Orlando - Virginia Woolf

  • Aus der Amazon-Beschreibung:
    Orlando ist sechzehn, als er einen Tag im 16. Jahrhundert unter einer mächtigen Eiche verträumt und sich, während die Nacht plötzlich hereinbricht, sputen muß, um den Empfang von Königin Elisabeth nicht zu verpassen. Sechsunddreißg Jahre zählt sie, denn Orlando erwacht nach einer langen Trance, die ein traumatisches Ereignis verursacht, plötzlich zu einer Frau, als sie ihren kleinen Sohn zur Welt bringt und in Wirklichkeit vier Jahrhunderte ins Land gegangen sind. Orlando ist endlich in der Gegenwart angelangt. Kutschen ohne Pferde fahren laut hupend durch London. Ein Krieg hat sich ereignet und sein Schloß mit den dreihundertfünfundsechzig Schlafzimmern gehört ihr nicht mehr. Seine/ihre Geschichte schließt damit, daß sie wieder die über die Jahrhunderte liebgewonnene Eiche aufsucht und sich wehmütig zurückerinnert an all das, was sie in der langen oder kurzen Zeit erlebt hat, seit sie sich zum ersten Mal auf seine knorrigen Wurzeln, die ihr als Knabe wie das Rückgrat der Welt erschienen, bettete.


    Virginia Woolf, sicher eine der wichtigsten Vertreterinnen des modernen Romans, legt mit diesem Buch ein besonderes Lehrstück vor. Ist Erzählen unter Verzicht auf Eindeutigkeit möglich? Weder Zeit noch Ort noch Geschlecht sind in dieser Biographie eindeutig bestimmbar. Dennoch verfolgt der Text das Werden der Persönlichkeit Orlando auf das Unterhaltsamste. Vergnüglich, historisch spannend und sehr herausfordernd werden Kategorien von Identität in Frage gestellt.
    Gleichzeitig wird eine Geschichte von Schreiben und Schreibenden erzählt. Wie die gottähnlichen Schriftsteller sich selbst als nur zu menschlich und weit entfernt von ihren Texten entlarven, scheint beinahe sokratisch.


    Orlando ist sicher noch heute eine lesenswerte, spannende Herausforderung!

  • Orlando ist eine wundervolle Erzählung über Frauen und Männer oder Beides, über den Tausch von Perspektiven und Liebe ohne Bedingung, über Kultur und Literatur.
    Woolf sprengt sämtliche Kategorien, spielt mit Geschlecht, dem Versprechen, "die Wahrheit" zu erzählen, mit unserem Verständnis von Linearität und der Wahrnehmung von Geschichte.
    Sie baut Wendungen ein und lässt uns in ihr Inneres blicken, um uns im nächsten Moment deutlich zu machen, dass wir niemals wissen können, wer da gerade schreibt.
    Dieser Roman ist so voller Dinge, dass man ihn wieder und wieder lesen kann.
    In der Geschichte allein finden sich jedes Mal neue Weisheiten und, sollten diese einmal aufgebraucht sein, so kann man in den etlichen Bezügen und Verweisen nachforschen und dem Spiel Virginia Woolfs mit Fakten und Fiktion tiefer auf den Grund gehen.


    Besonders schön:
    "Sie erinnerte sich daran, wie sie, als junger Mann, darauf bestanden hatte, dass Frauen gehorsam, keusch, parfümiert und exquisit gekleidet sein müssten. 'Nun werde ich am eigenen Leib für diese Wünsche zahlen müssen', überlegte sie; 'denn Frauen sind nicht (nach meiner eigenen, kurzen Erfahrung mit diesem Geschlecht zu urteilen) von Natur aus gehorsam, keusch, parfümiert und exquisit gekleidet.'"

  • Danke.


    Habe den Roman vor vier Jahren gelesen und erinnere mich gut an diese Meisterhaftigkeit der feinsinnigen Sprache.

    In der Schule fragten die Lehrer mich, was ich später werden wolle. Ich antwortete: Glücklich. Die Lehrer sagten, ich verstünde die Frage nicht. Ich sagte, sie verstünden das Leben nicht.


    John Lennon




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