'Die Magistra' - Kapitel 18 - Ende

  • Vielleicht kann ich dir auch noch ein bißchen weiterhelfen ...


    Zitat

    Original von Orlando
    Ist die generelle Rolle der Frau im 16. im Vergleich zu dem Verhalten von Philippa nicht doch eine andere, weniger 'aufmüpfige' gewesen, und zwar sowohl vom gesellschaftlichen Standpunkt, als auch vom Selbstverständnis her?


    Das ist eine extrem schwierige Frage, die durch unser heutiges Selbstverständnis komplett verfärbt sind. Allein schon, weil wir unter "(Selbst)Erfüllung" und einem "geglückten Leben" etwas ganz anderes verstehen als die damaligen Menschen.
    Zumindest kann man davon ausgehen, daß die frühe Neuzeit (ich für meinen Teil rechne die Reformation nicht mehr ins Mittelalter) eine sehr zerrissene Epoche war. Die christliche Verheißung war in den vergangenen Jahrhunderten allzuoft enttäuscht worden, also verlegte man sich auf kruden Aberglauben, Hexenwahn oder (angesichts der Korruption in der Institutionen der Kirche) vielfach sogar auf eine fast anti-religiöse Haltung.
    Auch in den sozialen Verhältnissen war vieles in Bewegung; schließlich führten die zahllosen Rekrutierungen zu einem Männermangel; das bedeutete für die Frauen mehr Möglichkeiten. Solche Situationen führen zwar erstaunlicherweise meistens zu einer Verschlechterung der Situation zumindest der jüngeren Frauen, aber in Einzelfällen bieten sie Gelegenheit zu bemerkenswerten Veränderungen wie z.B. die auffallend hohe Anzahl der Malerinnen in Italien, später auch im deutschsprachigen Raum.


    Zitat

    Und gab es den Titel "Magistra" überhaupt?
    Der 'Magister' ist doch ein akademischer, von einer Universität verliehener Grad, und Frauen durften im 16. Jhd. doch nicht studieren, oder?


    Ein akademischer Grad im engeren Sinne ist "Magister" erst seit dem 19. Jh., ansonsten bedeutet es schlicht und einfach "Lehrer" und als Universitätsabschluß (keineswegs vergleichbar mit heutigen Universitätsabschlüssen) bescheinigte es ursprünglich die Befähigung, fachlich diese Tätigkeit an Klosterschulen auszuüben.
    Wo Mädchen von einer Frau (auch!) im Lesen und Schreiben unterrichtet wurden (primäres Unterrichtsziel waren Fertigkeiten im Haushalt, beim Lesen reichte die Kenntnis des Gebetbuches, das Schreiben wurde meist sogar unterbunden), wurde diese Lehrerin als "Magistra" bezeichnet. Einen "Markenschutz" auf diese Bezeichnung gab es nicht.

  • Hallo Guido,


    (ich hoffe, Du schaust nochmal rein). Nachdem ich letzten Sonntag tatsächlich mal Zeit zum Lesen hatte, habe ich die letzten 200 Seiten in einem Rutsch durchgelesen.


    Den Kritiken kann ich mich nicht anschließen. Mir hat Dein Roman sehr gut gefallen und zwar insbesondere die meines Erachtens sensible Charakterdarstellung und -entwicklung, die verbunden mit Deinen Sprachfähigkeiten und Deinem Wissen einen flüssigen, spannenden und lehrreichen historischen Roman ergibt. Ein Teilnehmer der Leserunde hat dabei das Wort "belanglos" erwähnt. Es mag sein, daß der ein oder andere diesen Eindruck hat, weil die "große Politik" so unauffällig und geschickt in Deinem Roman verarbeitet wurde, daß die Tragweite des übermittelten nicht bewußt wird. Ich fand dies aber sehr gut, da so der Handlungsstrang nicht erdrückt wurde, der wenig politisch interessierte Leser darüber hinweglesen kann und der interessierte Leser diese Aspekte als Nebeneffekt genießen und aufnehmen kann.


    Einzige Kritikpunkte meinerseits: ein Glossar wäre tatsächlich hilfreich gewesen.


    Ansonsten noch ein Wunsch: ich wollte schon immer mal einen tollen historischen Roman über das Hambacher Fest lesen... er darf auch ruhig richtig dick sein! Und da Du ja grad um's Eck wohnst, läge das doch nah...


    Frohe Weihnachen und ein gutes neues Jahr
    Pelican :wave

  • So, habe heute die letzten Kapitel in einem Rutsch durchgelesen. Mein Urteil? Bin hin- und hergerissen. Einerseits hat mir der Roman gefallen, weil es um reale Ereignisse der deutschen Geschichte ging, aber leider haben mir die Wissenslücken das Lesen erschwert. Andererseits fand ich einige Partien schlecht, z.B. das Ende, als sie die Urkunde in dem Gobelin findet und damit ein Happy-End passiert, der Auftritt von Abbeke und Sebastian, der mir zu kurz war und die Sache mit Wolfger. Das habe ich nicht so recht verstanden, warum hat er so einen Einfluß auf sie? Und was will er überhaupt? Hm... hab vielleicht den Teil auch nur überpflogen, weil mir die geschichtlichen Hintergründe fehlten. Was mich auch gestört hat, waren die lateinischen Begriffe, die nur teilweise im Text erläutert wurden.


    Auf jeden Fall für das nächste Mal bitte: Ein Glossar und ein Personenverzeichnis.


    Abschließend: 3 von 5 Daumen.


    @ Guido: Danke für die Begleitung der Leserunde und die ausführlichen Erläuterungen.

  • Hallo Guido!


    Ich hatte heute Zeit zum lesen, und habe das letzte Drittel ziemlich in einem Rutsch durchgelesen.


    Auch ich bin hin- und hergerissen.


    Einerseits hat mir der Roman sehr gefallen, und ich emfand ihn als spannend. Andererseits wies er im letzten Drittel doch Längen auf, und ich mußte mich stellenweise durchquälen.
    Im letzten Drittel stieg der Spannungsbogen wieder.


    Philippa findet die Urkunde im Gobelin und alles ist pink (wobei sich mir die Frage stellt wo eigentlich das geänderte Testament von Phillipas Vater geblieben ist????).


    Das Ende empfand ich als zu abgeharkt, als hättest Du schnell zum Schluß kommen wollen/ müssen.


    Auch empfand ich Phillipa zu glatt und zu männlich.
    "Philippa traten vor Angst die Tränen in die Augen. War dies wirklich das Ende? Nun, sie würde Haltung bewahren."


    Ich fand das zu tough. Und ich hätte mir gewünscht das sie öfter mal weiblicher im Buch erscheint, Gefühle zeigt und nicht immer so beherrscht ist.


    Auch wäre ein Glossar schön gewesen. Mit manchen Begriffen konnte ich einfach nichts anfangen, da waren meine Wissenslücken zu groß.


    Trotzdem habe ich Dein Buch sehr gerne gelesen, und ich hab mir zum Schluß hin gewünscht (was keine Kritik ist, nur persönliches Empfinden), dass Du noch ein wenig mehr von Münster erzählst. Es liegt gar nicht weit weg von unserer Stadt, und meine Schwester studiert dort derzeit :-).


    Mir hat das Lesen dieses Buches trotzdem viel Spaß gemacht. Vielen Dank für dieses schöne Buch, und einen guten Rutsch ins Jahr 2005 :-)!


    Lg Katja

    LG Katja :wave


    "Die reinste Form des Wahnsinns ist es ,
    alles beim alten zu lassen .
    Und gleichzeitig zu hoffen , das sich etwas ändert."-Albert Einstein ."


    :lesend "FÜNF "- Ursula Poznanski

  • Nachtrag:


    Hallo Guido!


    Sag mal, kannst Du mir das mit den Käfigen an der Lambertikirche noch etwas genauer erläutern?


    Seitdem wir damals in der 6. Klasse einen Schulausflug nach Münster machten gruselt es mich bis heute, wenn ich zu den Käfigen hochblicke. Wurden die Menschen vorher hingerichtet, oder darin hochgezogen und zur Schau gestellt bis sie z. B. erfroren oder verdursteten?


    In Jever hängt auch so ein Käfig über einer Graft. Weißt Du zufällig, ob der dieselbe Bedeutung hatte?


    Hach, ich liebe es beim lesen etwas über die damalige Zeit dazu zulernen!!!


    LG und noch ein Extra- :wave (ich vergaß ihn vorhin)


    Katja :wave

    LG Katja :wave


    "Die reinste Form des Wahnsinns ist es ,
    alles beim alten zu lassen .
    Und gleichzeitig zu hoffen , das sich etwas ändert."-Albert Einstein ."


    :lesend "FÜNF "- Ursula Poznanski

  • Hallo Katja,


    ja, da geht es Dir genauso wie mir. Ich finde diese Käfige auch zum Gruseln. Als ich an der "Magistra" arbeitete, bin ich nach Münster gefahren, um mir den Prinzipalmarkt, den Dom und eben auch die Lambertikirche anzuschauen.
    Mit den Käfigen hat es folgende (schockierende) Bewandtnis: Nachdem das Reich der Wiedertäufer in Münster 1535 durch die Truppen des Fürstbischofs Franz von Waldeck und des Landgrafen von Hessen zerschlagen worden war, hielt man ein strenges Strafgericht an den führenden Täufern. Das waren der "König von Münster" Jan Bockelson, der ehemalige Bürgermeister Bernhard Knipperdolling und ein Ratsherr namens Heinrich Krechting. Alle drei wurden zum Tode verurteilt. Als man dem sog. König im Prozeß vorwarf, er habe die ehemals reiche Stadt Münster während seiner Wiedertäufer-Herrschaft völlig ausgeplündert, soll dieser angeblich selbst den Vorschlag gemacht haben, ihn und die anderen Gefangen in Käfige zu stecken und übers Land zu fahren. Sozusagen als Jahrmarktsattraktion. Und so wurde es gemacht. Die Leute kamen, gafften und zahlten. :wow
    Anschließend wurden die drei auf dem Prinzipalmarkt in Münster hingerichtet und zur Abschreckung in den Käfigen an den Turm gehängt. Da waren sie natürlich schon tot.
    Eine wirklich grausame Angelegenheit, aber für die damalige Zeit nichts Besonderes. Von dem Beispiel, das Du genannt hast, habe ich noch nichts gehört. Es könnte natürlich ähnliche Hintergründe haben.


    Liebe Grüße und einen guten Rutsch,


    Guido :wave

  • Hallo Guido!


    Frohes neues Jahr :-)! Ich war gestern noch in Münster, und bin zackig an den Käfigen vorbei, mußte dann aber in genügend Entfernung (es gruselt mich wirklich jedesmal wenn ich daran vorbei laufe) doch noch mal hochschauen und an Dein Buch denken. Die Käfige sind an der Lambertikirche sogar beleuchtet, damit man sie auch im Dunkeln als Mahnmal sieht, das war irgendwie noch unheimlicher als wir auf dem Rückweg waren und man sie so leicht leuchten sah.


    Sag mal, ist eigentlich noch eine Fortsetzung von der Magistra geplant?


    LG Katja :wave

    LG Katja :wave


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    :lesend "FÜNF "- Ursula Poznanski

  • Hallo Guido!


    Könntest Du mich bitte noch einmal anmailen wegen der Adresse, dann kann die Sendung heute noch rausgehen :-)!


    Vielen Dank und liebe Grüße, Katja :wave

    LG Katja :wave


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    Und gleichzeitig zu hoffen , das sich etwas ändert."-Albert Einstein ."


    :lesend "FÜNF "- Ursula Poznanski

  • Hallo Katja,


    eine Fortsetzung des Romans war eigentlich nicht geplant, aber man sollte ja bekanntlich niemals nie sagen.
    Mir ist wohl bewußt, daß die Geschichte der Philippa von Bora theoretisch weiter erzählt werden könnte. Reist sie tatsächlich nach Italien, um das Erbe ihrer Mutter in Besitz zu nehmen oder um dort endlich eine "richtige" Magistra werden zu können? Wie entwickelt sich ihre Beziehung zu Bernardi? Versucht er vielleicht, seinen Vater in Spanien aus den Fängen der Inquisition zu befreien? Läuft Philippa dem zwielichtigen Grafen Wolfger nochmal über den Weg?
    Diese Fragen könnten schon zu einer eigenen Geschichte führen. Aber - wie gesagt - geplant ist sie (noch) nicht. Da müsste auch mein Verlag mitspielen. Für die nächsten zwei Jahre bin ich mit anderen Romanprojekten auch ganz gut beschäftigt. Ich hoffe, daß diese - auch mein im Sommer erscheinender Roman über den Bamberger Reiter - den Leserinnen und Lesern ebenso gefallen werden wie die "Magistra".


    Liebe Grüße,
    Guido :wave

  • Zitat

    Original von Guido
    Diese Fragen könnten schon zu einer eigenen Geschichte führen. Aber - wie gesagt - geplant ist sie (noch) nicht. Da müsste auch mein Verlag mitspielen. Für die nächsten zwei Jahre bin ich mit anderen Romanprojekten auch ganz gut beschäftigt. Ich hoffe, daß diese - auch mein im Sommer erscheinender Roman über den Bamberger Reiter - den Leserinnen und Lesern ebenso gefallen werden wie die "Magistra".


    Hallo Gudio,
    na das wäre doch eine wirklich tolle Sache. Du solltest da mal wirklich drüber nachdenken. Es kann ja ein eigenständiger Roman sein, den man unabhängig von dem ersten lesen kann, aber mich würde es schon sehr interessieren, wie es mit Philippa weiter gehen könnte. :-)

  • Und mich sowieso, wär doch schön wenn es sie irgendwie wieder nach MÜnster verschlägt :-).


    LG Katja :wave

    LG Katja :wave


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    :lesend "FÜNF "- Ursula Poznanski

  • Noch nicht :-), hatte mich kurz vorher hier mit Guido über Münster unterhalten und die Käfige an der Lambertikirche. Deswegen "wieder" :-).


    LG Katja :wave

    LG Katja :wave


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    :lesend "FÜNF "- Ursula Poznanski

  • Hallo Wolke,


    erstmal noch ein gutes, glückliches Neues Jahr für Dich und alle Büchereulen!!!


    Na, da werde ich doch mal über ein mögliches Wiedersehen mit Philippa nachdenken. Lust hätte ich auf jeden Fall, irgendwann wieder einen Roman zu schreiben, der im aufregenden 16. Jahrhundert spielt.
    Man wird sehen! Ich freue mich auf jeden Fall, daß "Die Magistra" momentan so erfolgreich im Buchhandel läuft. :-)


    Liebe Grüße und vielen Dank auch an Dich und Morgana für Moderation und Starthilfen


    Guido :wave

  • So, bin gestern tatsächlich noch bis ans Ende gekommen. Meine Kritik hab ich weiter vorn schon angebracht. Finde das Buch alles in allem aber wirklich nicht schlecht. Das Ende kam mir etwas zu schnell. Mir fehlten manchmal Zwischenschritte. Zum Beispiel, wo Philippa Lupian plötzlich als Rottmann erkennt. Woraus schließt sie das so plötzlich? Mir fehlt da ein Stück, oder hab ich was verpasst???
    Gut fand ich übrigens, dass die Liebesgeschichte nicht ins Zentrum gerückt und sehr dezent abgehandelt wurde. Hab nicht selten historische Sachen gelesen, die durch eine aufgepresste Liebesgeschichte total zerstört wurden.
    Also, Guido, hat mir nach Anlaufschwierigkeiten Spass gemacht, war unterhaltsam und bildend, und wird in nächster Zeit nicht mein letztes Buch gewesen sein, in dem sichs um die Reformationszeit dreht...