Ungewöhnliche Erzählperspektiven in Romanen

  • In "Mauertänzer" erzählt auch ein kleiner Junge.
    Vielleicht nicht sehr außergewöhnlich an sich, aber auf jeden Fall gelungen!!


    Kurzbeschreibung
    Kabul - hier lebt Fawad, der zwar erst elf Jahre alt ist, aber schon einiges erleben musste: Sein Vater und sein Bruder wurden ermordet, die Schwester entführt, und der Junge und seine Mutter leben von der Hand in den Mund. Aber er lässt sich nicht unterkriegen, zumal er und seine Freunde ziemlich gut wissen, wie man den Ausländern in der Chicken Street die Devisen aus der Tasche zieht. Das Leben auf den Straßen Kabuls ist zwar gefährlich, birgt aber auch viele Abenteuer. Dann findet Fawads Mutter Arbeit bei der Engländerin Georgie und zieht mit Fawad in deren Haus. Der Kulturschock bleibt nicht aus, trägt Georgie doch nicht nur Jeans, sondern raucht auch noch, während ihr Mitbewohner, der Journalist James, gerne nackt das Sonnenbad genießt. Fawad weiß sofort: Er wird seine Mutter vor diesen (nicht ganz uninteressanten) Sünden beschützen müssen. Zugleich ist er aber auch von Georgie hingerissen. Bis er herausfindet, dass diese eine gefährliche Liebesgeschichte mit einem mächtigen Paschtunen hat.

  • Ich lese am liebsten die Ich-Perspektive, da habe ich einfach das Gefühl wirklich auch nur das zu sehen, was der Protagonist auch sieht.
    Ansonsten mag ich noch die Perspektive, in der man dem Protagonisten praktisch hinterherläuft. Einfach weil es ein geniales Gefühl ist, zu wissen, was sich hinter seinem Rücken abspielt, man ihn aber nicht warnen kann.


    Perspektivenwechsel mag ich nicht so. Mit zwei verschiedenen Sichtweisen kann ich gerade noch leben, aber bei dreien oder mehr wirds mir zu kompliziert. Und außerdem muss ich eine klare Veränderung merken, dass ich sofort weiß - ohne den Namen des nächsten Sichtweisencharakters zu lesen - bei wem wir sind.


    Ein Buch, wo die Perspektiven ganz seltsam waren, war "Du" von Sandra Glover.
    Der Protagonist spricht in diesem Buch immer wieder mit einer Person, die sonst scheinbar keiner sieht. Und zwischen durch wird in einer Art Du-Sichtweise erzählt. Man merkt dabei aber, dass der Protagonist immer noch diese andere Person anspricht. Das Buch war für mich total verwirrend.


    Jetzt ist nicht die Zeit, feste Entscheidungen zu treffen. Jetzt ist die Zeit, Fehler zu machen.


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  • Ich muss sagen, dass ich zunächst "ungewöhnliche Erzählperspektiven" für mich selbst nicht direkt definieren kann. "Gewöhnliche Erzählperspektiven" sind ganz klar die Ich-Form sowie die dritte Erzählform, die ja wiederum aus dem allwissenden Erzähler oder aus einer einzigen Person bestehen kann. Allerdings finde ich auch Briefromane wie zum Beispiel "Die Leiden des jungen Werther" oder Tagebücher relativ normal.


    Neu und ungewöhnlich für mich sind Bücher, die über E-Mails oder Zettelchen am Kühlschrank funktionieren. ("Gut gegen Nordwind" von Daniel Glattauer zum Beispiel.). Bücher, die eine "Du-Form" haben, sind genau so merkwürdig, finde ich.


    Eine bevorzugte Erzählperspektive habe ich nicht, meinetwegen kann ein Tier oder ein Mensch seine Geschichte erzählen, ein Ich-Erzähler und Erzähler der dritten Form können sich abwechseln, die Hauptsache ist, es passt. Wenn es passt, kann ich alles lesen und gut finden. :grin


    Schwierigkeiten habe ich oft mit zu vielen Perspektiven, die auch noch relativ schnell wechseln. Bis ich mich daran gewöhnt habe und den Überblick behalte, ist das Buch meist zu Ende.

  • Zitat

    Original von Ramona
    Neben "Dackelblick" fand ich auch noch die Perspektive der Bücher von "Jutta Profijt" sehr ungewöhnlich.
    Dort erzählt nämlich ein Geist höchstpersönlich... ;)


    Das stelle ich mir sehr gut vor...:)

  • Ein weiteres Beispiel einer ungewöhnlichen Erzählperspektive fällt mir gerade auf:


    Eine konsequente “Wir-Form” prägt das Buch Rocking Horse Road von Carl Nixon


    Dieses Kollektiv von mehreren ca. 15jährigen Jungen machen sich gemeinsam Gedanken über den Mord an einem 17jährigen Mädchen in einer neuseeländischen Kleinstadt. Es ermittelt also kein einzelner sondern eine Masse und nur dadurch gelangen sie zu ausreichend Fakten. Somit ist die gewählte Erzählperspektive kein Selbstzweck sondern für den Roman die sinnvollste.


    Beispiel:
    "Wir versuchten uns daran zu erinnern, wann wir Lucy das letzte Mal lebend gesehen hatten..."


    Auffällig ist zudem noch, dass die Geschichte aus einer größeren zeitlichen Distanz erzählt wird.

  • Zitat

    Original von Buchdoktor
    "Wir" ist die Gemeinschaft von Jugendlichen, die den Mord an ihrer Mitschülerin wohl nie ganz verarbeiten konnte, das Wir könnte hier ein Schutzmechanismus sein und auch neugierig machen, wer dazugezählt wird.


    Je weiter ich lese, desto mehr denke ich, dass dieses "Wir" noch mehr ist.
    Die Süddeutsche Zeitung spricht in ihrer Rezension vom Common Sense.
    ich glaube, der Autor (Jahrgang 1967) wollte auch zeigen, was seine Generation aus dieser bestimmten Gegend fürs Leben geprägt hat. Das ist neben der typischen Kleinstandtmentalität auch Gewalt, Demonstrationen (z.B. gegen das südafrikanische Rugbyteam zur zeit der Apartheid 1981), Sturmfluten u.ä.

  • "Gruppenfoto am Ufer des Flusses" ist in der zweiten Person geschrieben, also "Du-Perspektive". Der Leser fühlt sich quasi als Protagonist - das ist ziemlich ungewohnt, aber sehr intensiv.

    Entspanne dich. Lass das Steuer los. Trudle durch die Welt. Sie ist so schön.
    Kurt Tucholsky

  • in dem Roman "Erzähl mir nichts" ist ein Auto der Erzähler.
    Das Auto identifiziert sich stark mit seinem Fahrer, klar, schließlich erlebt es hauptsächlich durch ihn das Leben.


    Auch ungewöhnlich, aber da es sich um ein humoristisches Buch handelt, sollte man das nicht zu ernst nehmen.

  • Traveller - Richard Adams


    Ein packendes und faszinierendes Werk, in dem der Autor den amerikanischen Bürgerkrieg durch die Augen von General Lees Pferd Traveller sehen und kommentieren läßt. Die Geschichte beginnt, wie Traveller der Hauskatze Tom Beisser seine Erlebnisse von den gemeinsamen Ausritten mit seinem Herrn General Robert E. Lee im amerikanischen Bürgerkrieg zu erzählen beginnt. Anhand der geschilderten Ereignisse seinerseits eröffnet sich nach und nach die Geschichte.

    In der Schule fragten die Lehrer mich, was ich später werden wolle. Ich antwortete: Glücklich. Die Lehrer sagten, ich verstünde die Frage nicht. Ich sagte, sie verstünden das Leben nicht.


    John Lennon




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