Das Erbe von Winterfell ist der zweite Band der Reihe Das Lied von Eis und Feuer, die ich grade wieder ausgepackt habe.
***Der Autor***
George R. R. Martin hat längere Zeit als Dramaturg an der TV-Serie "The Twilight Zone" gearbeitet. Zu seinen Werken gehören die mehrfach ausgezeichneten Romane Armageddon Rock und Fiebertraum. Das Lied von Eis und Feuer ist sein erstes Werk auf dem Gebiet der Fantasy. Es wurde von der Kritik begeistert aufgenommen und von den etablierten Kollegen neidlos als Meisterwerk anerkannt.
George R. R. Martin lebt in Santa Fe, New Mexico.
***Zum Inhalt***
König Edward kehrt schwer verwundet von der Jagd nach Hause. Schnell ist klar, dass er nicht überleben wird. Robert will Eddard zum Regenten ernennen, bis Joffrey alt genug ist um selbst zu regieren. Eddard bringt es nicht übers Herz, ihm die Wahrheit über die Kinder von Königin Cereis zu sagen. Denn diese sind nicht von Robert sondern von Cereis Zwillingsbruder Jaime.
Eddard will Cereis dazu bringen in die Verbannung zu gehen und will die Krone Roberts Bruder zuschanzen, den er als wahren Erben ansieht. Doch nach dem Tod Roberts wird er als Verräter verhaftet und mit seinen Töchtern erpresst.
Aufgrund des Gottesurteils kann Tyrion Lannister Cately Stark und ihrer Schwester Lysa entkommen. Auf dem Heimweg gerät er in die Fänge der wilden Bergvölker, doch auch hier kann er sich die Situation zurechtbiegen, so dass sie ihm zu seinem Vater folgen. Dieser steht kurz vor der Schlacht mit Eddards Sohn Robb, der sich nicht gefallen lassen will, dass sein Vater festgesetzt wurde.
Jenseits des Meeres wiegelt Daenery ihren Gatten Khal Drogo dazu auf, in Richtung der Sieben Königslande zu ziehen, denn sie sieht ihren ungeborenen Sohn als wahren Erben über das Reich ihrer Vorfahren. Außerdem baut sie eine Verbindung zu ihren Dracheneiern auf, die sie als lebendiger wahrnimmt, als alle anderen.
***Meine Meinung***
Neue Charaktere werden in diesem Band nicht eingeführt. Dafür erhält man aber durchaus einen tieferen Einblick in die bisher handelnden Personen. Bei den meisten hat sich meine bisherige Meinung über deren Charakterzüge bestätigt, das ein oder andere Mal wurde ich aber durchaus überrascht.
Eddard Stark ist ein geradliniger Mann, der zu seinem Wort steht und dem die Ehre über fast alles geht. Aber eben nur fast. Denn als er seine Töchter bedroht sieht, knickt er dann doch ein, was ich aber als überaus menschlich empfinde.
Der Kindkönig Joffrey kam schon vorher als selbstsüchtig und eigensinnig rüber. Nach seiner Krönung zeigt sich aber erst wie grausam, hinterlistig und ich-bezogen er wirklich ist.
Eine deutliche Entwicklung macht hingegen Daenerys durch. Vom verhuschten Prinzesschen, das vor allem ihrem Mann gefallen will und Angst vor ihrem Bruder hat, wird eine selbstbewusste Frau, die sich durchaus zutraut, den wilden Männern des reiterheers gegenüber zu treten und ihren Willen durchzusetzen.
Nicht ganz klar komme ich mit den Entscheidungen von Catelyn Stark, der Frau von Eddard. Als sie Tyrion Lannister als Geisel verliert und sich auf den Heimweg macht, trifft sie auf Robb und sein Heer. Sicher ist dieser erst fünfzehn oder sechzehn, hat aber durchaus alte Ratgeber dabei. Entgegen dem, was man erwarten würde, kehrt sie nicht nach Winterfell zu ihren kleinen Kindern zurück. Rickon ist immerhin erst vier und Bran durch den Anschlag querschnittsgelähmt. Seit er aus seinem Koma erwacht ist, hat sie ihn noch nicht wieder gesehen. Also ich hätte da andere Prioritäten...
Im Großen und Ganzen hat mich das Buch wieder so in den Bann gezogen wie der Vorgänger. George R. R. Martin hat hier eine äußerst komplexe Welt erschaffen, in der die ganzen Beziehungen zwischen den Adelshäusern ganz klar von ihm durchdacht wurden.
Erwähnenswert ist hier auch der Anhang, in dem die verschiedenen Häuser erläutert werden, mitsamt ihren verwandtschaftlichen und Beziehungen und Bündnissen, sowie die einzelnen Personen aufgeführt sind. Teilweise sogar richtige Ahnentafeln, mit Namen, die im Buch nicht erscheinen.
Sprachlich ist es dem Mittelalterflair durchaus angemessen, Ehepaare sprechen sich mit mein hoher Gemahl und Mylady an, zumindest in Gesellschaft. Saloppe Umgangssprache, wie sie heutzutage in vielen Romanen zu finden ist, sucht man hier vergeblich. Gerade das macht aber einen Teil des Charmes des Buches aus.
Die Fantasy-Elemente nehmen langsam zu, an der Mauer haben die Männer der Nachtwache mit untoten Kreaturen zu kämpfen und gegen Ende des Buches tauchen Drachen auf, die eigentlich als bereits ausgestorben galten. Auch wird angedeutet, dass jenseits der Mauer Kreaturen leben, die von allen bereits ins Land der Legenden verbannt wurden. Jedoch liest sich Das Erbe von Winterfell immer noch wesentlich mehr wie ein Mittelalterroman.
Einen halben Stern will ich aber trotzdem abziehen, da ich mich an manchen kleinen Stellen leicht gelangweilt habe. Zu tief in die Bündnisse und verwandtschaftlichen Beziehungen wollte ich dann doch nicht eintauchen, da hätte mir das Anhangregister durchaus gereicht. Das ist aber mein ganz objektives Gefühl, weshalb ich immer noch 9 von 10 Punkten vergebe.
Edit: ISBN der aktuellen Ausgabe eingefügt. LG JaneDoe