Mitspracherecht bei Lesung

  • Ich habe einige Fragen an die Eulen-Autoren.

    Folgendes interessiert mich:


    Seid ihr dazu verpflichtet Lesungen zu halten? Wieviele? Wird eine Lesung immer vom Verlag organisiert?
    Habt ihr ein Mitspracherecht, wo die Lesung abgehalten werden soll?
    Und was passiert, wenn ihr mit dem Ort nicht einverstanden seid (zu weit weg o.ä.)?


    Und wird euch vorgeschrieben, welche Auszüge ihr zu lesen habt?
    Was passiert, wenn der Autor überhaupt keine Lesung halten möchte?


    Werden euch Fahrtkosten, Übernachtungskosten usw. erstattet?
    Und darf ein Autor auch selbst eine Lesung organisieren - ohne den Verlag um Zustimmung zu bitten?


    Fragen über Fragen :-)

  • ...das ist von Verlag zu Verlag unterschiedlich.


    Ich kann nur aus der Erfahrung mit meinem Verlag sprechen.


    Ja, laut Vertrag bin ich zu Lesungen, und auch bei Messen, verpflichtet.


    Aber: dann wird auch alles bezahlt. Reise, Spesen, Übernachtung etc. Nur die Zeit kann ich nicht berechnen.


    Ich kann aber auch umgekehrt den Verlag bitten, mir über angeschlossene Buchandelsketten wie Thalia, Lesungen zu vermitteln. Dann zahlt das z.B. Thalia.


    Was ich sonst an privaten Lesungen anleihere, ist meine Sache.


    Also, solange Verlag zahlt werde ich auch nicht ablehnen. Würde mir nur selbst schaden.


    euer hef

  • So kenne ich es von mir und von vielen befreundeten Autoren:


    - Eine Verpflichtung, Lesungen (mit)zumachen, gibt es nicht. Davon steht nichts im Autorenvertrag - übrigens auch nicht in der Standardvariante, die man m.E. irgendwo beim VS vorfindet


    - Lesungen werden entweder vom Verlag organisiert (Lesereise) oder von Veranstaltern (Bibliotheken, Buchhandlungen, Event-Agenturen) angefragt, was i.d.R. über den Verlag erfolgt, der auch die Verträge macht - gemeinsam mit dem Autor. Vor jeder Lesung wird Rücksprache gehalten, und Lesereisen werden auch nur organisiert, wenn der Autor damit einverstanden ist. Wenn nichts anderes vereinbart ist, kann man jede Lesung nach Gusto zu- oder absagen


    - Lesungen werden - auch vom Verlag - als Marketinginstrument verstanden. Es kann also nicht schaden, wenigstens einige zuzusagen (wie ich das tue)


    - Vom Honorar bekommt der Verlag nichts, auch, wenn er die Lesungen organisiert. Das Honorar wird vom Veranstalter direkt an den Autor gezahlt


    - Jeder Autor ist dazu berechtigt, beliebig viele Lesungen selbst zu organisieren. Es ist aber nützlich, derlei mit dem Lesungsbüro des Verlags abzustimmen, weil dann über Buchhändler Büchertische organisiert und wasserdichte Verträge gemacht werden können


    - Wenn der Verlag schon bei der Inverlagnahme eine Lesereise plant, kann diese Vertragsbestandteil werden. Diese Lesungstermine sollte man dann auch geflissentlich wahrnehmen. Das ist aber nicht der Regelfall

  • Keiner meiner Verlage verpflichtet mich zu Lesungen, es wird aber gern gesehen. Meine beiden Verlage haben mir noch keine Lesungen vermittelt (ein eher kleiner, ein mittelgroßer Verlag), unterstützen mich aber ein bisschen, z.B. bei Adressensuche oder Werbematerial (Poster etc.). Mit den Veranstaltern habe ich selbst verhandelt, auch die Textpassagen selbst rausgesucht, bei einem der Verlage mit Rücksprache. Fahrt- und Übernachtungskosten bekomme ich vom Veranstalter erstattet, das heißt das schlage ich aufs Honorar auf. Wenn ich auf Buchmessen lese, dann läuft es nach Absprache; bis jetzt bekomme ich dann nur die Spesen vom Verlag ersetzt, die Lesungen waren aber auch meine eigene Entscheidung. Immerhin komme ich so kostenlos auf die Messe. ;-)


    Grüßle,
    Judith

    Toni und Schnuffel / Tricks von Tante Trix / Papino und der Taschendieb / Das Dreierpack und der böse Wolf
    Tanz mit Spannung / ... und jetzt sehen mich alle! / Voll drauf / Die Kellerschnüffler u.a.

  • Die Buchvermarktung ist ja eine sehr spannende Sache. Und da frage ich mich schon länger, ob der Autor in diese Organisation miteinbezogen wird und ob nicht vielleicht auch ein Zwang hinter den Lesungen steht. Auch wenn die Lesungen ja natürlich im Sinne der Autoren sind - vielleicht will derjenige dann ja nicht unbedingt genau dort und zu genau dieser Zeit usw. eine Lesung abhalten. Finde das alles sehr spannend.


    Danke für die Aufklärung!


    Interessant finde ich ja auch die frühen Vermarktungsüberlegungen (Buchcover) - zu diesem Thema habe ich nun aber schon passende Threads gefunden.

  • @ Erzählerin, wie du siehst, es ist von Verlag zu Verlag verschieden.


    Ich bin ganz zufrieden mit meiner Regelung und sage nicht NEIN, wenn's mal wieder in die Welt hinaus gehen soll.


    Aber, ich bin ja auch schon Rentner :wave


    euer hef

  • Hallo, Erzählerin.


    Wenn man als Autor aus dem "Mittelfeld", der ein paar Bücher auf dem Markt hat, Lesungen gibt, finden sich dazu mit etwas Glück mal dreißig, vierzig Leute ein, aber im Normalfall muss man mit weniger rechnen. Nur die Autoren, die die Bestsellerlisten anführen, füllen Säle, und die "Kultautoren", die eine bestimmte Zielgruppe bestreichen, schaffen es auch mal, mehr als hundert Menschen anzulocken, wenn alle Parameter stimmen und sie Glück haben. Gerade für Newcomer können Lesungen außerordentlich frustrierend sein, wenn etwa ein engagierter Buchhändler seine komplette Familie anschleppen muss, damit überhaupt jemand im Publikum sitzt. Lesungen sind keine sehr attraktiven Veranstaltungen - im Vergleich mit dem, was gerade in den größeren Städten sonst so angeboten wird.


    Auch der Marketingwert von Lesungen ist nicht sehr groß. Es ist eher eine gute Gelegenheit, das eigene Publikum mal live zu erleben, Leser zu treffen, die Reaktionen auf den eigenen Text aus erster Hand zu erleben. Die meisten Lesungen - selbst die mit hohen Eintrittsgeldern - rechnen sich nicht, aber es ist wie mit Messeauftritten von mittelständischen Firmen: Heutzutage werden auf Messen kaum noch große Geschäfte gemacht, aber man muss präsent sein, um Lebenszeichen von sich zu geben.


    Aus Sicht der Verlage bringt man Buchhändler, die Lesungen für Hausautoren veranstalten, dazu, sich intensiver mit dem Programm dieses Verlages und den Büchern dieses Autors zu befassen. Die Positionierung von Titeln bei Präsenzbuchhändlern ist wichtig - es macht schon einen großen Unterschied, ob ein Buch im Regal steht oder auf einem Tisch liegt (oder überhaupt vor Ort verfügbar ist). Aber das ist Miniaturmarketing.


    Im Prinzip hat der Autor am meisten davon. Bei nicht wenigen stellt ein einzelnes Lesungshonorar schon ein Zehntel des gezahlten Vorschusses dar, also eine Möglichkeit, verhältnismäßig viel Geld zu verdienen. Für alle anderen Beteiligten - Verlage wie Buchhändler - ist das meistens ein Zuschussgeschäft.

  • ...und noch ein Tipp,


    da im Voraus kaum festzulegen ist, wieviel Hörer kommen, wird die ausrichtende Buchhandlung in der Regel zuviele Bücher des Autor/in parat haben.


    Was nach der Lesung übrig bleibt, UNBEDINGT trotzdem signieren.


    Clevere Buchhändler haben dann einen Sonderverkaufsplatz (gut sichtbar und nicht im Regal) für vom Autor signierte Bücher!


    Zweiter Effekt, diese Bücher kann der Handel nicht an den Verlag zurückgeben (remitieren)
    Die sind Umsatz :chen


    euer hef

  • Bei Lesungen kommt es auch etwas auf das Genre an.
    Im Kinder- und Jugendbuchbereich gibt es viele Lesungen über Schulen. In dem Fall finde ich auch den Bödecker Kreis nennenswert, das Honorar ist je nach Bundesland unterschiedlich, liegt etwas unter dem vom VS angegeben Mindesthonorar, aber man tut gleichzeitig etwas zur Leseförderung. Eine feine Sache.


    Liebe Grüße
    Susanne


  • Meine Vorgänger haben es eigentlich schon alles beantgwortet, trotzdem hier auch noch mal meine Erfahrungen, da ich für verschiedene Verlage arbeite:


    # Ich bin nirgendwo verpflichtet Lesungen zu geben und habe auch Kollegen die das strikt ablehen.


    # Meine Lesungen plane ich selbst und suche mir auch die Passagen aus, die passen.


    # Orte sollte man sich vorher (wenigstens im Internet) angucken und diese ablehnen, wenn sie nicht passen.


    # Fahrtkosten sollten ab ca. 20 Kilometern übernommen werden. Übernachtungen auch. Ist es aber eine super Veranstaltung, zu der man unbedingt will, muss man evtl. auch mal einen Kompromiss machen.


    Mein Tipp: Unbedingt rechtzeitig absprechen, dass ein Büchertisch da ist! Es sollte eine (nicht zu große) Anzahl des Titels angeboten werden.


    Viel Erfolg!

  • Na, ich weiß nicht...da gibt es wohl gewaltige Unterschiede von Verlag zu Verlag.


    Hatte gestern das Vergnügen mal selbst auf eine Lesung zu gehen, die nicht meine war. Die vom Kollegen Fitzek in Olpe.


    Mein Eindruck...hoch professionell und mit über 600 Hörern ein gigantischer Erfolg.
    Leider blieb keine Zeit, Sebastian nach Details zu fragen, aber solch eine Orga, die einer Bühnenshow glich, und in keinster Weise mehr mit DER üblichen Lesung zu tun hat, die kostet richtig Geld. Die muss vorgeplant werden. Und da hast du als Autor/in kein Mitspracherecht mehr.


    Aber..es hängt natürlich von deinen Verkaufserfolgen ab, was wer in dich investiert.


    euer hef


  • Hallo hef,
    Sebastian macht seine Lesungen so, wie er sie macht, ohne vorher den Verlag zu fragen. Der Verlag kümmert sich bei ihm um die Lesungsorte, kümmert sich ums finanzielle etc. Die Show - wie du es nennst, ist alleine auf Sebastians Ideen gewachsen und entstanden. :wave

  • Zitat

    Und da hast du als Autor/in kein Mitspracherecht mehr.


    Schade, dass Du keine Gelegenheit hattest, Sebastian Fitzek zu sprechen. Dann hättest Du nämlich erfahren, dass gerade diese Veranstaltungsserie ein Gegenbeispiel für Deine Behauptung darstellt. ;-)

  • Ich hatte schon einmal einen Vertragsentwurf in den Händen, wo Lesungen "anzustreben" waren, zwei pro Jahr, oder so.


    Aber bei mir sieht es eher so aus, das Lesungen mir einen irrsinnigen Spaß machen. Es ist keine Pflicht, sondern Vergnügen!
    Ich habe den großen Vorteil über einen Autorenverein an "offenen Lesebühnen" teilnehmen zu können - daß heißt, Planung, Bekanntmachung und Organisation verteilt sich auf (zum Teil sehr erfahrene) Rücken und so genieße ich es immer sehr, meine Texte vorstellen zu dürfen - nicht zu müssen :-)

  • Also, dass Lesungen verpflichtend in eine Vertrag drinstehen, ist mir selbst noch nie passiert. Ein Autor, der sich allerdings weigert, Lesungen zu halten, wird beim Verlag nicht gut ankommen. Ich habe bisher alle Lesungen selber organisiert und entscheide auch ganz allein, was ich lese und wie ich das Buch präsentiere. Meine Bücher, die dort angeboten werden, bringe ich auch selbst mit. Den Termin gebe ich nur an den Verlag weiter, den ihn dann auch noch mal bewirbt. Dazu sei aber gesagt, dass ich bei einem größeren Kleinverlag verlegt habe. Bei den großen Publikumsverlagen läuft das etwas anders.