Horst Köhler - Rücktritt des Bundespräsidenten

  • Zitat

    Original von churchill


    Heuss, Lübke und Heinemann keine parteitaktischen Nominierungen? Sorry, aber das stimmt bei keinem der drei.


    Wulff wurde letztendlich nur deshalb nominiert, damit auch der letzte innerparteiliche Rivale Merkels von der Bühne verschwinden kann.


    Die Nominierungen von Heuss, Lübke und Heinemann waren nicht in erster Linie parteitaktischer Natur, bei diesen drei Kandidaten ging es um die Durchsetzung politischer Ziele insgesamt. Keiner dieser drei Kandidaten wurde aufgrund von parteiinternen Ränkespielen aufgestellt. Adenauer war der Ansicht mit Heuss seine politischen Ziele besser durchsetzen zu können als er es mit Kurt Schumacher je gekonnt hätte. Lübke galt in Adenauers Augen als schwach - auch hier ging es um die Durchsetzung politischer Ziele, nicht aber um interne parteipolitische Ränkespiele. Und Heinemann, ehemals Mitbegründer der GDP, galt immer schon als einer der Vordenker in der SPD. Seine Kandidatur fusste nicht zuletzt auch aufgrund seiner hervorragenden Arbeit als Bundesjustizminister, auch wenn während seiner Amtszeit als BJM die Notstandsgesetze verabschiedet wurden.


    Merkel dagegen sieht die Aufstellung von Wullf weniger gesamtpolitisch, sondern sah hier eine wunderbare Gelegenheit einen unbequemen Ministerpräsidenten loszuwerden. Ein solches Verhalten ist im Hinblick auf das Amt des Bundespräsidenten tadelnswert.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Zitat

    Original von Voltaire


    Merkel dagegen sieht die Aufstellung von Wullf weniger gesamtpolitisch, sondern sah hier eine wunderbare Gelegenheit einen unbequemen Ministerpräsidenten loszuwerden. Ein solches Verhalten ist im Hinblick auf das Amt des Bundespräsidenten tadelnswert.


    Das ist eine gewagte Behauptung. So sicher bin ich mir da nicht. Ich denke schon, dass sie in der Person Wulff auch einen gesamtpolitisch sinnvollen Vorschlag machen wollte (und gemacht hat).

    „Streite niemals mit dummen Leuten. Sie werden dich auf ihr Level runterziehen und dich dort mit Erfahrung schlagen.“ (Mark Twain)

  • Der Rücktritt Köhlers ist Geschichte.


    Seit heute mittag versucht die Bundesversammlung, einen neuen Bundespräsidenten zu wählen.


    Zwei Wahlgänge sind vorbei. Wulff hat die eigentlich komfortable Mehrheit nicht überzeugen können und verfehlte die nötige absolute Mehrheit deutlich, wenn auch im zweiten Wahlgang einige Wahlleute zu ihm umgeschwenkt sind.


    Das Ergebnis für Gauck ist, ganz egal, wie es letztendlich ausgeht, ein Erfolg für ihn als Person und auch für die Taktik Trittins und Gabriels.


    Spannend ist es, wie nun die LINKE reagiert, da im dritten Wahlgang ja die einfache Mehrheit reicht.


    Interessant finde ich, dass es den Medien sowohl im Vorfeld als auch am Wahltag gelungen ist, den Kandidaten der NPD total zu verschweigen.


    Mal eine ganz andere Spannung als ein Fußballspiel ...

    „Streite niemals mit dummen Leuten. Sie werden dich auf ihr Level runterziehen und dich dort mit Erfahrung schlagen.“ (Mark Twain)

  • Eine sehr eigene Meinung zu dem Thema vertritt übrigens der Träger der Georg Büchner Preises von 2007, Martin Mosebach: nämlich kurz und bündig: Er muss weg! (der Bundespräsident). Abgedruckt mW am letzten Sonntag in der Welt am Sonntag, hier habe ich die heute entdeckte Online-Version verlinkt.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • "Christian Wulff ist von der Bundesversammlung zum neuen Bundespräsidenten gewählt worden.
    Im dritten Durchgang erhielt er 625 Stimmen.
    Der Kandidat von SPD und Grünen, Joachim Gauck, bekam 494 Stimmen.
    Es gab 121 Enthaltungen, zwei Stimmen waren ungültig."

  • Eine weitere Ohrfeige für Merkel! :grin
    Die Regierungskoalition hat eine konfortable Mehrheit, schafft es aber nicht, diese Mehrheit in den ersten beiden Wahlgängen hinter den Kandidaten zu bringen.
    Merkel hat ihre Koalition nicht im Griff.


    Aber besser Wulff als Gauck.
    Gauck wirkte doch nur wie der gelangweilte Rentner, der nach irgend einer Beschäftigung suchte. Ob Zeitungsaustragen oder Bundespräsident - Gauck hätte alles gemacht um seine Langeweile zu besiegen.


    Und wie üblich: Die Menschen in diesem Lande werden nicht befragt. Das ist der eigentlich Skandal des heutigen Tages.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • In der Hinsicht bin ich mal absolut anderer Meinung. Ich bin froh über die Art und Weise, wie der Bundespräsident gewählt wird (nämlich durch die Bundesversammlung).


    In der Geschichte der Bundesrepublik hatten diese Versammlungen durchweg ordentliche Entscheidungen getroffen. Als einzige Änderung würde ich eine Amtszeit von sieben Jahren ohne die Möglichkeit einer Wiederwahl favorisieren.


    Außerdem bin ich der Meinung, dass mit Wulff und Gauck zwei ausgezeichnete Kandidaten zur Wahl standen.

    „Streite niemals mit dummen Leuten. Sie werden dich auf ihr Level runterziehen und dich dort mit Erfahrung schlagen.“ (Mark Twain)

  • Die Bundesversammlung ist in meinen Augen ein Anachronismus. Wieder einmal wird das Volk ausgeschlossen. Ursprünglich um die Fehler von Weimar zu vermeiden wurde dieses Wahlprozedere beschlossen - aber der Geist von Weimar bedroht diese deutsche Nachkriegsdemokratie nicht mehr.


    Das Volk ist so mündig oder unmündig wie die Völker, die ihre Präsidenten direkt wählen.


    Aber würde das Volk direkt wählen, dann gebe es für die Herrschenden eine Möglichkeit weniger zum Kunkeln. Und die Herrschenden müssen natürlich vor dem Volkswillen geschützt werden. :grin
    Kann ja nicht angehen, dass die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes ihr Staatsoberhaupt direkt wählen. Nachher wählen die noch den Kandidaten den die Herrschenden nicht wollen - eine grausame Vorstellung. :grin


    Edit: Ich schaue gerade Plasberg. Der Jörges redet mal wieder hanebüchenden Unsinn. Welch ein grausamer Selbstdarsteller. Ob der eigentlich weiß was er da so von sich gibt..... :gruebel

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


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    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von Voltaire ()

  • ..dieses ganze B.-Präsidentenamt ist ein Anachronismus.


    So wie: haste nen Opa..schick ihn nach Europa :oha


    Bisher wurde alles irgendwo zwischen geparkt, das nur das Maul aufmachte.


    Aber :bonk ich halte lieber die Klappe...es herrscht ja Demokratie...


    euer hef

  • Zitat

    Original von Voltaire: Die Bundesversammlung ist in meinen Augen ein Anachronismus. Wieder einmal wird das Volk ausgeschlossen. Ursprünglich um die Fehler von Weimar zu vermeiden wurde dieses Wahlprozedere beschlossen - aber der Geist von Weimar bedroht diese deutsche Nachkriegsdemokratie nicht mehr. Das Volk ist so mündig oder unmündig wie die Völker, die ihre Präsidenten direkt wählen.


    Ist die Frage einer Direktwahl nicht obsolet, wenn man sich die zur Wahl gestellten Kandidaten ansieht?


    Zugegeben, anfangs war ich von Gaucks Kandidatur begeisert.
    Doch seine Auftritte zeigten recht schnell, dass dieser Mann trotz seiner Lebensleistung und beruflichen Positionen nicht dem Amt des Bundespräsidenten gewachsen gewesen wäre.
    Je mehr Gauck die Öffentlichkeit suchte, desto mehr zeigte sich das traurige Bild eines Mann, der sich selbst demontierte, Opfer seiner Eitelkeit wurde und sich letztlich gegenüber den Medien behaupten konnte.
    Insgesamt stellte die Kandidatur dieses Mannes ein gutes Beispiel dafür, dass eine geschichtsträchtige Vergangenheit nicht reicht, um das höchste Amt des Staates bekleiden zu können.


    Wulff - ein besserer Kandidat. Mitnichten. Zu jung, rein politisch motiviert und nur Notnagel der CDU/CSU.
    Mir fällt es schwer, mich von Wulff im In- und Ausland repräsentiert zu sehen.


    Trotz so mancher Fehler Köhlers könnte man zu dem Schluss kommen,
    dass er nicht der schlechteste Bundespräsident für Deutschland war.

  • Zitat

    Original von churchill
    In der Hinsicht bin ich mal absolut anderer Meinung. Ich bin froh über die Art und Weise, wie der Bundespräsident gewählt wird (nämlich durch die Bundesversammlung).


    Finde ich auch. Ich denke mal, dass viele auch eine falsche Vorstellung von "Bürgerentscheiden" haben oder sich das falsche davon erhoffen. Erinnert mich immernoch daran, wie vor Jahren hier ein Bürgerentscheid in DD bzgl. des Brückenbaus stattfand (und zunächst alle begeistert waren, auch die Gegner) und nach dem Bürgerentscheid auf einmal diesen für nichtig erklären wollten (darunter auch "normale" Bürger), weil sie nicht das Ergebnis bekommen haben, was sie erhofft hatten.
    Letztendlich wäre es doch bei einem gewählten Präsidenten nicht anders, als bei der üblichen Bundestagswahl: Ungefähr die Hälfte der Bevölkerung wäre unzufrieden mit dem Ergebnis. Nicht anders als jetzt...

    "Es gibt einen Fluch, der lautet: Mögest du in interessanten Zeiten leben!" [Echt zauberhaft - Terry Pratchett]

  • Zitat

    Original von saz


    Finde ich auch. Ich denke mal, dass viele auch eine falsche Vorstellung von "Bürgerentscheiden" haben oder sich das falsche davon erhoffen. Erinnert mich immernoch daran, wie vor Jahren hier ein Bürgerentscheid in DD bzgl. des Brückenbaus stattfand (und zunächst alle begeistert waren, auch die Gegner) und nach dem Bürgerentscheid auf einmal diesen für nichtig erklären wollten (darunter auch "normale" Bürger), weil sie nicht das Ergebnis bekommen haben, was sie erhofft hatten.
    Letztendlich wäre es doch bei einem gewählten Präsidenten nicht anders, als bei der üblichen Bundestagswahl: Ungefähr die Hälfte der Bevölkerung wäre unzufrieden mit dem Ergebnis. Nicht anders als jetzt...


    Die Wahl des Bundespräsidenten durch die Bundesversammlung kann ich
    gut akzeptieren.
    Ich könnte mir auch vorstellen, dass die Kosten für so eine Direktwahl und einen dafür vorausgegangenen Wahlkampf wesentlich höher wären.

  • Das Problem ist, das wir bei einer Direktwahl des Bundespräsidenten unsere Verfassung grundlegend ändern müssten. Deutschland ist eine parlamentarische Demokratie mit einem Staatsoberhaupt, dessen Aufgabe in erster Linie eine Kontrollfunktion beim Erlassen von Gesetzen und eine repräsentative Funktion ist. In der Öffentlichkeit wird in der Regel nur die zweite Funktion wahrgenommen. In einer Präsidialdemokratie (z.B. Frankreich, USA) geht es sicher nicht undemokratischer zu, aber eben anders und der vom Volk gewählte Präsident hat echte politische Machtbefugnisse- so würden z.B. die Richter des Verfassungsgerichts vom Präsidenten bestellt und das Parlament hätte nur ein eingeschränktes Ablehnungsrecht. Direktwahl bedeutet eben auch politische Legitimation durch das Volk und daraus hergeleitete Macht. Das kann man wollen, muss dann aber auch alle Konsequenzen bedenken.

  • am meisten hat mich genervt, dass ich die letzten tage bei politikerinterviews gefühlt an die tausend mal die gleiche frage mit der gleichen antwort gehört habe: "warum dürfen die wahlfrauen und -männer nicht frei entscheiden?" - "aber das ist doch eine freie und geheime wahl! das ist gelebte demokratie!"


    ich wette, nach der schlappe gestern würden die verantwortlichen gerne eine wahl per handzeichen einführen! :-)


    naja, gauck oder wulff - die waren beide nicht meine wunschkandidaten...


    bo

  • Was mich so ärgert ist, wenn man irgendwelche Menschen fragt, die sagen ich bin für Gauck, warum das so ist und welche politischen Ansichten Herr Gauck vertritt, dann kommt zunächst er ist sympathischer und auf die Frage nach den politischen Ansichten "Keine Ahnung". Herr Gauck und Herr Wulf, Herr R. und Frau Jochimmsen haben aber nicht für die Wahl zum Mister oder zur Miss Bundesrepublik kandidiert, wo es auf die Schönheit und den Charme ankommt, sondern für ein Staatsamt.

  • Zitat

    Original von beowulf: Was mich so ärgert ist, wenn man irgendwelche Menschen fragt, die sagen ich bin für Gauck, warum das so ist und welche politischen Ansichten Herr Gauck vertritt, dann kommt zunächst er ist sympathischer und auf die Frage nach den politischen Ansichten "Keine Ahnung"


    Vielleicht ist genau das das Problem?
    Als Gauck sich dem Gespräch mit Peter Hahne stellte, blieben viele Antworten Gaucks zu bestimmten Themen vage. Möglicherweise wollte er sich auch nicht festlegen, um einzelne Wahlmänner und -frauen nicht zu ver"stimmen".
    Wie soll sich letztlich das gemeine Volk zu Gauck differenziert äußern, wenn der Kandidat selbst weit auslegbare Ansichten vertreten hat.

  • Zitat

    Original von bertrande


    Die Wahl des Bundespräsidenten durch die Bundesversammlung kann ich
    gut akzeptieren.
    Ich könnte mir auch vorstellen, dass die Kosten für so eine Direktwahl und einen dafür vorausgegangenen Wahlkampf wesentlich höher wären.


    Dann sollte aber auch wirklich das Volk repräsentiert sein, ich fühle mich von irgendwelchen Schauspielerinnen nicht repräsentiert - das ist reines Elitedenken. Dann sollen unter der Bevölkerung / einfach Parteimitglieder die Wahlleute gesucht werden.

  • Zitat

    Original von woelfchen


    Dann sollte aber auch wirklich das Volk repräsentiert sein, ich fühle mich von irgendwelchen Schauspielerinnen nicht repräsentiert - das ist reines Elitedenken. Dann sollen unter der Bevölkerung / einfach Parteimitglieder die Wahlleute gesucht werden.


    Deutschland ist nun einmal eine repräsentative Demokratie, egal ob da jemand nun mit einverstanden ist oder nicht. Zudem sind auch "irgendwelche Schauspielerinnen" ein Teil des Volkes. Vielleicht sollte man aber mal eine Wertigkeit der Berufe aufstellen: Welcher Beruf ist "normal" und darf als Mitglied der Bundesversammlung fungieren?

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Wulff wird Präsident, das war schon von vornherein klar. Wozu also das ganze Theater drumherum?
    Mir ist weder Wulff noch Gauck sympathisch. Gab es wirklich nichts besseres?
    Bewundernswert die Haltung der Linken. :anbet

    [SIZE=7]. [/SIZE] Lg, Ann O'Nym [SIZE=7] ........................ ..............:spinne.............. .[/SIZE]