Gebundene Ausgabe: 232 Seiten
Verlag: Schöffling
2010 erschienen
Aus dem Kroatischen von Brigitte Döbert
Kurzbeschreibung:
Freelander nimmt den Leser - wie schon der Roman Buick Rivera - mit auf eine rasante Fahrt. Der pensionierte Gymnasiallehrer für Geschichte Karlo Adum erhält ein Telegramm, das ihn zu einer Testamentseröffnung in seine Geburtsstadt Sarajevo zitiert. Widerwillig und eigens mit einer Pistole bewaffnet, verlässt er Zagreb und begibt sich auf eine abenteuerliche Reise. Je näher er in seinem treuen alten Volvo dem Ziel seiner Reise kommt, desto mehr Erinnerungen steigen in ihm auf: an seine hübsche, grausame »Mama Cica«, die gern mit deutschen und italienischen Offizieren flirtete; an den verrückt gewordenen Vater; an die von der Ustascha erhängten Kommunisten vor der Kathedrale; an die Fahrt zum Meer in einem Bus mit geistig behinderten Kindern und an seine eigenen Verfehlungen in einer Welt voller nationaler Animositäten. Miljenko Jergovic zeigt sich erneut als Sprachkünstler von fulminanter Erzählfreude. Inspiriert von der Landschaft, durch die die Reise geht, sinniert er mal melancholisch, mal urkomisch über die menschliche Dummheit und den Sinn des Lebens.
Über den Autor:
Miljenko Jergovic wurde 1966 in Sarajevo geboren und lebt jetzt in Zagreb. Er arbeitet als Schriftsteller und politischer Kolumnist und ist einer der großen europäischen Gegenwartsautoren.
Über die Übersetzerin:
Brigitte Döbert, geboren 1959, lebt in Köln. Sie übersetzt aus dem Englischen, Bosnischen, Kroatischen und Serbischen, neben dem Werk von Miljenko Jergovic unter anderem Dzevad Karahasan, Igor Marojevic, Biljana Srbljanovic und Dragan Velikic.
Meine Meinung
Der pensionierte Lehrer Karlo Adum unternimmt eine Reise durch den Balkan von Zagreb nach Sarajevo. Er erwatet eine geafhrvolle Reise, besorgt sich sogar dafür eine Waffe. Während der Fahrt gehen ihm viele Erinnerungen durch den Kopf, zum Beispiel an seine frühe Kindheit und seine Mutter. Das Erleben von aktuellen Geschehnissen und noch einmal durchleben der Erinnerungen machen den Stil des Romans aus, der nicht gerade bequem ist.
Einige Szenen sind sogar verstörend, zum Beispiel die Eskapaden von Karlos extrovertierter und exzentrischer Mutter und die mit dem gefangenen Bären, der von seinem grausamen Besitzer gequält ist, zugleich erinnert das an Geschehnisse im Krieg, die hier eine Fortsetzung erleben.
Es gibt auch leise humorvolle Passagen, doch überwiegend bleibt ein Gefühl der Bitterkeit, des Verdrängten der alten und neueren Kriegszeiten und sogar Fatalismus.
Ein Fatalismus, den der Autor sicherlich nicht teilt, die unterdrückte Wut seines Protagonisten spricht seine eigene Sprache.
Miljenko Jergovic erzeugt literarisch eine Bildersprache von Filmemacher wie Theodoros Angelopoulos oder Aki Kaurismäkis. Freelander ist also nicht ganz unanstrengend, jedoch beeindruckt das Ergebnis. Miljenko Jergovic ist sicher ein Autor, dessen Bücher man zukünftig im Auge behalten sollte.