'Sterne über Sansibar' - Seiten 063 - 140

  • Ich höre mich gerade ein wenig durch die passende Musik.
    Danke für die playlist, Nicole. (auf www.nicole-vosseler.de)
    Besonders der Soundtrack zu The painted veil hat es mir angetan. Aber auch The Reader.
    So ruhige, verträumte und doch intelligente Soundtrack-Musik passt sehr gut zum Buch.


    Kapitel 10 mit der Begegnung Majid und Konsul Rigby ist faszinierend.
    Rigby behagt mir allerdings nicht, so ein kalter Typ. Kein Wunder das er mit dem von uns bewunderten Richard Francis Burton nichts anfangen kann.


    Die Beschreibungen der Belagerung sind ziemlich packend.
    Nach dem Anfang des Buches, in dem Salima ihren Bruder Hamid so verehrt, hat mich zunächst überrascht, dass sie sich an den Umsturzversuchen an der Seite von Barghash beteiligt, aber die Umstände waren halt so, deswegen ist es verständlich.
    Ihre Lehre am Ende des ersten Buch, die sie für sich selbst zieht, gefällt mir dann sehr gut.


    Zwischenfazit: Bewundernswert, wie die historischen Ereignisse durch das Einbinden in eine Romanhandlung so lebendig werden können!

  • Schön, dass Dir die Musik dazu gefällt, Herr Palomar! :wave


    Zitat

    Original von Herr Palomar
    Rigby behagt mir allerdings nicht, so ein kalter Typ. Kein Wunder das er mit dem von uns bewunderten Richard Francis Burton nichts anfangen kann.


    In diesem Buch hat es ein paar Personen, bei denen ich mein Gewissen (und die Quellen) gründlich erforscht habe, ob ich nicht zu parteiisch bin in ihrer Darstellung. Rigby ist einer davon - und er wird ausnahmslos genauso in den Quellen dargestellt, wie ich es dann auch ins Buch übernommen habe.
    (Mir persönlich hätte ebenfalls schon allein seine Fehde mit Burton dafür ausgereicht, ihn nicht zu mögen. :grin )

  • Der Sansibarexpress macht einen außerplanmäßigen Zwischenstopp auf Seite 94 ;-)


    Ich finde es immer wieder erstaunlich, wie groß die Schere zwischen Tradition und Fortschritt klafft.
    Einerseits dürfen Mädchen zur Schule gehen, Lesen lernen. Aber Schreiben können ist Teufelszeug, macht ein Mädchen zur schlechten Partie. Warum war das so, Nicole?


    Andererseits durfte eine Frau die Scheidung aussprechen (S. 81), da war ich richtig platt. Erlaubt das der Koran? Ich kann mir das nicht mal in unserer heutigen Gesellschaft vorstellen, in der muslimische Frauen so viel weniger wert scheinen als im 19. Jahrhundert.


    Überrascht hat mich auch, dass das Erbe des Sultans auch unter den Frauen aufgeteilt wird, dass sie Geld bekommen, um sich wieder verheiraten zu können. Was sicher nicht ganz einfach war. Die Witwe eines Sultans zu heiraten, das war für manchen Mann sicher eine Hemmschwelle.


    Mir ist aufgefallen, dass fast jedes Kapitel mit sinnlichen Eindrücken beginnt. Entweder sind es Farben und Gerüche (Süße der Blüten und Gewürze, perlmuttrosa, currygelb, ) oder haptische Beschreibungen (Meer wie schmeichelnde blaue Seide). Hach, das weckt wirklich die Sehnsucht nach dieser zurückliegenden Zeit.


    Beim Lesen habe ich übrigens immer dieses Bild von Salima vor Augen.

  • Was für ein Schock - ich zuckte zusammen als der Sultan starb und musste ein paar Tränchen vergießen, als die Mutter starb. Arme Salina - sie wendet sich ihrer Halbschwester zu und wird prompt ausgenutzt. Wie sollte sie in dem Alter auch wissen, was gut und was schlecht ist.


    Umso schöner, dass Majid sie nicht verstösst, sie noch retten möchte. Aber ich konnte gut verstehen, dass Salima nicht anders konnte als bei ihrem Bruder und der Schwester zu bleiben. Wer weiss, wie die beiden sich am Ende gerächt hätten. Man sieht ja jetzt schon das Wesen von Chole. Nur auf ihren Vorteil bedacht.


    Mittlerweile hab ich mich schon an die Namen gewöhnt und erkenne auch Personen wieder, wenn sie mehrmals vorkommen - sogar ohne Spickzettel. Allerdings habe ich die Schreibweise auf dem Weg vom Wohnzimmer zum Arbeitszimmer wieder vergessen.


    Mich wundert auch, dass Mädchen zwar lesen lernen durften, aber nicht schreiben. Für mich hängt beides irgendwie zusammen. Das eine geht nicht ohne das andere.


    Dass die Frauen und Kinder Geld vom Erbe abbekommen haben wundert mich auch. Ich hätte eher gedacht, dass sie zusehen können, wo sie bleiben. Aber es muss ganz schön schwer sein, wenn man erst alles haben kann was man möchte und nur einen Wunsch äussern muss und jetzt auf einmal mit einem bestimmten Betrag auskommen muss. Hatten die Frauen denn die Möglicheit, sich Geld dazu zu verdienen? Wurden sie weiterhin als die Frauen des Sultans angesehen oder wurden sie dann zu Dienerinnen? Denn Geld reicht ja nicht ewig, ausser es ist so eine große Summe, dass man davon sein restliches Leben bestreiten kann. Oder habe ich mal wieder was überlesen?


    Ich bin mir jetzt sicher, dass ich das Buch auf jeden Fall meiner Ma mitbringen werde - ich weiss jetzt schon, dass sie es lieben wird. Historisch und dann noch in einem anderen Land - das ist genau das richtige.

  • Zitat

    Original von Herr Palomar
    Die Beschreibungen der Belagerung sind ziemlich packend.
    Nach dem Anfang des Buches, in dem Salima ihren Bruder Hamid so verehrt, hat mich zunächst überrascht, dass sie sich an den Umsturzversuchen an der Seite von Barghash beteiligt, aber die Umstände waren halt so, deswegen ist es verständlich.
    Ihre Lehre am Ende des ersten Buch, die sie für sich selbst zieht, gefällt mir dann sehr gut.


    Ich habe seit dem letzten Herbst den ein oder anderen Artikel über Salima gelesen aber keiner ging auf die Gründe ein, warum sie sich auf Barghash Seite geschlagen hat. Zumal ja überliefert war, dass sie eine enge Beziehung zu Majid hatte. Ich konnte mir nie vorstellen, dass sie sich aus Berechnung für Barghash entschieden hat. Deine Interpretation, Nicole, dass sie aus Unwissenheit, Naivität und aus Loyalität Chole gegenüber gehandelt hat und von Chole und Barghash für deren Zwecke benutzt wurde, erscheint mir logisch und nachvollziehbar. Ihre Fähigkeit, Schreiben zu können, wird ihr zum Verhängnis. Woher wussten die beiden eigentlich davon? Ich dachte, Djilfida hätte das geheim gehalten.


    Und auch am Ende dieses Abschnittes wieder ein Satz, der auf späteres Leben Einfluss haben wird: Von heute an habe ich keine andere Herrin mehr als mich selbst.

  • Ich habe den Abschnitt noch nicht komplett gelesen, aber er gefällt mir bis jetzt sehr gut.


    Die Namen werden immer leichter, genau wie die Orte. Das Salima nicht schreiben lernen durfte (aber lesen) ist schon eigenartig. Durch den Tod des Sultans bricht das gesamte Familiengebäude zusammen - wie traurig. Alle sind jetzt auf sich allein gestellt - was sicher nicht einfach ist. Das kann eigentlich nur Probleme mit sich bringen... :wave

  • @ Bouquineur


    Zitat

    Original von Bouquineur
    Ich finde es immer wieder erstaunlich, wie groß die Schere zwischen Tradition und Fortschritt klafft. Einerseits dürfen Mädchen zur Schule gehen, Lesen lernen. Aber Schreiben können ist Teufelszeug, macht ein Mädchen zur schlechten Partie. Warum war das so, Nicole?


    Ich habe offen gestanden keine schlüssige Erklärung dafür, Salima selbst liefert auch keine und ich kenne es sonst (auch aus dem arabischen Raum) nur als Entweder-Oder. Ich halte es für eine Eigentümlichkeit innerhalb der Sultansfamilie, vielleicht auch im Zusammenhang mit deren Glaubensrichtung innerhalb des Islam.


    Ich habe überlegt, ob es damit zusammenhängt, dass Schreiben als verpönt galt für Sultansfrauen und -töchter, als auf für uns seltsame Art "unfein" - während das Lesen in Ordnung war, ohne dass diese Unterscheidung für uns jetzt wirklich nachvollziehbar wäre. (Wobei mir in diesem Zusammenhang einfällt, dass weibliche Autoren in Europa im 17. Jahrhundert auch noch belächelt wurden bis ein Ärgernis darstellten - so als ganz grober, hinkender Vergleich). Oder es hängt mit der Glaubensrichtung der Ibaditen zusammen, denen die Sultansfamilie angehört - das konnte ich allerdings nicht herausfinden.
    Eine Möglichkeit in diesem Zusammenhang wäre noch eine ganz banale: mit dem provisorischen Schreibwerkzeug und der bestimmt nicht wasserlöslichen Tinte gab es beim Schreiben sicher Flecke auf den Händen (wenn ich mir nur angucke, wie meine Hände mit unserem modernen Schreibgerät immer aussehen *G*) - und das diese Überbleibsel vermieden werden sollten.


    Es steht in jedem Fall in keinem Verhältnis - dass die Jungs es zumindest für Notfälle lernen, die Mädchen aber nicht, weil sich das nicht gehört.


    Zitat

    Original von Bouquineur
    Andererseits durfte eine Frau die Scheidung aussprechen (S. 81), da war ich richtig platt. Erlaubt das der Koran? Ich kann mir das nicht mal in unserer heutigen Gesellschaft vorstellen, in der muslimische Frauen so viel weniger wert scheinen als im 19. Jahrhundert.


    Knifflige Frage, ganz wichtiger Punkt!
    Ich bin alles andere als ein Koran-Experte und hab mich auch noch mal zur Sicherheit mit der Orientalistin meines Vertrauens kurzgeschlossen - dort gibt es zwar Stellen zur Ehescheidung, aber auf das Vorgehen bezogen, wenn der Mann die Scheidung will: Sure 65 und Vers 228 ff der Sure 2


    Aber es gibt ja auch noch die islamische Rechtsprechung, und die ist ein verdammt weites Feld - nach Glaubensausrichtung, Land, Zeit etc. pp. (Ist im Christentum ja auch nicht viel anders). Ich kenne mich jetzt nicht in den aktuellen Rechtsprechungen der einzelnen muslimischen Staaten aus - aber vom Prinzip her kann auch die Frau die Scheidung in die Wege leiten. Meistens unter der Voraussetzung, dass sie nicht schwanger ist und die Morgengabe, die sie von ihrem Bräutigam zur Hochzeit bekommen hat, zurückzahlt. (Wie gesagt, vom Prinzip her - wie's tatsächlich aussieht bzw. in den einzelnen Ländern gehandhabt wird, weiß ich tatsächlich nicht.)


    Dass muslimische Frauen weniger Rechte besäßen als Europäerinnen - das war auch die Ansicht im 19. Jahrhundert. Worauf Salima in ihren Memoiren ein Kapitel schrieb mit dem Titel: "Stellung der Frau im Orient".


    Daraus kurz ein Auszug (S. 139):


    Erklärlicherweise können sich häufig die Eheleute, welche sich vorher nicht gekannt haben, nicht recht ineinander finden; es entstehen schwierige, peinliche Verhältnisse auch aus anderen Gründen, wie es bei meinem Vater mit Schesade und bei Madschid mit Asche [Anm.: andere Schreibweise der Namen als im Roman] passierte. Für solche Fälle gewährt nun das muhamedanische Gesetz wieder einen unleugbaren Vorteil, indem es die Scheidung außerordentlich erleichtert. Es ist doch besser, daß zwei in allen Anschauungen ind in den Grundzügen des Charakters sich schroff gegenüberstehende Eheleute friedlich trennen, als für ewig aneinander gekettet bleiben zur beiderseitigen Qual, die so oft zu den ungeheuerlichsten Verbrechen treibt. Die Frau erhält dann ihr gesamtes Vermögen, über welches ihr übrigens auch während der Verheiratung freie Verfügung zusteht, zurück; wenn der Mann die gerichtliche Scheidung beantragt hat, so bleibt ihr auch die Morgengabe, die er ihr bei der Hochzeit gegeben hat; geht aber die Trennung von ihr aus, so muß sie diesebe zurückerstatten.


    Zitat

    Original von Bouquineur
    Überrascht hat mich auch, dass das Erbe des Sultans auch unter den Frauen aufgeteilt wird, dass sie Geld bekommen, um sich wieder verheiraten zu können. Was sicher nicht ganz einfach war. Die Witwe eines Sultans zu heiraten, das war für manchen Mann sicher eine Hemmschwelle.


    Auch dazu gibt es eine Koransure: Sure 4 - sofern es innerhalb der Familie keine andere Regelung bezüglich des Erbes gibt; ich schätze den Sultan schon so ein, dass er alles versorgt wissen wollte. Und wieder verheiratet zu sein war dort damals einfach "besser versorgt" als "nur" verwitwet mit Geld.


    Das mit der Hemmschwelle... das kann ich mir schon gut vorstellen. Ich bin mir jetzt nicht mehr ganz sicher, aber ich meine zumindest von einer Nebenfrau gelesen zu haben, die danach wieder geheiratet hat; an einer anderen Stelle war kollektiv von den "Witwen des Sultans" zu lesen, die im Beit il Hukm lebten - die waren zu diesem Zeitpunkt offenbar nicht wieder neu verheiratet.


    Zitat

    Original von Bouquineur
    Mir ist aufgefallen, dass fast jedes Kapitel mit sinnlichen Eindrücken beginnt. Entweder sind es Farben und Gerüche (Süße der Blüten und Gewürze, perlmuttrosa, currygelb, ) oder haptische Beschreibungen (Meer wie schmeichelnde blaue Seide). Hach, das weckt wirklich die Sehnsucht nach dieser zurückliegenden Zeit.


    Schön. :-)


    Zitat

    Original von Bouquineur
    Beim Lesen habe ich übrigens immer dieses Bild von Salima vor Augen.


    Das mag ich sehr. :-)
    Das ist Teil einer ganz Serie, die von Salima und Heinrich in Hamburg 1868 gemacht wurde.

  • Dieses Stück habe ich heute vormittag gelesen.
    Traurig und gefühlvoll.


    (Übrigens habe ich auf Herr Palomars Tipp auf die Website zur Playlist geklickt. Höre gerade mal rein... :) )


    Der Tod ihrer Eltern hat mich sehr getroffen.
    Und eigentlich habe ich gedacht, ihre Schwester wäre nicht nur schön, sondern auch nett.
    Aber dass sie Salima als noch so junges Mädchen schon in so gemeine Intrigen hinein zihet, fand ich unfair...


    Da hat Salima es schon geschafft, schreiben zu lernen, und muss es auch noch gegen ihren liebsten Bruder verwenden!


    Bouquineur hat so treffend formuliert:

    Zitat

    "Mir ist aufgefallen, dass fast jedes Kapitel mit sinnlichen Eindrücken beginnt. Entweder sind es Farben und Gerüche (Süße der Blüten und Gewürze, perlmuttrosa, currygelb, ) oder haptische Beschreibungen (Meer wie schmeichelnde blaue Seide). Hach, das weckt wirklich die Sehnsucht nach dieser zurückliegenden Zeit."


    Dem kann ich mich nur anschließen.
    Ich liebe dieses Spiel mit der Sprache. Dieses vollkommene Auskosten von Wörtern.
    Das ist wunderschön und passt auch ganz toll zur Art des Buches!!

  • @ Booklooker


    Zitat

    Mittlerweile hab ich mich schon an die Namen gewöhnt und erkenne auch Personen wieder, wenn sie mehrmals vorkommen - sogar ohne Spickzettel. Allerdings habe ich die Schreibweise auf dem Weg vom Wohnzimmer zum Arbeitszimmer wieder vergessen.


    *aufatem*
    Das macht nichts - ich hab mich da auch ständig vertippt beim Schreiben (passiert mir sogar heute manchmal noch) :lache


    Zitat

    Original von Booklooker
    Mich wundert auch, dass Mädchen zwar lesen lernen durften, aber nicht schreiben. Für mich hängt beides irgendwie zusammen. Das eine geht nicht ohne das andere.


    Darüber habe ich auch lange nachgegrübelt. Ich glaube, uns kommt das so vor, weil wir es automatisch zusammen lernen.
    Aber wenn ihr an eure Fremdsprachenkenntnisse denkt - das, was ihr versteht (das passive Wissen) ist bestimmt mehr als das, was ihr davon sprecht (das aktive), so wie wir auch mehr Worte im Deutschen kennen als wir tatsächlich benutzen. So ähnlich habe ich mir das bei Salima vorgestellt - das passive Wissen, das Lesen, war da - nur das aktive Wissen, das Schreiben, hat sie dazu nicht beigebracht bekommen.


    Aus eigener Erfahrung weiß ich inzwischen aber auch, dass man mit Betracht ziehen muss, dass Salima ARABISCH schreiben lernt. Die arabischen Zeichen zu schreiben - das braucht viel Übung; selbst wenn man sie lesen kann, muss man erst den Dreh rauskriegen, sie zu schreiben - meine Schriftzeichen sahen sehr lange kein bisschen arabisch aus, ich weiß nicht, ob die zu entziffern waren... :lache
    Darüber hinaus ist die Druckschrift ist eine andere als die individuelle Schreibschrift, und Kalligraphie ist noch mal was anderes...


    Zitat

    Original von Booklooker
    Dass die Frauen und Kinder Geld vom Erbe abbekommen haben wundert mich auch. Ich hätte eher gedacht, dass sie zusehen können, wo sie bleiben. Aber es muss ganz schön schwer sein, wenn man erst alles haben kann was man möchte und nur einen Wunsch äussern muss und jetzt auf einmal mit einem bestimmten Betrag auskommen muss. Hatten die Frauen denn die Möglicheit, sich Geld dazu zu verdienen?


    Das war sicher schwer für alle Frauen und Kinder.
    Die Möglichkeit, etwas zu verdienen, gab es für die Frauen nicht - nur, wenn sie (wie Djilfidan) eine Plantage besaßen und geerbt hatten; darüber kam noch zusätzlich Geld in die Kasse.


    Zitat

    Original von Booklooker
    Wurden sie weiterhin als die Frauen des Sultans angesehen oder wurden sie dann zu Dienerinnen? Denn Geld reicht ja nicht ewig, ausser es ist so eine große Summe, dass man davon sein restliches Leben bestreiten kann. Oder habe ich mal wieder was überlesen?


    Sie blieben Witwen des Sultans mit der damit verbundenen Stellung innerhalb der Gesellschaft, wenn sie sich wieder nicht verheirateten.
    Sofern Kinder da waren, wurde selbstverständlich davon ausgegangen, dass diese dann für ihre Mütter sorgen.
    Ich hatte kaum Zahlen zur Verfügung - da der Sultan zweifellos richtig reich war, dürfte es nicht wenig sein, was verteilt wurde, aber da doch durch viele Frauen und Kinder geteilt wurde, kann ich mir auch nicht vorstellen, dass es ewig reichte.


    @ Bouquineur


    Zitat

    Original von Bouquineur
    Deine Interpretation, Nicole, dass sie aus Unwissenheit, Naivität und aus Loyalität Chole gegenüber gehandelt hat und von Chole und Barghash für deren Zwecke benutzt wurde, erscheint mir logisch und nachvollziehbar.


    Salima stellt es selbst so dar. Und obwohl es ein paar Stellen in ihren Memoiren gibt, bei denen ich das Gefühl hatte, sie versucht ihr eigenes Verhalten oder das anderer Personen zu rechtfertigen, eventuell sogar dadurch, dass sie Ereignisse verzerrt wiedergibt, hatte ich da auch keinen Grund, ihre Darstellung anzuzweifeln. Vor dem Hintergrund, dass sie nicht nur ihren Vater, sondern auch ihre Mutter verloren und sich Chole enger angeschlossen hat, ist mir ihr Verhalten absolut plausibel.
    Darüber hinaus war mein Eindruck von Salima, dass sie zeitlebens kein bisschen wetterwendisch war, sondern von loyaler Wesensart.


    Zitat

    Original von Bouquineur
    Ihre Fähigkeit, Schreiben zu können, wird ihr zum Verhängnis. Woher wussten die beiden eigentlich davon? Ich dachte, Djilfida hätte das geheim gehalten.


    In Frauengemächern kann nichts lange geheim bleiben... :zwinker
    Ich glaube auch, dass Salima Chole buchstäblich blind vertraut hat.


    @ bibliocat


    Zitat

    Original von bibliocat
    Die Namen werden immer leichter, genau wie die Orte.


    Prima! :wave


    Zitat

    Original von bibliocat
    Durch den Tod des Sultans bricht das gesamte Familiengebäude zusammen


    Ja, genau das war der Fall. Ich fand das auch erschreckend, dass er einfach nicht "nur" tot war - sondern sein Tod solch weitreichende Folgen hatte.


    @ Ramona


    Zitat

    Original von Ramona
    Und eigentlich habe ich gedacht, ihre Schwester wäre nicht nur schön, sondern auch nett.


    Jaaa, so kann man sich täuschen... Gerade deshalb war Chole aber eine tolle Figur für den Roman, ich hab sie gerne geschrieben. :-]

  • Ist ja einiges passiert in dem Abschnitt.


    Salima hat gleich beide Elternteile innert kurzer Zeit verloren. SChön fand ich das der Tot der Mutter nicht beschönigt wurde.


    Sie musste sehr schnell Erwachsen werden, und das sie halt bei der ältern Schwester suchte ist ja verständlich. Fand es richtig fies das Salima so ausgenutzt wurde, wo sie doch Majid so mag.


    Bin gespannt wie es auch Politisch auf Sansibar weiter geht. Und vorallem wo hin es Salima treiben wird.

  • Zitat

    Original von Booklooker


    Wo denn? In Internet oder gedruckt?
    Ich habe gerade bei amazon gestöbert und das einzige, was ich finden konnte, war total teuer.. an die 100 Euro :-(


    Im Herbst kommt eine Neuauflage. Ich vermute, die wird genauso viel kosten wie die letzte Auflage: 24,95 Euro.


    Es gibt Zeitungsartikel, allerdings nicht unter dem Namen Salima bint Said, sondern unter dem westlichen Namen. Ich habe mittlerweile ein Google-Alert darauf laufen, sodass ich über neue Artikel informiert werde. Das Hamburger Abendblatt hat z. B. einen großen Artikel gehabt, der auch im Netz noch abrufbar ist.


    Ich habe mir gerade noch ein paar Gedanken gemacht zum Lesen und Schreiben können, im Rückblick auf Kirstens Kalligraphin und auf Pamuks Rot ist mein Name. Männliche Kalligraphen und Bildmaler hatten Tradition, dieses Handwerk war fest in männlicher Hand. Eine Frau, die mit dieser Tradition bricht, stellt sich ggf. über den Mann. Ich könnte mir vorstellen, dass das zum einen als unschicklich galt, zum anderen die Männer, die ja offenbar selber oft nur mit Mühe schreiben konnten, "herabsetze".

  • @ spike


    Zitat

    Original von spike
    SChön fand ich das der Tot der Mutter nicht beschönigt wurde.


    Danke, das freut mich zu lesen! :-)


    @ Bouquineur


    Zitat

    Original von Bouquineur
    Ich habe mir gerade noch ein paar Gedanken gemacht zum Lesen und Schreiben können, im Rückblick auf Kirstens Kalligraphin und auf Pamuks Rot ist mein Name. Männliche Kalligraphen und Bildmaler hatten Tradition, dieses Handwerk war fest in männlicher Hand. Eine Frau, die mit dieser Tradition bricht, stellt sich ggf. über den Mann. Ich könnte mir vorstellen, dass das zum einen als unschicklich galt, zum anderen die Männer, die ja offenbar selber oft nur mit Mühe schreiben konnten, "herabsetze".


    Das finde ich interessant - ich könnte mir gut vorstellen, dass das damit zusammenhängt. :-)

  • Ich bin auch parteiisch, Nicole :zwinker. Habe mich sehr gefreut, dass Richard Francis Burton aufgetaucht ist in Deinem Buch :-).


    Salima ist 12 Jahre als ihr Vater, der Sultan, stirbt. Ab da beginnen ja die innerfamiliären Kämpfe der älteren Söhne um Einfluss und Macht. Da bekommt Salima wohl auch noch nicht allzu viel von mit, geschützt durch ihre Mutter.


    Dass sie heimlich im Keller schreiben lernt, passt ja zu ihr :-).


    Sehr tragisch der Tod Salimas Mutter. Ich habe richtig mit gelitten. Nun ist die 15 Jahre und steht, trotz großer Familie mit engen Banden, recht alleine da.


    Ich bin wohl auch naiv oder habe ich etwas wesentliches überlesen :gruebel?
    Ich habe es nämlich Chole wirklich abgenommen, dass sie es im Grunde gut mit Salima meint und dass ihr Handeln letztlich pro Majid ist.
    Und Salima sagt bzw. denkt dann auch, ich tue es es für Majid, für Sansibar.

    Liebe Grüße, Sigrid

    Keiner weiß wo und wo lang

    alles zurück - Anfang

    Wir sind es nur nicht mehr gewohnt

    Dass Zeit sich lohnt

  • Ihr habt ja schon alles geschrieben, ich trödle etwas hinterher :cry


    Salima verliert beide Elternteile, sehr schwer in diesem Alter. Ihr Schreibunterricht fand ich auch total passend für sie.


    Ich habe eine genaue Vorstellung von ihr. Für mich ist sie ein junges, lebhaftes, neugieriges, interessiertes, sympathisches Mädchen.


    Nun wird sie durch die Intrige von Chloe ausgenützt :schlaeger


    Mich hat es auch verwundert, daß Frauen eine Scheidung aussprechen konnten und ihnen Geld vererbt wurde - Nicole hat das ja mittlerweile erklärt :danke


    ... und nun zurück :lesend

  • Ich habe gerade mal geschaut, wie das im Judentum ist. Ich hatte da noch eine Szene aus der Gottessucherin im Kopf.


    http://www.payer.de/judentum/jud502.htm#5.


    Die Frau darf die Initiative nicht ergreifen, das Gericht kann den Mann aber zu einer Scheidung zwingen, wenn er z. B. den Sex verweigert oder seiner Frau untreu ist.


    Im Islam ist es ähnlich:


    http://de.wikipedia.org/wiki/Islamische_Ehe#Scheidung

  • Ich bin erst bei Seite 100, aber ich muss hier mal einen kleinen Break machen. In diesem Abschnitt passiert so viel!
    Schön (auch wenn schön ein komisches Wort ist) dass wir auch die Armenviertel in der Lehmstadt mal erleben. Die andere Seite vergisst man bei all dem bunten Treiben herum schnell, und ich konnte gut verstehen, dass Salima sich da etwas unbehaglich fühlt.
    Hamdan finde ich irgendwie herzig - die Art wie er Freundschaften schließt, gefällt mir. Und das: "Ich wollte nur mal sehen, wie weit der Pfeil rein geht." Holla!
    Wildwuchs trifft es gut, denkt man an Salimas Aufwachsen. Das wird ihr später helfen!


    Was das verbotene Schreiben betrifft - da habe ich mal was Ähnliches gefunden. Zunächst aber mal hat mich etwas gewundert, dass dies keine unmittelbaren Konsequenzen hatte. Salimas Mutter macht da (sorry für den Ausdruck) ein riesen Fass auf; ich hätte da irgendwie weitere Konsequenzen erwartet. Aber sie scheinen es vorerst zu vergessen, aus den Augen, aus dem Sinn.
    Interessant: ich bin mal über Aufzeichnungen über einen Roma-Stamm persischer Abstammung gestolpert, bei denen es auch als Frevel galt, wenn Frauen schreiben konnten - lesen dagegen war in Ordnung. Der Grund: Mit geschriebenen Worten, so hieß es, könne man einen Dämon beschwören. Das war offenbar eine Macht, die man nicht in weiblichen Händen wissen wollte :lache
    Weiterhin galt die Weitergabe von "weisem Wissen" als gefährlich. Hebammen & Heilerinnen bewegten sich ja generell immer in der Nähe gefährlicher Hexereivorwürfe. Deren Wissen ließ sich schnell ausschalten - Niedergeschriebenes hätte sich ungehindert verbreiten können.
    Daran musste ich gleich denken, vielleicht gibt es da Parallelen?


    Sehr bewegend, wie Salima zunächst ihren Vater verliert, und dann die geliebte Mutter. Das ganze Leben um den Sultan herum - man muss ja schon von einem Dorf reden bei all den Frauen und Kindern - zersplittert und wird in alle Winde verstreut. Muss schwer gewesen sein, für alle.
    An der Stelle bin ich nun - und gespannt darauf, was weiter passiert.

  • @ Sigrid2110


    Zitat

    Original von Sigrid2110
    Habe mich sehr gefreut, dass Richard Francis Burton aufgetaucht ist in Deinem Buch :-) .


    Wie schön! :-]


    Zitat

    Original von Sigrid2110
    Ich bin wohl auch naiv oder habe ich etwas wesentliches überlesen :gruebel ? Ich habe es nämlich Chole wirklich abgenommen, dass sie es im Grunde gut mit Salima meint und dass ihr Handeln letztlich pro Majid ist. Und Salima sagt bzw. denkt dann auch, ich tue es es für Majid, für Sansibar.


    Nein, Du hast nichts überlesen. :wave
    Mir fehlte noch der entscheidende Motivationsfunke, warum Salima sich in dieser Situation entschließt, Chole und Barghash zu unterstützen. Ich hab mir vorzustellen versucht, wie ich es an Choles Stelle anfangen würde, Salima dazu zu bekommen - und dachte, sie könnte es eigentlich nur so bewerkstelligt haben, klug wie sie war: Salima einzuwickeln, indem sie ihr vorgaukelt, Majid Gutes tun zu wollen. Und sie setzt noch eins drauf, als sie den Konflikt mit Majid so hindreht, dass sie als die Unschuldige und Gute dasteht.


    @ Richie


    Zitat

    Original von Richie
    Ich habe eine genaue Vorstellung von ihr. Für mich ist sie ein junges, lebhaftes, neugieriges, interessiertes, sympathisches Mädchen.


    Schön, dass Du sie so empfindest. :-]


    @ Bouquineur


    Zitat

    Original von Bouquineur
    wenn er z. B. den Sex verweigert


    DEN Passus gibt's im islamischen Scheidungsrecht übrigens auch...