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'Die Gauklerin von Kaltenberg' - Seiten 259 - 362
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Die Szene im Badehaus hat mir sehr gut gefallen - auch wenn Steffen es im wahrsten Sinne des Wortes ausbaden muß!
Raouls Vater lebt - es gibt also doch noch Hoffung, daß er als Sohn anerkannt wird. Und Raoul nimmt Anna einfach mit - ob sie will oder nicht! Sie versucht zwar zuerst zu fliehen, aber als sie überfallen werden hilft sie Raoul zu verarzten und damit zu überleben. Aber es dauert noch etwas bis sie zueinander finden - trotz des Fluches und Ulrich! Wie Anna immer noch an Ulrich denken kann ist mir schleierhaft. Vielleicht lebt sie schon zu lange mit dem Gedanken, daß sie Ulrich liebt, daß sie deshalb dessen Taten nicht mehr überdenkt. Denn in den Jahren in Freising hätte er sie sicher besuchen können, oder ihr eine Nachricht zukommen lassen. Da er sich um Anna nicht gekümmert hat, zeigt doch ganz klar, welchen Stellenwert sie für ihn hat! Und das, wo sie alles für ihn aufgegeben hat!So, jetzt wird weitergelesen...
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Ich habe das ganze Buch nicht verstanden, was Anna an Ullrich findet und warum sie an ihm festhält. Aber bin irgendwann zu dem Ergebniss gekommen, dass sie jung ist und die erste Liebe da wirklich nachhallt. Zweitens, dass sie sonst niemanden mehr hat, entweder sind sie tot, oder sie wurde verstossen von ihrer Familie. Drittens kann man glaube ich, nicht die damalige Zeit mit der heutigen vergleichen und Liebesheiraten, Standesdünkel und Rollenbilder sind gänzlich andere.
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Zitat
Original von Zen-71
Ich habe das ganze Buch nicht verstanden, was Anna an Ullrich findet und warum sie an ihm festhält. Aber bin irgendwann zu dem Ergebniss gekommen, dass sie jung ist und die erste Liebe da wirklich nachhallt. Zweitens, dass sie sonst niemanden mehr hat, entweder sind sie tot, oder sie wurde verstossen von ihrer Familie. Drittens kann man glaube ich, nicht die damalige Zeit mit der heutigen vergleichen und Liebesheiraten, Standesdünkel und Rollenbilder sind gänzlich andere.... genau. Die Idee der romantischen Liebe in dem Sinne wie wir das heute kennen, war nichts, womit die Menschen damals selbstverständlich aufgewachsen sind. Was natürlich nicht bedeutet, dass es Liebe nicht gegeben hätte.
Anna ist damit groß geworden, dass der Burgherr ihr Beschützer ist. Das ist Ulrich. Als Liebhaber - sie sagt auf S. 310, was sie an ihm gefunden hat: Er war der erste Mann, der keine Machtansprüche geltend gemacht hat. Sie ist ja sehr konservativ erzogen worden, die Ehe als Pflicht etc., immer unmündig und dem Vater etc. unterworfen. Bei Ulrich hat sie zum ersten Mal Gefühle um ihrer selbst willen leben dürfen. Gerade weil er sie nie hätte heiraten können, hat sie es also so genossen: endlich eine Liebe ohne vernünftigen Zweck!
Anna ist noch ziemlich jung, und die erste Liebe ist eben immer etwas Besonderes. Da kann man mit dem Kopf wissen, dass man dem Falschen nachtrauert, man tut es trotzdem. Und wie gesagt, sie weiß nicht alles über Ulrich, was wir wissen. Sie hat sich ja selbst gefragt, warum er nie gekommen ist, aber sie hat ihm eben nur das Beste unterstellt: könnte ja sein, dass er krank ist, der Ärmste? Selbst dass er sie verheiraten wollte, kann sie ihm eigentlich nicht vorwerfen. In ihrer Zeit war das eher die Regel als die Ausnahme, wenn ein Mann eine unstandesgemäße Geliebte hatte. Schon um nach außen den Schein zu wahren. Ulrich wird übrigens das ganze Buch hindurch nicht gegen den Ehrenkodex des Rittertums verstoßen. Raoul tut das ständig. Auch das fand ich wichtig: Wir glauben heute gern, die Ritterlichen sind die Guten. Aber das Ritterideal hatte eben auch seine Schattenseiten.
Schließlich hat Anna zuviel aufs Spiel gesetzt für diese Liebe. Sie hat deswegen alles verloren - da kann sie sich nicht vorstellen, dass es jetzt umsonst gewesen sein soll (S. 360). Deshalb wehrt sie sich auch so wütend gegen ihre Gefühle für Raoul: Weil sie im Grunde ganz genau weiß, dass sie ihn will, aber er ist ihr Feind. Ein dramatischer Konflikt, der schon von Shakespeare und Schiller angewendet wird -
Auch ich habe das Kapitel gelesen, die Schlussszene.. war doch klar, dass das so mal kommen musste
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Zitat
Original von Tanzmaus
Auch ich habe das Kapitel gelesen, die Schlussszene.. war doch klar, dass das so mal kommen mussteIch glaube auf diese Szene haben wir alle gewartet....
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Zitat
Original von Zen-71
Ich habe das ganze Buch nicht verstanden, was Anna an Ullrich findet und warum sie an ihm festhält.Er war ja am Anfang noch nicht ganz so vom Ehrgeiz zerfressen wie einige Jahre später. Zudem macht Liebe wohl manchmal wirklich blind und man redet sich die Person schöner als sie eigentlich ist...
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Zitat
Original von Bouquineur
Er war ja am Anfang noch nicht ganz so vom Ehrgeiz zerfressen wie einige Jahre später. Zudem macht Liebe wohl manchmal wirklich blind und man redet sich die Person schöner als sie eigentlich ist...
das stimmt gut das Blindheit in so einem Fall nicht von dauer ist
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Ich hatte den Abschnitt schon am Donnerstag gelesen, aber bin einfach nicht zum Schreiben gekommen. *seufz* Nun denn, endlich hab ich Zeit.
Es gibt einen Zeitsprung von 3 1/2 Jahren. Gab es dafür einen bestimmten Grund? Ist es wegen der historischen Vorgabe mit dem Krieg zwischen Ludwig und Friedrich oder eher wegen Anna und Raoul, sie ist jetzt etwas älter, hatte Zeit, die Massenschändung zumindest ein Stück weit zu verschmerzen? Würde mich einfach mal interessieren.
Anna ist nach wie vor Auge und Ohr des Bischofs wenn sie auszieht, offenbar hat sie jetzt hier ihr Basislager aufgeschlagen. Das wundert mich etwas. Nach diesem starken Statement am Ende des letzten Abschnitts, hatte ich erwartet, dass sie, sobald sie ihre körperlichen Wunden versorgt hat, nichts Eiligeres zu tun hat, als nach Tirol aufzubrechen. Stattdessen geht erst mal eine so lange Zeit ins Land. Gut, es wird erklärt, sie konnte sich nicht von dem letzten Erinnerungsstück trennen und die Reise kostet ja auch Geld. Aber der Hofnarr tut sein möglichstes sie in Misskredit zu bringen. Auf seine Motivation wird jetzt nicht näher eingegangen und falls er nicht doch nochmal auftaucht, gehe ich inzwischen eher vom Neid aus und von der Sorge um den Verlust des eigenen Stellenwertes beim Bischof aus.
Spionin Anna übermittelt dem König die Botschaft über den geplanten Meuchelmord aus den eigenen Reihen und macht sich endlich auf die Reise. Die Szene mit dem Wiedersehen im Badehaus hat mir auch gut gefallen, ich musste so lachen wie da praktisch aus dem Nichts Raoul auftaucht (spärlich bekleidet noch dazu) und sich einfach zu ihr in die Wanne hockt als wäre das das natürlichste der Welt. Die arme Anna. Wo sie ihn doch soooooooo hasst. Steffen hat's mit dem Hexenschuss, dass ihm sogar die Weiber vergehen und kann nicht verhindern, dass Raoul sie mitnimmt. Dafür wird er von den Masseuren traktiert und danach nochmal von Eva. Da tat er mir richtig leid, inzwischen überwiegt eindeutig die Sympathie für den ungehobelten Lottermönch.
Was genau ist eigentlich ein "Doctor in utroque"? Ich hab da so halbwegs zusammengeradebrecht, ein Doktor des kirchlichen Rechts oder der Kirche, aber stimmt das auch? Allgemein wäre für manche Begriffe vielleicht ein kleiner Glossar nicht verkehrt gewesen.
Bei der Reise ziehen sie am Brennerhof vorbei. Heißt der Hof so wie der Pass oder ist der Pass vielleicht nach dem Hof benannt? (kann ja vorkommen bei reichen Bauersfamilien).
Anna versucht mal wieder zu fliehen, was dummerweise am Überfall mehrerer Räuber scheitert. Meint man Anfangs noch, Raoul würde die Situation souverän meistern, so erwischt es den schwarzen Ritter leider am Oberschenkel und Anna muss mit dem Ast einschreiten. Schöne Szene irgendwie. *g* Und dann muss sie sein Bein abbinden und, der arme Raoul schämt sich ganz, die Bruche aufschneiden. Kein Wunder, dass sie aufgrund der Absurdität der Situation dann lachen muss (auch wenn ich als Raoul mir da wohl ernsthaft Gedanken gemacht hätte, WORÜBER sie da jetzt genau lacht *g*).
Das Verhältnis zwischen Ludwig und seiner Frau scheint mir für die damalige Zeit und ihre arrangierten Pflichtehen ein außergewöhnlich inniges zu sein. Ob man es jetzt direkt "Liebe" nennen kann weiß ich zwar nicht, aber es ist auf jeden Fall Vertrauen da, Zuneigung, verbunden mit der Sorge um das Wohl des anderen. Gibt es dafür Hinweise in der Geschichte oder ist das freie Auslegung der Autorin?
Die Szene, als Raoul Annas Haar trocknet ist schon sehr intensiv irgendwie, man weiß hinterher auch nicht gleich, ist jetzt schon was passiert oder nicht, erst als Anna da so dran zurückdenkt. Aber dann kommen sie ja endlich ins Kloster und Anna hat die Chance nach dem Buch und seinem Autor zu fragen. Der Propst verheimlicht ihr allerdings offenbar etwas, und nur durch die Aussage von Barnabas verliert sie nicht gänzlich die Hoffnung, als sie erfahren muss, dass der Autor wohl schon lange tot ist.
Raoul dämmert so langsam, dass er sich in Anna verliebt hat, und das hat ja so gar keinen Platz in seiner wohlkonstruierten und geplanten Welt in der nur der Name und das Streben nach Anerkennung etwas zählen. Also hat er vor, sie einfach wegzuschicken, denn töten um den Fluch zu brechen, kann er sie nicht. Und das steht nach wie vor zwischen ihm und seinem Geburtsrecht. Raouls Vater lebt also doch noch. Dachte ich mir doch, dass die Version des Knechts die Falsche war. Nach der Schilderung des Grafen von Tirol scheint mir allerdings auch mein erster Verdacht, dass der Deutschherr (dessen Namen zu nennen die Autorin bisher, wohlweislich?, vermieden hat *g*) Raoul Vater ist, wieder wahrscheinlicher zu werden. Ich werd's ja bald wissen.
Anna rettet einer reichen Frau das Leben und die macht dem guten Freudenreich (was für ein Name für einen Spielmann :lach) etwas Dampf und so findet er für Anna heraus, wer der vermutliche Schreiber des Liedes war für das sie angeklagt wurde, und dass es wohl im Auftrag des Erzbischofs von Köln geschah. Das erleichtert sie zwar ungemein, aber noch hat sie ja keine Beweise um diese Geschichte in Kaltenberg zu belegen. Als sie erfährt, dass Leopold das Buch zu Ludwig schicken will, um einen Mörder zu decken und um nachträglich Ludwigs Ruf zu diskreditieren, schnappt sie sich einfach das Buch. Allerdings flüchtet sie nicht sofort damit, sondern muss warten, bis sie sich einer Reisegruppe anschließen kann. Na hoffentlich fliegt das nicht vorher noch auf...
Und schließlich passiert das, was man ja von Anfang an ahnte. Zwischen Raoul und Anna wird es ernst, und da auch Raoul ein Ehrenmann ist, gesteht er ihr sofort seine Liebe. Immerhin ist jetzt das Versteckspiel vorbei. Ich gestehe, ich bin kein sooo großer Fan von Liebesgeschichten, und die ganze Sache zwischen Raoul und Anna gehört nicht zu der Art, die einen groß überrascht, da sie ja doch über weite Strecken des Buches vorhersehbar ist. Ich verstehe schon, dass es dazugehört, aber wie gesagt, für meinen Geschmack hätte es nicht so dominant sein müssen. Mich interessiert halt mehr das historische Außenrum.
Dann geht es jetzt also in den letzten und längsten Abschnitt in dem sich (hoffentlich *g*) die noch offenen Fragen klären. Bis dahin also.
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So, ich habe gerade noch ein bisschen Zeit und es gibt viele Fragen Dann mach ich mich doch gleich mal dran!
ZitatOriginal von Paradise Lost
Es gibt einen Zeitsprung von 3 1/2 Jahren. Gab es dafür einen bestimmten Grund? Ist es wegen der historischen Vorgabe mit dem Krieg zwischen Ludwig und Friedrich oder eher wegen Anna und Raoul, sie ist jetzt etwas älter, hatte Zeit, die Massenschändung zumindest ein Stück weit zu verschmerzen? Würde mich einfach mal interessieren.Beides ... Einerseits passiert in dieser Zeit politisch nicht soviel Neues. Der Bürgerkrieg zieht sich hin bis zu dem Treffen nahe Mühldorf, Schlachten werden (wohl aus aus finanziellen Gründen, beide waren fast pleite) gemieden. Andererseits muss man so etwas wie Annas Vergewaltigung erst mal wegstecken, und das braucht Zeit. Anna war im ersten Moment nach ihrer Vergewaltigung wild entschlossen, stark zu sein. Aber wie so oft bei Traumaopfern: das PTS (posttraumatische Stress-Syndrom) bricht erst einige Zeit nach dem auslösenden Ereignis so richtig hervor. Sicherheit wird enorm wichtig, und obwohl der Hofnarr sie aus Neid in Misskredit bringt, weiß sie doch, dass der Bischofssitz die einzige Zuflucht ist, die sie hat. Es wäre einfach unglaubwürdig gewesen, wenn sie danach zur Tagesordnung übergegangen wäre.
ZitatWas genau ist eigentlich ein "Doctor in utroque"? Ich hab da so halbwegs zusammengeradebrecht, ein Doktor des kirchlichen Rechts oder der Kirche, aber stimmt das auch? Allgemein wäre für manche Begriffe vielleicht ein kleiner Glossar nicht verkehrt gewesen.
Das Glossar .. so etwas entscheidet der Verlag, ich gebe es gern weiter
Doctor in utroque: wörtlich: Doktor in beiden (Rechten, also dem weltlichen und dem kirchlichen).ZitatBei der Reise ziehen sie am Brennerhof vorbei. Heißt der Hof so wie der Pass oder ist der Pass vielleicht nach dem Hof benannt? (kann ja vorkommen bei reichen Bauersfamilien).
In der Tat. Der Brennerpass und der zugehörige Ort soll nach dem Hof eines gewissen Herrn Brenner benannt sein.
ZitatDas Verhältnis zwischen Ludwig und seiner Frau scheint mir für die damalige Zeit und ihre arrangierten Pflichtehen ein außergewöhnlich inniges zu sein. Ob man es jetzt direkt "Liebe" nennen kann weiß ich zwar nicht, aber es ist auf jeden Fall Vertrauen da, Zuneigung, verbunden mit der Sorge um das Wohl des anderen. Gibt es dafür Hinweise in der Geschichte oder ist das freie Auslegung der Autorin?
Ja, dafür gibt es Hinweise. In den Berichten über Ludwig wird es immer wieder angedeutet. Den Chronisten schien bemerkenswert, dass er sich während dieser Ehe keine Mätressen hielt (zumindest keine, von denen man wusste und das gute Verhältnis zu Beatrix wird immer wieder hervorgehoben. Ich habe dieses Vertrauen sich allmählich entwickeln lassen, auch im Zusammenhang mit dem Krieg, der die beiden zusammenschweißt. Und wenn man nie mit etwas anderem als einer arrangierten Ehe gerechnet hat, gibt es durchaus auch Leute, die damit zufrieden sind. Ich kenne so ein Paar
ZitatAnna rettet einer reichen Frau das Leben und die macht dem guten Freudenreich (was für ein Name für einen Spielmann :lach) etwas Dampf und so findet er für Anna heraus, wer der vermutliche Schreiber des Liedes war für das sie angeklagt wurde, und dass es wohl im Auftrag des Erzbischofs von Köln geschah.
... nicht ganz. Der Archipoeta stand im Dienst des Erzbischofs, ein Auftragswerk war das allerdings nicht. Anna stellt nur fest, dass der Bischof das Lied geduldet und nicht als Ketzerei betrachtet hat (auctoritas-Beweis : Aber der Bischof hat gesagt ...). Freudenreich ist eine historische Figur, das Kompliment für den Namen geht an ihnZitatIch gestehe, ich bin kein sooo großer Fan von Liebesgeschichten, und die ganze Sache zwischen Raoul und Anna gehört nicht zu der Art, die einen groß überrascht, da sie ja doch über weite Strecken des Buches vorhersehbar ist.
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... naja, das ist eben Geschmackssache im historischen Roman gehört es zu den genretypischen Merkmalen. Ohne Liebesgeschichte, das wäre wie ein Krimi ohne Leiche Und wenn es zu überraschend gekommen wäre, wärt Ihr dann vielleicht entsetzt gewesen, dass sie DEN Kerl nimmt -
So, zuerst mal vielen Dank Julia für das Beantworten meiner Fragen. Schwitzt ihr grad sehr in Kaltenberg bei euren Aufführungen? Ich glaube ja schon zu schmelzen wenn ich nur auf dem Sofa lieg! *ächz*
ZitatOriginal von Julia Freidank
... nicht ganz. Der Archipoeta stand im Dienst des Erzbischofs, ein Auftragswerk war das allerdings nicht. Anna stellt nur fest, dass der Bischof das Lied geduldet und nicht als Ketzerei betrachtet hat (auctoritas-Beweis : Aber der Bischof hat gesagt ...). Freudenreich ist eine historische Figur, das Kompliment für den Namen geht an ihn
Ah gut, Danke für den Hinweis. Dann hab ich das einfach falsch verstanden beim Lesen.ZitatOriginal von Julia Freidank
... naja, das ist eben Geschmackssache im historischen Roman gehört es zu den genretypischen Merkmalen. Ohne Liebesgeschichte, das wäre wie ein Krimi ohne Leiche Und wenn es zu überraschend gekommen wäre, wärt Ihr dann vielleicht entsetzt gewesen, dass sie DEN Kerl nimmt
Das ist sicher richtig. Ich bin eh meist recht einsam mit meiner Meinung was das betrifft. Aber ich bins ja mittlerweile gewöhnt. Ich zieh es eben meistens einfach vor, wenn die Liebesgeschichte mehr schmückendes Beiwerk und nicht so dominant ist. Da gibts nur ganz wenige Ausnahmen bei mir.Ich hab übrigens endlich mal meine zweisprachige "Carmina Burana" herausgekramt (leider ohne Illustrationen, aber viele waren es ja eh nicht), und das Lied nachgeschlagen, das Anna so viel Kummer bereitet hat. Es handelt sich also um die "Vagantenbeichte" des Archipoeta. Da hätte ich noch eine kleine Frage die Du mir vielleicht beantworten kannst. Bei vielen Quellen (u.a. in Deinem Buch oder auch in der Fassung von Carl Orff) beginnt das Lied mit "Estuans interius ira vehementi", in meiner Fassung der Carmina und anderen Quellen aus dem Internet heisst der Anfang "Estuans intrinsecus ira vehementi". Gibt es da zwei verschiedene lateinische Schreibweisen oder hat sich vielleicht auch das Latein selbst verändert, also das was man bei uns heutzutage so lernt ist anders als das, was im Mittelalter tatsächlich gesprochen und geschrieben wurde?
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Hallo, Paradise Lost, wow, da hast Du ja wirklich ganz schön Mühe aufgewendet (auch vom Sofa aus :-))! Also, die Vagantenbeichte beginnt in manchen Ausgaben mit estuans interius ira vehementi ... und in manchen mit estuans intrinsecus ... beides heißt dasselbe: Im Innern von heftigem Zorn erfüllt ... (intrinsecus/interius: innerlich) Ich habe mich nach langem Ringen intrinsecus und interius mit Zähneknirschen für die Version entschieden, die Carl Orff nach der Schmeller'schen Ausgabe verwendet hat - einfach, damit man das Stück wieder erkennen kann. Es gibt übrigens in derselben Strophe eine weitere Abweichung: factus de materia levis elementi (gemacht aus dem leichten Element) bzw. factus de materia cinis elementi (gemacht aus dem Asche-Element): Da hat der Herausgeber die Anspielung auf die Elemente-Lehre nicht verstanden
Wenn Du Dich für die Vagantenbeichte interessierst, es gibt eine neuere, pfiffige Interpretation dazu von einem alten Freund von mir: Prof. Peter Godman (Paradoxes of the consciences) Ich fand es anregend, gerade weil es mal etwas anderes ist.
Das Latein im Mittelalter ist tatsächlich anders als das klassische "römische" Latein. Es war nicht mehr die Muttersprache, und das fällt hin und wieder schon deutlich ins Auge. Besonders bei Caesarius von Heisterbach, den ich schon wegen seiner Schmähreden gegen uns Mädels nicht leiden kann. Und dann sind sie auch noch in so schlechtem Latein!!!
Kaltenberg war gestern nachmittag wirklich ganz schön heiß! Die Ritter in ihren 30 Kilo-Rüstungen wurden schier zu Katzenfutter verkocht. So schnell habe ich die noch nie freiwillig aus der Dose kriechen sehen ...
... Und die Liebesgeschichte ... Die Szene auf S. 451 spielt zumindest ziemlich frech auf die mittelalterlichen Tagelieger (also Poeme über den Morgen nach einer heißen Liebesnacht) und deren Rezeption in Wagners "Tristan und Isolde" an Wenn Du so willst, dies extra für Dich: nicht Love-Story, sondern Literaturrezeption -
Zitat
Original von Julia Freidank
Hallo, Paradise Lost, wow, da hast Du ja wirklich ganz schön Mühe aufgewendet (auch vom Sofa aus :-))!
Naja, wenn man das Ding schon rumliegen hat, wann wenn nicht jetzt sollte ich darin blättern? Wobei ich auch beim Anlesen der anderen Texte schon gemerkt habe, dass da ja wirklich einige sehr sozialkritische Texte dabei sind, die einem vor Augen führen, dass die einfachen Menschen zu allen Zeiten offenbar immer wieder die gleichen Probleme haben.
Vielen Dank für die lateinische Erklärung. Der zweite Unterschied ist mir dann nicht mehr aufgefallen. Aber ich hatte die erste Zeile eben von dem Orff-Lied auch noch so im Kopf, dass es mir gleich aufgefallen ist.ZitatOriginal von Julia Freidank
Wenn Du Dich für die Vagantenbeichte interessierst, es gibt eine neuere, pfiffige Interpretation dazu von einem alten Freund von mir: Prof. Peter Godman (Paradoxes of the consciences) Ich fand es anregend, gerade weil es mal etwas anderes ist.
Werd ich mir mal ansehen. Auf mich wirkt es einfach wie ein trotziges Plädoyer für die Lebensfreude inmitten einer von Kirche und Ständen reglementierten Welt.ZitatOriginal von Julia Freidank
... Und die Liebesgeschichte ... Die Szene auf S. 451 spielt zumindest ziemlich frech auf die mittelalterlichen Tagelieger (also Poeme über den Morgen nach einer heißen Liebesnacht) und deren Rezeption in Wagners "Tristan und Isolde" an Wenn Du so willst, dies extra für Dich: nicht Love-Story, sondern Literaturrezeption
*g* So kann man's natürlich auch sehen. Ich musste ja auch lachen als irgendwo tatsächlich "Tristan und Isolde" erwähnt wurden (also, im nächsten Abschnitt mit dem ich im Übrigen auch schon fertig bin, muss nur noch was passendes zusammenfabulieren ) -
Zitat
Original von Paradise Lost
Werd ich mir mal ansehen. Auf mich wirkt es einfach wie ein trotziges Plädoyer für die Lebensfreude inmitten einer von Kirche und Ständen reglementierten Welt.
Finde ich auch - am Schluss beteuert der Archipoeta zwar Reue, aber ich habe nicht das Gefühl, dass es ihm damit allzu ernst ist. Peter Godman hat noch eine andere Idee...ZitatIch musste ja auch lachen als irgendwo tatsächlich "Tristan und Isolde" erwähnt wurden (also, im nächsten Abschnitt mit dem ich im Übrigen auch schon fertig bin, muss nur noch was passendes zusammenfabulieren )
Ja, die Bilder zitieren tatsächlich die Tagelieder, auch in denen geht es ja um Liebe man kommt ihr einfach nicht aus
"Tristan" - gut beobachtet! Man kann solche Anspielungen natürlich nicht zu deutlich machen, sonst wirkt es aufgesetzt. Aber es hat Spaß gemacht, damit zu spielen, und es trifft einfach die Lebenswelt. -
Zitat
Original von Julia Freidank
Ja, die Bilder zitieren tatsächlich die Tagelieder, auch in denen geht es ja um Liebe man kommt ihr einfach nicht aus
Da sagst Du was. *g* Momentan lauter Pärchen und Schwangere um mich rum, Hilfe!