Stanislaw Jerzy Lec - der Meister des unfrisierten Denkens
Carl Hanser Verlag, München 2009
176 Seiten
Kurzbeschreibung
Der begnadete Aphoristiker Stanislaw Jerzy Lec (1909-1966) war eine der schillerndsten Gestalten des literarischen Lebens in Polen. Als Nachfahre der Barone de Tusch-Letz hatte er eine bewegte Biografie: Kindheit in Lemberg und Wien um die Jahrhundertwende, zweifaches Todesurteil und Flucht aus einem KZ im Zweiten Weltkrieg, Diplomatenkarriere, Emigration nach Israel und Rückkehr ins stalinistische Polen. Der internationale Durchbruch als Autor gelang dem Kaffeehaus-Literaten mit der Aphorismen-Sammlung "Unfrisierte Gedanken". Marta Kijowska porträtiert den "Meister des unfrisierten Denkens" anhand von zeitgenössischen Stimmen und Selbstaussagen.
Mit einem Vorwort von Karl Dedecius.
Über die Autorin
Marta Kijowska, 1955 in Krakau geboren, studierte Germanistik in Krakau und München und war jahrelang als Redakteurin von "Kindlers Neuem Literatur Lexikon" tätig. Seit Jahren arbeitet sie als Journalistin vor allem zu polnischer Kultur, Literatur und Geschichte und als Übersetzerin. Kijowska lebt in München.
Meine Meinung:
Es handelt sich um eine Biographie eines polnischen Lyrikers, der sich vor allem durch seine Aphorismen Geltung verschaffte.
In dem Buch sind zahlreiche Fotos oder Karikaturen, meist kleine Abbildungen, dafür aber viele.
Der Stil der Biographin ist etwas trocken, schade eigentlich. Aufgelockert wird das ganze durch viele Zitate von Freunden, Familie oder Stanislaw Jerzy Lec selbst. Darunter sind auch viele kurze Texte von ihm.
Auch bekannte Leute, wie z.B. Marcel Reich Ranicki äußern sich über seine Bekanntschaft mit Lec oder Thomas Bernhard spricht über ihre Freundschaft.
Gut wirken außerdem die Interviewausschnitte.
Der Jude Lec überlebte das Ghetto und ist während des Krieges aus einem Konzentrationslager geflohen, in dem seine Erschießung schon fast feststand. Für Polen ging er nach dem Krieg als Konsul nach Wien, später sogar für 2 Jahre nach Israel. Das passte dem stalinistischen System natürlich nicht. Nach 2 Jahre kehrte er zurück, bekam aber sofort Veröffentlichungsverbot in Polen. Erst 1956 durfte er wieder publizieren.
So wurde ein Künstler erst von den Nazis, dann von den Stalinisten unterdrückt und behindert. Ärgerlich. Doch Lec verlor nie seinen Hang zur Ironie.
Er arbeitete mit Brillanz auch als Übersetzer. Er übersetzte Heine, Tucholsky,
Paul Celan, Ingeborg Bachmann, Trakl, Grillparzer und Else Lasker-Schüler ins polnische.
Mit den „unfrisierten Gedanken“ schuf er dann eine ganze Reihe von bissigen Aphorismen, die originell und witzig, manchmal auch melancholisch sind. Da sie hinter dem eisernen Vorhang geschrieben wurden, auch ganz schön mutig.
Vieles ist aber ohne Zeitbezug nicht ganz verständlich und könnte platt wirken.
So aus dem Zusammenhang gerissen, möchte ich auch keine zitieren. Es dürfte jedoch einfach sein, welche im Netz zu finden, wenn man sich für ihn interessiert.
Anfangs fand ich die Biographie etwas langweilig, aber man langweilt sich auf gutem Niveau.
Später wird es mit Zunahme von Lec´s literarischen Arbeiten immer interessanter.
1966 starb Stanislaw Jerzy Lec an Magenkrebs mit nur 57 Jahren.