literarische Weltreise: Ägypten
Kurzbeschreibung
Onkel Kamil, der Bonbonverkäufer, al-Hilu mit seinem Friseursalon, der alte Dichter, den keiner mehr hören will, seit es das Radio gibt - jeder sucht seinen eigenen Weg in die Zukunft. Umm Hamida, wandelndes Lexikon aller Missetaten, hat täglich mehr zu erzählen über die Geheimnisse der Gasse, denn eine Welt ist in Unordnung geraten. Nagib Machfus, geboren 1911, ist einer der bedeutendsten arabischen Autoren der Gegenwart. 1988 wurde ihm der Nobelpreis verliehen.
Meine Meinung
Eine Gasse in Kairo, zur Zeit des zweiten Weltkrieges: unterschiedlichste Menschen leben auf engstem Raum zusammen. Hamida, als Findelkind in ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen, verachtet die Gasse und ihre Bewohner und ist der festen Überzeugung, besseres verdient zu haben. Anders ihr ungeliebter Verlobter Abbas: nichts zieht ihn in die Welt, genügsam und bescheiden betreibt er einen kleinen Friseursalon, meldet sich dann aber doch freiwillig zur britischen Armee, um Geld für die gemeinsame Zukunft zu verdienen. Um diese Liebes bzw. Nicht-Liebesgeschichte herum tobt das Leben in dieser Gasse. Große und kleine Tragödien spielen sich ab, kuriose Gestalten wohnen hier: Die Bäckersfrau Husnija, die regelmäßig ihren Mann verprügelt, Zita, der Krüppelmacher oder der Kaffeehausbesitzer Kirscha, der sich nur für Haschisch und junge Männer interessiert.
„meine Liebe gilt den Bewohnern der Gassen. Nicht nur der alten Gassen von Kairo, sondern der Gassen der ganzen Welt“, dieses Bekenntnis Machfus' ist in jeder Zeile dieses Buches spürbar. Denn auch wenn viele seiner Protagonisten laut, zänkisch oder gar bösartig sind, die Menschen ziemlich rüde miteinander umspringen und manchmal ungeheuerliche Dinge tun, schwingt doch immer eine tiefe Sympathie für sie in der Geschichte. Und wie er das Leben in dieser Gasse schildert! Man hat den Duft von Kardamom förmlich in der Nase, wenn die Männer sich im Kaffeehaus treffen, bekommt unbändigen Appetit auf Onkel Kamils Süßigkeiten, hat das Gezänk der Marktweiber im Ohr.
Ein wunderbarer Ausflug in diese fremde orientalische, manchmal grausame aber meistens unbändig lebensfrohe Welt Ägyptens an der Schwelle zur Moderne