Kurzbeschreibung
Harpa ist Anfang Dreißig, und sie hat ein Problem: Ihre Tochter Edda ist drogensüchtig. Freundin Heide will der allein erziehenden Mutter helfen, und die drei machen sich mit einem weißen Pick-up auf, fort von Reykjavik und der schlechten Gesellschaft.
So beginnt eine abenteurliche Reise durch die Schönheit der isländischen Landschaft, erschwert durch die Unberechenbarkeit Eddas und des Wetters - eine Reise zum Herzort der Kindheit.
Über die Autorin
Steinunn Sigurdardottir, geboren 1950, gehört zu den bekanntesten isländischen Autorinnen. Ihre bei den Lesern beliebten Novellensammlungen und Romane markieren wichtige Etappen der isländischen Prosaliteratur der 80er und 90er Jahre.
Nun war es endlich mal fällig, dieses Buch, das schon so lange bei mir rumsubt und es ist mal wieder ein schönes Beispiel dafür, dass für jedes Buch irgendwann mal der richtige Zeitpunkt kommt.
Harpas Leben ist ein einziges Jammertal: alleinstehend mit einer gewalttätigen und selbstzerstörerischen Tochter, lebt sie ein ärmliches Leben in einer Reykjaviker Kellerwohnung und kämpft mit den Geistern ihrer Vergangenheit: Einer viel zu frühen Schwangerschaft mit 15, katastrophalen Beziehungen, einer herzlosen Mutter und vor allem einer fraglichen Abstammung. In dieser verfahrenen Situation sieht Harpa nur einen Ausweg: zurück zum Ort ihrer Kindheit, einem einsamen Fjord tief im Osten Islands, wo die alte Verwandtschaft noch zu Hause ist, um dort den Winter zu verbringen. Hier soll zum einen Edda, die Tochter, zur Vernunft kommen, aber auch das Geheimnis um Harpas Herkunft gelüftet werden
Dass das kein vergnüglicher Ausflug wird, wird gleich zu Beginn klar: Die widerspenstige Edda muss im halbkomatösen Zustand nach einer durchzechten Nacht ins Auto bugsiert werden, Chauffeuse Heide, Harpas langjährige Busenfreundin und ihres Zeichens erfolgreiche Flötistin, ist auch kein einfacher Mensch und nicht zuletzt stellen sich auch noch diverse Verfolger ein, die diesen Trip offensichtlich verhindern wollen.
Trotzdem, hartnäckig bleibt Harpa auf Kurs, um ihre Tochter zu retten und die eigenen Dämonen der Vergangenheit niederzuringen.
Wie immer bei Sigurdardottir bevölkern allerhand seltsame Gestalten dieses Roadmovie. hellseherische Großtanten, kauzige isländische Bauern, selbst die Verstorbenen mischen sich in die Geschichte ein. Trotzdem bleiben diese übersinnlichen Aspekte erfreulich esoterikfrei, sie sind Gehilfen auf Harpas Weg und dem der Geschichte, mehr nicht.
Manchmal erschreckend, manchmal erheiternd ist die gnadenlose Ehrlichkeit, mit der die Ich-Erzählerin ihre Geschichte schildert. Wie sie ihre Tochter manchmal abgrundtief hasst, ihr gar den Tod wünscht, wie sie von ihr gedemütigt und geschlagen wird, und trotzdem alles riskiert, um sie doch noch auf den richtigen Weg zu bringen, ihr eine Zukunft zu eröffnen.
Am meisten beeindruckte mich jedoch Steinunns Talent, ihre isländische Heimat zu beschreiben. Frei von jeglichem Touristenkitsch schildert sie diese gigantische Natur mit ihren auch in modernen Zeiten unbezwingbaren Gefahren (lustigerweise darf auch der Eyjafjallajökull mitspielen) und irgendwie trifft einen diese gewaltige Landschaft mitten ins Herz.
Der Roman ist ganz sicherlich kein Spaziergang, beeindruckend ist er allemal.