Roberto Bolano - Chilenisches Nachtstück

  • Titel: Chilenisches Nachstück
    OT: Nocturno de Chile
    Autor: Roberto Bolano
    Übersetzt aus dem Spanischen von Heinrich von Berenberg
    Verlag: dtv
    Erschienen: Mai 2010
    Seitenzahl: 156
    ISBN-10: 3423138807
    ISBN-13: 978-3423138802
    Preis: 8.90 EUR


    Das sagt der Klappentext über den Inhalt:
    Sebastian Urrutia Lacroix, berühmter chilenischer Literaturkritiker, mittelmäßiger Dichter und Priester, hält in einer Fiebernacht Rückschau auf sein bewegtes Leben. Wie er durch einen Gönner in die literarischen Zirkel eingeführt wurde, wie er sich während der Allende-Regierung der Lektüre der griechischen Klassiker widmete, und wie er dann - als die Generäle sich an die Macht geputscht haben - Pinochet und Co. Unterricht in Marxismus gab. Immer, meint er am Ende, sei er auf der Seite der Geschichte gewesen.


    Der Autor:
    Roberto Bolano, geb. 1953 in Santiago de Chile, gestorben 2003, erhielt 1999 den wichtigsten südamerikanischen Literaturpreis 'Romulo-Gallegos'. Lange Zeit lebte er in Mexiko. 1973, während Pinochets Militärputsch wurde er in Chile verhaftet, saß ein halbes Jahr im Gefängnis und ging danach zurück nach Mexiko und weiter nach Spanien.


    Meine Meinung:
    Roberto Bolanos Bücher sind etwas wirklich Besonderes. Sie leben durch seine ganz besondere Art und Weise des Erzählens. Bolano ist klar in seinen Aussagen, sehr direkt und nicht bereit Fehler durchgehen zu lassen. In diesem Buch schildert er die Erlebnisse des Paters und Literaturkritikers Sebastian Urrutia Lacrois, eines Paters der sich anpasst, der nicht bereit ist wirklich Stellung zu beziehen und der sich eins ums andere Mal hinter seinen selbstgerechten Handlungen und Ansichten versteckt. Die Schilderung dieses Verhaltes gelingt Bolano meisterhaft. Pater Lacrois verschließt die Augen vor dem was um ihn herum vorgeht, will er doch nirgends anecken. Immer wieder äußert Bolano harte Kritik an seinem Heimatland Chile, gerade auch am Fatalismus der Menschen in Chile während der Zeit der Militärdiktatur, aber er kritisiert auch ihr Verhalten nach Beendigung der Diktatur. Hier steht stellvertretend seine Hauptperson des Pater Lacrois, der eben auch wie viele seiner Landsleute nicht bereit war, diese Zeit der Unterdrückung aufzuarbeiten; auch sein Pater flüchtet sich in selbstgerechte Überlegungen, versucht sich zu rechtfertigen. Egal was im Chile der Unterdrückung auch passierte, Pater Lacrois schrieb weiter seine Rezensionen als sei nichts passiert. Roberto Bolano ist ein eindringliches Buch gelungen, ein Buch, welches auch vom Leser einiges abverlangt. Bolano fordert seine Leser geradezu zum Mitdenken auf. Er macht es ihnen (den Lesern) wirklich nicht leicht. Er will nicht Vordenker sein, er will das mitgedacht und nachgedacht wird. Ein sehr lesenswertes Buch. Leider ist Roberto Bolano schon 2003 im Alter von nur 50 Jahren gestorben.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.