Titel: Das Einsteinmädchen
Autor: Philip Sington
Deutsche Erstausgabe 2010 bei DTV
Originaltitel: The Einstein Girl erschienen 2009 bei Harvill Secker, London
Deutsch von Sophie Zeitz
Inhalt: ( Umschlag)
Berlin 1932. Eine junge Frau wird im Wald bei Caputh bewusstlos aufgefunden. In der Nähe entdeckt man den Programmzettel eines Vortrags von Albert Einstein: "Der gegenwärtige Stand der Quantentheorie". Die Presse tauft sie daraufhin "das Einstein-Mädchen". Als sie aus dem Koma erwacht, hat sie keine Erinnerung an ihr früheres Leben, weiß nicht einmal mehr ihren Namen. Martin Kirssch, Psychiater an der Charité, iast fasziniert von diesem ungewöhnliche Fall. Im Lauf der Zeit fühlt er sich immer mehr zu seiner Patientin hingezogen. Bei seinen eigenen heimlichen Nachforschungen zur Identität der "Patientin E." stößt er auf ein Notizbuch mit mathematischen Formeln und einen Brief, adressiert an Mileva Einstein-Maric, die erste Frau Albert Einsteins. Um Milena aufzusuchen reist er nach Zürich und lernt dort ihren und Einsteins Sohn Eduard kennen, der sich im Burghölzli, einer Nervenheilanstalt befindet. Weiß Eduard wer das geheimnisvolle Einsteinmädchen ist? Kirsch ahnt noch nicht, dass die "Patientin E." sein letzter Fall sein wird - denn während er sich in Zürich aufhält, ergreifen die nationalsozialisten in Deutschland die Macht...
Meine Meinung:
Ein spannender, intelligenter Krimi mit historisch brisantem Hintergrund.
Für mich stand jetzt weniger die kriminalistische Aufklärung des Falles im Vordergrund. Bedrückend und aufwühlend waren eher die Einblicke in die damaligen psychiatrischen Behandlungsmethoden, die Experimente, die ohne Rücksicht auf die Patienten an ihnen vorgenommen wurden und die der Geist des Nationalsozialismus zu einem grauenvollen Ende kommen ließ. Kirsch, der mit den Methoden keinesfalls einverstanden war, sich zu seinem Nachteil dagegen wehrte, geht mit seinen Patienten unter.
Kirsch wendet sich der Ursache der psychischen Krankheiten zu, sucht sie in Ereignissen die den Patienten zugestoßen sind, während die damalige Auslegung, was Wasser auf die Mühle der Nazis war, die Vererbung von Geisteskrankheiten in der Familie dogmatisiert wurde. So sollte er die Patienten der Charité auflisten und den Nazis übergeben.
Einsteins Leben, ob Wahrheit oder Fiktion werden mit dem Fall auf spannende Art verwoben. Ob er jetzt ein Schwerenöter war, wie er in der Geschichte dargestellt wird oder nicht, die Ausflüge in die Quantenphysik, die auf sehr verständlich Art erklärt wird, (das erste Mal, dass ich begriffen habe worum es dabei geht) geben dem Buch etwas von einer wissenschaftlichen Abhandlung, ebenso die Ausführungen in die Geschichte der Psychiatrie.
Das ganze hat Sington sehr gut recherchiert, die bildhafte, oftmals poetische Sprache, die wunderbaren Ortsbeschreibungen, der Gewissenskonflikt Martin Kirschs, die Zusammenhänge die erst nach und nach zu TAge kommen und aus der Sicht verschiedener Personen erzählt wird, geben diesem buch einen ganz besonderen Reiz.
Kein Durchschnittskrimi, nicht ganz leicht zu lesen, aber lohnenswert.
Könnte glatt 10 Punkte geben.
edit sagt der Autor ist auch wichtig
Philip Sington studierte Geschichte in Cambridge und arbeitete als Journalist und Herausgeber, Drehbuch- und Theaterautor. Er lebt mit seiner Fau und seinem Sohn in London. Unter dem Pseudonym Patrick Lynch (hinter dem sich das Autorenduo Philip Sington und Gary Humphreys verbirgt) hat er mehrere Wissenschaftsthriller veröffentlicht.