'Sterne über Sansibar' - Seiten 063 - 140

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    Original von Lipperin
    Seite 72 ff.: Die Beschreibungen sind unglaublich plastisch. Ich frage mich, worauf gründete sich der Reichtum Sansibars? Auf Gewürzhandel? Sklavenhandel? Oder einem Konglomerat aus beidem?


    Ich denke auch, dass es ein Konglomerat aus beidem war. Sansibar war durch seine Lage wichtiger Handelsposten auf dem Seeweg nach Indien und Zentrum des Sklavenhandels. Darauf wird sich der Reichtum begründet haben. Ausgebaut dann im 19. Jahrhundert durch den Handel mit den begehrten Gewürznelken.

  • Zitat

    Original von Lipperin
    Seite 66: Hahnenkämpfe! Hahnenkämpfe? Oh, meine Güte, welche Variante gab es denn da? Ist mir sowieso ein ewiges Rätsel, wie sich das mit Tierliebe verträgt.


    Ich hab ehrlich gesagt nicht genauer nachgeforscht, wie die Kämpfe abliefen; der Fakt als solcher schien mir dann doch genug ...


    Zitat

    Original von Lipperin
    Seite 69: Diese Maske finde ich irgendwie … Verzeihung … abstoßend faszinierend – oder umgekehrt?


    Hier kannst Du Dir eine zeitgenössische Zeichnung davon ansehen: klick!


    Diese Masken gibt es schon lange nicht mehr; sie kamen ursprünglich aus dem Oman, aber auf Sansibar waren sie kleiner, zierlicher und bedeckten weniger vom Gesicht. (Kein Wunder, dass des Sultans Verwandschaft das Leben auf Sansibar sittenlos fand! :grin )


    Zitat

    Original von Lipperin
    Was bekamen eigentlich die Kinder des Sultan von dem ganz alltäglichen Leben „auf der Straße“ mit? Wurden sie dem ferngehalten (die Mädchen vermutlich sowieso)? Kannte man dort auch so etwas wie soziale Verantwortung? Ich denke da an Krankenhäuser, Armenspeisung etc.


    Die bekamen schon einiges mit, und solange die Mädchen klein waren (d.h. vor der Pubertät), hatten sie die gleichen Freiheiten wie die Jungs.
    Krankenhäuser muss ich allerdings verneinen, was damit zusammenhängt, dass der Stand der Medizin auf Sansibar damals haarsträubend war. Salima hat viele Jahre später ihrer Begeisterung über die Medizin in Deutschland Ausdruck verliehen.
    Wer immer in Not war und damit zum Sultan kam, musste nie mit leeren Händen wieder gehen, und die Frauen waren angehalten, den Armen Geld und Essen zu bringen. Bedürftigen Almosen zu spenden ist übrigens die dritte der fünf Säulen, auf denen der Islam ruht ...


    Zitat

    Original von Lipperin
    Seite 81: „Scheidung aussprechen“? Hätt ich jetzt auch nicht vermutet. Aber interessant allemal, welche Rechte den Frauen zustanden, welche Freiheiten sie hatten. Das rückt mein Bild doch etwas besser zurecht.


    Über die Recherche zum Safranmond und zu Sansibar habe ich gelernt, dass vieles, was wir heute über die Rechte (oder eher: Nicht-Rechte) der Frau im Islam wahrnehmen, Entwicklungen der letzten einhundertfünfzig Jahre sind und weder mit dem Koran noch mit der traditionellen islamischen Rechtsprechung zu tun haben.
    Kann man uns aber auch nicht verdenken, dass wir das so wahrnehmen, bekommen gerade diese Entwicklungen doch von patriarchalisch-fundamentalistischer Seite allzu oft ein Mäntelchen des Glaubens übergestreift ...


    Gerade das Aussprechen der Scheidung gab es früher sehr oft für beide Geschlechter (bei Frauen war allerdings Voraussetzung, dass zu diesem Zeitpunkt definitiv keine Schwangerschaft vorliegt). Im "Safranmond" bin ich bei den Beduinenvölkern darauf gestoßen; fairerweise muss man dazu sagen, dass bei denen immer galt: zuerst Beduine, dann erst Muslim.


    Zitat

    Original von Lipperin
    Seite 84, 85: Entschuldigung, aber das nehme ich Salima nicht so ganz ab, nur zu lernen, um besser zu sein als ihre Brüder, besser als jedes Mädchen. Ich glaube, dass sie dem Reiz des Wissenwollens durchaus erlegen ist, ohne sich jedoch dessen bewusst zu sein. Und ich glaube auch nicht, dass sie das jemals wieder wird ablegen können. Bei wem einmal der Hunger geweckt ist ... - doch, doch, ich spreche aus eigener Erfahrung.


    Gebe ich Dir absolut Recht! Das Bewußtsein kommt bei ihr später ...


    Zitat

    Original von Lipperin
    Die alte Wahrsagerin von Seite 86 und „ihr ungeborenes Kind“ wirken unheimlich. Die Beschreibung finde ich ja schon … bäh, gegenüber sitzen hätte ich ihr nicht mögen.


    Mich hat am Sansibar des 19. Jahrhunderts sehr fasziniert, wie nah beieinander dort Schönes und Schreckliches, Leben und Tod lagen. Das war bei der Arbeit an diesem Buch ein manchmal verwirrendes, meistens jedoch sehr spannendes Panorama im Hintergrund.



    Zitat

    Original von Lipperin
    Die ganzen politischen Verwirrungen und das Drame des versuchten Aufstandes lassen mich an den kurz angesprochenen Glauben des schlechten Omen der Insulaner denken angesichts des Palastes, der beim Bau zusammengestürzt ist und Arbeiter unter sich begrub. Aber immer wieder seltsam, dass nach großen – sprich erfolgreichen Herrschern solcherart geschieht. Wie sagt man so schön bei uns: „Nach dem Heger kommt ein Feger“ …


    Mir geht es wie Lumos, ich kannte den Ausspruch auch nicht - aber er trifft sehr, sehr gut, was sich wirklich sehr oft beobachten lässt.



    Zitat

    Original von Bouquineur


    Ich denke auch, dass es ein Konglomerat aus beidem war. Sansibar war durch seine Lage wichtiger Handelsposten auf dem Seeweg nach Indien und Zentrum des Sklavenhandels. Darauf wird sich der Reichtum begründet haben. Ausgebaut dann im 19. Jahrhundert durch den Handel mit den begehrten Gewürznelken.



    So ist es. Sklavenhandel und Elfenbein, plus Handelszölle und Steuern derer, die mit dem Handel reich geworden sind, plus danach die Gewürznelken - da kam über die Zeit einiges zusammen.

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    Original von Nicole


    Hier kannst Du Dir eine zeitgenössische Zeichnung davon ansehen: klick!


    Diese Masken gibt es schon lange nicht mehr; sie kamen ursprünglich aus dem Oman, aber auf Sansibar waren sie kleiner, zierlicher und bedeckten weniger vom Gesicht. (Kein Wunder, dass des Sultans Verwandschaft das Leben auf Sansibar sittenlos fand! :grin )


    Eigentlich schade, dass es sie nicht mehr gibt. Das würde vielleicht mancher Diskussion die Schärfe nehmen.


    Zitat

    Original von Lipperin
    Was bekamen eigentlich die Kinder des Sultan von dem ganz alltäglichen Leben „auf der Straße“ mit? Wurden sie dem ferngehalten (die Mädchen vermutlich sowieso)? Kannte man dort auch so etwas wie soziale Verantwortung? Ich denke da an Krankenhäuser, Armenspeisung etc.


    ...
    Wer immer in Not war und damit zum Sultan kam, musste nie mit leeren Händen wieder gehen, und die Frauen waren angehalten, den Armen Geld und Essen zu bringen. Bedürftigen Almosen zu spenden ist übrigens die dritte der fünf Säulen, auf denen der Islam ruht ... .


    Danke für die Info! Mir wird jedenfalls wieder einmal auch anhand des Buches bewusst, wie wenig ich über den Islam weiß - wie er heute ist, wie er sich entwickelte.



    Zitat


    Kann man uns aber auch nicht verdenken, dass wir das so wahrnehmen, bekommen gerade diese Entwicklungen doch von patriarchalisch-fundamentalistischer Seite allzu oft ein Mäntelchen des Glaubens übergestreift ....


    Wohl wahr, wohl wahr! Und, wenns erlaubt ist, nicht nur im Islam.



    Zitat

    Original von Lipperin
    Die ganzen politischen Verwirrungen und das Drame des versuchten Aufstandes lassen mich an den kurz angesprochenen Glauben des schlechten Omen der Insulaner denken angesichts des Palastes, der beim Bau zusammengestürzt ist und Arbeiter unter sich begrub. Aber immer wieder seltsam, dass nach großen – sprich erfolgreichen Herrschern solcherart geschieht. Wie sagt man so schön bei uns: „Nach dem Heger kommt ein Feger“ …


    Mir geht es wie Lumos, ich kannte den Ausspruch auch nicht - aber er trifft sehr, sehr gut, was sich wirklich sehr oft beobachten lässt.


    Ja, so lustig er sich vielleicht anhört, er hat schon einen sehr ernsten Hintergrund. Bei uns wird/wurde er hauptsächlich in Bezug auf die Großbauern benutzt, wenn der Sohn desselben das Erbe desselben, das dieser mühselig durch seine Knechte und Mägde anhäufen ließ, durchbrachte. Ich habe es noch nie in Bezug auf die Töchter der Großbauern benutzt gefunden, höchstens auf die Schwiegersöhne. Aber die Töchter konnten ja das Erbe selten durchbringen, sie wurden meistbietend verschach... - Verzeihung - möglichst gut verheiratet, um das Erbe zu vermehren.
    Aber leider lässt es sich im Großen wie im Kleinen beobachten.




    Lumos : :knuddel1



    Edit: Es braucht wohl noch etwas, bis ich mich hier wieder zurecht finde, schon das Zitieren bereitet mir noch Mühe...

  • Zitat

    Original von Lipperin
    Eigentlich schade, dass es sie nicht mehr gibt. Das würde vielleicht mancher Diskussion die Schärfe nehmen.


    Meines Wissens waren diese Masken eine Eigentümlichkeit, die es so nur auf Sansibar gab, und auch nur in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts.
    Überhaupt: dass wir Islam und tief verschleierte Frauen (Stichwort Burka) als eine Einheit wahrnehmen, ist auch wieder eine Entwicklung der Neuzeit; es gibt nicht wenige Landstriche in der arabischen Welt, in denen das noch vor hundertfünfzig Jahren unvorstellbar war; damals trugen die Frauen dort nur bunte Kopftücher.


    Zitat

    Original von Lipperin
    Danke für die Info! Mir wird jedenfalls wieder einmal auch anhand des Buches bewusst, wie wenig ich über den Islam weiß - wie er heute ist, wie er sich entwickelte.


    Ich betrachte mich da selbst immer noch als ziemlicher Laie, trotz (mittlerweile) dreier Bücher, die sich auf die eine oder andere Weise mit dem Islam beschäftigen. Ich finde es ein unglaublich spannendes Thema, gerade in der heutigen Zeit, und mir war es mit "Safranmond" und "Sansibar" ein persönliches Anliegen, ein differenzierteres Bild des Islam zu zeichnen als wir es heute zwangsläufig haben (müssen).
    Mir hat vor einigen Wochen eine Leserin geschrieben, dass sie nach diesen beiden Büchern einiges im Islam besser verstehen kann, gerade, was die muslimischen Frauen betrifft, und das hat mich sehr glücklich gemacht.
    Und trotzdem habe ich mich im nächsten Buch mit einer islamistisch-fundamentalistischen Bewegung in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts beschäftigt - gerade weil ich die Parallelen zu heute so unglaublich spannend fand.
    Es ist schon eigenartig: uns ist der Islam so fremd, obwohl es so viele Ähnlichkeiten mit dem Christentum gibt, sogar Dinge, die identisch sind. Was dabei zweifellos einen großen Unterschied macht: wie stark der Islam mit dem Alltagsleben verbunden ist, während wir doch in einer sehr säkulären Welt leben und vieles Christliche bewusst gar nicht mehr als solches wahrgenommen wird.



    Zitat

    Original von Lipperin
    Wohl wahr, wohl wahr! Und, wenns erlaubt ist, nicht nur im Islam.


    :write


  • Ich glaube, ich werde Deiner Leserin zustimmen - bereits jetzt schon. Ein spannendes Thema.
    Ich habe mal beim Landesamt für politische Bildung NRW geschaut, dort gibt es zwei Bücher über Islam, ich denke, die werde ich mir kommen lassen. Wenn es ein neues Nicole-Buch dazu gibt, möchte ich mich doch ein wenig darüber informieren.

  • Zitat

    Original von Lipperin
    Ich glaube, ich werde Deiner Leserin zustimmen - bereits jetzt schon.


    Das freut mich natürlich sehr! :-)


    Zitat

    Original von Lipperin
    Ein spannendes Thema.


    Das ist es. Spannend und schwierig, weil doch recht komplex. Und ein heikles Thema vor allem.


    Zitat

    Original von Lipperin
    Ich habe mal beim Landesamt für politische Bildung NRW geschaut, dort gibt es zwei Bücher über Islam, ich denke, die werde ich mir kommen lassen. Wenn es ein neues Nicole-Buch dazu gibt, möchte ich mich doch ein wenig darüber informieren.


    Ich hab zwar versucht, so weit wie möglich auf die Hintergründe dieses Fundamentalismus einzugehen, gerade auch hinsichtlich einiger Parallelen, die ich zu unserer Zeit sehe - aber in einem Roman kann man eben immer nur einen Ausschnitt davon zeigen.

  • Ich les jetzt nicht alles durch sonst weiss ich nicht mehr was ich schreiben soll. :grin


    Zwischenstopp genau auf Seite 100.


    Kinder finden sich an neuen Orten schnell zurecht und finden flux ein paar neue Gschpändli zum spielen. Salima scheint mir mit ihrem aufgeweckten Wesenszug und hibbeligen Art ein "Alphaweibchen" zu sein und sie hat sich schnell eingelebt und neue Freunde gefunden.


    Schön die Gegensätze auf Seite 74 Gestank und Wohlgeruch und leuchtende Schönheit und schmutzige Hässlichkeit... Man neigt ja dazu nur positive zu erwähnen aber solche Orte wie Sansibar haben eben auch die Elendsviertel und die sollen auch erwähnt werden und ein Teil der Erzählung sein.


    Seite 86/87 Die Wahrsagerin... hmmm... Bauchrednerin?


    Die pechschwarzen Flaggen läuten eine Trauerzeit ein :-(


    Der Sprachstil von Nicole passt irgendwie zum Orient und exotischen Ländern. Ich weiss ja das wir irgendwann in diesem Roman nach Deutschland übersiedeln werden und ich bin gespannt wie es sich dieser Erzählstil im "trüben und diesigen" Norddeuschland anfühlen wird.

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    Original von sapperlot
    "Alphaweibchen"


    Schöner Ausdruck, gefällt mir! :-]


    Zitat

    Original von sapperlot
    Schön die Gegensätze auf Seite 74 Gestank und Wohlgeruch und leuchtende Schönheit und schmutzige Hässlichkeit... Man neigt ja dazu nur positive zu erwähnen aber solche Orte wie Sansibar haben eben auch die Elendsviertel und die sollen auch erwähnt werden und ein Teil der Erzählung sein.


    Freut mich sehr, dass Du das so empfindest. :-)


    Zitat

    Original von sapperlot
    Seite 86/87 Die Wahrsagerin... hmmm... Bauchrednerin?


    Ja, genau.


    Zitat

    Original von sapperlot
    Der Sprachstil von Nicole passt irgendwie zum Orient und exotischen Ländern.


    Ich sag ja immer, jedes Buch hat eine eigene Stimme (obwohl ich davon überzeugt bin, man hört trotzdem auch immer meine eigene Schreib-Stimme mit raus), und gerade im Anfangsteil dieses Buches konnte ich für mich tatsächlich gefühlt so richtig aus dem Vollen schöpfen, was Farben und Üppigkeit und auch Schnörkeligkeit angeht. Auch, um ein bisschen den Sprachduktus des Arabischen im Deutschen mit abzubilden, nicht zuletzt in den Dialogen.


    Zitat

    Original von sapperlot
    Ich weiss ja das wir irgendwann in diesem Roman nach Deutschland übersiedeln werden und ich bin gespannt wie es sich dieser Erzählstil im "trüben und diesigen" Norddeuschland anfühlen wird.


    Da bin ich auch sehr gespannt, wie Du es da empfinden wirst! :wave