Kurzbeschreibung:
Ein Dorf, irgendwo in Norddeutschland. 1934. Ein SA-Mann erschießt bei einer Feldübung kaltblütig eine alte Frau. Die Tat bleibt ungesühnt. Nur ein pensionierter Lehrer, Mitglied der NSDAP, begehrt gegen den Mord auf und wird dadurch zu einem Fall für die Gestapo. Der Autor zeichnet ein beklemmendes Bild von einem Deutschland, das im Rausch nationaler Aufbruchstimmung von Führerkult und Gewaltanbetung beherrscht wird. Doch im moralischen Versagen einer Dorfgemeinschaft, kündigt sich bereits die kommende Katastrophe an.
Autor: Reinhard Düsterhöft arbeitet als Redakteur und Ferner Vögel leiser Schrei ist sein erstes Buch.
Meine Meinung:
Ich finde es schade, dass es nur sehr wenige Bücher über diese nahe Vergangenheit gibt, zu wenige Autoren wagen sich an das Phänomen einer Massenbewegung im negativsten Sinne heran.
Reinhard Düsterhöft hat den Schritt gewagt, und zum Teil gelingen ihm beeindruckende Schilderungen beklemmender Naivität und bäuerlicher Duckmäuserei. Langsam beginnt eine neue Idee Fuß zu fassen, die schlechten Zeiten helfen dabei. Ein Dorf beginnt sich, gegen eigene Leute zu formieren, Sonderlinge und Freidenker heraus zu fassen und zu verurteilen. Die Menschen verlieren zunehmend den Glauben an die Kirche und wenden sich einer starken Figur zu. Ein Sog entsteht, ähnlich wie die Vögel auf dem Cover, die dem Schrei des Führers folgen. Beklemmend beschreibt Düsterhöft eine schleichende Entwicklung, anfangs tanzen und feiern sie scheinbar unschuldig und glauben, ein KZ diene einzig der Besserung und Umerziehung von Kriminellen, doch die latente Gewalt brodelt bereits.
Die abrupten Perspektivwechsel erschwerten mir allerdings das Lesen zu Beginn. Oft musste ich mich innerhalb einer Szene mehrmals auf neue Charaktere einlassen. Meiner Meinung nach denken und fühlen zu viele verschieden Personen durcheinander. Lange fehlt mir eine Figur, mit der ich mich als Leser identifizieren kann. Bis zu dem Moment, wo der Mord passiert, da kommt richtig Spannung auf. Ich zittere mit dem alten Lehrer mit, der sich als einziger traut, den Mund aufzumachen.
Vielleicht war es die Absicht des Autors, anfangs in den Gedanken der unterschiedlichen Leute herumzuspringen, um die Darstellung der Beklemmung zu verstärken?
Fazit: ein wertvolles Buch, das mich einer Erklärung zu einem unglaublichen Phänomen ein Stück näher gebracht hat.
mlG
Sayyida