'Die Bibel - Das Lukasevangelium' - Kapitel 01-03

  • Ich lese gerade aus dem Text der Gute Nachricht Bibel und zwar in der "Begegnung - Das neue Testament für Menschen, die Gott suchen und das Leben verstehen wollen2.


    Hier geht es folgendermassen los:


    Schon viele haben versucht, die Ereignisse zusammenhängend darzustellen, die Gott unter uns geschehen liess und mit denen er seine Zusagen eingelöst hat. Diese Ereignisse sind uns überliefert in den Berichten der Augenzeugen, die von Anfang an alles miterlebt hatten und die den Auftrag erhielten, die Botschaft Gottes weiterzugeben.....


    Da fiel mir gerade ein, wie ihr diesen Text wohl lest....ist es der Text, der eben so gut in diese Adventszeit passt...den man halt so traditionell mal liest und dann wieder weglegt...eigentlich so ein ganz nettes Märchen.


    Oder lest ihr ihn, wie ein Geschichtsbuch? Also Geschichtsbuch im Sinne von historisch?


    Oder ist das alles mehr so ein nettes Märchen, das irgendwie in die schöne Kinderzeit zurückführt? Mit all den netten Erzählungen?


    Lukas schreibt ein paar Zeilen weiter: " Du sollst dadurch die Zuverlässigkeit der Lehre erkennen, in der du unterwiesen wurdest"


    Ich lese diesen Text schon als Tatsachenbericht.


    Liebe Grüsse und eine schöne Adventszeit


    Nanny

  • Zitat

    Original von Nanny
    Lukas schreibt ein paar Zeilen weiter: " Du sollst dadurch die Zuverlässigkeit der Lehre erkennen, in der du unterwiesen wurdest"


    Ich lese diesen Text schon als Tatsachenbericht.


    Ich hab' die Ausgabe "Hoffnung für alle" und da ist es so formuliert:
    "Du wirst merken, das alles, was man Dich gelehrt hat, richtig und wahr ist."


    Was mich interessieren würde: Zacharias gehörte laut Bibeltext zur Dienstgruppe Abija und war, als ihm der Engel erschien, ja auch gerade zum Tempeldienst eingeteilt. Wie wurde das organisiert? Musste der Tempeldienst in Schichten erledigt werden oder war das eine so weit gefasste Aufgabe, daß man soviele Männer dafür benötigte, daß man die in Dienstgruppen einteilen musste? Vielleicht weiß ja jemand mehr dazu?


    Später wird geschildert, daß Elisabeth regelrecht erleichtert ist in ihrem hohen Alter noch schwanger zu sein... "Nun kann mich niemand mehr verachten, weil ich keine Kinder habe." War zu dieser Zeit Kinderlosigkeit gesellschaftlich verpönt?


    Es ist auch an einigen Stellen vom Heiligen Geist die Rede. Ich muß gestehen, daß ich mit diesem Begriff (immer noch) so meine Definitionsprobleme habe. Wie geht's da Euch?


    Gruss,


    Doc

  • Bei den Ankündigungen der beiden Geburten hat mich etwas stutzig gemacht, was mir vorher noch nie aufgefallen ist:


    Zacharias erhält die Nachricht, dass seine Frau schwanger werden wird. Er kann sich das nicht so recht vorstellen, seine Frau und er sind doch beide alt. Daraufhin verliert er vorläufig seine Sprechfähigkeit, was ja absolut schlimm ist. Er wollte zwar ein Zeichen haben, aber weniger drastisch wäre es sicher auch gegangen.


    Später erhält Maria ebenfalls die Nachricht, dass sie ein Kind zur Welt bringen wird. Auch sie kann nicht nachvollziehen, wie denn das funktionieren soll, zweifelt also ebenso wie Zacharias. Ihr passiert jedoch nicht das Geringste.


    Wird da nicht ein und derselbe Sachverhalt mit zweierlei Maß gemessen und unterschiedlich reagiert? Einen Autor, den man fragen kann, gibt es zwar jetzt nicht, aber vielleicht findet jemand von euch eine Erklärung, warum das bedingungslose Annehmen der Ankündigung in einem Fall relevant sein soll und im anderen nicht ganz so schlimm gesehen wird.


    Gruß


    Hundefreund

  • Zitat

    Original von Nanny


    Hm....ich kann dazu nur sagen, was mir spontan durch den Kopf geht: Er wollte ein Zeichen ( bei mir heisst es, er fragt: Woran soll ich erkennen....
    wenn wir von Gott ein Zeichen fordern, sollten wir dann nicht ihm überlassen wie dieses Zeichen aussehen würde? Ich denke, wenn Gott dieses Zeichen an Zacharias gegeben hat, dann deshalb, weil es genau das war, dass Zacharias gebraucht hat, damit er das ja eigentliche unfassbare ( ein Kind im nicht mehr gebärfähigen Alter ) doch als Gnade oder Wunder - wie auch immer - anzunehmen.


    Da fällt mir jetzt ein, dass es vor ein paar Jahren, als ich mit einem meiner Chöre im Gottesdienst gesungen habe, dazu eine Predigt gab. Wenn ich es richtig in Erinnerung habe, sollte Zacharias durch seine Sprachlosigkeit die Möglichkeit erhalten, besser in sich hineinzuhören und eher aufzunehmen anstatt selber drauflos zu reden. Irgendwas in der Richtung war es. Brutal finde ich es trotzdem...


    Zitat

    Original von Nanny


    Streng genommen zweifelt sie nicht wie Zacharias. Zacharias zweifelt und fragt, wie oder woran er erkennen soll. Maria sagt, sie gehört dem Herrn und steht ihm ganz zur Verfügung und es soll an ihr geschehen, was der Engel ihr gesagt hat.


    In meiner Ausgabe sagt sie das erst im zweiten Schritt. Zunächst fragt sie, wie das denn gehen soll, wenn sie noch nie mit einem Mann zusammen war. Das drückt für mich Zweifel aus, wenn es nicht etwa so gemeint ist: "Ich glaube dir schon, nur würde mich interessieren, was dann eigentlich genau mit mir passiert." Denn offfensichtlich hat sie ja zunächst Angst beim Erscheinen des Engels, wenn sie erschrickt.


    Gruß


    Hundefreund

  • Maria wurde aber nun mal auserkoren Gottes Sohn auf die Welt zu bringen. Da kann ER dann schon mal mit zweierlei Maß messen, wie ich finde. Außerdem wäre die Zeit, die Maria während ihrer Schwangerschaft mit Elisabeth verbringt ja ziemlich langweilig für die beiden Frauen geworden, wenn sie nicht miteinander reden hätten können.


    Vielleicht hatte selbst Gott Bedenken einer Frau das Reden zu untersagen. ;-)


    Gruss,


    Doc

  • Zitat

    Original von geli73
    Meins ist die Bibel in heutigem Deutsch.


    Gleich zu Anfang wird ein verehrter Theophilus angesprochen, wer ist das?



    Sowohl das Lukasevangelium als auch die Apostelgeschichte sind an Theophilus adressiert. Er ist ein sonst unbekannter - aber offenbar doch hochstehender Mann. Darüber hinaus ist das Lukasevangelium auch an die Heidenchristen allgemein gerichtet. Lukas bemüht sich, dem Leser jüdische Bräuche zu erklären, ersetzt auch manchmal hebräische Namen durch griechische


    ( Das steht in den Erläuterungen der Thompson Studienbibel)


    @ Hundefreund


    Also ich persönlich finde jetzt die zeitbegrenzte Sprachlosigkeit nicht soooo sehr brutal..Da fallen mir schon einige wesentlich brutalere Dinge in der Bibel ein. Vor allem ja, da die Sprachlosigkeit einen Mann traf :grin - irgendwie scheint ja in dem ein oder anderen Mann dieses Zeichen bis heute nachzuwirken :lache

  • Zitat

    Original von Nanny
    Lukas bemüht sich, dem Leser jüdische Bräuche zu erklären, ersetzt auch manchmal hebräische Namen durch griechische


    Nach meinem Wissensstand sind allerdings alle Evangelien nicht von den Namensgebern selbst verfasst, sondern erst sehr viel später (teilweise bis zu 300 Jahre) aus ihren mündlich weitergegebenen Berichten entstanden bzw. von anderen Verfassern zusammengetragen und aufgeschrieben worden.


    Gruss,


    Doc

  • Die Evangelien wurden so gegen 80 n. Chr geschrieben. Um 200 wurden die NT- den AT- Schriften gleichgestellt.


    Als Verfasser gilt schon ein Lukas, irgendwo habe ich gelesen, er sei Arzt gewesen.
    Lukas, von dem auch die Apostelgeschichte stammt, verstand sein Werk als historischen Bericht, und viele Angaben stimmen auch mit anderen Quellen überein.


    Gruss,


    Lemon

  • Zitat

    Lukas schreibt ein paar Zeilen weiter: " Du sollst dadurch die Zuverlässigkeit der Lehre erkennen, in der du unterwiesen wurdest"


    Zitat

    Ich hab' die Ausgabe "Hoffnung für alle" und da ist es so formuliert:
    "Du wirst merken, das alles, was man Dich gelehrt hat, richtig und wahr ist."


    *Aus reiner Neugier nachgeschlagen hab*


    Bei Dr. Hermann Menge (1926) heisst's


    "Damit du dich von dem sicheren Grund der Lehren, in denen du unterwiesen worden bist, überzeugen kannst."


    Und bei Luther (Ausgabe von 1922)


    "Auf dass du gewissen Grund erfahrest der Lehre, in welcher du unterrichtest bist."


    lg Iris


  • Ach ja....da kommt man zu verschiedenen Antworten, je nachdem welche Quellen man zu Rate zieht....


    Ich habe zum Beispiel neulich gehört, dass es gar nicht sicher ist, ob Lukas dieses Evangelium geschrieben hat...Bisher hörte ich auch immer nur: Das ist Lukas, ein Arzt.


    Letztlich ist es mir allerdings ziemlich wurscht ob er Lukas oder Peter oder sonst wie hiess...


    Ich habe auch schon gehört, dass man Urtexte gefunden hat, die noch aus der ersten Jahrhunderthälfte sind.


    Natrürlich gibt es auch in jedem der 4 Evangelien Unterschiede, an denen man Grundsatzdiskussionen über die Glaubwürdigkeit beginnen kann. Allerdings sind ja auch alle 4 an verschiedene Personengruppen gerichtet. Und ich denke mir, wenn ich ein und dieselbe Geschichte an völlig verschiedene Personengruppen richte, werde ich sie auch versuchen für jeden verständlich - also durchaus unterschiedlich zu erzählen.


    Gruss Nanny-


    geht jetzt Adventskalender verteilen :-)

  • Ich war für ein paar Tage im Krankenhaus und kann (und darf) nach der OP immer noch nicht sitzen. Ich bemühe mich aber trotzdem, hier an der Leserund teilzunehmen. Momentan ist das Schreiben und Lesen am PC aber etwas anstrengend. Werde mich also mit der Bibel auf die Couch legen.


    grüße von missmarple

    "Ein Archäologe ist der beste Ehemann, je älter eine Frau wird, um so mehr interessiert er sich für sie."
    Agatha Christie

  • Theophilus: Gestern habe ich mir überlegt, ob das eigentlich eine konktrete Person ist, oder einfach "Freund Gottes" oder so was ähnliches heissen soll?!


    Habe gestern noch gelesen, dass man einen Arzt, Mitarbeiter des Apostels Paulus, für den Autoren hält, und in der Bibel wird eben dreimal ein Lukas namentlich erwähnt. Aber stimmt schon, jeder könnte eigentlich anders heissen!:grin


    Warum wusste Elisabeth den Namen des Kindes, wenn doch Zacharias noch immer nicht sprechen konnte? Soll das auch ein Hinweis auf den Geist Gottes sein, der da wirkt??


    Überrascht hat mich die parallele Johannes-Geschichte, das wusste ich bisher nicht. Der Aufbau des ersten Kapitels ist raffiniert, finde ich: 1. Verkündigung. 2. Verkündigung, 1. Geburt - Kapitelende. So wird Spannung aufgebaut!
    Gruss
    Lemon

  • Puuuuhhh ... die "Hoffnung für alle" weicht aber Lichtjahre vom Wortlaut der griechischen Urfassung (Septuaginta) und der lateinischen Übersetzung (Hieronymus' Vulgata) ab, damit es auch ja zu den Prophezeiungen im AT paßt.


    Luther (1522-1534, div. Überarbeitungen, vor allem 1892, 1912 und 1984) ist noch am nächsten dran, zusammen mit der Elberfelder (1905, überarbeitet 1975/85) und der Einheitsübersetzung (Bibelwerk Stuttgart 1970-1980) -- aber die Hoffnung für alle ist vom Standpunkt des Philologen her gesehen ein ziemlicher Mist, ideologisch (evangelikal) an vielen Stellen massiv verfremdet durch Auslassungen, Verdrehungen, vor allem indem Stellen des NT an solche des AT angelehnt werden, anstatt den vorliegenden Text zu übersetzen.
    Bei der Guten Nachricht ist es nicht ganz so schlimm, die verfremdet das Textverständnis "nur" durch eine arg modernisierte Sprache.


    Was mich etwas irritiert, ist, daß der Inhalt dieses Textes hier sehr wörtlich genommen wird. Gut, Lukas (um den Verfasser mal so zu nennen) hat es als Bericht (diégesis/narratio = chronologische Erzählung, Luk.1,1) gemeint, aber seine Datierung ist schwierig. Lukas (Kurzform für Loúkios/Lucius) ist nach krichliche Tradition der Verfasser des Lukasevangeliums und der Apostelgeschichte; der Überlieferung zufolge soll er ein syrischer Arzt gewesen sein, zuerst Schüler von Aposteln, dann Begleiter des Paulus bis zu dessen Tod (so bei Eusebius, im Philemon-Brief v.24 und im Kolosserbrief 4,14). Leider ist "Lucius"/"Lukas" ein Allerweltsname wie weiland "Peter" oder heute "Michael". Außerdem neigte die frühchristliche Ökumene des 2. Jh. dazu, die Evangelisten in die Nähe der Apostel zu rücken. Vergleiche zwischen der Theologie des Lukasevangeliums und der Apostelgeschichte mit den Schriften des Paulus zeigen, daß der Verfasser der ersteren Schriften nicht den Lehren des Paulus folgte, Lukas also wohl kein Anhänger des Paulus war, sondern einer anderen, nicht judenchristlichen, sondern eher gnostisch-heidenchristlichen Schule angehörte.
    Auch der genannte Theophilos ("Gottlieb", ein häufiger Name unter hellenistischen Juden, aber auch bei Griechen) läßt sich nicht datieren, obwohl er laut der Anrede krátiste (optime - "sehr stark/gut/tüchtig/mächtig") ein zumindest lokal hohes Amt bekleidet haben dürfte.
    Die Identifikation des Verfassers des dritten Evangeliums und der Apostelgeschichte mit dem in den paulinischen Briefen genannten Lukas ist ziemlich problematisch. Meiner Ansicht nach handelt es sich um nachträgliche "Schönfärberei", um den Evangelien Authentizität zu verleihen.


    Zum Text:
    Das Bible Gateway bietet den Text der griechischen Evangelien in drei Versionen (Stephanus 1558, Westcott-Hort 1881, Scrivener 1894 - aber ohne Akzente), den der Vulgata (lateinisch), sowie die Lutherbibel, Elberfelder und Hoffnung für alle als online-Version an. Man kann alle Textstellen direkt miteinander Vergleichen, was eine sehr feine Sache ist. Auf www.bibleserver.com ist auch die Einheitsübersetzung zu finden.

  • Zitat

    Original von Iris
    Puuuuhhh ... die "Hoffnung für alle" weicht aber Lichtjahre vom Wortlaut der griechischen Urfassung (Septuaginta) und der lateinischen Übersetzung (Hieronymus' Vulgata) ab, damit es auch ja zu den Prophezeiungen im AT paßt.


    Aha...und letztere Schlußfolgerung behauptet wer?


    Die "Hoffnung für alle"-Übersetzung ist vorallem eine Übersetzung in ein heute gesprochenes/geschriebenes Deutsch, um auch jungen Leuten den Einstieg in die Bibel zu erleichtern. Diejenigen, die sich aufgrund ihres Glaubens eh tiefergehend mit der Materie befassen (wollen), werden über kurz oder lang sowieso mit den verschiedensten Übersetzungen und deren Auslegungen in Berührung kommen und sich ihre eigene Meinung dadurch bilden. Wo liegt also das Problem?


    Gruss,


    Doc

  • Zitat

    Original von Doc Hollywood
    Aha...und letztere Schlußfolgerung behauptet wer?


    Mann Gottes! :grin Das sagten die "Macher", die International Bible Society (IBS, eine US-amerikanische evangelikale (=fundamentalistische) Gruppierung), erstens selbst, und zweitens steht es sogar in der Wikipedia s.v. Hoffnung für alle! Die IBS ist übrigens auch der Betreiber des Bible Gateway. Das bedeutet nicht, daß der "Gebrauch" verboten sei -- ich hab 's doch selber gepostet! --, sondern daß man mit dieser Übersetzung kritisch umgehen und jederzeit eine andere zu Rate ziehen sollte. Die Alternativen sind ja auch im Angebot!


    Zitat

    Wo liegt also das Problem?


    Wenn ich das Lukasevangelium lesen will, dann will ich das Lukasevangelium lesen, keine von einer evangelikalen Organisation verfremdete "Variante". Ich würde -- Achtung! Extrembeispiel! -- auch eine Übersetzung der Germania des Tacitus aus den Jahren 1933-1950 (!) nur sehr vorsichtig benutzen.
    Bei der Hoffnung für alle wurde an sehr vielen Stellen der vorliegende Urtext massiv verändert, um eine ganz bestimmte Interpretation künstlich zu belegen. Es wurden Bezüge zum AT künstlich geschaffen, die im Wortlaut einfach nicht vorliegen!
    Den Laien interessiert das nie, aber die Folgen solcher Verfälschungen, gerade wenn sie unbemerkt und ahnungslos geschluckt werden (und dabei die Meinung von ein paar durchaus fundamentalistischen Theologen als "Gottes Wort" etikettiert wird (ohne daß es tatsächlich dasteht!), sind in der Geschichte der Menschheit schon immer dramatisch gewesen.