WM - Sonette 2010

WM Sonette 2010 Tag XV

Es fällt mir schwer, schlussfolgernd zu erwähnen:
Es winkten wahre Fußball-Leckerbissen
mit Teams, von denen wir ja lang schon wissen:
Sie können es! Doch heute war’s zum Gähnen.

Da mögen sich Ivorer noch so sputen.
Drei Tore können halt nicht immer reichen
wenn Brasilianer müde übern Rasen schleichen,
Zurückhaltung ist nicht nur zu vermuten.

Auch Spanier und Chilenen kalkulieren
und schieben sich den Ball zum lieben Ende
ganz harmlos zu. Das heißt: Gijon lässt grüßen.

Doch darf die Schweiz mitnichten lamentieren.
ihr Null zu Null spricht leider Gottes Bände.
Die Spieler ruh’n. Wir Fans, wir müssen büßen …

WM Sonette 2010 Tag XVI

Jetzt geht sie los. Weltmeisterschaft der Herzen.
Endlich bestimmt die Spannung das Geschehen.
Endlich kann man die Kerle rennen sehen.
Vorbei die Schonung. Endlich Kampf und Schmerzen.

Ich hatte Angst, sie würden sich erdrücken.
So schön ist’s einen Kontinent zu retten.
Jetzt kann man gern auf weit’re Siege wetten,
die Afrikaner baden in Entzücken.

So wenden wir den Blick nach vorn. Auf morgen.
Noch macht ja Schweinis Oberschenkel Sorgen,
noch müssen wir Elfmeter gut trainieren.

So hoff ich, dass die deutschen Stürmer rennen,
dass Mittelfeld und Abwehr richtig brennen
und Neuer alles hält. Dann kann’s passieren …

WM Sonette 2010 Tag XVII

Der Tag des Fußballgotts. Als wir noch Kinder waren,
da gab Herr Dienst ein Tor, das keins gewesen,
von Kindesbeinen an hab ich’s gelesen,
seit heute ist’s vergolten, jubeln Scharen.

Der Ball war drin. Nicht damals, sondern heute.
Was soll’s. Die Herren Klose, Poldi, Müller,
sie sorgten für den ersten großen Knüller
dieser WM. Und England ward zur Beute.

Hat irgendjemand Rooney spielen sehen?
Ich sah ihn meistens nur verzweifelt stehen.
Von Arne Friedrich (hört! hört! hört!) bezwungen.

Wer wollte heute Jogi kritisieren?
Der darf sogar mit Gomez rumprobieren …
Heut wird „God save the Jogi Löw“ gesungen!

WM Sonette 2010 Tag XVIII

Die Favoriten zeigen keine Schwächen.
Die Niederlande schlagen die Slowaken,
hilflos hängt Chile an Brasiliens Haken,
sie halten, was die Namen uns versprechen.

Zwar hatten auch die Namen Englands Klasse.
Die deutsche Jugendmannschaft hat bewiesen:
An manchen Tagen werden Zwerge Riesen.
Deutsch war die Güte, englisch nur die Masse.

Ich kann es irgendwie noch nicht ganz lassen,
auf dieses große Spiel zurückzuschauen
die Briten unter euch werden verzeihen,

eventuell den Linienrichter hassen.
Die Engländer sind wieder aufzubauen.
Doch wie? Man müsste ihnen Müller leihen …

WM Sonette 2010 Tag XIX

Man sagt, die Meisterschaft beginnt erst richtig,
wenn der K.O. auf eine Mannschaft wartet.
Heut ist die Spannung richtig ausgeartet
und jede Theorie ward null und nichtig.

Man sagt, die Spiele werden offensiver.
Als Paraguay und Japan sich heut trafen,
hab ich erst hingeschaut und dann geschlafen,
und selbst im Schlaf war ich noch viel aktiver

als jene Stürmer, die nicht mal versuchen,
den Ball zwischen die Pfosten zu platzieren.
Sie schossen kaum und standen da zwei Stunden.

Durch Elfer Hoffnung für die nächsten Runden.
Man sollte ein Exempel statuieren.
Man sollte beiden Teams den Rückflug buchen …

WM Sonette 2010 Tag XX

Da stehen sie. Die Hymne klingt. Sie singen.
Nicht alle aber öffnen ihre Lippen.
Der Text ist da die kleinste aller Klippen.
Sie wissen wohl, wie ihre Töne klingen.

Doch halt. Wie kann ich sie heut stehen sehen?
Ist heut nicht Ruhetag? Und die da spielen?
Ach nein. Ich werd verrückt. Bei diesen vielen
WM – Begegnungen müsst ihr’s verstehen.

Die, die da singen, sind zum Teil ja Frauen!
Da lohnt es sich genauer hinzuschauen:
Es geht da nicht um Fußball, sondern Wahlen.

Auch hier gibt’s ne Verlängerung zu melden,
der Unterlegne wird zum wahren Helden.
Die Trainerin erlebt brutale Qualen …

WM Sonette 2010 Tag XXI

Auch heute keine Spiele zu betrachten,
die Fußballspieler aber wollen sprechen,
man sollte nicht den Stab darüber brechen,
doch hier und da auf ihre Worte achten.

Erst schwätzt Herr Schweinsteiger verrückte Sachen.
Er will halt nur die Gauchos provozieren,
denn jene wollen sich bös revanchieren
und Deutschland Samstag zum Verlierer machen.

Dagegen ist Herr Lahm. Er will gewinnen
Dabei auch endlich mal nen Großen schlagen,
und dazu will er England nicht mehr zählen.

Ich würde Lahm zum Klassensprecher wählen
und ihn bezüglich Schweini leise fragen:
Wie kann er jetzt den Gaucho-Fouls entrinnen?

WM Sonette 2010 Tag XXII

Bislang war die WM doch eher öde.
Die Stürmer trafen leider allzu selten,
von wahrem Weltniveau trennten uns Welten,
die Interviews war’n in der Regel blöde.

Und dann siegt Holland gegen Brasilianer,
lässt sich von fiesen Fouls fast nicht verwirren,
Brasilien Weltmeister? Man kann sich irren.
Am Abend schließlich fasziniert uns Ghana:

Erst eins zu null, den Ausgleich bald kassieren,
ein Auf und Ab, bis alle Kräfte schwinden,
dann dieses Handspiel. Jetzt der Sieg? Mitnichten!

Wer so schwach schießt, der muss zum Schluss verlieren,
doch Afrika wird wohl auch das verwinden.
Der Fußball schreibt die grausamsten Geschichten …

WM Sonette 2010 Tag XXIII

Klein Diego hatte keine großen Sorgen
wegen der Deutschen. So ließ er verlauten.
Die gleichen Deutschen allerdings verbauten
heut Maradonas Zukunft. Heim geht’s morgen.

Gewisse Spiele darf man nicht versäumen.
Mit Müllers Köpfchen nach knapp drei Minuten
begann schon Maradonas Herz zu bluten,
von Kloses Treffern wird er wohl noch träumen.

Besonders hart für Argentiniens Männer
war Friedrichs Tor. Der schießt sonst nämlich keine.
Doch heute durfte jeder mal probieren.

Aufs Halbfinale freuen sich die Kenner.
Und Spanien weiß: Mit Sprüchen ganz alleine
schlägt niemand Jogis Jungs. Nur Taten zieren …

WM Sonette 2010 Tag XXIV

Es ist so eine Sache mit Sonetten.
Traditionell erinnern sie und mahnen.
Das Unglück ist oft näher, als wir ahnen.
Manches läuft anders, als wir’s gerne hätten …

Das vier zu null, Triumph, die Siegesstunde
verleiten zu gewagtesten Prognosen,
noch hören wir die Beifallsstürme tosen,
Weltmeisterjubel macht bereits die Runde.

Wer warnt, den nennt man „miesen Pessimisten“,
wer Spanien vorne sieht, ist Vaterlandsverräter,
wenn Deutschland siegt, gibt es Millionen Väter

des Siegs. Doch sollte Germany verlieren,
wollt ihr den Dichter bald eliminieren,
der in Sonetten mahnt. Den Defätisten …