'Sterne über Sansibar' - Seiten 415 - 498

  • @ Mulle


    Zitat

    Original von Mulle
    Das gibt ihr eine sehr realistische zweite Seite: Ihre Erlebnisse haben sie verbittert, sie steigert sich da mMn enorm in etwas rein.
    Das wiederum finde ich klasse dargestellt, denn obwohl das so ein bisschen durchschimmert, denke ich als Leser dabei nie schlecht über Emily.


    Ich bin sehr, sehr froh, dass das bei Dir so ankommt - darauf habe ich beim Schreiben nämlich gehofft.


    @ Lucy1987


    Zitat

    Original von Lucy1987
    Wenn ich da an meine Oma denke, die ja nun um einige Jahre später lebt als Emily und völlig unselbstständig in ihrem Verhalten ist im Vergleich zu einer Person, die viele Jahre eher lebte. Noch dazu in einem Glauben großgewachsen ist, in dem es garnicht gängig ist, dass Frauen ihr Leben in die Hand nehmen. Meine Oma hingegen, christlich in Deutschland und im Krieg aufgewachsen, würde niemals solche Dinge selbst in die Hand nehmen.


    Das finde ich jetzt spannend - denn ich habe bei diesen Kapiteln oft auch an meine Oma gedacht, die Emily in dieser Hinsicht recht ähnlich war.
    Und für das nächste Buch habe ich über Frauen recherchiert, die im 19. Jahrhundert aufgebrochen sind, um unter abenteuerlichen Umständen ferne Länder zu bereisen, aus Neugierde und Wissensdurst und Abenteuerlust, und einige davon taten dies, ohne dass sie zuvor durch besonderen Freiheitsdrang oder Unkonventionalität aufgefallen wären.


    Ich glaube, daran läßt sich sehr gut ablesen, dass es weniger Glaube, Kultur und Epoche sind, die eine solche Persönlichkeitsentwicklung ausmachen, sondern vielmehr die Mischung aus individuellen Anlagen und Erfahrungen. (Wobei sich mir dann wieder die Frage stellt - was ist tatsächlich angeboren und was bestimmt, wie wir mit unseren Erfahrungen umgehen, was wir daraus machen... :gruebel )

  • Ich kann auch noch eine unkonventionelle Oma beisteuern :grin


    Naja, zumindest halb unkonventionell. Mein Oma ist mit Kind und Kegel in ihrem Leben mehr als 30 mal umgezogen. Angefangen hat das wohl nach dem Krieg, nach der Vertreibung aus Stettin. Ich glaube, in Köln hat sie am längsten gelebt. Für meine Mutter war das weniger schön. Sie meint, sie hätte eigentlich nie richtige Freunde gehabt, weil sie nirgendwo lange gelebt haben. Bisschen was von ihrer Nomadenseele haben wir geerbt. Von uns vier Enkelkindern hängt keiner mit Leib und Seele an seiner Wohnstätte. Wir haben alle schon einige Umzüge hinter uns. Meine Geschwister haben zwar Wohneigentum, sagen aber einhellig, dass sie darin nicht alt werden wollen.

  • @ Bouquineur


    Mehr als 30mal ist heftig :wow
    Aber ich glaube, gerade bei denjenigen, die aus ihrer alten Heimat vertrieben wurden, ist das gar nicht so selten.


    Ich finde übrigens solche Entwicklungsmuster oder -linien innerhalb von Familien total spannend. :anbet

  • eine unkoventionelle Oma kan ich auch beisteuern, allerdings ist meine nicht dauernd umgezogen. Allerdings hatte sie zwei Kinder von 2 unterschiedlichen Männern, mein Großvater war 10 Jahre jünger als sie und angeblich noch unberührt :-)
    Geheiratet hat sie keine der Männer, der eine war bereits verheiratet, mein Großvater hat mit seiner Reaktion auf die Schwangerschaft (da müssen wir jetzt wohl heiraten) die Trennung ausgelöst.
    So satnd sie kurz nach Kriegsende ohne Mann dafür mit zwei Kindern da. Und als Schauspielerin am Theate gab es damals bestimmt nicht so viele Verdienstmöglichkeiten.
    Ein Querkopf war sie ein Leben lang, wenn auch gegen Ende sehr anstrengend. Aber ihr unkonventionelles Denken fand ich immer toll. Auch daßsie immer ihre Meinung gesagt hat, auch wenn es unbequem war.


    Aber zurück zum Buch:
    Salimas beharren auf ihr Erbe ist wirklich bewundernswert, wohl auchihr einziges Ziel im Leben. Was wohl passiert wäre, wenn sie dieses Ziel erreicht hätte?


    Daß sie ein Spielball der Politik wird war abzusehen, nachdem sie sich ja an alle einflußreichen Leute gewendet hat. Ich denke Bismarck kam ihre Geschichte gelegen um seine Ziele durchzusetzen, den Menschen hat er dahinter sicher nicht gesehen, er hat sie ja wohl nicht kennengelernt.
    Von daher kann ich ihm nicht wirklich böse sein, er war halt ein Politiker seiner Zeit. Damals waren Frauen ja eher Schachfiguren, die man dahin geschoben hat, wo sie nützlich waren und die Erziehung war ja auch so, daß sie sich darin fügen sollten. Ich denke viele Frauen haben damals einiges einfach hingenommen, wil es halt so war.


    Salimas Kinder wirken auf mich sehr selbstständig und erwachsen, vermutlich durch die häufigen Ortswechsel und bestimmt auch durch die Vorurteile, die ihnen bestimmt immer wieder entgegenschlugen.

  • @ streifi


    Allerdings - sehr unkonventionell, Deine Oma! Und mutig, alle Achtung...


    Mir fällt in diesem Zusammenhang etwas ein, womit ich mich in letzter Zeit ein bisschen beschäftigt habe. Nämlich die Frage, wie oft früher unkonventionell gelebt wurde. Sicher war früher das Leben geordneter als heute - aber ich bin zu der Überzeugung gelangt, dass es die Unkonventionellen häufiger gab als man intuitiv erstmal meint.


    Zitat

    Original von streifi
    wohl auchihr einziges Ziel im Leben. Was wohl passiert wäre, wenn sie dieses Ziel erreicht hätte?


    Sehr gute Frage.
    Wäre sie zufrieden gewesen? Oder wäre es bereits zu spät gewesen und sie hätte sich ein anderes Ziel gesucht, das sie ähnlich hartnäckig verfolgt hätte?
    Keine Ahnung. Ich find's aber spannend, den Gedanken weiterzuverfolgen. :-)

  • Emily scheint sich in Dresden sehr wohlgefühlt zu haben (und auch die Vormundschaft wurde beendet, da war sie sicher sehr erleichtert, nicht mehr von dem Schwiegervater abhängig zu sein). Wegen der Kinder geht es weiter nach Rudolstadt (in der sie von den Kindern gefragt wird, ob sie eine Prinzessin sei :rofl- herrlich!) und weiter nach Berlin. In all den Jahren versucht sie weiterhin zu ihrem Recht zu kommen! Wirklich beeindruckend!!! Und mit Bismarcks Hilfe geht es nach Sansibar...
    Aber leider ist die Insel nicht mehr so, wie früher. Es gab einschneidende Veränderungen - auch wenn die Bewohner ihr weiterhin zugetan sind. Was man allerdings von ihrem Bruder dem Sultan nicht behaupten kann. Der will sie gar nicht erst sehen...


    Für Salmé war die Rückkehr sicher bittersüß - schön, vertrautes wiederzusehen, aber auch traurig... da sich sehr viel verändert hatte und es auch traurige Nachrichten gab! Jetzt muß sie sich damit abfinden auf Sansibar nicht mehr beheimatet zu sein...

  • Ich bin schon fertig mit dem Buch, aber ich versuche mal, hier die letzten beiden Abschnitte zu trennen.
    Mir kam es auch so vor, als ob Salima/Emily (irgendwie ist hier schon nichts mehr von Salima übrig...) verbittert war und vielleicht auch ungerecht gegenüber einigen Leuten. Das macht sie aber deswegen nicht gleich unsympathisch, diese Gradwanderung ist dir gut gelungen, Nicole! Sie war vermutlich ein im Umgang schwieriger Mensch, aber sie hatte auch ein schwieriges Leben.
    Was mich wundert ist, dass sie tatsächlich glaubt, dass sie sich mit ihrem Bruder aussöhnen kann, das halte ich doch für sehr unwahrscheinlich angesichts ihres "Vergehens", aber von außen betrachtet erscheint einem vieles klarer...

  • @ bibliocat


    Zitat

    Original von bibliocat
    Für Salmé war die Rückkehr sicher bittersüß - schön, vertrautes wiederzusehen, aber auch traurig...


    Definitiv. Ich stelle mir einen solchen Besuch sehr aufwühlend vor.


    @ Juliette


    Zitat

    Original von Juliette
    Mir kam es auch so vor, als ob Salima/Emily (irgendwie ist hier schon nichts mehr von Salima übrig...) verbittert war und vielleicht auch ungerecht gegenüber einigen Leuten. Das macht sie aber deswegen nicht gleich unsympathisch, diese Gradwanderung ist dir gut gelungen, Nicole!


    Danke! Ich bin sehr froh, dass das so rüberkommt. :-)

  • Salima könnte man schon fast naiv oder stur nennen. Alles deutet darauf hin das Barghash nichts mehr mit ihr zu tun haben möchte. Aber sie will es einfach nicht einsehen.


    Die Rückkehr nach Sansibar war wohl ein Schock für Salima und die Kinder. Denke für die Kinder war der Kultur unterschied schwierig und dann auch noch die Mutter so traurig und verstört zu sehen.


    Ich wünsche Salima das sie ihren Frieden findet und ein stückchen Heimat.


    Auf zum SChluss :lesend

  • Sansibar ist komplett anders, als Salmé es in Erinnerung hatte. Aber ich glaube, dass diese Erfahrung ihr hilft, loszulassen.
    Schön war es zu merken, dass sich doch aucht recht viele Leute gefreut haben, sie zu sehen. Wahrscheinlich haben wirklich einige gehofft, Said könnte Bargash ablösen. Dass offene Freundschaftsbekundungen ihr gegenüber bestraft wurden, ist echt hart.
    Erschreckend fand ich auch, wie Bargash mit allen Mitteln versucht, seine Macht (die er sich einst auch durch einen Putsch ergattern wollte) zu stützen und zu demonstrieren --> Militärparaden und indische Spitzel... So willkürliche Bestrafungen...


    Ihre Kinder sind alle drei echt toll, wie sie ihre Mutter unterstützen und füreinander da sind!


    Der nächste Abschnitt ist ja recht kurz, den schaff ich heut sicher auch noch :D

    "Leben, lesen - lesen, leben - was ist der Unterschied? (...) Eigentlich doch nur ein kleiner Buchstabe, oder?"


    Walter Moers - Die Stadt der träumenden Bücher

  • @ kissy


    Zitat

    Original von kissy
    Erschreckend fand ich auch, wie Bargash mit allen Mitteln versucht, seine Macht (die er sich einst auch durch einen Putsch ergattern wollte) zu stützen und zu demonstrieren --> Militärparaden und indische Spitzel... So willkürliche Bestrafungen...


    Ja, er gebärdet sich da richtiggehend wie ein Diktator.
    Mich hat erstaunt, dass seine Willkürherrschaft durch zeitgenössische Quellen gut belegt ist, und trotzdem wird er im Rückblick ganz anders bewertet. Heute wird Barghash als "guter" Sultan betrachtet, der viel für die Entwicklung der Insel getan und den Sklavenhandel endgültig beendet hat. Was faktisch nicht einmal falsch ist - aber es gab eben auch diese erschreckend hässliche Seite seiner Regierungszeit.

  • Wie kann Salima bzw. Emily nur glauben, dass der Sultan sie doch noch wieder "in die Familie aufnimmt" und ihr wohlgesonnen ist??? Sie ist wirklich stur und erst auf Sansibar selbst nimmt sie endlich zur Kenntnis, dass sie nicht mit einem Verzeihen rechnen kann.
    Die Kinder find ich toll - wie sie ihre traurige Mutter unterstützen und trösten, das fand ich wirklich eindrucksvoll.


    Mal sehen, wie das alles endet... :lesend

  • Ehrlich gesagt, hatte ich nicht mehrdamit gerechnet das Salima noch mal Sansibar sieht. Leider wird sie dabei zum Spielball der Politik und merkt es erst einmal nicht und ihr Bruder will sie immer noch nicht sehen. Das alles musste ein großer Schock für sie gewesen sein.

  • Ich muss ehrlich sagen, dass ich mit diesem Teil so meine Probleme hatte. Irgendwie komm ich nicht umhin zu denken, wozu das alles noch. Nach Heinrichs wirkt die Geschichte irgendwie "zu Ende erzählt". Der Rest ist so ein Nachbeben, bei dem ich mir nicht sicher bin, was es sollte. Also im Buch jetzt.


    Gut, Salima/Emily ist endlich auf Sansibar, aber so richtig nachvollziehen, konnte ich diese ganze Angelegenheit von Beginn an nicht. Fast hatte es so etwas "langatmiges", auch wenn das wieder nicht passt, denn ich bleibe dabei, es liest sich sehr gut. Nur, wie gesagt, mir erschloss sich das jetzt nicht unbedingt...


    Zumal sich das schon Seiten vorwärts abzeichnete, dass die ganze Aktion nach hinten losgeht. Sicher, man kann Emily da beneiden um ihren Mut, aber es dürfte doch klar gewesen sein, dass man sich nicht von einer Frau Ruete da reinreden lässt. Ich weiß nicht, irgendwie wurde ich mit diesem Teil nicht warm bzw. konnte Emily einfach nicht verstehen.

  • @ Anica


    Ich kann durchaus verstehen, dass es Dir mit diesem Teil so ging. :wave


    Mit Heinrichs Tod gibt es tatsächlich einen Bruch - nicht nur im Buch, sondern auch in Emilys Leben. Da fehlt unvermittelt etwas sehr Großes, Farbiges, Lebendiges - und dieses Fehlen wollte ich auch vermitteln. Genauso aber, dass zwar die Liebesgeschichte auf eine Art vorbei ist - aber nicht Emilys Leben. Mir war es wichtig, auch diese Jahre danach zu erzählen, so wie ich sie bei den Recherchen empfunden habe: weniger bunt, nüchterner, und eben auch angefüllt mit Emilys Verbissenheit. Nach Heinrichs Tod einen Schnitt zu machen und gleich zum Ende des Buches überzublenden, wäre für mich persönlich beim Schreiben eine sehr unbefriedigende Lösung gewesen.


    Dass für Dich dieser Teil beim Lesen im Vergleich zu den vorangegangenen abfällt und Du mit Emily nicht warm wurdest, kann ich daher durchaus nachvollziehen. :-)

  • Danke für die Erklärung, Nicole. :knuddel1 Und ich muss auch sagen, dass ist dir beim Schreiben gelungen, diesen "Bruch" darzustellen. Ich weiß auch, das es schwierig ist, evt. auch mit meinen Erwartungen, aber nach Heinrichs Tod das Ende zu setzen, hätte ich auch nicht gut gefunden. Da fehlen ja praktisch 40 Jahre oder so. Schon ein gewisser Konflikt hier, verstehe ich durchaus.

  • Irgendwie hatte ich das Gefühl, daß Emily nicht so richtig begriffen hat, daß ihr Titel in Europa nichts wert war.
    Einerseits, weil ihre Familie sie verstossen hatte und andereseits, weil der europäische Adel ja wohl schon der Meinung war, etwas besseres zu sein als das sansibarische Herrscherhaus. Im Zweifelsfall waren das doch nur Wilde, die an den falschen Gott geglaubt hat. Aber nützlich waren sie, um selber mit ihnen Geld zu verdienen und den politischen Einfluß auszuweiten.


    Und genau so hat man Emily ja auch behandelt, eine Schachfigur, die man fallen liess, als sie nicht mehr nützlich war.

  • @ Anica


    Zitat

    Original von Anica
    Ich weiß auch, das es schwierig ist, evt. auch mit meinen Erwartungen, aber nach Heinrichs Tod das Ende zu setzen, hätte ich auch nicht gut gefunden. Da fehlen ja praktisch 40 Jahre oder so. Schon ein gewisser Konflikt hier, verstehe ich durchaus.


    Ich hab das irgendwo hier in der Leserunde schon mal geschrieben: es gibt immer wesentlich mehr als eine Möglichkeit, eine Geschichte zu erzählen; eigentlich stehen im Schreibprozess dauernd kleinere oder größere Entscheidungen an, es so oder so (oder doch ganz anders) zu machen (und sei es "nur" die Entscheidung, sich als Autor dem Fluss der Geschichte anzuvertrauen). Letztlich entscheide ich mich immer für das, was mir als das Beste erscheint, bei dem ich für mich das Gefühl habe "SO, genau SO" - und weiß aber auch, dass das nicht zwingend der Leser genauso empfindet.


    Ich kann das daher gut verstehen, wenn es betreffs einer Stelle heißt: mhhh, ne, das gefällt mir nun gar nicht, wie die Nicole sich da entschieden hat, da hätt' mir irgendwas anderes besser gefallen. :-)
    (Das geht mir als Leserin oftmals ja auch so! :zwinker )



    @ streifi


    Zitat

    Original von streifi
    Irgendwie hatte ich das Gefühl, daß Emily nicht so richtig begriffen hat, daß ihr Titel in Europa nichts wert war.


    Ich glaube, das ist auch schwer zu begreifen - vor allem, weil die Wertschätzung ihrer Herkunft einem solchen Wandel unterworfen war. Am Zoll in Marseille (S. 304) wirkt er ja noch als Zauberwort, in Hamburg ist sie eine Sensation - und nach Heinrichs Tod ist plötzlich nichts mehr davon übrig. Und danach ist es auch ein Auf und Ab - mal ist sie deshalb deswegen interessant, mal nicht. Und ich bin davon überzeugt, dass man sich an solche Dinge aus der Vergangenheit, an die Herkunft, umso mehr klammert, wenn man so viel verloren hat wie sie.


    Zitat

    Original von streifi
    Einerseits, weil ihre Familie sie verstossen hatte und andereseits, weil der europäische Adel ja wohl schon der Meinung war, etwas besseres zu sein als das sansibarische Herrscherhaus. Im Zweifelsfall waren das doch nur Wilde, die an den falschen Gott geglaubt hat.


    Es ist ebenso eindrücklich wie erschreckend, wie sich sowohl die europäische Einstellung gegenüber Emily und ihrer Geschichte einerseits und zum Herrscherhaus andererseits immer wieder verändert hat. Da war einerseits der orientalische Zauber, der im 19. Jahrhundert absolut "in" war; andererseits waren die Verhältnisse auf Sansibar für europäische Begriffe doch wohl zu fremdartig und ungeachtet dessen, dass die Sultane von Sansibar durchaus vermögend waren, im Vergleich zum europäischen Adel in mancher Hinsicht ärmlich. Einmal kam man Emily voller Mitgefühl entgegen, dann meinte man, sie sei doch selbst schuld an ihrer Lage.


    Das war über viele Jahre hinweg ein gehöriges Wechselbad - an dem Emily gewiss auch mitbeteiligt war, nicht zuletzt mit ihrem Eigensinn. Aber wie wir ja auch schon in der Leserunde festgestellt haben: hinterher ist man immer klüger...


    Zitat

    Original von streifi
    Aber nützlich waren sie, um selber mit ihnen Geld zu verdienen und den politischen Einfluß auszuweiten.


    Das trifft auf jeden Fall zu - und je nachdem, wie sich voraussichtlich besser das angestrebte Ziel erreichen ließe, wurden sie entweder hofiert oder unter Druck gesetzt.


    Zitat

    Original von streifi
    Und genau so hat man Emily ja auch behandelt, eine Schachfigur, die man fallen liess, als sie nicht mehr nützlich war.


    :write

  • Zitat

    Original von Mulle


    Übrigens fand ich, dass Emily sich in diesem Teil noch mal von einer anderen Seite zeigt, die zuvor schon immer mal ein wenig durchblitzte. Egal was sie durchgemacht hat - irgendwo ist sie noch die Prinzessin, die erwartet, dass man ihre Wünsche erfüllt. Sehr hartnäckig besteht sie darauf, dass man ihr in politischen Kreisen hilft, obwohl ihre Situation nicht deren Verschulden ist, sondern Konsequenz ihres eigenen Verhaltens (natürlich konnte keiner damit rechnen, dass Heinrich so früh sterben würde). Teilweise verhält sie sich arg ... trotzig, so z.B. als sie darauf besteht, die Kinder mitzunehmen, an land zu gehen, ihren Bruder - mit Kindern - zu besuchen. Mutig einerseits. Aber andererseits auch ziemlich leichtsinnig.
    Ich habe auch ein wenig das Gefühl, dass Emily über Leichen gehen würde, um sich durchzusetzen.
    Das gibt ihr eine sehr realistische zweite Seite: Ihre Erlebnisse haben sie verbittert, sie steigert sich da mMn enorm in etwas rein.
    Das wiederum finde ich klasse dargestellt, denn obwohl das so ein bisschen durchschimmert, denke ich als Leser dabei nie schlecht über Emily.
    Sie hat vermutlich viel getan, indem sie gezeigt hat, wie viel Mut und Stärke sie beim Kampf um ihre Rechte an den Tag legt - aber dafür auch viele Risiken auf sich genommen, nicht nur für sich selbst, sondern vor allem für ihre Kinder und die wohlwollenden Menschen um sie herum.


    Das trifft es gut. Mir war Emily hier schon etwas unsympathisch. Klar, sie wurde zum politischen Spielball, auf der anderen Seite hat sie ja genauso versucht, Menschen für ihre Zwecke zu benutzen. Bargash schreibt sie, dass die Engländer ihn nur ausnützen wollen und tritt dabei sehr "sansibarisch" auf, den Engländern schreibt sie ebenfalls und tritt dabei sehr europäisch auf... Ich fand es fast schmerzhaft, zu erleben, wie sehr Emily sich in dieses Ziel verbissen hat. Auch als eine ihrer Töchter zu ihr sagen will: Aber du hast doch uns! Trotzdem ist sie auf ihre Art einfach eine starke Persönlichkeit :-)


    Interessant fand ich, wie irritiert die Kinder auf Sansibar reagieren, was ich gut nachvollziehen kann. Trotzdem hab ich das Gefühl, dass Emily noch nicht realisiert hat, dass das "echte" Sansibar nicht das Sansiber in ihren Träumen ist.

  • @ Königstochter


    Zitat

    Original von Königstochter
    Mir war Emily hier schon etwas unsympathisch.


    Das kann ich gut verstehen - sie macht es da einem auch nicht gerade leicht.


    Zitat

    Original von Königstochter
    Ich fand es fast schmerzhaft, zu erleben, wie sehr Emily sich in dieses Ziel verbissen hat. Auch als eine ihrer Töchter zu ihr sagen will: Aber du hast doch uns!


    Schön, dass das für Dich so spürbar wurde. :schuechtern