ZitatOriginal von Lipperin
Für mich der bisher schönste Name im Buch: Kisimbani. Er ist förmlich Musik, bringt durch seine Melodie einen gewichtigen Gegenpol zu der anderen Musik, die mich schon seitenlang, seit der Begegnung mit der Wahrsagerin, begleitet, nämlich dem Autodafé aus Verdis Don Carlos. Auf der einen Seite die düstere, fast gleichförmige Melodie der Büßer, auf der anderen die Jubelchöre der Kirchgänger angesichts des Osterfestes. Auf der einen Seite die Trauer, das zunehmend dunklere Element, auf der anderen Seite die Farben, die Gerüche, die Sensibilität und ein gut Stück auch die Naivität Salimas.
Ich hab's hier gerade im Hintergrund per youtube laufen - eine sehr interessante und sehr passende Assoziation!
ZitatOriginal von Lipperin
Dass sie sich so sicher sein konnte, nichts würde entdeckt, nur weil es auf Kisimbani war, wo sie die Wonnen der Liebe genießt
Beide müssen zweifellos um das Risiko gewußt haben, das sie eingingen. Salima war zwar immer impulsiv und generell leidenschaftlich veranlagt, aber auf eine Art auch ein Kopfmensch, und Heinrich - nach allem, was wir über ihn wissen - sehr rational und nüchtern und beileibe kein Schürzenjäger. Wenn man sich den zeitlichen Verlauf der Fakten anschaut, war es auch nicht nur eine Nacht der Schwäche und auch keine flüchtige Affaire; beide haben sich wohl sehr bewusst dafür entschieden. Die Stärke dieser Liebe, ihrer beider Mut, sie auch zu leben - das lässt mich immer ganz klein und stumm zurück.
ZitatOriginal von Lipperin
(übrigens: „die“ Szene Seite 211 finde ich überaus gelungen, zu viel Offenheit wirkt manchmal – zumindest auf mich - … ähem … überaus ernüchternd)!
Ich habe sehr lange in mich hineingehorcht, wie ich es darstellen würde; letztlich habe ich den Respekt vor Salima und Heinrich über alles andere gestellt. Mehr wollte ich nicht schildern als das, was jetzt im Buch steht, das hätte sich für mich nicht gut angefühlt. So, wie es jetzt ist, war es für mich das einzig Richtige.
ZitatOriginal von Lipperin
Salima dauert mich. Sie kann im Grunde machen, was sie will, sie steht unter verschärfter Beobachtung und alles, was sie sagt, wie sie handelt, wird von irgendjemandem als „falsch“ ausgelegt werden. Und es wird sich immer jemand finden, der ihre Handlungen, ihre Worte, ihre Gesten in seinem höchsteigenen Sinn interpretiert und seine Wege finden wird, sie zu maßregeln, schon allein weil das eigene Denken ja als das einzig richtige empfunden wird und sich gefälligst alle danach zu richten haben. Manchmal frage ich mich, ob das wohl seit Anbeginn der Menschheit so ist. Bis zu ihrem Ende wird es jedenfalls so weitergehen.
Das hat Salima auch sehr gegen die sansibarische Gesellschaft eingenommen, sie äußert sich später sehr kritisch, gar bitter darüber.
ZitatOriginal von Lipperin
Khaduj (wie, bitte, spricht man den Namen aus?) hat mich überrascht. Und anscheinend Salima auch, denn obwohl sie sie länger kennt (als ich), weiß sie zu wenig von ihr, um diese Reaktion auch nur zu vermuten (Seite 227).
In etwa wie Chá-duusch - wobei das "Ch" ein scharfes, kehliges ist, ein bisschen dunkler als in "Elch". Oder ein "ch" wie im allso beliebten Wort unserer Schweizer Nachbarn "Chuchechäschtli". Der "sch"-Laut am Schluß ist weich, wie im französischen Namen "Jacques".
Salima selbst hat den Namen ihrer Fluchthelferin im Haus nicht erwähnt, es auch so formuliert, dass keine weiteren Rückschlüsse auf ihre Person möglich waren, um sie zu schützen; aus einer anderen Quelle habe ich entnommen, dass es eine Halbschwester war und deren dort aufgeführter Name war einer, der sonst nie auftauchte, der aber Ähnlichkeit mit "Khaduj" aufwies. Aufgrund aller Fakten blieb für mich als Schlussfolgerung nur übrig, dass es sich um Khaduj gehandelt haben muss.
ZitatOriginal von Lipperin
Emily Seward – bei ihr habe ich immer eine der wunderschönen und als so kapriziös dargestellten Frauen von Francois Boucher vor Augen. Ein Schalk in Frauenröcken, der aber höchst wirksam tätig werden kann – eben weil sie auch weiß, wie sie am besten ans Ziel kommt. Ihre Träume hat sie nicht verloren, sonst würde sie nicht mehr an „glückliche Enden“ glauben können (Seite 240).
Eine schöne Vorstellung - gefällt mir gut für Emily Seward!
Auch über sie wissen wir sehr wenig, aber ich hatte für mich das Gefühl, ihr Handeln verrät sehr viel über sie als Person.
ZitatOriginal von Lipperin
Die unterschiedlichen mehr oder weniger kleinen Szenen haben mich die ganze Situation jedenfalls erheblich besser nachvollziehen lassen als eine bloße (zeitlich lineare) Beschreibung es jemals gekonnt hätte. Manche Seiten habe ich fast mit angehaltenem Atem gelesen, so sehr habe ich mitgefiebert, ob auch alles gelingen würde, beispielsweise bei der Flucht ab Seite 241.
Die Flucht (und auch der gescheiterte erste Versuch) hat sich genau so zugetragen. Gerade weil ich das schon bei der Recherche so spannend fand, wollte ich das auch unbedingt genauso erzählen.
ZitatOriginal von Lipperin
Seite 255, die Bermerkung von Dr. Seward, dass Majid wohl gar nichts unternehmen würde, fand ich sehr interessant; mir kam im Laufe ein nämlicher Gedanke. Aber mit Sicherheit hätten sich Willige finden lassen, die auf ihre Weise das von ihnen erkannte „Problem“ gelöst hätten. Der Sultan wäre untröstlich gewesen, könnte aber sämtliche Hände in Unschuld waschen, wobei ich für ihn hoffe, er wüsste wirklich nichts. Und die „Problemlöser“ kämen sich wer weiß wie grandios vor, weil sie die „Schande“ beseitigt hätten.
Wie Majid wirklich dazu stand, wird sich wohl nie wirklich klären lassen. Salima hat zeit ihres Lebens darauf beharrt, dass ihr Leben niemals in Gefahr gewesen war, ihr von Majid keine Gefahr drohte - während alle anderen Quellen genau das Gegenteil berichten. Diesen Widerspruch in der Quellenlage wollte ich genau so im Roman wiedergeben.
Ich gebe aber auch zu, dass mir die Vorstellung gefällt, Majid habe nach außen hin so gehandelt, wie es jeder auf der Insel von ihm als Sultan erwartete und seiner Lieblingsschwester trotz allem eine Hintertür offen gehalten ...
ZitatOriginal von Lipperin
Die Beschreibungen beispielsweise Seite 265 über Salima Gedanken gefallen mir außerordentlich. Welch ein Schock muss das für sie gewesen sein, einen scheinbar so schwachen Gott kennenzulernen. Man kann nur hoffen, dass ihr der Einstieg in den christlichen Glauben leichter gefallen ist, als sie vertraute Personen (wie Maria und Jesus) wieder entdecken durfte. Weiß man eigentlich etwas darüber, wie sich ihr Glaubensleben bis ins späte Alter gestaltete?
Leider nicht - wie man vieles über ihre Gedanken- und Gefühlswelt in ihren letzten Lebensjahren nicht weiß, da sind wir auf Vermutungen angewiesen.
Im weiteren Verlauf des Buches jedoch ist das Thema Glauben noch einige Male thematisiert.
ZitatOriginal von Lipperin
Ihr „Altersbild“ auf Nicoles HP hat es mir angetan, ich persönlich finde es ihr schönstes Portrait. Es zeigt eine Frau, die Schmerz und Leid kennengelernt hat und die doch wohl ihren Frieden in irgendeiner Weise gefunden hat.
Ach, schön, dass Du es genauso empfindest!
Ich bin bei der Wahrnehmung solcher Abbildungen immer etwas unsicher, inwieweit das durch das gefiltert bzw. verzerrt ist, was ich mir zu sehen wünsche.
ZitatOriginal von Lipperin
Die kleinen (Familien-)Szenen Seite 276/277, 283: Wunderschön, so genau beobachtet und so wunderbar in Worte gesetzt. Mein großes Kompliment!
Dankeschön!