Ninas Reise. Wie meine Mutter dem Warschauer Ghetto entkam - Lena Einhorn
Inhalt
Kurz vor ihrem Tod erzählt Nina Einhorn ihrer Tochter Lena die bewegende Geschichte ihrer Jugend: vom Einmarsch der Deutschen in die polnische Heimat, von der erschreckenden »Normalität« zwischen Familienleben und Zwangsarbeit im Warschauer Ghetto und von der Deportation des Vaters in ein Konzentrationslager. In letzter Minute gelingt Nina mit ihrem Bruder und ihrer Mutter die Flucht aus dem Ghetto und ein nervenaufreibendes Versteckspiel beginnt ...
Ein brillant geschriebenes Stück Zeitgeschichte - ausgezeichnet mit dem renommierten schwedischen August-Preis 2005
Autorin
Lena Einhorn, geboren 1954, ist eine der bekanntesten Dokumentarfilmerinnen und Buchautorinnen Schwedens. Ihr Buch "Ninas Reise" erhielt 2005 den "Augustpreis", den renommiertesten Buchpreis Schwedens, und stand wochenlang auf Platz 1 der schwedischen Bestsellerliste. Ihr Film mit demselben Titel wurde mit dem "Guldbaggen", dem wichtigsten Filmpreis Schwedens, sowohl für das beste Buch als auch das beste Manuskript ausgezeichnet. Auch ihr zweites Buch, "Das Rätsel von Damaskus", steht seit Erscheinen auf der schwedischen Bestsellerliste; die Rechte wurden in zahlreiche Länder verkauft.
Meine Meinung
Auch dieses Buch wollte ich schon länger lesen. Seit ich es bei der Vorschau neuer Bücher gesehen habe, stand es auf meiner Wunschliste.
An den Film der gleichzeitig veröffentlicht wurde, konnte ich nicht kommen, leider. Den gibt es scheinbar nur auf Schwedisch und Polnisch. Und schwedisch kann ich leider gar nicht und polnisch nur rudimentär.
Wäre sehr schön, wenn es den einmal auf Deutsch geben sollte.
Ninas Tochter Lena hat hier die Geschichte ihrer Mutter veröffentlicht. Nach deren eigenem Bericht und nach sehr langen gemeinsamen Gesprächen. Gespräche und Berichte über ihre Jugend. Schon während ihrer Zeit im Warschauer Ghetto und in der Zeit des Versteckens schwor sich Nina, die Welt zu informieren, über ihr Leben während der deutschen Invasion und der Judenverfolgung zu berichten – als Zeugnis. Zeugnis einer der so wenig Überlebenden des Warschauer Ghettos.
Bis 1939 lief das Leben in Lodz für die damals 13 jährige Nina und ihre Familie noch völlig normal, sie lebte das typische Leben gutsituierter polnischer Juden zu der Zeit. Ging zur Schule, besuchte Ihre Verwandtschaft mütterlicherseits in Amerika. Wollte keinesfalls dort bleiben und immigrieren, wie es ihre Mutter eigentlich vor gehabt hatte.
Sie drängte darauf, in ihr geliebtes Polen nach Hause zu fahren. 1939.
Dann der 1.September 1939. Langsam aber kontinuierlich machten sich die Einschränkungen, die bisher nur die deutschen Juden betraf auch hier immer deutlicher.
Nina und ihre Familie müssen in den jüdischen Bezirk in Warschau – das Ghetto ziehen, ebenso wie alle anderen Warschauer Juden und die aus anderen Städten…..
Das Buch schildert den Überlebenskampf in dem Ghetto, die Not zur Kreativität um überhaupt dort überleben zu können. Den Beginn der Räumung auf Veranlassung Himmlers, den täglichen Kampf, nicht zu den Menschen zu gehören, die „gen Osten transportiert“ werden.
Den Widerstand des Ghettos, schließlich die völlige Zerstörung.
Die Flucht Ninas, ihres Bruders und ihrer Mutter.
Es folgt der noch lange andauernde Versuch, sich zu verstecken, unerkannt zu bleiben.
„Nicht zu existieren“, wie es Nina ausdrückt.
Bis es dann endlich im Januar 1945 die russischen Militärs in Warschau einrücken und die Stadt befreien.
Kurz wird auch noch der weitere Werdegang Ninas erzählt.
Ein sehr beeindruckendes Buch. Und in diesem Fall empfinde ich es auch als gefühlvoller, emotionaler erzählt, als das Buch – Versuche Dein Leben zu machen – das ich kurz vorher gelesen habe.
Die Erzählweise ist nicht in der Ich Form geschrieben, die Tochter beschreibt das Leben ihrer Mutter, läßt sie aber doch oft sozusagen selber zu Wort kommen. Diese Teile sind dann in der Ich Form.
Und Nina erinnert sich gut, sehr gut an die Zeit, die 60 Jahre zurückliegt.
Viele kleine Begebenheiten kommen in dem Buch zur Sprache und genau diese sind es, die es so sehr menschlich machen. Man hat förmlich das Gefühl die junge Nina vor sich zu sehen.
Den Teenager, der nie einer sein durfte.
Es ist dadurch auch sehr flüssig zu lesen.
Die Teile, an die Nina keine Erinnerung hatte, oder die sich nicht in ihrem unmittelbaren Leben abspielten, ergänzt Lena durch Berichte aus Archiven und Berichten. So geschickt integriert, daß es dem Lesefluß keinen Abbruch tut und auch die Geschichte nicht verändert.
Fazit:
Ein sehr einfühlsames, bezeugendes Buch, das das Leben im Warschauer Ghetto beschreibt.
Die Gefühle einer Jugendlichen, die nicht Jugendliche sein durfte, sondern schnell erwachsen werden mußte.
Den Überlebenswillen und Überlebenskampf einer starken Frau ,