Inhalt:
Das Buch erzählt die Geschichte des Königreichs Jerusalem aus der Sicht des normannischen Tempelritters Rannulf, beginnend mit der Schlacht bei Montgisard (1177) bis zur Schlacht bei den Hörnern von Hattin (1187).
Rannulf ist der perfekte Ordensritter, bis er sich eines Tages in die Prinzessin Sybilla verliebt und sich den Marschall und zukünftigen Großmeister Gerard de Ridefort zum Feind macht. Gemeinsam mit ihm und seinen Kameraden erleben wir die letzten Jahre des leprakranken Königs Balduin IV, die Intrigen um dessen Nachfolge und den Anfang vom (langen) Ende der Kreuzfahrerstaaten in Outremer.
Autorin:
Cecelia Holland, geboren in Nevada, hat mit 12 Jahren zu schreiben begonnen. Ihr erster veröffentlichter Roman war „The firedrake“. Sie hält „Jerusalem“ für ihren besten Roman.
(Komplett verwirrt bin ich nun was die Cecelia-Cecilia-Frage betrifft, denn auf Cecelia Hollands Homepage scheint ein Buch namens „Antichrist“ auf, das offenbar das von mir gelesene „Wonder of the world“ ist, da hieß die Autorin allerdings noch Cecilia. Und ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass die Autorin von „Jerusalem“ solchen Blödsinn über die Templer verzapft hat, wie in dem Buch. Merkwürdig!)
Meinung:
Ich habe dieses Buch nun zum mindestens dritten Mal gelesen und, auch wenn es diesmal etwas länger gedauert hat, wieder sehr genossen. Und ich hatte plötzlich heftige Lust, eine Rezension zu schreiben, da es hier offenbar noch keine gibt.
„Jerusalem“ hat für mich einen ganz besonderen Stellenwert unter den historischen bzw. mittelalterlichen Romanen. Romane über Templer sind Mangelware. Romane über Templer, die sich einigermaßen so benehmen, wie man es sich vorstellt, sind Mangelware. Romane über Templer, die nicht Anfang oder Ende des Ordens behandeln, sind Mangelware. Romane über Templer, die nicht Gralsgeheimnisverschwörungstempler sind, sind Mangelware. Noch Fragen?
Das Buch ist nicht makellos, historisch weist es einige Mängel auf, der für mich am deutlichsten hervorstechende ist die Abwesenheit der Johanniter. Wie kann man die bei einer Geschichte dieses Zeitabschnitts in Outremer so total unter den Tisch fallen lassen?
Andererseits wiederum stellt Holland die Umstände und Intrigen am Hof von Jerusalem recht gut dar und man kann schön nachvollziehen, wo sie falsch abgebogen sind, um Saladin einen Gefallen zu tun.
Wie unschwer erkennbar verzückt mich an dem Buch am meisten das Templerbild. Auch das ist nicht makellos, vor allem in der zweiten Hälfte des Buches spazieren Rannulf und seine Gefährten im Tempel von Jerusalem ein und aus wie es ihnen Freude macht, auch wenn mal erwähnt wird, dass sie eigentlich immer zu zweit unterwegs sein sollten. Kurios auch, dass die Liebesaffäre von Stephen mit Saladins Neffen Ali bald schon so etwas wie ein offenes Geheimnis ist. Auch ist wenig zu spüren von der angeblich eisernen Disziplin des Ordens, wenn Rannulf zB stets das Maul im Kapitel weit aufreißt, ohne dafür mal strenger zur Ordnung gerufen zu werden. Und wo hat der deutsche Templer Felx sein i gelassen?
Jedoch, wer weiß? Es ist eine Sache, über die strengen Regeln zu lesen, aber wer weiß, wie es tatsächlich im Alltag ausgesehen hat. Leider versuchen sich ja zu wenige Romanautoren daran.
Und zumindest wissen die Templer hier, dass sie sich eigentlich regelmäßig versündigen, was bedeutet, dass Holland es weiß. Wie praktisch, dass diese Templer ihre ganz eigene auf den ersten Blick dezente Häresie praktizieren, die ihnen, sagen wir mal, ca. 140 Jahre später durchaus zum Verhängnis werden könnte. Schön gemacht, denn wir haben hier keine Gralsgeheimnisverschwörung, sondern etwas sehr viel kleineres, das aber dennoch jeden Priester zum Gift und Galle spucken verleiten würde.
Abgesehen davon fühlen sie sich für mich richtig an, denn sie leben im und für den Orden, mit wechselnder Begeisterung und Überzeugung zwar, aber konsequent bis zum Ende. Hattin, sage ich nur.
Aus Templersicht ist dies fast ein Happy End. Und das meine ich nicht mal ironisch.
Die Charaktere gefallen mir ebenfalls gut. Rannulf ist alles andere als ein Sonnenschein und ein recht untypischer Held, da er auf den ersten Blick nicht sonderlich sympathisch ist. Fürs Gemüt haben wir vor allem den netten Stephen, nicht grundlos „mouse“ genannt, der schnell vom feigen Neuling zum Schatten des Helden aufsteigt.
In diesem Durchgang ist mir Sybilla auch zum ersten Mal positiv aufgefallen. Ihre Darstellung scheint mir recht gut gelungen. Sie ist kein leichtfertiges Mädel, aber auch kein Opfer der Männerwelt. Sie versucht ihre Stellung zu halten und macht dabei einen verhängnisvollen Fehler.
Ein großes Lob gebührt Holland meiner Ansicht nach dafür, dass sie der Versuchung erlegen ist, hier eine richtige Liebesgeschichte einzubauen. Zwar verliebt sich Rannulf in Sybilla, aber es kommt niemals zu mehr als einem Kuß. Danke Holland. Und auch Stephen entscheidet sich für den Orden und seine Kameraden, statt für seinen Geliebten, auch wenn er weiß, was ihm das einbringen wird.
Die Hollands, Alders’ und Guillous dieser Romanwelt erhalten mir den Glauben daran, dass ich doch nicht vollends verrückt bin, weil ich Romane über „normale“ Templer lesen will. Danke Holland! Bis zum nächsten Mal.
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