Originaltitel: Hodejegerne (2008)
Ullstein Taschenbuch 2010, 301 S.
Über den Inhalt:
Roger Brown gilt als Top-Headhunter. Wenn er anruft, gehorchen die Bosse aufs Wort. Was niemand weiß: Brown spielt ein falsches Spiel. Doch dann geht einer seiner Coups grandios daneben, und plötzlich wird er zum Gejagten.
Über den Autor:
Jo Nesbø, 1960 geboren, ist Ökonom, Schriftsteller und Musiker. Seine Krimireihe um Kommissar Harry Hole wird in über dreißig Sprachen übersetzt und ist auch international längst ein Bestseller. Mit Headhunter hat er nun einen atemberaubend spannenden Thriller vorgelegt. Sämtliche Einnahmen aus diesem Roman fließen in eine von Jo Nesbø gegründete Stiftung, die sich für die Bekämpfung von Analphabetismus bei Kindern einsetzt. Jo Nesbø lebt in Oslo.
Meine Meinung:
Roger Brown führt ein privilegiertes Leben. Seinen Job beherrscht er perfekt, er trägt Designerkleidung, wohnt in einem großen Haus, fährt ein teures Auto und hat eine schöne Frau, die ihn liebt. Dass er nur 1,68 m groß ist, scheint der einzige Makel zu sein, mit dem er aber zu leben gelernt hat. Um seinen aufwändigen Lebenswandel finanzieren zu können, betätigt Roger sich nebenher als Kunstdieb.
Schon der Prolog läßt erahnen, dass es sich hier nicht um den Beginn einer neuen Serie, sondern um einen einzelnen Roman handelt. Und dass die Geschichte nicht so harmlos verläuft, wie sie anfänglich erscheinen mag.
Roger Brown hat überhaupt keine Ähnlichkeit mit Jo Nesbøs Serienheld Harry Hole. Roger ist arrogant, egoistisch, überheblich, ein Meister der Manipulation. Und es scheint, als hätte jetzt er seinen Meister gefunden. Denn der Coup, auf den er sich eingelassen hat, führt schnurstracks in die Katastrophe und plötzlich beginnt sein Leben an allen Fronten aus den Fugen zu brechen. Bisher hat Roger seine Fähigkeiten nur eingesetzt, um andere zu manipulieren oder zu berauben. Nun kann er zeigen, was wirklich in ihm steckt, denn jetzt geht es für ihn um’s nackte Überleben.
Jo Nesbø hat ein bitterböses Buch geschrieben, das ich über weite Strecken höchst amüsant, ja aberwitzig fand. Ja, das geht. Man kann einen spannenden Thriller schreiben, ein paar unappetitliche Szenen darin verpacken und trotzdem den Leser so unterhalten, dass er sich das Grinsen nicht verkneifen kann. Die Figuren waren mir durch die Bank unsympathisch, kein Bedauern darüber, was mit ihnen passiert. Sie sind Schachfiguren in einem Spiel, bei dem man nicht weiß, wer den nächsten Zug macht und welche Figur das Spielfeld verlassen muß.
Auf 300 Seiten legt Nesbø eine intelligente, temporeiche Geschichte vor, der es an Spannung und Tiefe nicht mangelt. Ihm gelingt das Kunststück, seinen narzisstischen Protagonisten in der Ich-Form erzählen zu lassen, dabei aber die anderen Figuren des Romans nicht zu vernachlässigen oder zu Statisten zu degradieren. Als Leser läuft man natürlich Gefahr, dem bislang so unfehlbaren Roger auf den Leim zu gehen und ihm in seinen Schlussfolgerungen ohne Zögern zu folgen. So nimmt die Handlung im Verlauf einige Wendungen, die nahezu genial sind und am Ende klappte ich das Buch mit einem Grinsen zu und dachte: warum nicht?