Bisduvergisst - Friederike Schmöe

  • Über den Autor
    Friederike Schmöe wurde 1967 in Coburg geboren. Nach dem Abitur studierte sie Germanistik und Romanistik, promovierte und habilitierte sich an der Universität Bamberg, wo sie inzwischen über zehn Jahre als Dozentin tätig ist. Sie lebt mit ihrem Mann in Bamberg.


    Kurzbeschreibung
    Landshut im Sommer 2009. Während in der Stadt Hunderttausende die »Landshuter Hochzeit« feiern, wird die 82-jährige Irma Schwand mit einer niederschmetternden Diagnose konfrontiert: Alzheimer-Demenz.
    Irma, die um ihre Erinnerungen fürchtet, beauftragt die Münchner Ghostwriterin Kea Laverde, ihre Autobiografie zu schreiben. Diese soll für ihre Enkelin Julika sein. Doch kurz nachdem Kea alle Informationen für das schmale Buch über Irmas Lebensgeschichte beisammen hat, wird das Mädchen ermordet aufgefunden.
    Die Kriminalbeamten finden bei Julika, die als Spielfrau an der »Landshuter Hochzeit« teilnahm, eine verdächtige CD mit einer unbekannten Computersoftware. Aber auch Kea macht ein verstörende Entdeckung: Irma deckt seit Jahrzehnten einen Mord - eine Tat, die in den letzten Wochen des 2. Weltkriegs geschah. Und der Kokon des Vergessens schließt sich immer enger um die alte Dame ...


    Meine Rezension
    Die alte Dame Irma Schwand hat eine Geschichte auf dem Herzen, die sie in geschriebener Form ihrer Enkelin Julika hinterlassen möchte, bevor sich das durch Alzheimer bedingte Vergessen endgültig auf sie herabsenkt.


    Daher beauftragt sie die Ghostwriterin Kea Laverde damit, sich dieser Aufgabe anzunehmen, Nur langsam gelingt es dieser, in den immer weniger werdenden lichten Momenten, Irmas Geschichte einzufangen.


    Doch Julika bekommt die Geschichte, die sich in den letzten Tagen des 2. Weltkrieges zutrug, nie zu lesen: sie wird ermordet aufgefunden, bei ihr eine CD mit schädlicher Computersoftware. Was ist passiert? Worin ist Julika verwickelt und warum musste sie sterben?


    Kea Laverde bemüht sich, auch hier mehr herauszubekommen – möglicherweise könnte ja ein Zusammenhang zwischen Julikas Tod und Irmas Geschichte bestehen.


    Eine weitere „Baustelle“ ist die problembehaftete Beziehung zwischen Kea und Hautpkommissar Nero Keller.


    Die Grundidee, die dem Roman zugrunde liegt, fand ich sehr interessant. Doch vor allem in den ersten Kapiteln hatte ich Mühe, dem sprunghaften Erzählen und Erinnern der dementen Irma zu folgen. Allerdings gewöhnt man sich daran.


    Der Roman ist Teil einer Reihe um Kea Laverde, doch ich fand ihn auch als Einzelroman gut zu lesen – ich gebe aber zu, dass ich die Namen der Protagonisten, Nero und Kea, irgendwie „gewollt“ und nicht sehr passend fand.


    Alles in allem bietet das Buch solide, durchschnittliche Krimikost: man muß es nicht gelesen haben, Zeitverschwendung ist es aber auch nicht. Auf einer 10 Punkte Skala würde ich 7 Punkte geben.

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • Ghostwriterin Kea Laverde hat einen neuen Auftrag. Bei Irma Schwand wird Alzheimer diagnostiziert und da sie nicht weiß, wie schnell die Krankheit sich ausbreitet und sie alles vergisst, will sie ihre Lebensgeschichte ihrer Enkelin Julika hinterlassen. Denn da gibt es etwas, was sie sich unbedingt noch von der Seele reden muss. Sie hat Schuld auf sich geladen, in den letzten Tagen des Zweiten Weltkrieges, als der Führer schon tot war und alles auf die Amerikaner gewartet hat. Ihre Enkelin, die wird das verstehen und ihr verzeihen. Nur leider wird ihre Enkelin tot aufgefunden, ertrunken in einer Pfütze, wie es erst aussieht. Schnell wird aber klar, dass sie ermordet wurde, denn vorher wurde ihr noch das Genick gebrochen. Wird Irma überhaupt noch verstehen, dass Julika nicht mehr da ist?


    Bei Julika wird eine CD mit einem brisanten, da verbotenen Programm gefunden. War sie etwa in kriminelle Machenschaften verstrickt? Keas Lebensgefährte, Nero Keller, Hauptkommissar beim LKA München, spezialisiert auf Internetkriminalität, wird in den Fall in Landshut mit einbezogen. Dort wird gerade die Landshuter Hochzeit gefeiert, ein mehrtägiges historisches Spektakel, an dem fast die ganze Stadt teilnimmt. Für Landshuter ist es eine Ehre, zu Hochzeitern, Spielmännern oder Begleiter ausgewählt zu werden, eine Kommission, der auch Irma Schwand lange Jahre angehörte, prüft Bewerbungen und wählt nach strengen Regularien aus. Bei dem Festumzug, dem Höhepunkt des Ereignisses, ist ganz Landshut auf den Beinen. Auch Julika wollte daran teilnehmen, sie ist gerade erst aus Amerika, wo sie aufgewachsen ist, hierhin übergesiedelt. Ihre Mutter, Irmas Tochter, und ihre Schwester leben immer noch dort. Sie zieht nichts in Irmas Heimat zurück, Elizabeth hat zwar mit ihrer Mutter noch einige Jahre in Deutschland gelebt, sich aber nie sehr wohl gefühlt. Ob irgendjemand etwas dagegen hat, dass Julika erfährt, was ihrer Großmutter passiert ist, als Deutschland im Untergang war?


    Kea und Nero ermitteln zwar aus unterschiedlichen Gründen und Wegen, aber immer mehr kristallisiert sich heraus, dass ihre Projekte miteinander verknüpft sind. Irma hatte wohl tatsächlich etwas zu verbergen, denn Kea wird angegriffen und eingeschüchtert, damit sie Irma nicht mehr zuhört. Ein Landshuter Journalist, der aussieht wie Gary Grant, verbündet sich mit Kea, denn auch er hat Interesse an Irmas Lebensbeichte. Er möchte ein Buch mit Aussagen von Zeitzeugen schreiben, die bei Kriegsende noch Jugendliche waren. Ihre Erlebnisse und Berichte sollen nicht in Vergessenheit geraten, aber er stösst immer wieder auf Widerstand, die Menschen wollen lieber vergessen und verdrängen. Nero sieht die beiden zusammen und kann seiner Eifersucht kaum Herr werden, sie beeinträchtigt sogar seine Arbeit. Kea hat ein Problem mit Nähe und Beziehung, sie hat es lieber lockerer und will keine Arbeit in eine Beziehung stecken, unvorstellbar für sie, mit jemandem zusammen zu leben. Natürlich ist auch Nero nicht unproblematisch, Müßiggang ist ihm fremd und ihm fehlt das Verständnis für Keas Schreibtätigkeit. Während dieses Falles machen beide eine Entwicklung durch und lernen zu erkennen, was für sie selber wichtig genug ist, um vielleicht doch mal über ihre bisherigen Unverständnisse nachzudenken und den anderen besser zu verstehen.


    Das Buch liest sich leider nicht sehr flüssig, Friederike Schmöe wechselt ständig die Perspektive und so findet man sich oft unverhofft im Bombenhagel wieder, obwohl man doch grade erst der CD auf der Spur war. Die Zeitsprünge sind schon interessant, es sind Irmas Erlebnisse, die wir hautnah miterleben. Aber nicht nur die ständigen Perspektivwechsel sind zu plötzlich, die Autorin greift auch viele Handlungsfäden auf und lässt sie am Ende einfach im Wind wehen. Es fehlen Auflösungen und Ausgänge von Ereignissen, auf die das ganze Buch eigentlich hingearbeitet hat. Sie überlässt zum Schluß vieles dem Leser, zu viel, es ist unbefriedigend, die Antworten selbst zu suchen, sofern sie überhaupt zu finden sind. Die Themen an sich sind sehr interessant, Alzheimer, die alte Schuld, Phishing und Details über die Landshuter Hochzeit, es waren aber eindeutig zu viele Handlungsstränge, die nicht zu einem vernünftigen Ende finden. Einzig die Details über das Spektakel der Hochzeit sind sehr ausführlich und wecken Interesse. Das Buch ist Teil einer Reihe um Kea Laverde, man kann es aber problemlos ohne vorherige Kenntnisse lesen. Das Cover ist wieder einmal hervorragend ausgewählt, die im Licht schimmernde Pfütze ist ein wichtiges Detail in der Geschichte und löst einen gewissen Schauder beim Leser aus.


    Fazit


    Viel Interessantes angefangen aber nicht genügend zu Ende gedacht. Ereignisse werden nicht erfolgreich zum Abschluss geführt, so bleiben beim Leser einige Fragezeichen im Gesicht zurück. Obwohl das Thema Alzheimer und der Umgang betreffender Personen damit Interesse weckt, die Ausflüge in den Krieg, die Angst der beiden Mädchen den Leser geradezu aus dem Buch anspringt, so sind es doch die vielen unnötigen Handlungsstränge, die nicht zu der Geschichte passen und unerledigt zurückbleiben. Besonders Keas Probleme mit Beziehungen sind nicht nachvollziehbar, manches ist anfangs schwer verständlich. Trotzdem ist es immer noch ein spannender Fall und die Lösung überraschend.


    LG
    Patty

  • Bissduvergisst ist nach Schweigfeinstill und Fliehganzleis der dritte Kriminalroman der Autorin Friederike Schmöe rund um die Münchner Ghostwriterin Kea Laverde.


    Im Sommer 2009 erhält Kea den Auftrag die Erinnerungen der 82-jährigen Irma Schwand aufzuschreiben. Irma leidet an Alzheimer und möchte ihre eigenen Erinnerungen für ihre geliebte Enkelin Julika in Worte fassen lassen. Die alte Dame ist nicht nur krank, sondern ihr scheint auch ein Erlebnis aus der Vergangenheit auf der Seele zu liegen.
    Während Kea noch mitten in den Gesprächen mit Irma steckt, wird deren Enkelin Julika tot aufgefunden und das mitten in den Vorbereitungen zur alle 4 Jahre stattfindenden Landshuter Hochzeit, an der auch Irma in der Vergangenheit meist maßgeblich beteiligt war. Bei der Leiche wird eine CD mit Daten gefunden. Schnell steht fest, dass Julika ermordet wurde. Sie ist ertrunken, in einer Pfütze. Mit der Aufklärung des Falles ist unter anderem Kea’ s Lebensabschnittsgefährte Nero Keller beschäftigt und so kommt es, dass sowohl Kea als auch Nero unbeabsichtigt auf den Spuren der Vergangenheit der „Schwandschen Famile“ wandeln, jeder auf seine Art.


    Der Roman Bisduvergisst verknüpft hier Vergangenheit und Gegenwart miteinander. Besonders gut gelingt dies durch Irmas gedankliche Rückblicke auf die Kriegszeit. Irma und ihre Freundin Lisa hatten in den Kriegsjahren mit manchen Problemen zu kämpfen.
    Die Autorin schafft es durch die Einflechtung von Irmas Gedanken den Leser langsam zu
    Irmas verborgener Schuld zu führen. Diese hängt wohl mit ihrer Freundin zusammen. Aber was geschah damals wirklich? Und: Hängt dieses Geschehen mit dem jetzigen Tod von Julika zusammen?


    Die Suche nach dem oder den Täter/n gestaltet sich recht schwierig, denn es gibt so viele Ansätze. Wo liegt das Motiv? Hat der Tod von Julika etwas mit der gefundenen CD zu tun, oder mit der Landshuter Hochzeit?


    Ein Nebenschauplatz des Buches ist selbstverständlich die Beziehung zwischen Kea und Nero. Beide zweifeln hier und da an ihrer Partnerschaft und werden auf eine harte Probe gestellt. Nicht nur sie selbst fragen sich mehr als einmal, ob sie überhaupt zusammen gehören.


    Die unterschiedlichen Handlungsstränge sind jeder für sich ausgezeichnet ausgearbeitet. Am ausdrucksstarksten ist hier Irmas Gefühlswelt. Unter welchen Anstrengungen und mit welcher Kraft aber auch Angst und Verzweiflung haben Lisa und Irma die letzten Kriegstage verbracht. Der Leser erlebt diese Gefühle hier förmlich selbst.
    Aber auch Irmas heutige familiäre Beziehungen werden sehr genau unter die Lupe genommen.


    Bisduvergisst ist mehr als ein Kriminalroman. Jedes einzelne Kapitel des Romans geht unter die Haut, nicht mit atemberaubender Spannung, aber durchgängig mit der Frage nach dem wie und warum. Die kurzen Kapitel halten den Leser so gefangen, dass das Buch einfach weiter gelesen werden muss.