Mariana Leky - Die Herrenausstatterin

  • Kurzbeschreibung
    Katja Wiesberg verschwimmt die Welt vor Augen. Ihr Mann ist fort, und sie ist ihren Job los. Katja ist allein. Da sitzt auf einmal ein älterer Herr auf dem Rand ihrer Badewanne und stellt sich als Dr. Blank vor. Es ist der Geist ihres ehemaligen Nachbarn. Und noch ein Fremder taucht auf: Nachts steht ein Feuerwehrmann vor der Tür, der behauptet, zu einem Brand gerufen worden zu sein und nicht wieder geht. Mit entwaffnender Zutraulichkeit nistet er sich in Katjas Leben ein. Erst allmählich begreift sie, wie gut er ihr tut: Ein kleinkrimineller Feuerwehrmann, der Karatefilme liebt, ist gerade das Richtige, um sie zurück ins Leben zu holen. Eine abenteuerliche Dreiecksgeschichte nimmt ihren Lauf, zwischen einer aus dem Alltag gefallenen Frau, einem überaus selbstbewussten Liebhaber und einem lebensweisen Toten, den allerdings nur Katja sehen kann. Mariana Lekys Roman verführt in eine Welt, die komischer und trauriger ist als unsere und dabei geisterhaft menschlich.


    Meine Meinung
    Katja hat Zahnschmerzen. Da ihr Zahnarzt im Urlaub ist, muss sie notgedrungen zu seiner Vertretung. Dr. Jakob Wiesberg behandelt sie mit Feingefühl und verweist auf ein Schild, dass bei ihm an der Wand hängt: „Gleich ist es vorbei.“


    Doch nicht alles geht schnell vorbei, denn zwischen Katja und Jakob fängt es erst an. Da Jakob einen Zweitschlüssel zu Katjas Wohnung besitzt, wohnen beide praktisch zusammen, was Jakob jedoch immer wieder dementiert. Stattdessen entscheiden sie sich zu heiraten.


    Als Katja erkrankt und an den Augen operiert wird, verändert sich die Beziehung, denn Jakob zieht sich immer mehr zurück. Katja ist ratlos und glaubt, dass Jakob eine Affäre hat, was dieser aber verneint.


    Ein paar Wochen später stirbt Jakob an den Folgen eines Autounfalls und Katja muss schweren Herzens erkennen, dass Jakob sie mit Alina betrogen hat.


    Gleichzeitig lernt sie Dr. Blank kennen.
    Dr. Blank, ein älterer Mann, ist ihr auf Anhieb sympathisch, doch schnell muss sie erkennen, dass dieser ein Geist ist, den sie als einzige sehen kann. Die beiden freunden sich an und Blank hilft ihr, die schwere Zeit zu überstehen.


    Kurz darauf lernt sie Armin Golling kennen, ein Feuerwehrmann, der plötzlich vor ihrer Tür steht, um einen nicht vorhandenen Brand zu löschen. Beide kommen schnell ins Gespräch und von nun an ist Golling ein regelmäßiger Gast in Katjas Wohnung.


    Katja merkt, dass beide ihr gut tun, aber können Golling und Blank sie auch ins Leben zurückholen?


    Ich muss gestehen, dass ich am Anfang große Probleme mit dem Buch hatte. Der Schreibstil hat mir zunächst gar nicht gefallen, da sich vieles wiederholt hat.


    Beispiel:


    Zitat

    „Dann stieg er schlaftrunken in seine Kleider, ging schlaftrunken los, [...] er kam schlaftrunken in die Praxis und durchquerte schlaftrunken sein volles Wartezimmer.“ (Seite 7)


    Die ersten 20-30 Seiten waren recht langatmig, jedoch hat mich das Buch ab dem Mittelteil überzeugt.
    Mariana Leky hat die Geschichte nicht nur flüssiger geschrieben, sondern noch eine große Portion Humor draufgelegt.


    „Die Herrenausstatterin“ wird aus Katjas Sicht beschrieben.
    Die Charaktere sind wunderbar beschrieben und man schließt besonders Dr. Blank in sein Herz.


    Das Cover ist sehr gelungen. Nicht nur die Farben sind gut gewählt, sondern auch die vielen einzelnen Motive, die zur Geschichte passen.


    „Die Herrenausstatterin“ ist ein nettes Buch für zwischendurch. Mehr aber auch nicht.

  • Anfangs brillant, aber dann ...


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    Die Heldin dieses eigenartigen Romans ist eine eigenartige, eigenwillige Frau. Die allgemein eher etwas unschlüssige Übersetzerin Katja Wiesberg trifft Jakob, der ihr neuer Zahnarzt ist, aber ein so ganz anderer Zahnarzt als die anderen vorher. Wenn man sich nach dem ungewöhnlich sensiblen Vorgespräch mit dem sympathischen und attraktiven Mann auf seinem Zahnarztstuhl niedergelassen hat und den Kopf anlehnt, kann man ein Schild lesen, das an der Decke des Behandlungsraums hängt: „Alles wird gut“ steht da.

    Wird es aber nicht. Jakob und Katja werden zwar bald ein ziemlich glückliches Paar und heiraten sogar, aber das Zusammenwohnen ist Jakobs Sache nicht (er zeltet lieber im Garten). Und auch die Treue, wie sich bald herausstellt. Er trifft die hübsche und etwas jüngere Alina, aber bevor dann noch Scheidung und ähnliche Katastrophen folgen, beendet ein Verkehrsunfallverursacher Jakobs Leben. Und Katjas Ehe. Und eigentlich alles andere auch.


    Bis dahin liest sich „Die Herrenausstatterin“ einfach genial, folgt ein brillanter, unglaublich humorvoller, nachgerade weiser Satz dem anderen, ist es ein unfassbarer Spaß, ein fulminantes Vergnügen, diese eigentlich unspektakuläre Geschichte zu lesen. Dann ist Jakob tot und Katja kommt nicht mehr so recht aus den Puschen. Evylin, die Kollegin und beste Freundin, geht mit ihrem Psychiater auf Weltreise, und Bengt, der gemeinsame Chef, gibt Katja Langzeiturlaub. Dann tauchen erst Blank und später Armin in ihrer Wohnung auf. Blank war Anfang sechzig, ist seit kurzer Zeit tot und kann nur von Katja gesehen werden, aber Armin ist jung und lebendig - und behauptet, Feuerwehrmann zu sein, was Katja aber nicht ganz glauben kann. Die beiden Männer werden jedenfalls ihre ständigen Begleiter auf dem Weg zurück ins Leben, und während Blank langsam schwindet, entsteht unerwartet Neues.


    Dieser zweite Teil ist ebenfalls sehr originell und sprachlich mehr als überzeugend, aber auch etwas gedehnt und überbemüht. Nicht jede Idee scheint der Geschichte zu dienen, sondern soll eher das Ende aufhalten, etwa der Trip nach Eindhoven und Armins Begegnung mit Ralph McQuincey, einem Karatefilmdarsteller aus den Achtzigern. Die hohe Dichte der ersten Seiten verflüssigt sich in Richtung Schluss immer mehr, wechselt beinahe ins Gasförmige. Und das fühlt sich leider an, als wolle die Autorin der Frage nach dem Warum auf diese Weise ausweichen.


    Bleibt eine toll erzählte, unkonventionelle Geschichte, die ab der Mitte zwar etwas versandet, aber unterm Strich immer noch prachtvoll unterhält, weil so viel Energie vom Anfang übrig ist.

  • Die Figur, die diesem Buch den Namen gab, nämlich "die Herrenausstatterin", ist die einzige, die in dieser Geschichte nicht verwundet ist.


    Es ist eine Geschichte über Trauerarbeit, über das Leben, das einen mitunter aus den Angeln hebt. Dabei kommt es gar nicht darauf an, warum jemand verschwindet. Ist es so wichtig, ober er physisch aus dem Leben tritt, also ob er stirbt, oder ob er eigentlich noch anwesend ist und ganz langsam verschwindet, ob er mit seinen Gedanken ständig bei einer anderen Person verweilt, obwohl er eigentlich gar nicht will? Die Liebe stirbt, und die Person gleich mit. Der Schmerz unterscheidet sich kaum. Der Übersetzerin Katja, der Protagonistin in diesem Buch, ergeht es so. Wer hoch fliegt, der fällt auch tief. Nach dem Tod ihres Mannes Jakob (wobei ich mir nicht sicher bin, ob dieser überhaupt stattfindet), dem seine Liebe für Katja an die jüngere Alina verloren gegangen ist, fällt sie in ein depressives Loch. Sie wird von ihrem Chef zwangsbeurlaubt, isst nichts mehr, betreibt keine Körperhygiene mehr, verwahrlost in ihrer Wohnung und lässt sich auf allen Ebenen gehen. Bis sie auf einen Unbekannten trifft, Blank, den nur sie sehen kann und der ihr fortan nicht mehr von der Seite weicht. Der mit ihr hochkalorische Astronautennahrung in der Apotheke kauft, Jakobs Sachen ausmistet, die Wände neu streicht und die Möbel verschiebt.


    Als es an Katjas Tür klingelt und der seltsame Feuerwehrmann Armin erscheint, mit dem Katja sowas wie eine Beziehung eingeht, aus der neues Leben entsteht, war ich noch nicht mal mehr überrascht. Der ist ebenso eingebildet, wie alles andere auch. Was unterm Strich gar nicht wichtig ist.


    Die Autorin beschreibt diese Stationen der Trauer in herzzerreißenden Metaphern, die Katja durchlebt. Und wie sie es schafft, alles zuzulassen und sich da heraus zu manövrieren. Am Ende lässt sie los und alles hinter sich, bereit für den Rest ihres Lebens. Wie Blanks Frau, die Herrenausstatterin.


    So habe ich dieses Buch gelesen.

    Das Schöne daran ist, dass man wohl lange darüber philosophieren kann, wie sie es eigentlich gemeint hat. Die Sache mit den leeren Booten, die sich auf dem Fluss nur kurz berühren und dann weiterfahren. Die Sache mit den vollen Booten, die an den leeren vorbeifahren und ein bisschen von ihrer Fracht abgeben. Ganze drei Rotweinflaschen könnte man darüber vernichten.


    Wie schön. Ein trauriges, lustiges, skurilles, merkwürdiges, außergewöhliches Buch.

    Ailton nicht dick, Ailton schießt Tor. Wenn Ailton Tor, dann dick egal.



    Grüße, Das Rienchen ;-)

  • Warum, zum Teufel, heißt dieses Buch "Die Herrenausstatterin"? Hab´ich da irgendeinen Wortwitz nicht verstanden oder einen anderen Zusammenhang? Der kurze Auftritt der untreuen Witwe Blanks kann doch nicht Titel-ausschlaggebend sein, oder?

    Ich habe das Buch übrigens gehört und fand, dass Sandra Hüller das ganz gut gemacht hat. Insgesamt hat mir diese Geschichte auf jeden Fall besser gefallen, als "Was man von hier aus sehen kann".

    „An solchen Tagen legt man natürlich das Stück Torte auf die Sahneseite — neben den Teller.“