Zum Buch:
In unvergesslichen, melancholischen Bildern beschreibt Evelyn Waugh das Ende der britischen Aristokratie am Beispiel der Marchmains auf Brideshead – aufgezeichnet von Charles Ryder, der sich mit Sebastian, dem Sohn des Hauses, während des Studiums in Oxford anfreudet. Die Marchmains auf Brideshead sind eine alte englische Adelsfamilie katholischen Glaubens, die sich der Gegenwart, in der ihre aristokratische Herkunft nichts mehr zählt, immer mehr entfremdet. Sebastian zerbricht an seiner Mutter und verfaellt dem Alkoholismus und trotz aller Sympathie für die Familie und seiner Liebe zu Sebastians Schwester Julia muss Ryder erkennen, dass sie alle tragische Opfer einer überholten Tradition sind.
Zum Autor (geklaut):
Am 28. Oktober 1903 wurde Evelyn Waugh als Sohn eines Verlegers im Londoner Vorort Hampstead geboren. Nach einem abgebrochenen Geschichtsstudium am Hertford College in Oxford begann er zunächst als Lehrer zu arbeiten, wurde später Journalist und erwies sich bald als ein intimer Kenner der «Bright Young People» - des tonangebenden Milieus der Upper Class in der englischen Hauptstadt und der großen und kleinen Tragödien, die die künftige Elite in Oxbridge in Atem hielten. Das vergnügungssüchtige Leben der Londoner High Society mit ihrer hektischen Jagd von einem Vergnügen zum nächsten, ihr exaltiertes und sorgloses Treiben in den Klubs und Salons im eleganten Mayfair der Golden Twenties wurde scharf pointiert, mit vielen Bosheiten und launigen Einfällen gespickt und freilich maßlos überzeichnet für die Nachwelt konserviert. Es dürften diese frühen Romane gewesen sein, die Edmund Wilson zu seinem bekannten Diktum veranlassten, Evelyn Waugh sei seit George Bernard Shaw der einzige geniale Komiker in England.
1928 heiratete Waugh, was wohl ein gefundenes Fressen für so manchen Spötter gewesen sein musste - denn der Bräutigam zog mit einer Evelyn Gardner vor den Traualtar. Freunde nannten sie fortan She-Evelyn und He-Evelyn. Das Paar führte eine perfekte Ehe, zumindest das eine Jahr lang, bis sich She-Evelyn in einen anderen Mann verliebte. Waugh reichte sofort die Scheidung ein, heiratete aber zehn Jahre später erneut; mit Laura Herbert musste es diesmal jedoch eine Katholikin sein. Denn wie Graham Greene und Muriel Spark war auch Evelyn Waugh inzwischen zum Katholizismus konvertiert. Doch ihm wird man kaum die Entwicklung nachsagen können, welche Helmut Heissenbüttel bei Spark erkannt haben wollte: eine Hinwendung zur Autorschaft «quasi-theologischer Literatur».
Meine Meinung:
Die Sprache ist einfach wunderschön, poetisch nennt man das wohl. Viele lange Sätze und ich glaube, ich hab auch einige von den von mir so geliebten Ellipsen gefunden, Sätze, in denen etwas (Wesentliches) fehlt; eine solche unvollständige Informationseinheit weckt die Aufmerksamkeit der Zuhörer/Leser und regt sie an, sich das Fehlende hinzuzudenken. Das Buch ist in der Ich-Form geschrieben, erzählt von Charles Ryder. Evelyn Waugh hat das Buch 1944 geschrieben, es spielt aber hauptsächlich in den 20er und 30er Jahren und bietet einen guten Einblick in die damalige Gesellschaft.
Die Stimmung in dem Buch ist sehr melancholisch, von Zerfall geprägt. Irgendwie habe ich das Gefühl, das in dem ganzen Buch nie jemand wirklich glücklich ist, oder wenn doch, dann nur kurz einmal die Illusion hat. Manchmal hatte ich das Gefühl, dass Konflikte nur angedeutet werden, dass ein Riesenkonfliktpotential vorhanden ist und es dann in der Luft hängen bleibt, weil die Protagonisten sich dem Konflikt entziehen, indem sie reisen, sterben oder einfach gleichgültig gegenüber ihren Mitmenschen sind. Ich hab mir oft gewünscht, dass es endlich mal zum Knall kommt, aber irgendwie verlaufen die Dinge immer wieder im Sande. Ich vermute ja fast, dass das Absicht ist, aber es ist irgendwie unbefriedigend, genauso unbefriedigend wie das Leben der Protagonisten selbst.
Da Evelyn Waugh ja 1930 zum Katholizismus konvertiert ist, habe ich mich gewundert, wie kritisch dieses Buch gegenüber dieser Religion ist. Was in der Information zum Autor steht, kann ich bestätigen. Charles kann den Glauben der Familie Marchmain nicht wirklich nachvollziehen und reagiert auch eher genervt auf die diversen Missionierungsversuche.
„Wiedersehen mit Brideshead“ wurde Anfang der 80er Jahre als Fernsehserie mit Jeremy Irons verfilmt und 2004 als Kinofilm mit Jude Law.
Lg Iris