Keine multikulturelle Gesellschaft?

  • http://www.spiegel.de/politik/…and/0,1518,329205,00.html


    Die Integration von Ausländern, besonders von Muslimen, ist derzeit das Gesprächsthema in Deuschland, ja in ganz Europa.


    Selbst Rot-Grün sagt sich langsam von der Idee der Multikulturellen Gesellschaft los.


    Und die CDU/CSU spricht sogar vom pflichtigen Übernehmen der "deuschen Leitkultur"von Immigranten.?


    1. Ist eine mulikulturelle Gesellschaft nicht erstrebenswert?


    2. Was ist denn die deusche Leitkultur? Hat die unseelige "deutsche Leitkultur" nicht etwas anbiederndes ans ich?


    usw.


    Gruß

  • ... ich kenne eigentlich eher eine deutsche light-kultur ....


    nein, im ernst: Was heißt denn schon multikulturelle Gesellschaft? Gesellschaften entstehen ja ständig aus allen möglichen Einflüssen neu. Die deutsche Nachkriegsgesellschaft ist doch zu großen Teilen durch Menschen von "außen" geprägt; Millionen von Zuwanderen und Vertriebenen fanden hier ihre neue Heimat und haben entsprechend das Land mitgestaltet. Auf die wechselvolle und wenig einheitliche Geschichte der Jahrhunderte zuvor müssen wir ja gar nicht erst eingehen ...


    Gleiches dann für die Zeit der ersten "Gastarbeiter". Für viele Deutsche gehört heute doch das schicke Gläschen Prosecco am Bistrotischchen bei den Golffreunden und die wuuuundervollen Lachsgnocchi von Luigi längst mehr zur eigenen "Leitkultur" als Knödel und Schweinebraten.


    Leitkultur? Für mich gibt es einfach ein paar Dinge, die hier nicht zu diskutieren sind: Toleranz, Gleichberechtigung von Mann und Frau, der Respekt vor den Regeln des Zusammenlebens, Ablehnung von Gewalt, die Freiheit des anderen Respektieren, sich mit den Menschen in der Umgebung auseinandersetzen und mit ihnen gemeinsam die Zukunft gestalten. Wer sich dazu bekennt, darf von mir aus Pantoffeln anbeten oder auch ganzjährig mit neonfarbenen Hawaiihemden rumlaufen. Entgegen meines persönlichen Geschmacks.
    Grüßle ....

  • Sagen wir einfach lapidar: Wer wo hinzukommt, muss sich an die Mehrheit anpassen. Das gilt in der Schule genauso wie in einem Land.


    Das Problem ist wohl, dass im Deutschen "Kultur", das ist, was in anderen Sprachen "Civilization/Civilisation, Civilización" ist, während in den meisten europäischen Sprachen "Culture" oftmals Lebensart, soziales Leben und selbst sogar Theater, Kino oder sonstige Events bezeichnet.


    Was gewollt wird, muss klar ausgesprochen und definiert werden.


    Ich passe mein öffentliches Leben an die Mehrheit an, aber meine Lebensart mitsamt meinen Kochkünsten würde ich nicht aufgeben wollen.

  • Ich schätze mal, dass sich so mancher die Multikulti-Gesellschaft zu einfach vorgestellt hat, so nach dem Motto: Eigentlich sind alle Menschen gleich, sie unterscheiden sich nur durch Hautfarbe, Musik und Tanz.


    Die kulturellen und weltanschaulichen Unterschiede sind aber doch schwerer zu überbrücken als manch einer glaubte.


    Meiner Meinung nach gibt es aber zu multikulturellen Gesellschaften überhaupt keine Alternative, da es in Zeiten moderner Reisetechnik und internationaler weltweiter Vernetzungen der Wirtschaft unumgänglich ist, dass Menschen der unterschiedlichsten Kultur miteinander auskommen müssen. Da spielt es gar keine Rolle, ob man das will oder nicht.


    Unabdingbar ist gegenseitiger Respekt.


    Und Integration braucht zwei Grundsäulen: Die Integrationshilfen des Gastlandes und den Integrationswillen des Einwanderers. Wer sich nicht integrieren will, also beispielsweise die Sprache nicht lernt und sich nicht mit den kulturellen und sehr wohk auch rechtlichen Grundlagen des Gastgeberlandes auseinandersetzt, der bleibt Gast. Und es liegt in der Natur des Gastes, dass er nicht dauerhaft beibt, sondern auch wieder abreist. (Was haben Fische und Besuch gemeinsam? Am dritten Tag fangen sie an zu stinken).


    Der Begriff der "deutschen Leitkultur" ist schon vor einigen Jahren verschlissen worden. Genau aus diesem Grund will ihn beispielsweise Schäuble nicht mehr benutzen. Aber fest steht, dass der Einwanderer gewillt sein muss, sich den Gepflogenheiten des Gastgeberlandes anzupassen. Dabei sollte ihn sicher niemand zwingen, seine Herkunft zu verleugnen.


    Ich erwarte von keinem Türken in Deutschland, dass er bei einem Fußball-Länderspiel Deutschland-Türkei in Jubel ausbricht, wenn Deutschland ein Tor schießt. Aber ich erwarte, dass er deutsch sprechen kann und unsere Grundwerte achtet.

  • Ich unterschreibe Rabarats Beitrag!


    und möchte noch hinzufügen, dass ich Deutschland ganz gerne als "Einwandererland" sehen würde..mit allen rechten UND Pflichten..wie in anderen Einwanderungsländern auch..da darf nämlich auch nicht *jeder* rein

  • Erst heute wurde ich wieder mal gefragt, ob mir Mexico gefällt (von einer Starbucksangestellten). Ich antworte eigentlich immer: "Ja, sehr." und füge oft hinzu: "Wenn es mir nicht gefallen würde, wäre ich nicht hier." Diesmal hat sich die Kleine so darüber gefreut, dass sie mich zur Weihnachtsfeier der Filiale eingeladen hat (es gibt Live Jazz).


    Ich sehe auch, wie schnell sich meine Tochter hier im Kindergarten zurechtgefunden hat, sie wird diesen Samstag schon auf einer Geburtstagsfeier sein und hat mir schon mit einer Invasion der 2. Klasse des Kindergarten gedroht.


    Wir leben heutzutage in einem Global Village, wo man zwar nicht eine Leitkultur, aber zumindest in der prowestlichen Welt (zu der ich in gewissem Masse auch Südostasien, Japan und LatAm zähle) eine ähnliche Zivilisation mit ähnlichen Werten vorfindet, wo es freie Meinungsäusserung, Demokratie, Gleichheit vor dem Gesetz, etc gibt.

  • Leitkultur ist für mich, Toleranz zu üben, aber auch für mich selbst einzufordern. Das heißt, im bin in dem Maß tolerant, wie man mir gegenüber tolerant ist. Daher fordere ich auch keinen Einwanderer auf, sich zu einem Deutschen zu mutieren. Das klappt selbst im Land der Freien und Selbstgerechten nicht besonders, auch wenn laut Gesetz alle gleiche Amerikaner sein sollen.


    Toleranz bedeutet auch, andere Sitten zu respektieren, sofern sie nicht Recht und Gesetz widersprechen. Hasspredigten und Zwangsheiraten im muslimischen Millieu gehören hier allerdings ebenso wenig dazu wie das Klatschen von Ausländern durch Antilockenköpfe.


    Es hat übrigens 200 Jahre gedauert, bis die vor Ludwig XIV. geflohenen Hugenotten sich richtig eingegliedert haben. Vor diesem Hintergrund zu fordern, dass die zweite Immigrantengeneration dieser Zeit nicht nur von ihrem Pass her, sondern auch von ihrem Wesen deutsch sein soll, halte ich für etwas verfehlt.


    Liebe Grüße
    Gheron :wave

  • Zitat

    Original von Gheron
    Leitkultur ist für mich, Toleranz zu üben, aber auch für mich selbst einzufordern. Das heißt, im bin in dem Maß tolerant, wie man mir gegenüber tolerant ist.



    Bei der ganzen (politischen) Diskussion vermisse ich eine klare Definition des Wortes 'Leitkultur'. WAS ist das ............. und wieso haben nur wir Deutschen so etwas und brauchen wir sie überhaupt??????


    Kultur verändert sich, sie ist flexibel, sie wächst mit jeder Veränderung, ohne das alte und bewährte zu vergessen oder zu vernachlässigen aber ganz sicher ist Kultur nicht das gleiche wie Neokonservatismus.


    Dann diese immer wieder geforderte Toleranz! Haben wir nicht mehr zu bieten und zu fordern????? Toleranz duldet, ist nachsichtig und gibt sich weitherzig. Das ist zu wenig. Wie schnell ist unsere 'Geduld' schon bei weniger wichtigen Themen am Ende?????


    Gegenseitiger Respekt und Annahme des anderen mit all seinen Eigenheiten und auch Äußerlichkeiten (Aussehen, Kleidung) wäre der bessere Weg (gewesen).


    Wir haben bis heute kaum Ahnung, welche Menschen hier zugewandert sind. Unser Wissen ist oberflächlich und offensichtlich reicht es uns auch. Wir bewerten oft, zu oft, nur nach Äußerlichkeiten, Staats- und Religionszugehörigkeit. Das passiert hier seit mehr als 40 Jahren. Niemand hat sich die Mühe gemacht, uns über die Zuwanderer / Gäste aufzuklären und genau so wenig haben unsere Zuwanderer über uns erfahren.


    Hier ein kleiner Auszug aus einer Seminararbeit über Vertrags- und Gastarbeiter in der ehemaligen DDR und der BRD:


    Am 20. Dezember 1955 unterzeichneten die Bundesrepublik und Italien das erste Abkommen zur Anwerbung und Vermittlung von Arbeitskräften. Diesem folgten Verträge mit Spanien und Griechenland (1960), der Türkei (1961), Portugal (1964), Tunesien und Marokko (1965) sowie Jugoslawien (1968).



    Bei den Gastarbeitern, die auf diesen Wegen nach Deutschland kamen, handelte es sich in der Mehrzahl um junge Männer, die als An- oder Ungelernte auf Arbeitsplätzen mit geringen Qualifikationsanforderungen eingesetzt wurden.


    Sowohl für die Bundesrepublik als auch für die Länder, die Arbeitskräfte entsandten, war von Anfang an klar, dass die Wanderarbeiter sich nur für bestimmte Zeit in Deutschland aufhalten sollten. Zunächst vereinbarte man eine Aufenthaltsdauer von einem Jahr (bei Saisonarbeitern sogar nur wenige Monate). Das Verhalten der Bundesrepublik und der Heimatländer, die das Ganze nur als mittelfristige Lösung zur Überwindung der personellen Engpässe sahen, prägte das Verhalten der Bundesbürger im Umgang mit den ausländischen Arbeitnehmern. Sie schwankten zwischen Gleichgültigkeit und freundlichem Interesse.


    Ja, und genau so gehen wir immer noch mit unseren 'Gästen' um ...... die längst nicht mehr zu Gast sind, sondern sich in vielen Bereichen gut integriert haben ........... und selbst wenn sie mittlerweile einen deutschen Pass in der Tasche haben, bleiben sie oft genug außen vor in vielen Bereichen weil man ihnen ansieht oder anhört, dass sie ursprünglich wohl woanders gelebt haben.


    Integration kann nur stattfinden wenn beide Seiten es wollen und daran müssen die Deutschen noch ein bisschen arbeiten fürchte ich. Wir haben ganz einfach den Zeitpunkt verpaßt Kontakte zu knüpfen und die Zuwanderer Willkommen zu heißen. Jetzt wachsen uns die Probleme über den Kopf obwohl wir schon lange sehen, dass sich Ghettos gebildet haben und sich 'Parallelgesellschaften' entwickelten.


    NACH MEHR ALS 40 JAHREN!!!!! Wie blind kann man sein??? :fetch


    Gabi

  • @ Gabi


    ich fürchte das siehst du ein wenig subjektiv......


    Ich finde es wurden und werden auf beiden Seiten Fehler gemacht und dein Satz "Wir haben es versäumt die Zuwanderer willkommen zu heißen" stößt gerade mir ganz ganz übel auf.


    Wieso sollte ich jemanden willkommen heißen wollen, der sich nicht die Mühe macht meine Kultur zu verstehen, meine Sprache zu sprechen, obwohl er in mein Land kommt? (Hier sind all jene aussenvor, die eben dies tun, denn um die geht es nicht)


    Unter deutscher Leitkultur verstehe ich zumindest das Sprechen der Deutschen Sprache und wenn schon kein Verständnis dann doch zumindest Toleranz für deutsche Brauchtumspflege. (Karneval, Schützenfeste, Maiumzüge etc.)


    Und daran happert es noch ganz gewaltig und zwar nicht, weil wir die Menschen nicht willkommen heißen, sondern weil man sich nicht integriert. Ich zwinge niemanden, am Rosenmontag im Clownskostüm durch Köln zu laufen. Aber wenn (so wie letztes Jahr passiert) ein paar türkische Halbstarke ein Tanzmariechen (Karneval) zusammenschlagen und ihr mit Filzstift Nutte auf die Stirn schreiben, dann frage ich mich ernsthaft, wer hier nicht an Integration interessiert ist.


    In Düren gibt es ein ein kleines Örtchen, in dem es einen Kindergarten gibt, der für die vielen russischen Spätaussiedler auch eine russischsprechende Kindergärtnerin hat, welche den Kindern gleichzeitig spielend Deutsch beibringen soll. Trotzdem werden die Kinder nicht hingeschickt, weil man keine Fremden mit der Fürsorge für die Kinder beauftragen will. (ist für mich nicht nachvollziehbar)


    Letzlich haben wir ein Ehepaar (beide Rumänen) und ihren Sohn angetroffen, obwohl die Eltern bereits seit 20 (!!) Jahren in Deutschland leben mußte der 11-Jährige alles übersetzen. Weil keiner der beiden auch nur ein Wort Deutsch sprach, wozu auch, man bekommt ja auch so sämtliche Staatliche Zuschüsse.


    Klar sind wieder alles nur Einzelfälle, das mag man mir gerne wieder vorwerfen. Aber durch diese Einzelfälle bildet man sich seine subjektive Meinung und meine Meinung ist die, daß sich auf beiden Seiten einiges ändern muß, bevor in Deutschland eine multi-kulti Gesellschaft funktionieren kann. (wenn eine solche Gesellschaft denn überhaupt funktioniert)


    Als positiv Beispiel muß ich allerdings meine südländische (keine Ahnung wo sie tatsächlich herkommt) Bäckerreiverkäuferin anmerken. Ich war letzlich Brötchen abholen für meine Geburtstagsfeier und sie fragte mich, ob ich denn auch Baklava (schreibt man das so???) feiern würde, wegen der vielen Brötchen. Als ich verneinte. Hat sie mich einfach mal eingeladen doch mitzukommen (leider mußte ich ablehnen, weil ich ja selbst Besuch bekam) Das nenne ich einen guten Schritt zur Integration und Akzeptanz.

  • Hi Babyjane,


    Zitat

    Wieso sollte ich jemanden willkommen heißen wollen, der sich nicht die Mühe macht meine Kultur zu verstehen, meine Sprache zu sprechen, obwohl er in mein Land kommt? (Hier sind all jene aussenvor, die eben dies tun, denn um die geht es nicht)


    .) Wie soll sich denn jemand integrieren, wenn du ihn nicht "willkommen" heißt?


    .) Woher weißt du denn im vorhinein, wer sich integrieren will und wer nicht?


    .) Wieviele wollen sich denn integrieren, und wieviele nicht?


    Zitat

    Aber wenn (so wie letztes Jahr passiert) ein paar türkische Halbstarke ein Tanzmariechen (Karneval) zusammenschlagen und ihr mit Filzstift Nutte auf die Stirn schreiben, dann frage ich mich ernsthaft, wer hier nicht an Integration interessiert ist.


    Es gab natürlich keine Deutschen, die das machen könnten. ;-)


    Und wenn es Deutsche machen würden, hätte wohl keine Sau gesagt, das Zusammenleben mit den Deutschen sei gescheitert. ;-)


    Mal eine neueste Statistik aus der Zeit:


    65 % der Deutschen bezeichnen das Zusammenleben mit den ausländischen Mitbürgern als "ausgezeichnet".


    22 % der Deutschen bezeichnen das Zusammenleben mit den ausländischen Mitbürgern als "sehr gut".


    Zitat

    Letzlich haben wir ein Ehepaar (beide Rumänen) und ihren Sohn angetroffen, obwohl die Eltern bereits seit 20 (!!) Jahren in Deutschland leben mußte der 11-Jährige alles übersetzen. Weil keiner der beiden auch nur ein Wort Deutsch sprach, wozu auch, man bekommt ja auch so sämtliche Staatliche Zuschüsse.


    Das ist bedauerlich, aber ein Einzelfall.


    Zitat

    Aber durch diese Einzelfälle bildet man sich seine subjektive Meinung und meine Meinung ist die, daß sich auf beiden Seiten einiges ändern muß, bevor in Deutschland eine multi-kulti Gesellschaft funktionieren kann. (wenn eine solche Gesellschaft denn überhaupt funktioniert)


    Dass sich auf beiden Seiten etwas ändern muss, ist völlig richtig. Aber wir leben doch bereits in einer Multikultigesellschaft in Europa, dass ist eine Folge der Globalisierung. Wir müssen einfach miteinander umgehen können, dazu gehört beidseitiges Verständnis und Respekt.


    Wenn 13 % der Bevölkerung Probleme mit ausländischen Menschen haben, dann liegt das oft nicht nur an den Ausländern , sondern auch zum Teil an den Einheimischen selbst, die voller Unwissen und Vorurteile über die Andersseidenden strotzen, und nicht auf sie zugehen.


    Gruß

  • His...


    ich muß jetzt zur Arbeit und bin erst in ein paar Tagen wieder Pc-fähig, daher hast du genügend Zeit noch mal nach zu denken was ich mit meinem Posting sagen wollt.


    EDIT:
    Aaaargh.. hätte ich mal meine Klappe gehalten.. naja es juckt mir zusehr in den Fingern um nix zu antworten.


  • Das 'Willkommen heißen' bezog ich auf die ersten 'Gastarbeiter'. Die ersten wurden noch kamerawirksam mit Blumen empfangen .......... danach ging es entweder ab in den Wohncontainer oder in ein Männerheim.


    Weder diesen Menschen noch uns wurde erklärt, welchen kulturellen Hintergrund der jeweils andere hat.


    Und diese Zeit ist lang vorbei. Damals reichte es vollkommen aus, wenn der 'Gastarbeiter' seine Arbeitsmaterialien und Arbeitsanweisungen auf Deutsch verstehen konnte, mehr wollte man gar nicht ............. und schon gar keinen Kontakt.


    Bis heute gibt es keine einheitlichen oder schlüssigen Konzepte wie man das Problem der 'Sprachlosigkeit' bewältigen kann. Nur drüber reden bringt ja schließlich noch keine Veränderung. Grundsätzlich gilt, dass schulisch besser gebildete Ausländer ein großes Bedürfnis haben, die deutsche Sprache zu erlernen. Wer in seiner Heimat keine Bildung genossen hat, wird sich auch hier nicht freiwillig weiterbilden, vielleicht fehlen sogar die Grundvoraussetzungen, nämlich Lesen und Schreiben können.


    Ich hab das hier alles schon einmal geschrieben. Mein Mann kannte sich in der deutschen/europäischen Geschichte und Gegenwart bestens aus, er interessierte sich für Politik und Wirtschaft und war durchaus der deutschen Sprache mächtig. In den ganzen 28 Jahren, die er hier in Deutschland lebte hat ihm nicht ein Arbeitgeber, Kollege oder Nachbar das Gefühl vermittelt, dazu zu gehören. So geht es vielen Freunden und Angehörigen meines Mannes, nicht nur in Deutschland. Die Folge war, dass mein Mann sich immer mehr aus dem Leben 'draußen' zurück zog. Er hatte seinen Arbeitsplatz, sein Zuhause und seinen kleinen Freundeskreis ............ mehr nicht. Und das lag sicherlich nicht an ihm, er war eher gesellig. Wir haben nach einigen unschönen Erlebnissen einfach darauf verzichtet, ein 'kulturelles' Leben zu führen sobald es draußen dunkel war ........... und zum Bahnhof fuhr mein Mann nur wenn es sich überhaupt nicht umgehen ließ .......... möglichst mit mir und den Kindern ........aber niemals allein ........... und bloß nicht an irgendwelchen Szeneplätzen vorbei ..........


    Mir geht es nicht darum Schuld zuzuweisen ............ hier ist einfach auf beiden Seiten etwas schwer verpennt worden und es herrscht immer noch die Einstellung vor, dass alles, was fremd aussieht, nicht zu uns gehören kann. Vielleicht würde der Integrationswille stärker werden wenn wir auch offener wären.


    Kriminelle und Fanatiker, da gebe ich hier allen recht, brauchen wir hier nicht ............ aber unter diesen vielen Menschen wirst du auch diese immer wieder finden.


    Gabi

  • .) Wie soll sich denn jemand integrieren, wenn du ihn nicht "willkommen" heißt?


    .) Woher weißt du denn im vorhinein, wer sich integrieren will und wer nicht?


    .) Wieviele wollen sich denn integrieren, und wieviele nicht?



    HIS diese Fragen erübrigen sich. Denn ich habe lediglich die Fehler auf beiden Seiten aufgezeigt. Ich bin bestimmt nicht die jenige, die entscheidet wer sich ausreichend integriert und wer nicht. Lies genau dann brauchst du nicht fragen.


    ZITAT:
    Es gab natürlich keine Deutschen, die das machen könnten


    Natürlich gibt es die, aber die begründen das nicht damit, daß sie fanden, daß der Rock der jungen Dame zu kurz sei und sie dann auch noch auf einer Bühne beim Tanzen ihr Rüschenhöschen entblößt hätte.


    (Wenn du willst kann ich dir tausende solcher Beispiele nennen angefangen bei der Japanischen Familie, die jedes Jahr wenn Schützenfest ist sich durch die Schüsse gestört fühlt daher die Polizei ruft, der polizei aber aufgrund fehlender Sprachkenntnisse nur bruchstückhaft mitteilen kann, was sie denn nun stört.)


    Zitat:
    Das ist bedauerlich, aber ein Einzelfall.


    Der leider nicht so einzeln ist, wie du es dir wünscht. Es gibt da vom Bundesamt für statistik eine Statistik zu, die solltest du dir mal ansehen (gibts auf der Seite vom BAfS.. bin zu faul sie dir raus zu suchen) und dann solltest du diese Einzelfalltheorie noch mal überdenken.


    Zitat:
    Wenn 13 % der Bevölkerung Probleme mit ausländischen Menschen haben, dann liegt das oft nicht nur an den Ausländern , sondern auch zum Teil an den Einheimischen selbst, die voller Unwissen und Vorurteile über die Andersseidenden strotzen, und nicht auf sie zugehen.



    Ich will sehen wie du einen unserer türkisch muslimischen Gesellschaftsclubs betrittst und auf die dortigen Menschen zugehst... wenn du es schaffst länger als ne Stunde drin zu bleiben und ohne ein blaues Auge raus zu kommen, hast du meinen Respekt!



    Ich will hier niemanden als Buhmann hinstellen oder gar Schuld zuweisen, auf beiden Seiten ist wie Gabi sagt schwer was verpennt worden.
    Allerdings verwehre ich mich massiv dagegen, wenn mir jemand sagen will, das sei allein die Schuld der *nicht zugereisten* Deutschen.

  • BJ, merkst du dir eigentlich die "bedauerlichen Einzelfälle" auf der anderen Seite genauso akribisch?


    Deutsche, die einen "Nigger" durch die Straßen hetzen und zu Tode prügeln?
    Oder ein kurdisches Mädchen vergewaltigen und schwer verletzen, ihr das Portemonnaie mit Adresse klauen und bei den Eltern anrufen, um denen zu sagen, wo sie die Nutte finden könnten -- umbringen müßten sie die schon selbst.
    Oder die Schaufenster mehrerer tükischer und arabischer Geschäfte einschlagen und "Türken raus" draufschmieren (erinnert fatal an den 9.11.1939, gell?).


    Oder gar deutsche Polizisten, die einen Betrunkenen aufgreifen, wegen seines südländischen Aussehens als "Kanaken" und "Kümmeltürken" beschimpfen, auf der Wache ein bißchen Spaß mit ihm haben und später behaupten, er müsse wohl in der Ausnüchterungszelle gestürzt sein (nach ai-Bericht).


    Was mich wirklich nervt, ist, daß du eine ausschließlich einseitige Bestandsaufnahme machst, um dein eigenes, bereits diamanthartes Urteil zu untermauern.

  • *seufz*


    Ich finde die ganze Diskussion ziemlich bedenklich.


    Und seit jeher ist mir religiöser Fanatismus zuwider (egal welcher), was jetzt daraus gemacht wird - in den Medien - und danach in den Köpfen der Menschen - macht mir wirklich Angst :-(

  • Zitat

    Ich will sehen wie du einen unserer türkisch muslimischen Gesellschaftsclubs betrittst und auf die dortigen Menschen zugehst... wenn du es schaffst länger als ne Stunde drin zu bleiben und ohne ein blaues Auge raus zu kommen, hast du meinen Respekt!


    Das ist ein blödes Vorurteil!


    Ich habe einige türkische Freunde, die völlig westlich orientiert sind, freundlich, liebenswert, und denen freundschaftliche und offene Werte sehr wichtig sind.


    Es ist doch schon bezeichnend, wenn jedesmal in einer Integrationsdebatte wiedereinmal von den "Muslimen" und den "Türken" die Rede ist, als würde es gar keine anderen Ausländer geben, und diese gleich als "aggressiv" und zu "temperamentvoll" abgestempelt werden.


    Mal was ziemlich privates:


    Ich hatte schon mal ein Messer in meinem Arm. Zwei betrunkene jugoslawische Jugendliche haben es mir reingerammt, einfach so, ohne Grund, weil ich einen von ihnen unabsichtlich angerempelt habe. Aber nie kamen mir Gedanken auf, wie zB "typisch, diese "Jugoslawen".


    Kriminelle und aggressive Menschen gibt es in allen Bevölkerungsgruppen, anständige und unanständige Menschen.


    Solange man es nicht der letzte Mensch begriffen hat, von dieser stumpfsinnigen, klischeetriefenden Nationenunterscheidung ala "so sind sie halt die ...." wegzukommen, wird es kein reibungsfreies Miteinander geben.


    Ich schließe mich Iris übrigens vollkommen an.


    Gruß

  • Ja, seh ich auch so...ich habe viele Jahre in der Düsseldorfer Innenstadt gelebt...


    Da hab ich ganz schöne Schoten erlebt...Gutes und Schlechtes...mit Deutschen und Ausländern...


    Ich finde es ganz selbstverständlich Probleme auf das Individuum zu schieben...und zu sagen "Erdinc ist ein blöder Sack" und nicht "alle Türken sind blöde Säcke".


    Ich finde Deine Ansichten ziemlich erschreckend BJ, wenn ich ehrlich sein soll.

  • So schön es wäre, aber allzu bläuäugig kann man dieses Thema nicht angehen. Nicht zuletzt die deutlich unterschiedliche Stellung der Frau in der Gesellschaft trennt uns oft mehr von - beispielweise- Türken als wir uns das wünschen.


    Ich für meinen Teil halte die Gleichberechtigung der Frauen für eine Errungenschaft unserer Gesellschaft, die man nicht preisgeben darf, um sich integrationsunwilligen Einwanderern anzubiedern.


    Vor einiger Zeit hatte ich ein Gespräch mit einigen Leuten, die seit Jahren eine Art gastronomischen Betrieb führen, d.h. hauptsächlich vermieten sie nur die Räume für Festlichkeiten und übernehmen die Bewirtung.


    Das Unternehmen ging aus einer grünen Jugendzentrumsinitiative und die Betreiber sind jeder Form von Ausländerfeindlichkeit unverdächtig.


    Sie vermieten die Räume an unterschiedlichste Gruppen, also an Deutsche, aber beispeilsweise auch an Türken.


    Auf meine naive Frage, warum man nicht deutsch-türkische Gemeinschaftsfeste organisiere, bekam ich eine Antwort, die mich nachhaltig erschüttert hat.


    Man sagte mir nämlich, man habe das schon versucht, aber das ginge in die Hose. Grund dafür: Türkische Männer betrachten deutsche Frauen auf einem solchen Fest als Freiwild, während türkische Frauen von deutschen Männern nicht einmal angesprochen werden dürfen, weil es sonst zu gewalttätigen Auseinandersetzungen kommt.


    Sage mir keiner, das läge daran, weil wir sie nicht reundlich genug begrüßt hätten. Der weit überwiegende Teil der heute in Deutschland lebenden Türken ist hier geboren!

  • Zitat

    Historikus:
    2. Was ist denn die deusche Leitkultur? Hat die unseelige "deutsche Leitkultur" nicht etwas anbiederndes ans ich?


    (1) unselig? wieso unselig?


    (2) anbiedernd


    mir schwant, der gute historikus weiß von unserer kultur nicht rechtens bescheid. traurig ist's, fürwahr, ich will sie nun aber nicht in schutz nehmen, nein, dazu achte ich die 'kultur' im allgemeinen zu sehr, als das ich sie nur auf das deutsche beschränkte, aber verlange ich, daß man dieser mit dem nötigen respekt begegne.


    Zitat

    Wenn 13 % der Bevölkerung Probleme mit ausländischen Menschen haben [...] Einheimischen selbst, die voller Unwissen und Vorurteile über die Andersseidenden strotzen, und nicht auf sie zugehen.


    wasser predigen und wein saufen, so mag es der philister.


    Zitat

    Es ist doch schon bezeichnend, wenn jedesmal in einer Integrationsdebatte wiedereinmal von den "Muslimen" und den "Türken" die Rede ist, als würde es gar keine anderen Ausländer geben, und diese gleich als "aggressiv" und zu "temperamentvoll" abgestempelt werden.


    was nach wie vor (~ Kopftuch) zu beweisen ist.


    Zitat

    Ich schließe mich Iris übrigens vollkommen an.


    gewöhnlicher habitus, man schaue in viele andere diskussionen.


    Zitat

    Iris:
    [...](erinnert fatal an den 9.11.1939, gell?).


    der hinweis fehlte noch.

    »Wer die Dummköpfe gegen sich hat, verdient Vertrauen.«
    Sartre

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