egal wie sehr man ihre Taten verurteilen muss.
    Hier hat es mich nicht gestört, dass die Leserin schon von Anfang an wusste, wer die Täter waren. Für mich hat die Schilderung der Stadt und der Lebensumstände ihrer Bewohner hier den größeren und wichtigeren Anteil gehabt. Und die ist gelungen.
    8 von 10 Punkten.