Lean on Pete - Willy Vlautin

  • # Broschiert: 313 Seiten
    # Verlag: Bvt Berliner Taschenbuch Verlag (17. Juni 2010)
    # Sprache: Deutsch


    Kurzbeschreibung
    Nun also Portland. Neue Stadt, neues Glück, hatte Charleys Vater gedacht, aber auch Portland bringt nur die alten Probleme. Und dann stirbt er, und Charley, 15, ist ganz auf sich allein gestellt. Der abgehalfterte Del Montgomery versucht, die Leute seit mindestens sechs Jahrzehnten übers Ohr zu hauen, und heuert Charley an. Ab und zu bezahlt er ihn dafür, dass er sich um seine Pferde kümmert. Es ist der Hengst Pete, der Charley besonders ans Herz wächst; er leidet mit ihm, wenn Del ihn für ein paar Dollars bei illegalen Rennen verheizt, und nachts flüstert er ihm ins Ohr, wie einsam er sich fühlt. Als das Pferd an einen Metzger verkauft werden soll, haut Charley mit ihm ab. Er beschließt, seine Tante zu suchen, und diese Reise wird zu einer Odyssee, an deren Ende so etwas wie Hoffnung aufblitzt. Willy Vlautin macht es uns unmöglich, Charley nicht augenblicklich ins Herz zu schließen. Und so wie Charley sich um Pete sorgt, fiebern wir mit und hoffen so sehr, dass seine Geschichte doch noch ein Happy End findet.


    Über den Autor
    Willy Vlautin, geboren 1967 in Reno, ist Sänger und Songschreiber der Folkrockband Richmond Fontaine, mit der er im Sommer auf Welttournee geht. Auch sein zweiter Roman, Northline sorgt im englischsprachigen Raum für Furore.


    Meine Meinung
    "Lean on Pete" ist das dritte Buch, das ich nun von Willy Vlautin lese und es hat mir - wie die beiden ersten Bücher schon - ausgesprochen gut gefallen. Auch hier widmet sich Vlautin wieder den "Gescheiterten", den Menschen, denen es nicht gut geht. Aber im Gegensatz zu "Northline" entlässt er uns aus "Lean on Pete" beinahe schon mit einem Happy End.


    Der fünfzehnjährige Charley zieht mit seinem alleinerziehenden Vater von Spokane nach Portland, wo er immer wieder über Nacht alleine gelassen wird, da sein Vater sich mit seiner Freundin vergnügt. Das einzige, was Charley sich wünscht, ist es eine Familie zu haben und Football spielen zu können. Obwohl Charley in Portland niemanden kennt, gelingt es ihm, einen Job auf einer Rennbahn zu bekommen, wo er das Rennpferd Lean on Pete kennen lernt, der ihm später zu einem ständigen Wegbegleiter werden soll. Als Charley von einem schweren Schicksalsschlag getroffen wird, flüchtet er zusammen mit Pete und versucht auf einer langen und beschwerlichen Reise mit ihm gemeinsam nach Wyoming zu kommen, um seine Tante zu besuchen.


    All dies wird von Willy Vlautin relativ unaufgeregt erzählt - und dennoch war ich direkt hineingesogen in die Geschichte. Ich mag Vlautins Art Geschichten zu erzählen und es hat mir gefallen, dass das Ende doch Anlass zur Hoffnung gibt.


    Eine wirklich tolle Geschichte, die ich nur jedem empfehlen kann.


    10 Punkte.

  • Vielen Dank für die Rezi, buzz.


    Ich habe das Buch am Wochenende gelesen und kann mich dir zu 100 % anschließen. Die Geschichte von Charley der sich dem Pferd Lean on Pete immer wieder auf´s Rührendste anvertraut hat mich sehr bewegt und ich konnte das Buch nicht mehr aus der Hand legen.
    Mir gefällt Vlautins Erzählstil sehr gut; auf Ausschmückungen kann er gut verzichten, er trifft mit seiner teilweise sehr reduzierten Sprache genau den Punkt. Ein ganz großartiges, herzzerreißendes, herzerwärmendes Buch.
    Und ich würde mal sagen, freuen wir uns auf das nächste von ihm :wave


    Volle Punktzahl

    Herzlichst, FrauWilli
    ___________________________________________________
    Ich habe mich entschieden glücklich zu sein, das ist besser für die Gesundheit. - Voltaire

  • :gruebel Bei solchen Geschichten stirbt am Ende meist das Tierchen...ich hoffe, das ist hier mal anders?
    Edit: Du sollst aber hier bloß nicht das Ende verraten, aber da mich das Buch aufgrund deiner schönen Rezi interessiert, würde mich eine PN freuen. :wave

  • Ich bekomme es bald von einer lieben Tauschfreundin :taenzchen
    Die anderen beiden Bücher von Vlautin haben mir schon gut gefallen - nun kann ich mich kaum noch gedulden, dieses zu lesen... ;-)


    :wave

    Jeder trägt die Vergangenheit in sich eingeschlossen wie die Seiten eines Buches, das er auswendig kennt und von dem seine Freunde nur den Titel lesen können.
    Virginia Woolf

  • So - das Buch ist gelesen und hier meine kurze Meinung:


    Im Großen und Ganzen kann ich mich meinen Vorgängern anschließen.
    Ich mag Geschichten über Gescheiterte und Außenseiter.
    Die Sprache Vlautins ist einfach und schnörkellos - packt einen aber dennoch.
    Ein wenig in die Länge gezogen empfand ich den Mittelteil, das hat mich aber nicht wirklich gestört.
    Und das Ende hat mir gut gefallen.


    Lesenswert!



    :wave

    Jeder trägt die Vergangenheit in sich eingeschlossen wie die Seiten eines Buches, das er auswendig kennt und von dem seine Freunde nur den Titel lesen können.
    Virginia Woolf

  • Ein wunderbares Buch. Es gefiel mir noch besser als Northline. Vlautins Sprache ist zwar einfach, aber es packt einen schon ab der ersten Seite. Mir gefiel das Ende auch sehr gut, weil es dieses Mal einen Hoffnungsschimmer gab. Unbedingt lesen.

  • Zitat

    Original von vorleser
    Ein wunderbares Buch. Es gefiel mir noch besser als Northline. Vlautins Sprache ist zwar einfach, aber es packt einen schon ab der ersten Seite. Mir gefiel das Ende auch sehr gut, weil es dieses Mal einen Hoffnungsschimmer gab. Unbedingt lesen.


    Das mit dem Hoffnungsschimmer hat mir auch sehr gute gefallen. :-) Besser als Northline fand ich es aber nicht - dafür zog es sich meiner Meinung nach doch an einigen Stellen etwas in die Länge.

  • Lean on Pete – Willy Vlautin


    Meine Meinung:
    Nach seinen ersten beiden Romanen Motel life und Northline schafft es Willy Vlautin auch mit seinen dritten Roman zu überzeugen. Er variiert hier seine Themen und setzt mit dem 15jährigen Charley einen Protagonisten ein, den der Leser auf seinen langen Weg begleiten wird. Nachdem der Roman anfangs viel über das Pferderennen erzählt, wird er später zum Roadmovie, bei dem Charley von Portland nach Wyoming trampt. Dabei ist er ganz auf sich alleine gestellt und trifft einige Underdogs. Da sind Kleinkriminelle und Prostituierte ebenso dabei wie Aussteiger, Truckerfahrer und Vertreter mit merkwürdiger Gesinnung.
    Willy Vlautin zeigt wieder die USA mit seiner sozialen Unterschicht, in der Armut und Melancholie sowie manchmal auch Gewalt eine Rolle spielt. Der Autor vermeidet Kitsch und Pathos und schafft es doch anzurühren, da er ein realistisches Bild zeigt und niemals auf diese Leute herunterblickt. Im Gegenteil offenbart er das Bild von hart arbeitenden Menschen, die kaum auf den grünen Zweig kommen und doch immer irgendwie weitermachen.


    Charley hat das eine ums andere mal ziemlich viel Pech, aber er hat einen guten Charakter. Man bangt um ihn und hofft, dass er seinen Weg finden wird.


    Willy Vlautin zu lesen, ist wie einen langsamen, aber treibenden Folk- oder Blues-Song zu hören. Er löst sich eigentlich widerstrebende Gefühle wie Melancholie aber auch Hoffnung aus. Von mir wieder 10 Punkte!

  • Meinung


    Als ich an jenem Morgen aufwachte, war es noch ziemlich früh. Der Sommer hatte gerade erst angefangen, und von meinem Platz im Schlafsack konnte ich aus dem Fenster sehen. Der Himmel war klar, blau, beinahe wolkenlos. Mein Blick fiel auf das Polaroid, das ich über mir an die Wand gepinnt hatte. Es zeigte meine Tante und mich an einem Fluss, sie trägt einen Badeanzug.


    Obwohl Charley erst fünfzehn ist, überrumpelt ihn das Leben auf höchst unschöne Weise. Noch während sein Vater lebt, ist er größtenteils auf sich gestellt, der Vater kümmert sich nicht all zu viel, lässt den Jungen bisweilen tagelang ohne Essen allein, treibt sich mit Frauen herum und bringt sie mit nach Hause. Viel Liebe hat er für seinen Sohn nicht übrig. Und doch ist es herzzerreißend, wie Charley reagiert und wie er sich fühlt, nachdem sein Vater gestorben ist. Und das Leben wird noch rauer für den Jungen, er verlässt das Haus, versteckt sich vor der Polizei und findet Arbeit, indem er sich älter schwindelt. Er ist angewiesen auf die Barmherzigkeit der Mitmenschen, die ihn zu oft im Stich lassen, er ist der Armut und der Gewalt ausgeliefert, die ihn immer wieder unvermittelt trifft.
    Als Lean on Pete verkauft werden soll, haut er mit ihm ab und macht sich auf eine abenteuerliche Reise. Er hat kaum Geld, er hat ein geklautes Auto und ein geklautes Pferd, das er innigst liebt. Und es läuft gar nicht gut für ihn. Doch Charley bleibt bei all dem eine liebenswerte Figur, die man in den Arm nehmen will, beschützen will.
    Willy Vlautin schreibt auf einfache Weise und doch überaus bewegend, er schafft dem Leser allein durch die Beschreibung von Charleys Handeln Zugang zu seinen Gefühlen, seinen Träumen, Sorgen und Nöten, ohne das Innerste preis zu geben.
    Lean on Pete ist kein leichtes Buch, es ist traurig und dunkel, es ist mitreißend und voller Gefühl. Es ist hoffnungsvoll und schön, zum Niederknien schön.


    Lean on Pete ist mein erstes Buch von Willy Vlautin, aber bestimmt nicht das letzte.

  • "Lean on Pete" ist wieder ein gutes Buch von Vlautin, aber in meinen Augen doch etwas schwächer als die beiden grandiosen Vorgänger.
    Wieder erzählt der vielseitige Autor von Menschen am Rande der Gesellschaft, von Gescheiterten, von Mitgliedern der sogenannten Unterschicht. Liegt im ersten Teil noch der Augenmerk auf Charley samt dem liebgewonnenen alten Rennpferd Pete, wandelt sich der Roman ziemlich plötzlich zu einem mitreißenden road movie und der Leser begleitet den 15jährigen Protagonisten auf seiner abenteuerlichen, mitunter gefährlichen Reise ins Ungewisse.


    Auch wenn der Roman seine Längen hat, sich einiges immer wieder wiederholt und sich in der gewohnt reduzierten Sprache diesmal zudem viele Wortwiederholungen eingeschlichen haben, habe ich auch dieses Werk gern gelesen und freue mich besonders über das positive Ende. Der Weg dahin ist aber wieder gewohnt düster mit Hang zum Schwarzmalen und verlangt dem empathischen Leser einiges ab.