Bertelsmann-Verlag. Gebundene Ausgabe, 540 Seiten, Schutzumschlag und Lesebändchen
Unten verlinkt ist die Taschenbuchausgabe aus dem Bastei-Lübbe-Verlag
Hier könnt ihr das Cover der Bertelsmann-Ausgabe ansehen, die ich gelesen habe.
Kurzbeschreibung (von Amazon)
Mainz und Köln, 1212. Zwei junge Frauen lehnen sich auf gegen ihre arrangierte Zukunft: Konstanze will nicht ins Kloster und Gisela nicht mit einem Ritter verheiratet werden, dem ein schrecklicher Ruf vorauseilt. Zur gleichen Zeit brechen im Orient zwei junge Männer auf: Armand wird vom Großkomtur der Tempelritter mit einem geheimen Auftrag nach Europa entsandt, und der Sultan von Alexandria schickt seinen Sohn Malik auf eine nur scheinbar harmlose Reise ... Die Wege der zwei Frauen und der beiden Männer kreuzen sich. Ihr Schicksal ist untrennbar miteinander verknüpft. Ihre Welt gerät aus den Fugen. Und sie geraten in das Räderwerk einer unglaublichen Verschwörung, die im Vatikan ihren Ursprung zu haben scheint ... Bestsellerautorin Sarah Lark entführt uns als Ricarda Jordan ins Mittelalter.
Meine Meinung
Zunächst muss ich gestehen, dass historische Romane eher seltener auf meinem Nachttisch landen und mein Geschichtswissen überschaubar ist.
Dieses Buch habe ich geschenkt bekommen, und ich war nach einigen deutlichen Schlappen mit Historischen überrascht, wie gut es mir gefallen hat.
Das Buch ist leicht und flüssig zu lesen, in einer angenehmen Sprache. Die Autorin bindet altertümliche Begriffe leichtgängig ein, sodass der Sprachstil authentisch klingt, jedoch auch für mich als „Historien-Anfänger“ immer gut zu verstehen war.
Die Hauptfiguren werden sympathisch und mit Charme eingeführt, sie erwachten in meinem Kopf von den ersten Seiten an zum Leben und ich habe ihre Wege gerne begleitet. Ihre Charaktere erschienen mir als logische Konsequenzen der Art, in der sie aufwuchsen, sie dachten und handelte überwiegend glaubwürdig, zumindest immer nachvollziehbar.
Gerade die jungen Frauen Gisela und Konstanze gefielen mir, weil sie so grundverschieden waren. Zwar verlor Konstanze nehmen Gisela immer mal wieder an Farbe, das glich sich dann jedoch aus, als sie selbst mutiger, scharfzüngiger und schlussendlich vor ihre große Entscheidungen gestellt wurde. Das Minnegeplänkel zwischen Armand und Gisela hat mich mehrmals breit grinsen lassen. Einfach charmant.
Teilweise war ich verwundert, wie erwachsen alle schon handelten und dachten, ich sah permanent Menschen um die achtzehn bis zwanzig Jahre. Daran zurückzudenken, dass Gisela erst 14 Jahre alt war, war etwas befremdlich. Andererseits waren es eben andere Zeiten und Jugendliche mussten schnell erwachsen werden.
Auch verwunderte mich die Darstellung der kleinen Magdalena etwas. Für die Torturen, die das Mädchen durchgemacht hatte, erschien sie mir geistig einfach zu gesund. Das Grauen, das sie erleben musste, schien mir hier ein wenig beschönigt, da Magdalena das ganze recht gut wegzustecken schien, sah man von ihrer träumerischen Naivität ab.
Grandios dagegen Nebenfigur Rupert, auch wenn er immer im Schatten blieb! Begann der junge Mann als netter, beschützerischer „Kumpeltyp“ veränderte er sich nach einer entscheidenden Sache immer weiter, von den anderen kaum beachtet. Man sah ihn quasi nur aus dem Augenwinkel der Hauptfiguren, wie er nach und nach den Verstand verlor - etwas, dass ich mir gut vorstellen kann, wenn Menschen über Grenzen getrieben werden, für die sie seelisch zu schwach sind.
Zur Geschichte: Wer epische Schlachten sucht, oder Helden, die die Welt retten, wird hier nicht auf seine Kosten kommen. Die Entwicklung und das Schicksal der Hauptfiguren ist der Mittelpunkt des Romans. Die politischen und religiösen Wirren sind der Hintergrund - unsere „Helden“ greifen wenn, dann nur ganz am Rande in das Geschehen ein. Diesen Hintergrund jedoch fand ich gut ausgearbeitet. Mit den Kinderkreuzzügen hat die Autorin sich ein unverbrauchtes, interessantes und höchst bewegendes Thema gewählt. Inwieweit sie historisch korrekt blieb, kann ich nicht beurteilen, es wirkte aber alles recht glaubwürdig, was mir in einem Unterhaltungsroman auch voll und ganz ausreicht.
Die im Klapptext leider schon angedeutete Auflösung kommt zwar keineswegs unerwartet, wirkte aber sehr schlüssig und leider auch sehr realistisch.
Leider verliert der Roman in meinen Augen nach dem Ende des Kreuzzuges massiv an Spannung. Die letzten 100 Seiten waren zäh, zu glatt, schöngemalt und bei Weitem nicht mehr so interessant. Vor allem aber kam es hier plötzlich zu etlichen sonderbaren Zufällen, ganz so, als wollte die Autorin schnell noch gewaltsam ein paar bedeutsame historische Persönlichkeiten auftreten lassen, notfalls schwammen die dann eben gerade im Meer auf nem Kreuz vorbei (ähm ja ...). Ein wirkliches Finale gab es daher auch nicht, wenngleich der letzte Satz mich dann doch tatsächlich zum Weinen gebracht hat!
Kleinere Schwachpunkte habe ich in einigen Momenten gefunden, an denen der Zufall es arg gut mit den Protagonisten meinte, sodass diese nicht nur heil, sondern auch grundsätzlich mit blütenweißer Heldenweste aus kritischen Situationen fanden. Diese Situationen halten sich aber von den letzten 100 Seiten abgesehen im Rahmen und haben mich nicht weiter gestört.
Auch die Thematik „Harem“ hätte ich mir etwas weniger romantisiert gewünscht.
Im Nachwort der Autorin erfährt man schlussendlich noch, was in ihrem Buch historisch belegbar ist (leider nicht viel, da über die Kinderkreuzzüge nicht viel übermittelt wurde) und wobei es sich um Fiktion handelt.
Grundsätzlich hat dieser Roman mich gut unterhalten, dafür brauchte es nicht einmal dramatische Spannungsmomente oder unerwartete Wendungen, die man hier auch eher vergeblich sucht. Die sympathischen Figuren reichten mir aus, um ihren Kreuzzug und ihre Entwicklung gerne mitzuverfolgen. Bis fast zum Schluss wollte ich 9 Punkte geben, aber das zähe Ende führt zu einem weiteren Punktverlust.
8 von 10 Punkten