Die Frau, für die ich den Computer erfand – F.C.Delius

  • Verlag Rowohlt Berlin, 2009
    288 Seiten, gebundene Ausgabe


    Kurzbeschreibung:
    Klappentext: In einer Vollmondnacht im Sommer 1994 sitzen ein alter Herr und ein junger Mann auf einem Berg und reden. Der eine ist der Erfinder des Computers, der andere eine mathematische Niete, ein Journalist. Der Alte erzählt - während er den Festakt zu seinem vierzehnten Ehrendoktorhut schwänzt - von den Wundern, die er mit handgesägten Einzelteilen am Wohnzimmertisch in Berlin-Kreuzberg vollbracht hat, von seiner Arbeit in Nazideutschland, von der dramatischen Flucht mit der "Universal-Rechenmaschine" in den letzten Kriegswochen, von seiner Werkstatt in der Rhön und seinem Pech mit den Patentämtern.
    Je mehr er redet, desto freier fühlt er sich, von seinen Erfolgen und Niederlagen zu berichten, seine Ansichten über Gott und die Welt auszupacken und seine leidenschaftliche Fernliebe zu Ada Lovelace (1815-1852), der Tochter Lord Byrons, zu beichten. Er phantasiert, lamentiert, triumphiert und kann sich nicht lösen von dem Gedanken, etwas Faustisches in sich zu haben ...
    Wie kam es zu dem Gerät, das heute auf allen Schreibtischen steht? Friedrich Christian Delius erzählt in diesem raffinierten und höchst unterhaltsamen Roman die unglaubliche Geschichte des Konrad Zuse (1910-1995) - und davon, wie alles anfing, wie das digitale Zeitalter begann.



    Über den Autor:
    Friedrich Christian Delius, geboren 1943 in Rom. Aufgewachsen in Hessen, lebt heute als Schriftsteller in Berlin und Rom. 2004 wurde er mit dem Fontane-Preis für Literatur ausgezeichnet und 2007 erhielt er den Joseph-Breitbach-Preis.Friedrich Christian Delius, geboren 1943 in Rom. Aufgewachsen in Hessen, lebt heute als Schriftsteller in Berlin und Rom. 2004 wurde er mit dem Fontane-Preis für Literatur ausgezeichnet.


    www.fcdelius.de


    Meine Meinung:
    Dieser Roman erzählt von der Entwicklung des Computers auf die Art, dass der alte Erfinder Konrad Zuse einem jungen Journalisten seine Geschichte erzählt. In den Zeiten des Krieges dachte er nur an seine Arbeit am Rechner, politische Motivationen hatte er nie. Als der Krieg endet, rettet er eigenmächtig seine Rechenmaschine. In den Folgejahren gelang ihm lange nicht der Erfolg. Doch ein später Ruhm bleibt.
    Es gibt nur eine Erzählstimme. Es ist also im Prinzip ein langer Monolog. Die Fragen des Journalisten werden nicht beschrieben, gehen aber aus dem Zusammenhang hervor. Er hat im Buch keinen Text. Sein Verhalten ist an den Reaktionen des Erzählers bemerkbar.
    Das ist für den Leser eine kleine Herausforderung und macht das Buch gerade deshalb so interessant. Die Ausgestaltung der beiden Figuren gelingt, man erfährt auch etwas vom Interviewer, unfassbar für Zuse ist, dass der Journalist kein Verständnis für Algorithmen hat.
    Er ist offensichtlich ein alter Ego von F.C.Delius, der damit seine Selbstironie perfekt und auf amüsante Art integrieren kann.
    Einmal schläft der Interviewer in dem stundenlangen Interview sogar ein, das Tonband läuft weiter und so redet der Erfinder einfach weiter, lässt seinen Gedanken freien Lauf. Ada Lovelace, Tochter Lord Byrons und Mitarbeiterin von Charles Baggage bei der Entwicklung einer mechanischen Rechenmaschine ist seine Inspiration und Muse. Auf sie projiziert er seine Träume und Sehnsüchte, obwohl sie lange vor ihm lebte.
    An sie gerichtet sind phantasievolle Einschläge, die zu den besten Abschnitten im Buch gehören.
    Konrad Zuses widersprüchlicher Charakter wird ausgewogen gestaltet.


    Dieser Roman erzählt auf sympathische, manchmal ironisch-spöttische Art über die Vergangenheit der Computertechnologie. Oder wer hat das letzte Mal an Computersprachen wie Fortran, Cobol oder Algol gedacht?
    Auch die deutsche Vergangenheit in Politik und Kultur wird angerissen.


    Der Roman funktioniert auch aufgrund seiner angemessenen Länge von nur 288 Seiten. Mehr würde der Erzählstil nicht tragen. So ist es perfekt! Ein origineller Roman!

  • Die hiesige Gegend hat es ja mit den Konrads: der Duden-Konrad lebte und wirkte in Bad Hersfeld und der Zuse-Konrad auch nicht so sehr weit entfernt. Der Buchautor ging, wie ich seiner Homepage entnehme - allerdings lange vor meiner Geburt - hier in Hersfeld zur Schule. Genug Gründe, das Buch auf die Wunschliste zu setzen.


    Aber nicht nur deswegen - die Rezi läßt auf ein interessantes Buch schließen. Irgendwann demnächst also.


    Danke für die Rezi! :wave

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Titel: Die Frau, für die ich den Computer erfand
    Autor: Friedrich Christian Delius
    Verlag: Rowohlt
    Erschienen als TB: Januar 2011
    Seitenzahl: 283
    ISBN-10: 3499252392
    ISBN-13: 978-3499252396
    Preis: 8.99 EUR


    „Nie war Delius so heiter, entspannt und politisch unkorrekt.“ So urteilte die BERLINER ZEITUNG über dieses Buch – und sie hat damit vollkommen Recht. In diesem Buch geht es um den (zum großen Teil erfundenen?) autobiographischen Monolog des Erfinders des Computers, Konrad Zuse (1910 – 1995). Grundlage dieses Monologs ist ein Gespräch des Autors im Sommer 1985 mit Konrad Zuse und der Vortrag Zuses aus dem Jahre 1994 zum Thema „Faust, Mephisto und der Computer“ (Vortrag offenbar verschollen lt. Delius) sowie dessen Buch „Der Computer – Mein Lebenswerk“ aus dem Jahre 1984.


    Inwieweit es sich hier um tatsächliche autobiographische Erfahrungen oder um Fiktion handelt, das mag dahin gestellt bleiben und ist auch für das Lesevergnügen an diesem Buch auch kaum von Belang.


    Wer aber ist nun die Frau, um die es hier geht. Man mag es kaum glauben, aber bei der Frau handelt es sich um Ada Lovelace (1815 – 1852), die Tochter Lord Byrons. Die Programmiersprache „Ada“ wurde nach ihr benannt. Ada Lovelace hat zudem die mechanische Rechenmaschine „Analytical Engine“ mehrmals schriftlich kommentiert und war so etwas wie die erste weibliche Programmiererin.


    Der „vermeintliche“ Konrad Zuse nimmt kein Blatt vor den Mund und manchmal kommentiert er Ereignisse und Personen bissig, in einigen Fällen sogar ätzend, fast an der Grenze zur Bösartigkeit (hier sein als Beispiel Goethe und dessen „Faust“ angeführt). Dieses Buch ist ein wahres Lesevergnügen, dabei eben alles andere als „politisch korrekt“ (wie die BERLINER ZEITUNG so richtig feststellte) – es ist auch ein Rundumschlag gegen die Computerhörigkeit in unserer Zeit.


    Dieses Buch ist höchst unterhaltsam und nebenbei erfährt der Leser so allerlei Wissenswertes über die Dinge die zur Erfindung des Computers führten.


    Friedrich Christian Delius ist ein wunderbarer Erzähler, der mit diesem Buch seine Leserschaft glänzend unterhält. An keiner Stelle, zu keiner Zeit wird dieses Buch und natürlich auch seine Leser ein Opfer irgendwelcher „Langeweile-Dämonen“ – nein, ganz im Gegenteil. Das sehr flüssige geschriebene Buch lässt sich wunderbar „in einem Rutsch“ lesen. Sehr empfehlenswert für denjenigen, der anspruchsvolle Unterhaltung schätzt.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • So richtig begeistern konnte mich das Buch nicht. Der Erzählstil ging mir leider bereits relativ schnell auf die Nerven und auch wenn es einige amüsante bzw. interessante Stellen gibt, war ich am Ende doch froh, als ich auf der letzten Seite angekommen war. Vor allem hätte ich mir einen Hinweis gewünscht, dass ein solches Gespräch in der Realität nicht stattgefunden hat, sondern reine Fiktion ist.

    "Es gibt einen Fluch, der lautet: Mögest du in interessanten Zeiten leben!" [Echt zauberhaft - Terry Pratchett]