Pascal Mercier: Nachtzug nach Lissabon

  • Ich habe das Buch nun endlich zu Ende gelesen. Zum Schluss - ca die letzten 200 Seiten - hatte ich nur noch überflogen, da sich die Geschichte nur noch hingezogen hat.


    Von mir erhällt das Buch dadurch 6 von 10 Punkten.

    ... Liebe, die, weil sie nie genung bekommt,
    stets schon im Augenblick lebt, der noch kommen wird.
    Marcel Proust

  • Hatte mich vor dem Lesen von Nachtzug nach Lissabon auf Längen vorbereitet, weil das so oft bemängelt wurde, aber ich habe tatsächlich keine einzige gefunden. Jedes Wort passt einfach, ist unverrückbar.


    Zum Inhalt kann ich wenig sagen, es ist so viel, das an Gedanken und Erlebnissen in den Leser hinein rinnt, die Geschichte ist so vielschichtig, besitzt eine unendliche Anzahl an Facetten und Aspekten, von denen ich das Gefühl habe, dass dennoch ein paar an mir vorbei gegangen sind. Gregorius, "Mundus", Sprachtalent und Lehrer, bricht aus seinem Leben aus, in dem er das Leben des portugiesischen Arztes Prado erkundet, auf dessen Aufzeichnungen er in einem antiquarischen Buchladen gestoßen ist. Die Reise nach Lissabon ist gleichzeitig eine Reise in die Philosophie, in die Abrechnung mit dem Leben, eine Reise, die die Vergangenheit aufwühlt und die Gegenwart vieler interessanter Menschen beeinflusst.


    Irgendwo in diesem Buch, das immer wieder mit den nachdenklichen, unbeschreiblich wunderbaren Aufzeichnungen Prados durchsetzt ist, gibt es eine Stelle, in der gesagt wird, dass Prado, wenn er ein Buch liest, die Worte aufsaugt, dass er das Buch leer liest, dass die Buchstaben fehlen. Mit diesem Buch ist es irgendwo umgekehrt, es leert den Leser, nimmt alle Empfindungen für einen langen Moment in sich auf. Ich jedenfalls fühle mich noch mittendrin und gleichzeitig sehr bereichert.


    Insgesamt ein Werk voller Sprachgewalt und Poesie, dennoch immer bedeutungsvoll, befreit von Worthülsen, kein Buchstabe zu viel oder zu wenig. Eines dieser Bücher, bei denen mir danach der Gedanke kommt: Zum Glück habe ich es gelesen, es war wichtig, ich bin ja so erleichtert, wie viel hätte ich sonst verpasst.

  • Habs geschenkt bekommen und ahnungs- und erwartungslos einfach gelesen. Und es hat mich sehr schnell gepackt.


    Die Figur des Mundus ist genial geführt und gezeichnet. Sein Erleben blieb mir durchweg nachvollziehbar. Ich war mit ihm auf Entdeckertour.
    Zu entdecken gab es Lissabon, das mir bis dahin völlig unbekannt war, nun meine ich, wenigstens schon mal durch die Stadt gegangen zu sein.
    Zu entdecken gab es daneben das Leben und Denken des Exzentrikers und Arztes de Prado. Eine hochinteressante, wenn auch leicht überzeichnete Figur. Seine Gedanken über die Sprache, das Leben, den Beruf, über Widerstand und Ergebung sind sehr eindrückliche Gedankenspiele und sehr nachdenkenswert. Es lohnte, jeden der Gedanken ausführlicher zu beschreiben.
    Die Lebensgeschichte des Arztes ist anrührend, bewegend geschildert...


    Ich habe das Buch sehr gern gelesen. Von bisweilen beschriebenen Längen habe ich nichts bemerkt. Ich stand nur oft in der Gefahr, zu schnell - im normalen Romanlesetempo - zu lesen. Das langsame Lesen lohnt wirklich, wenn man den Gedankengängen wirklich gut folgen und ihnen nach denken möchte.


    große Empfehlung für lange Winterabende.

  • Ich habe das Buch selbst noch nicht gelesen, habe es aber bei dem Randomhouse Gewinnspiel gewonnen. Da ich momentan etwas anderes lese, habe ich es meiner Schwägerin ausgeliehen. In unserem Freundeskreis schwärmten alle von dem Buch und sie hat es mir jetzt völlig enttäuscht zurückgegeben. Ihr war das Buch zu langatmig. Ich will es auf jeden Fall auch noch lesen und bin jetzt schon gespannt, wie es mir gefallen wird. Die Meinungen sind hier ja auch wieder unterschiedlich. Aber ich werde mich dann auf jeden Fall schon mal auf die philosophischen Ansätze und langatmige Passagen einstellen, vielleicht gefällt es mir ja. :gruebel

    :write "Wenn die Menschen nur über das sprächen, was sie begreifen, dann würde es sehr still auf der Welt sein." -Albert Einstein-


    :lesend

  • Bin zufällig auf diese Besprechung gestoßen, wurde neugierig - und hab mein bis dato ungelesenes Weihnachtsgeschenk 2006 hervorgekramt. Gute Idee.
    Und ein wunderbares Buch, das ich von der ersten Seite an geliebt hab. Ein bisschen wie Stifter lesen und sich von der "Faszination der Langsamkeit" einfangen lassen. Aber warum um alles in der Welt wird hier Mundus' Leben als gescheitert geschildert? Der Mann hat ein viel erfüllteres Leben geführt als sehr viele Menschen, die ich kenne - die ihren Beruf hassenswert oder doch zumindest langweilig finden, die sich in seit Jahren, Jahrzehnten toten Beziehungen verkriechen, einfach weil's bequemer ist.
    Mundus (welch passender Name) findet die Welt in sich, er muss ihr nicht hinterherjagen. Er liebt die alten Sprachen und alles, wofür sie stehen, aufrichtig. Seine Schüler wiederum verehren ihn nicht nur, sie mögen ihn, vertrauen ihm wie sonst keinem Lehrer - erinnert sei nur an den schwangeren Teenie an seiner Tür. Dann das Schachspiel, nächtliche Gespräche mit einem Vertrauten. Ich bin mir nicht sicher, dass er in seinem traumhaften "Isfahan" glücklicher geworden wäre.

  • hallo,


    wir haben uns im privaten Lesekreis dazu entschlossen dieses Buch zu lesen und ehrlich gesagt bin ich ziemlich skeptisch.
    Ich mag philosophische Bücher nicht wirklich und ich fand den Alchemisten zB ziemlich langweilig.


    Naja ich lass mich mal überraschen...


    LG Luthien

  • Was für mich so besondes an dem Buch war, dass es so viele Gedanken über mein eigenes Leben auslöste:
    Ich konnte sehr gut nachempfinden, dass man nach dem Abitur das Gefühl hat, alles stehe einem offen, alle Möglichkeiten seinen noch da. Auch ich hatte das Gefühl, dass wenn ich mich nur lang genug mit einer Materie befasse, kann ich alles verstehen. Sehr schön die Szene, als der Freund sich einen Flügel kauft und dann feststellt, dass er in diesem Leben es nicht mehr lernen würde wirklich darauf gut spielen zu können. So wurde mir irgendwann klar , dass ich Dinge wie die String-Theorie in diesem Leben nie wirklich begreifen werde.
    Die Geschichte über den unterschwelligen Einfluß der Mutter auf Prado läßt einen darüber nachdenken, wie man selbst - ohne es zu wollen - sein Kinder beeinflußt hat.
    So gab es viele Stellen, an denen ich überlegte, wie das in meinem Leben ist.
    Manche Dinge hatte ich selbst schon überdacht, auf manche Ideen kam ich erst.
    Für mich ist es das beste Buch, das ich in letzter Zeit gelesen habe und ich lese viel.
    Gruß Dea

  • hallo...ich habe es gleich beim ersten mal ganz gelesen...allerdings muss ich gestehen, dass ich etwas dafür gebraucht habe...aber es ist ein wunderschönes Buch...sprachlich absolut fantastisch...dazu tiefe sinnvoll umfangreiche Gedankengänge, nicht nur über sich sondern auch über andere Personen und ihr Zusammenspiel...sehr sehr gut:-)

  • Ich werde dieses Buch in den nächsten Wochen lesen MÜSSEN... für ein Seminar in der Uni. Es ist eigentlich kein Buch für mich, aber ich hoffe, dass es nicht zur absoluten Quälerei wird.

    :wave Gruß Dany


    Die Wirklichkeit ist etwas für Leute, die mit Büchern nicht zurechtkommen.
    Leserweisheit

  • Dieses Buch ist mir in den letzten Jahren immer wieder aufgefallen, es hat allerdings einige Zeit gedauert, bis ich es gekauft habe. Danach lag es noch eine Weile auf dem SUB, bis ich völlig erwartungsfrei darangegangen bin. "Nachtzug nach Lissabon" hat mich sofort in seinen Bann gezogen, ich konnte mich komplett in der Geschichte verlieren und habe jede einzelne Seite genossen. Der philosophische, tiefsinnige und nachdenkliche Inhalt, gepaart mit der wortgewaltigen, ausdrucksstarken Sprache machen dieses Buch zu einem unglaublich intensiven Leseerlebnis - dies dürfte eines meiner Highlights 2009 sein. Kurzum, große Klasse!

  • Das Buch ist mir in Buchhandlungen und Antiquariaten immer mal wieder aufgefallen, aber bisher hat es noch nicht den Weg in meine Bücherregale gefunden.


    Wird sich wohl doch ändern müssen. :grin


    :wave

  • Also...ich bin jetzt auch ungefähr bei einem Drittel und ich muss ebenfalls meine Enttäuschung bekunden. Ich bin was Bücher angeht eigentlich nicht sehr wählerisch, aber eine gewisse Spannung und ein gewisser Sinn sollte zumindest nach dem ersten Drittel vorhanden sein.
    Die schon erwähnte Telefonnummer auf der Stirn (!), dann das plötzliche Abbrechen aller Zelte im alten Leben und eine Fahrt nach Lissabon obwohl er die Frau nicht annähernd kennen gelernt hat, diese, meiner Meinung nach etwas übertriebene Hingabe zu dem portugiesischen Dichter....hinzu kommt, dass Gregorius zwar nach Lissabon fährt, aber die Stadt nicht im geringsten beschrieben wird. Wenn nicht im Buch stehen würde, dass er mit dem Zug dorthin gefahren ist, könnte man meinen, er sei immer noch in Bern.
    Also mir gefällts bis jetzt nicht...aber ich lese es trotzdem weiter....
    ^^ ich weiß auch nicht...ist sone Eigenart von mir.

  • Soo jetzt hab ichs aus.
    War aber schon schwer irgendwie...bin oft abgeschweift.
    Ich mein das Buch hat ja auch positive Seiten...ich find zum beispiel die philosophischen Texte von Prado super gut und die Sprache ist auch super schön hier...aber ich finds halt insgesamt einfach zu....zu unspannend.
    Und einiges erschien mir, wie schon im vorrangegangenen Beitrag gesagt, unlogisch.
    Im Nachhinein versteh ich auch die kurze Rückreise nach Bern nicht. Keine Ahnung....
    Ich muss aber auch sagen, dass der Klappentext irgendwie einen falschen Eindruck von dem Buch vermittelt....
    "[...] Auf seiner wundervollen Reise dringt er immer tiefer in dessen Geschichte sagenumwobene Geschichte ein - doch was Gregorius schließlich erkennt, könnte ihn das Leben kosten..."


    Das klingt nicht nach einer philosophischen Exkursion (was das Buch meiner Meinung nach ist) sondern eher nach einem richtigen Abenteuer. Insofern wurden vllt einfach falsche Erwartungen in mir geweckt und ich war deshalb enttäuscht.

  • Nachdem ich das Buch jetzt (endlich?) beendet habe hat sich meine anfängliche Freude gelegt.Ich fand den Anfang, den ersten Teil und den Schluss wirklich gut,aber den Mittelteil doch sehr langatmig und zum Teil auch langweilig. Dennoch ist es ein gutes Buch und eine gute Geschichte und man will auch einmal in einem "Nachtzug nach Lissabon" mitfahren.


    3 von 5 Sternen!

  • Ich mag Bücher die weniger Äußere Action haben und dafür mehr Action im Inneren des Protagonisten beschreiben, was bei Mercier eigentlich immer der Fall ist. Deshalb fand ich auch dieses Buch großartig und nicht zu lang, sondern genau richtig.

    "Ich bin dreimal angeschossen worden – was soll man da machen." (Robert Enke)


    "Accidents" happen in the dark.

  • Für mich war das kein überzeugendes Leseerlebnis. Ich fand das Buch sogar recht langweilig.
    Zum Zeitpunkt, als ich es gelesen habe, war ich aber mitten in einer Übersiedlung. Vielleicht war der Zeitpunkt falsch für diese eher besinnliche Lektüre.

  • Bei mir hat es recht lange gesubt und jetzt mich in den Urlaub begleitet, wo ich die nötige Muße und Ruhe fand es in der langsamen Geschwindigkeit zu Lesen, die das Buch verdient hat. Spannend ist an diesem Buch nicht die Geschichte die es erzählt, sondern spannend sind die Fragen die es an den Leser stellt. Ein schönes Buch, nicht nur in der Sprache, sondern auch in der gewählten Perspektive des Autors der durch einen Leser zum Leser spricht.

  • Im Rahmen eines Lesekreises habe ich mich nun endlich an dieses Buch gemacht und kann nun nachvollziehen, warum es lange Zeit auf den Bestseller-Listen stand und es so viele gelesen haben.


    Mir hat das Buch sehr gut gefallen. Interessant sind die verschiedenen Ebenen, die geschildert werden: Erst mal Raimund Gregorius an sich, dann seine Suche nach Amadeu de Almeida Prado, die Entdeckungen, die er macht und sich daraus ein Bild des Autors malt, die Gegenwart in Lissabon, die Schlüsse, die er zieht und wie Gregorius sich verändert.


    Besonders schön fand ich etliche Textstellen, die ich mir auch markiert habe und die dem Titel des Buchs "Ein Goldschmied der Worte"gerecht werden.


    Ich fand es keine Minute langweilig oder zäh, sondern habe mit Spannung gelesen. Wenn ich es erneut lesen würde, würde ich wahrscheinlich wieder andere Stellen markieren. Ich habe das Buch bewusst langsam gelesen und manche Stellen auch mehrfach, weil ich es genießen wollte.


    Von mir 10 Punkte und eine dicke Leseempfehlung.