==Tagebuch aus dem 2. Weltkrieg==
Hallo lieber Leser, liebe Leserin.
==ALLGEMEINES==
===Einleitung===
Da ich eine absolute Leseratte bin und gerne mal etwas Neues lese, habe ich mir wieder ein Buchpaket bei Ebay ersteigert, um auch mal etwas zu lesen, was ich sonst nie in die Finger bekommen hätte. Darunter war auch dieses Exemplar.
===Buchdaten===
Autor: Fritz Nendel
Titel: Spreu im Wind
Originaltitel: -
Verlag: Weltbild
Erschienen: 2009
ISBN-10: 3868002804
ISBN-13: 9783868002805
Seiten: 160
Einband: HC
Kosten: 8,95€
Serie:
===Autor===
Der Autor wurde am 18.12.1903 in Chemnitz geboren. Nach seiner Schulzeit arbeitete er als Berufsbeamter in der Verwaltung, den er 1933 aus politischen Gründen verlor. 1949 veröffentlichte er dieses Tagebuch erstmals, was aber keinen Erfolg brachte, sondern noch Jahrzehnte dauern sollte.
==NACH DEM LESEN==
===Inhaltsangabe===
Viele Jahrzehnte war das "Tagebuch einer Verschollenen" in Vergessenenheit geraten - jetzt wurde es durch einen Zufall wiederentdeckt und neu veröffentlicht!
Februar 1945: Die russischen Truppen, die Brände und Detonationen kommen immer näher. Als die ersten Granaten im Dorf einschlagen, entschließt sich auch eine Mutter mit ihren vier Kindern Hals über Kopf zur Flucht. Endlose Strapazen, Erschöpfung, Kälte und Hunger machen ihnen zu schaffen, doch sie erreichen unversehrt die Auffanglager. Doch als die Fünf versuchen, sich auf ein Flüchtlingsschiff zu retten, geschieht die Katastrophe: die Kinder werden von der Mutter getrennt. Ein wahrer Alptraum beginnt.
===Leseprobe===
1. Februar 1945
Ich habe in der vergangenen Nacht sehr unruhig geschlafen. Immer wieder fuhr ich entsetzt auf, als müsse ich ein meinen Kindern drohendes Unheil abwehren. Aber es war nie etwas Bedrohliches festzustellen. Die Kinder schliefen fest und ruhig. Wahrscheinlich war es draußen. Ich ging dorthin. Beim vierten Male hörte ich plötzlich neben mir eine Stimme. Mein Ältester. »Warum stehst du denn fortwährend auf, Mutti?« fragte er und drängte sich an mich. »Ich weiß es auch nicht. Geh ins Bett!« Er entfernte sich einige Schritte, blieb stehen, und wahrscheinlich wandte er sich mir wieder zu. »Ich weiß es aber doch, Mutti.« Ein leiser Triumph war in seiner Stimme. »Was weißt du?« fragte ich mit der Gereiztheit eines Erwachsenen, der es als eine Beleidigung empfindet, daß ein Kind mehr wissen könnte als er. »Weil Krieg ist«, flüsterte er zurück. »Und weil der jetzt zu uns will.« »So?« Ich mühte mich, meinem Ton einen leichtfertigen Anstrich zu geben. Doch das mißlang mir völlig. Leichtfertigkeit lag meiner Zunge noch nie. »Der Dieter von Bromkowskis hat es mir gesagt. Bei denen sind gestern zwei Frauen angekommen. Die konnten nicht mehr weitergehen. Die hatten die Füße ganz voll Blasen, weil sie so schnell vor dem Krieg davongelaufen sind. Und dann haben sie bei Bromkowskis im Kuhstall geschlafen.« »Es wäre gut, wenn du endlich auch schlafen gingest.« »Aber wenn dir nun – ich dachte nur, wenn dir jemand etwas tun will, ich kann doch besser mit Steinen werfen als du, Mutti.« Da zog ich meinen Großen an mich. Ein schwerer Stein entfiel seiner Hand. Am Morgen kämpfte ich lange Zeit mit mir, wollte ich doch heute keinesfalls an den See gehen. Es war mir, als dürfe ich das Schicksal nicht solcherart herausfordern. Aber ich tat es doch. Und es war gut so. Jetzt weiß ich endlich, was mich seit gestern in dieser ruhelosen und quälenden Beklemmung hält. Heute morgen enthüllte es sich mir. Ich habe zu den Kindern noch nicht davon gesprochen. Nur Pinsel weiß es. Der aber schwatzt nicht. Und auch das ist gut. Die Kinder sind noch ruhig, von keinem heranrückenden Unheil geängstigt. Nur Uwe scheint mehr zu wissen, als er sollte. Er war heute wieder im Dorfe. Von dort bezog er seit je seine Neuigkeiten, die sonst nur sehr langsam den Weg zu unserem Häuschen im Walde fanden. Sicher hat er dort wieder Unerfreuliches erfahren. Er guckte mich im Laufe des Tages oftmals mit so reifen und besorgten Augen an, daß ich versucht war, ihm zu sagen, er möchte vorläufig seine Gänge nach dem Dorfe einstellen. Wie ähnlich der Bengel übrigens seinem Vater ist! Kaum ward er inne, daß ich seine besorgten Blicke bemerkt hatte, wandte er sich ab und begann, fröhlich zu pfeifen. Genau wie Knud.
===Meine Meinung===
Als ich das Buch aus dem Karton genommen habe, wollte ich gleich mit dem Lesen anfangen. Das Cover sah sehr traurig aus und der Inhalt klang sehr interessant, da ich mich für diese Zeit sehr interessiere. Die Tagebuchform hat mich an Anne Frank erinnert.
Der Einstieg in das Tagebuch beginnt mit dem 31.01.1945. Inzwischen weiß man, dass sich der Krieg zu dem Zeitpunkt in den letzten Zügen befand. Leider wird nicht erwähnt, ob da erst das Tagebuch anfing oder ob schon vorherige Eintragungen vorhanden waren. Tut dem Lesen aber nichts. Als Leser erfährt man erstmal im Groben und Ganzen die Situation der Schreiberin. Ihr Mann ist weg und sie hat vier Kinder, die sie versorgen muss. Sie selbst ist nicht gerade stark und bräuchte ihren Mann an ihrer Seite. Innerhalb von wenigen Tagen ist der Krieg in die „Idylle“ gekommen und sie muss wie viele andere Menschen fliehen. Dabei macht sie alles richtig und auf mich wirkte sie doch sehr stark. Auch wenn der eine oder andere Fehler gemacht wird. Gerade in diesem Chaos ist dies leicht verständlich. Im Tagebuch wird sehr deutlich, wie brisant und tragisch damals die letzten Kriegstage waren. Ich konnte mich sehr gut in ihre Situation hineinversetzen und habe richtig mitgezittert. Als sie dann ihre Kinder verliert, ist man geschockt und hofft so sehr, dass sie sie bald wieder findet. Bei dem Chaos was zu dem Zeitpunkt herrschte, war es sehr oft passiert, dass sich Familien aus den Augen verloren. Trotzdem ist es traurig, wenn man es liest. Ich konnte sehr wohl verstehen, dass sie kurz davor war den Verstand zu verlieren und bis zum Ende des Buches. Als dann wenigstens ihr Mann wieder auftaucht, konnte ich mir kaum die Tränen zurückhalten. Trotzdem ist es sehr traurig, dass man nie erfährt, was aus den Kindern geworden ist, und wenn man liest, wie sehr die Beiden unter den Verlust der Kinder gelitten haben.
Gelesen habe ich dieses Tagebuch an einem Tag, da ich einfach nicht unterbrechen konnte. Auch wenn man nach jedem neuen Eintrag die Möglichkeit hatte, ist diese tragische Geschichte einfach zu fesselnd.
Ich kann daher gar nicht nachvollziehen, wieso dieses Buch damals kein Erfolg war. Auch wenn die meisten Leser nach dem Krieg eher positive Bücher lesen wollten, ist dies doch sehr wertvoll. Daher kann ich das Buch jedem empfehlen, der sich über diese Zeit informieren möchte.
===Bewertung===
Von mir bekommt das Buch volle fünf Sterne, da es nicht nur wertvoll ist, sondern man einen guten Eindruck über die letzten Kriegstage bekommt und wie tragisch manche Flucht verlaufen ist.
Pro: Umsetzung
Contra: nichts
Danke fürs Lesen und Bewerten.
Eure Sarah