Caroline Llewellyn – Die verborgene Geschichte
Originaltitel: „Life Blood“, erschienen 1993
Deutsch von Birgit Moosmüller und Anne Rademacher
btb Taschenbuch, Oktober 2001
474 Seiten
Autorin:
„Caroline Llewellyn, Tochter einer Amerikanerin und eines Walisers, kam in Singapur auf die Welt und verbrachte ihre Kindheit und Jugend in Kanada. Nach längeren Aufenthalten in England, Italien und Deutschland lebte sie danach mit ihrem Mann und ihren Kindern in Princeton, New Jersey, wo sie im Herbst 2000 verstarb.
‚Die verborgene Geschichte‘ ist Caroline Llewellyns drittes Buch. Ihre atmosphärisch dichten Kriminalromane werden von der amerikanischen Presse hochgelobt und in eine Reihe mit den Büchern von Elizabeth George gestellt“
Inhalt:
„Nach dem tragischen Tod ihres Mannes hofft die Kinderbuchautorin Jo, in dem malerischen Dorf Shipcote zur Ruhe zu kommen. Zusammen mit ihrem einjährigen Sohn zieht sie in das Cottage ihrer verstorbenen Großmutter. Doch statt Frieden zu finden, stößt Jo auf gefährliche Geheimnisse aus der Vergangenheit: In dem Haus, in dem sie wohnt, wurde einst eine Frau ermordet, und das Verbrechen blieb unaufgeklärt. Jo findet heraus, daß der Mord in mysteriöser Beziehung zu einem Roman steht, den die Großmutter schrieb. Doch alle Exemplare des Buches wurden vernichtet. Kein Wunder, denn sein Inhalt könnte die Identität des Mörders enthüllen. Jo weiß schließlich nicht mehr, wem von ihren neuen Freunden sie noch trauen kann, nur eines weiß sie mit Sicherheit: Sie hat sich und ihr Baby mit ihren Nachforschungen in tödliche Gefahr gebracht.“
Leseeindrücke:
Dieses Buch habe ich hier wahrscheinlich mal auf einer Wunschliste entdeckt, jedenfalls fiel es mir innerhalb von bestimmt zwei Jahren immer wieder mal ein, zuletzt wurde ich wieder daran erinnert, als es hier vor kurzem jemand abgebrochen hat. Da es andernorts, u.a. Amazon, auch viele positive Meinungen zu dem Buch gibt, habe ich es nun ausgeliehen und endlich gelesen.
Zunächst einmal ist es m.E. kein typischer Kriminalroman, weshalb ich es auch hier bei Belletristik einordne. Es gibt einen Kriminalfall, aber der liegt 50 Jahre zurück und kein Polizist läuft hier herum und ermittelt. Auch ist das Buch nur mäßig spannend, was mich weiterlesen ließ, waren einerseits Neugier auf den Verlauf der Geschichte, andererseits die angenehme Erzählweise, die Landschaftsbeschreibungen und die sympathischen und unsympathischen Charaktere.
Der letzte Satz des Klappentextes ist übertrieben dramatisch. Jo lernt die gutsituierten Mallabys kennen, von denen die ältesten mit ihrem damals einfach verschollenen Großvater verwandt bzw. bekannt waren. Auch die jüngeren Mallabys sind nicht gerade Sympathieträger. Dazu kommt dann noch ein aggressiver Dorfbewohner, aber alles in allem kann nicht die Rede davon sein, dass sie sich in Todesgefahr wähnt. Dennoch spürt man als Leser immer wieder eine unterschwellige Gefahr, wenn Jo mit bestimmten Personen zu tun hat.
Neben dem Mord an der Frau, die in Jos Cottage wohnte und dem geheimnisvollen Buch ihrer Großmutter, von dessen Inhalt sie nach und nach immer mehr erfährt bzw. zum Teil erahnt und welches die Mallabys in kein gutes Licht zu rücken scheint, spielt ein uraltes Hügelgrab eine wichtige Rolle in dem Roman. Zudem entwickelt sich sehr behutsam eine Liebesgeschichte.
Was mir besonders auffiel: Jo hat einen einjährigen Sohn, Max, und dieser wird alle paar Zeilen erwähnt. Ob Max nur eine Wölbung unter seiner Bettdecke ist, ob er „kräht“, als er das Frettchen eines Dorfjungen erblickt, ob Jo ihn in den Babystuhl setzt, ihn einer anderen Frau überreicht, seinen Babysitzgurt im Auto festschallt – alles, wirklich jede Tätigkeit oder Beobachtung, die Jo in Bezug auf Max macht, wird uns geschildert. Einerseits wirkt die Erzählung dadurch umso realistischer – an sich empfand ich die Geschichte als sehr realistisch erzählt, ohne große Übertreibungen oder Unwahrscheinlichkeiten – andererseits hätte nun doch nicht JEDE Kleinigkeit über Max wiedergegeben werden müssen.
Jo ist übrigens die Ich-Erzählerin dieses Romans.
Fazit:
Das Buch hat mich gut unterhalten, ich empfand es als sehr angenehm, ein richtiger Schmöker. Die Geschichte um das Buch und den Mord ist geheimnisvoll und steht im Mittelpunkt, ohne dass sie aber übertrieben wirkt, (was nicht heißen soll, dass sie nicht aufgeklärt wird), sondern auch der ganz normale Alltag der Figuren wird beschrieben und Jos Überlegungen und Entdeckungen bleiben immer nur ein Teil ihres Lebens, sie läuft nicht völlig besessen herum, um das Rätsel zu lösen. Die Figuren hätten mitunter mehr Kontur vertragen, dennoch kristallisierten sich für mich schnell Sympathie- und Antipathieträger heraus.
Am Ende ging dann plötzlich alles ziemlich abrupt, nachdem sich die Autorin das ganze Buch hindurch doch recht viel Zeit gelassen hat – aber wenn ich an so manche ellllllenlange Showdowns in Krimis denke, dann doch lieber so.
Noch etwas, was ich ganz lustig fand, musste ich doch gleich an unsere gute Telekom denken: Jo hat einen Telefonanschluss bestellt und der Techniker schaut endlich mal vorbei, natürlich Tage später als angekündigt…:
„Er murmelte etwas von einem Computer, der den Auftrag ständig als bereits ausgeführt registriert habe. ‚So etwas kommt gelegentlich vor. Da können wir wirklich nichts dafür.‘“
Kommt mir irgendwie bekannt vor…
8 von 10 Punkten und ich möchte noch vorschlagen, sich per Suchmaschine mal ein paar Bilder über die „Cotswolds“ anzusehen, die hügelige Gegend in England, in der der Roman spielt. Das sieht wunderschön aus.
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