• Ich spiele mit dem Gedanken mein nächstes Buch als Webroman zu veröffentlichen. Also die Kapitel nacheinander auf meinen Webblog zu stellen.


    Mich würde interessieren was Ihr so für Erfahrungen und Meinungen zum Thema "Webromane" habt.


    Ein Projekt in dieser Richtung, dass in Deutschland einige Aufmerksamkeit bekommen hat, war ja "Sechzig Grad". Hier hat die Autorin die Kapitel sofort ins Web gestellt nachdem sie sie geschrieben hatte. Allerdings hat sie das Projekt anscheinend nicht zu Ende geführt, wenn ich den letzten Blogeintrag richtig verstehe.


    Aus Amerika gibt es in dem Bereich wie immer mehr Erfolgsgeschichten. Was mir gut gefällt sind die Blogromane von David Wellington, der sich mittlerweile auch im mit den gedruckten Versionen seiner Bücher als feste Größe auf dem Horror-Vampir-Sektor etabliert hat. Auf deutsch gibt es auch schon Bücher von ihm.


    Im ähnlichen Bereich schreibt Scott Sigler, der mittlerweile auch in Buchform und auch auf deutsch erscheint. Seine ersten Werke hat er Kapitel für Kapitel als selbstgelesene Hörbuch-Podcasts auf seine Seite gestellt.


    Mittlerweile hab ich auch viele andere Blogromanseiten gesehen. Bei vielen von ihnen hab ich mich gewundert, warum nicht mehr Wert auf eine gut lesbare Schriftart gelegt wird. Oder darauf, die Geschichte in kürzere Kapitel zu unterteilen.


    Ist es nicht einfacher im Web in eine Geschichte eines Autors den man nicht kennt hineingezogen zu werden, wenn die Geschichte schnell in Gang kommt?


    Und ist eigentlich spannender einen unfertigen Roman ins Web zu stellen an dem man als Leser noch mit kommentieren kann und dabei die Entstehung beeinflussen (wie bei 60 Grad). Oder ist es besser als Leser zu wissen, dass der Roman schon fertig ist, und man sich sicher sein kann, dass das die Geschichte nicht mittendrin einfach abbricht, wenn man sich einmal darauf eingelassen hat?


    Habt ihr schon mal Blogromane gelesen?

  • Ich habe noch keinen Webroman gelesen, könnte es mir aber theoretisch vorstellen. Ich muss aber Vertrauen in der Professionalität und im Können des Autors haben, d.h. es wäre hilfreich wenn:


    ich bereits etwas von dem Autoren gelesen habe (professionell veröffentlicht, lektoriert),
    der Autor z.B. durch einen besonders interessanten Blog aufgefallen ist
    oder wenn der Autor besonders innovativ in seiner Vermarktungsstrategie ist (im Podcast-Bereich z.B. haben Autoren wie Scott Sigler oder Mur Lafferty den Vorteil, dass sie in dem Bereich Vorreiter sind).


    Bei den meisten Webromanen, die mir begegnet sind, hatte ich einfach den Eindruck, dass die Autoren einfach dem Auswahlprozess von Lektoren, Agenten und Verlagen entgehen wollten, d.h. der Professionalitätsgrad war einfach nicht gegeben. Ich muss wirklich viel Vertrauen in einen Autoren haben, um einen nicht-lektorierten Text zu lesen, und dieses Vertrauen müsste der Autor eines Webromans erst einmal auf einen anderen Weg erreichen.


    Ich persönlich wäre nicht so sehr an Einflussmöglichkeiten in der Handlung interessiert.

  • Die Idee finde ich persönlich ganz gut.
    So kann man auch nach und nach ein Kapitel lesen, wenn man am Rechner sitzt. Ich kann zwar manche dicken Romane in ein biw zwei Tagen lesen, aber ich hab ein Problem mit dem Lesen am Computer.
    Webromane sind da schon eine gute alternative, weil nicht alles auf einmal kommt.
    Heldenleben ist zum Beispiel ein Webroman, wo ich schon mal reingelesen habe.


    Und mal ganz unter uns: Internet ist keine Zukunft mehr: es ist die Gegenwart!


    Also wenn Du einen Webroman beginnst, würde ich mich freuen, ihn lesen zu können!


    MfG
    ~ schaf

  • Für mich wären diese Web-Romane nichts, ganz einfach aus dem Grunde weil ich Schwierigkeiten damit habe, längere Texte auf dem Bildschirm zu lesen. Längere Texte lese ich in der Regel in Papierform.


    Von der Grundidee her ist die Sache sicher nicht schlecht. Gerade auch weil Leser bereits einige Passagen direkt kommentieren können.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Ich muss mich in diesem Punkt leider Voltaire anschließen: ich tue mich auch schwer, längere Sachen auf dem Bildschirm zu lesen. Ich bekomme oftmals schon bei Leseproben Kopfschmerzen.


    Wobei ja meistens die Möglichkeit beiliegt, die Texte auch auszudrucken... :gruebel
    Wenn das Gesamtpaket also nicht allzu lang ist, würde ich wohl trotzdem mitmischen, falls mir Geschichte + Schreibstil gefallen. Dann opfere ich Tinte und Papier, wäre ja nicht der Weltuntergang.


    Die Idee an und für sich mag ich und wäre durchaus dafür, dass mehr Autoren Texte im Internet veröffentlichen. Ich sage ganz bewusst 'Texte', weil ich nur zu gerne vom einen oder anderen Autor beispielsweise Kurzgeschichten oder Ähnliches lesen würde, was nicht unbedingt zum Verdienen von Geld niedergeschrieben wurde, sondern (beispielsweise) aus einer Laune heraus entstand.
    Ist neben etwaigen Leseproben von bereits erschienenen Büchern auch eine gute Möglichkeit, um einen Autor, dessen Stil und das ganze Drumherum kennen zu lernen.

    "Sobald ich ein wenig Geld bekomme, kaufe ich Bücher; und wenn noch was übrig bleibt, kaufe ich Essen und Kleidung." - Desiderius Erasmus

  • Kurz zum Thema längere Texte: da hätte ich auch Schwierigkeiten (es sei denn das Ganze würde auch in einem E-Book Format angeboten, das ich auf einem entsprechenden Reader lesen könnte), aber ich denke, ein Webroman würde am besten funktionieren wenn er in kleineren Häppchen präsentiert werden würde, ähnlich einem Vorabdruck eines Romans in der FAZ oder so. D.h. wenn ich ähnlich problemlos ein Kapitel pro Tag lesen könnte wie z.B. den einen oder anderen Artikel auf spiegel.de in der Mittagspause, ja dann, wieso nicht?

  • Ich habe so angefangen, bzw. schreibe immer noch online (sobald ich mich mal wieder ran setzte *schäm*) allerdings nicht auf einem Blog, sondern in einem Archiv für Fanfiktion und freie Werke.
    Meine Erfahrungen sind ausschließlich positiver Natur. Es braucht zwar in einem großen Archiv zunächst seine Zeit, bis man einen Leserstamm um sich herum gescharrt hat, aber dann bekommt man etwas, was einem auf dem Buchmarkt ziemlich verwehrt bleibt: 1 zu 1 Austausch mit dem Leser.


    Ich lade also ein Kapitel hoch und bekomme in aller Regel danach mehrere Leserkommentare. Natürlich gibt es welche, die einfach nur schreiben: "Super - schreib schnell weida!", die wir liebevoll "Quietschies" nennen. Man freut sich drüber, hat allerdings ansonsten nicht viel davon.
    Dann gibt es aber auch Leser, die beinah jeden Satz sezieren, dir exakt sagen, was sie gut fanden, was nicht, was sie berührt und was sie kalt lässt, und wo man noch feilen könnte oder sollte.
    Das ist wahnsinnig interessant, weil sich hier die Leser äußern, wie es für gewöhnlich nur Lektoren tun. Natürlich *sind* es keine Lektoren und nicht jede Kritik ist konstruktiv oder ergibt Sinn. Aber man erfährt unmittelbar wie der eigene Text auf die Leser wirkt, wen das geschriebene anspricht, welche Stellen besonders gemocht werden und welche nicht.
    Und diese Leser sind fast alle ebenfalls Hobbyautoren, was bedeutet: Vielleser. Die sind kritisch!


    Ich habe nach dieser Methode das Schreiben gelernt, könnte man sagen. Durch ausprobieren, beobachten, zuhören, nachfragen und auf die Leserstimmen reagieren.


    Ob es Sinn macht, einen Roman online zu stellen, den man genau so gut in Buchform veröffentlichen lassen könnte, möchte ich aber infrage stellen.
    Das Lesen am Monitor kommt niemals an das Lesen eines Buches heran. Es ist anstrengender, unbequemer und man ist darauf angewiesen, am PC zu hocken. Als Leser ist das eine für mich Entspannung und das andere anstrengend.
    Es bleibt auch die Frage, ob ein Verlag danach noch Interesse an der Veröffentlichung hat. Bei mir war es zwar so, dass meine Lektorin eine meiner Geschichten quasi aus dem Internet fischte, nachdem diese knapp zur Hälfte online stand, aber ich habe aus dem gleichen Grund auch schon von einem anderen Verlag eine Absage kassiert.


    Es kommt also darauf an, was man damit erreichen möchte.
    Für mich bleibt es eine schöne Sache. Schreiben nur zum Spaß (ohne die hysterische Jagd auf Füllworte, Wortwiederholungen oder Tippfehler - die hauen einem die Leser schon um die Ohren, wenn man es übertreibt). Kein Gedanke an "kürzen", "markttauglich" oder "Verlagsinteressen", sondern einfach nur Schreiben was einem einfällt.
    Und wenn ich über ein verhaltensgestörtes, jugendliches Alien mit Vorliebe für Beatlesmusik schreiben möchte - dann tue ich das und kann sicher sein, dass irgendjemand das lesen, kommentieren und ganz sicher gut finden wird, auch wenn mir jeder Verlag dafür den Scheibenwischer zeigen würde :-]

  • Wow! Jede Menge interessante Gedanken zum Thema.


    Danke auch Mulle für deinen Erfahrungsbericht. Dieser direkte Austausch mit den Lesern ist auch etwas, was ich bei meinen bisherigen drei Verlagspublikationen sehr vermisst habe.


    Danke auch kleines-schaf für den Tipp mit "Heldenleben". Kannte ich noch nicht. Hier gibt es ja beides: Die Kapitel in Textform und als Hörbuch-Podcast.


    Findet Ihr das ist eine gute Idee? Dann haben die Leute die Wahl, wer nicht gerne lange Texte online liest, kann sich die Lesung anhören. Oder sollte man den Leuten nicht zu viel Auswahlmöglichkeiten geben ...?


    Das Buch das ich ins Web stellen möchte, ist übrigens kein richtiger Roman, sondern eher eine Novelle mit so 80 Seiten. Mit Novellen tun sich Verlage heutzutage ja schwer. Außerdem ist die Geschichte nicht in dem Genre, in dem ich zuletzt geschrieben habe (also Krimis), damit ist es für meinen aktuellen Verlag sowieso nicht von Interesse.

  • Zitat

    Original von Daniel Morawek
    Das Buch das ich ins Web stellen möchte, ist übrigens kein richtiger Roman, sondern eher eine Novelle mit so 80 Seiten. Mit Novellen tun sich Verlage heutzutage ja schwer. Außerdem ist die Geschichte nicht in dem Genre, in dem ich zuletzt geschrieben habe (also Krimis), damit ist es für meinen aktuellen Verlag sowieso nicht von Interesse.


    Na das eignet sich ja klasse dazu, ist auch nicht all zu lang. Wobei ich die Erfahrung gemacht habe: Wenn die Leser einmal "dran sind" und die Kapitel nicht zu lang sind, dann lesen die auch 800-Seiten-Romane und beklagen sich am Schluss, weil's schon vorbei ist :grin


    Die Wahl zwischen Hörbuch und Text fände ich klasse. Wobei man auf das Hörbuch bestimmt wieder weniger Reaktionen bekommt, könnte ich mir vorstellen.

  • An sich finde ich die Idee gut.
    Mir geht es aber auch so, dass ich Probleme damit habe, längere Texte am Bildschirm zu lesen (auch wenn es nur ein Kapitel eines Buches ist).
    Also würde ich persönlich wohl eher keinen Webroman lesen.

    „Leben lässt sich nur rückwärts verstehen, muss aber vorwärts gelebt werden.“
    Sören Kierkegaard

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