Von Mao zu Bach - Zhu Xiao-Mei

  • Zitat

    „Man sollte nicht nur in der Musik nach dem richtigen Tempo suchen, man muss es auch im Leben finden.“


    Von Mao zu Bach
    Zhu Xiao-Mei
    erschien im französischen Original 2007
    bei uns als Hardcover im Verlag Kunstmann 2009
    286 Seiten


    Xiao-Mei erzählt ihre Geschichte in zwei Teilen: „ In China“ und „Im Westen“. Die Teile sind in einzelne Kapitel eingeteilt. Jedes Kapitel wird von Zitaten diverser Autoren oder anderer Persönlichkeiten unterstrichen. Das Buch beginnt und endet mit je einer Aria, wie bei einer Komposition.


    Xiao-Mei ist 3 Jahre alt, als ihre Mutter ihr das erste Mal etwas auf dem Klavier vorspielt. Schließlich unterrichtet sie, die Mutter, Xiao-Mei selber, merkt aber schnell, dass diese bessere Lehrer braucht. Sie kommt in Internate und Konservatorien, die ihr die gebührende Ausbildung zukommen lassen. Unterdessen kommt in China ein Mann an die Macht, der alles umkrempeln will und dies mit allen Mitteln durchsetzen wird: Mao Zedong. Die Revolution beginnt. Bücher, Schallplatten und Noten werden verbrannt, Intelektuelle in den Selbstmord getrieben oder zur Umerziehung in Arbeitslager geschickt. So auch Xiao-Mei. Vorbei ist es mit ihrer musikalischen Ausbildung, Denunziation und Selbstkritik stehen auf dem Lehrplan; Xiao-Mei trifft es härter als viele andere, da sie „von schlechter Herkunft ist“. Und doch schreibt sie, dass sie wisse, sie habe nicht so sehr gelitten, wie viele andere. Von ihrem elften Lebensjahr bis Mitte Zwanzig ist sie gefangen in der Revolution, verloren sind ihre Kindheit und Jugend.


    Als Mao stirbt, lockern sich die Zügel in China wieder etwas, Xiao-Mei nutzt die Chance und geht in die USA. Dies leitet den zweiten Teil, den Aufenthalt im Westen, ein. Von den USA geht sie nach Paris, ihr Traum wird wahr. Was ist das Ziel? Die Wiederaufnahme ihrer Aus- und Weiterbildung, jeden Tag stundenlanges Üben, Üben, Üben. Die Menschen im Westen fragen sich, wie eine Chinesin Bach spielen will? Auch sie selbst stellt sich diese Frage; letztendlich findet sie auch die Lösung: Sie muss nicht nur ihre Gefühle in ihr Spielen einfließen lassen, sondern nurmehr die Genialität des Komponisten zeigen.


    Mit 40 Jahren geht sie kurz nach China zurück, sieht ihre Eltern nach langer Zeit wieder. Sie gibt Konzerte nicht nur in China, sondern rund um die Welt, und ist doch immer noch unsicher, hat Angst zu versagen und fühlt sich unfähig, die Perfektion, die sie anstrebt, auch zu erreichen. Aber:


    Zitat

    „Doch ist es nicht ein Beweis für die Universalität der Musik, dass ich als Chinesin einen Südamerikaner mit dem Werk eines europäischen Komponisten überzeugen kann?“


    Ihr wichtigster Wunsch jedoch ist es, die Luft der Stadt von Bach zu atmen, vielleicht seine Grabesstätte einmal zu sehen, denn ihm verdankt sie, dass sie nach allem, was sie erlebt hat, wieder Mensch wurde, dass sie das Leben und sich selbst verstanden habe.


    Das Buch schließt mit diversen Begebenheiten aus ihrem Leben und Offenbarungen ihrer Gefühle und Gedanken zum selbigen.


    Meine Meinung:


    Eine Autobiographie zu rezensieren, fällt mir schwer.
    Es ist doch das Leben eines Menschen, das dort authentisch erzählt wird!


    Interessant war natürlich der erste Teil in China, zur Zeit Maos, so viel habe ich darüber bisher noch nicht gelesen.
    Der zweite Teil in Amerika und Paris fing bald an, mich zu langweilen, denn die Autorin spricht viel über Musik und da hätte ich auch über höhere Mathematik lesen können und hätte genauso viel bzw. genauso wenig verstanden; es geht zu sehr ins Detail und ich konnte damit nicht viel anfangen.
    Das macht den zweiten Teil für nicht-Musiker also etwas zäh.
    Außerdem ist der Text seltsam distanziert. Man kann nicht wirklich spüren bzw. man erfährt nicht, wie es der Autorin ging, sehr selten schreibt sie persönliche Gedanken, berichtet eigentlich nur; dies wird jedoch mit den letzten 6 Kapiteln wieder aufgehoben, sie schreibt dort ehrlich ihre Meinung über ihr Leben.


    Alles in allem hat es sich für mich gelohnt, dieses Buch zu lesen, aber nur, weil die Autorin sich auf den letzten 40 Seiten dann doch noch geöffnet hat.

    „An solchen Tagen legt man natürlich das Stück Torte auf die Sahneseite — neben den Teller.“

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