Erster Eindruck:
Der Schauspieler und Regisseur Fritz Kortner (1892 – 1970) prägt den autobiographischen Text sehr durch einen lebhaften Stil. Es ist ein umfangreiches Buch mit viel Text und mit Ausnahme des Bildes auf der ersten Seite leider ohne Fotos.
Das Buch wurde 1959 geschrieben. Da durch die Hitlerjahre das Exil des Juden Fritz Kortner eine Lücke in sein Werk zwang, beschloss er nach dem Krieg sich als Regisseur zu profilieren.
Immerhin hatte er schon 1931 den Film Der brave Sünder mit Max Pallenberg gedreht, eine verrückte Komödie, die einfallsreiche Kameraperspektiven und mit Kortners Drehbuch (zusammen mit Alfred Polgar) ungewöhnliche Einfälle besaß. Letztlich leider kein Erfolg, da dieser Film für seine Zeit wohl zu weit voraus war. Ich persönlich finde ihn herrlich.
Dann erinnert Kortner sich zurück:
Im Wien Anfang des 20.Jahrhunderts war Fritz Kortner schon in der Schule vom Theater fasziniert, gegen den Widerstand des Vaters, der erst alle Schauspieler als Faulpelze ansah, dann aber nachdem er den Faust im Burgtheater sah, zu seinem Sohn sagte:
Vielleicht inspirierte gerade das den Jungen sich bedingungslos als Schauspielschüler hinzugeben.
Das Besondere sind Fritz Kortners genaue, detailreiche Erinnerungen.
So weit mein allererster Eindruck, ich freue mich schon auf die Abschnitte mit Max Reinhardt.
Ich berichte anschließend mehr!
Kurzbeschreibung:
Am Abend des 9. Mai 1908 sah der junge Fritz Kortner zum erstenmal den österreichischen Schauspieler Josef Kainz als Franz Moor in Die Räuber von Schiller am Wiener Burgtheater: »Schlagartig wurde ich theaterhörig. Theaterliebeskrank lag ich danach tagelang fiebernd im Bett«, erinnert sich Kortner. Kainz hatte ihn »infiziert«. »Kainz-durchwebt« und »Schiller-trunken« ging er an jenem Abend nach Hause. Theater-trunken blieb er ein Leben lang.
Kortner erlebte alles: seinen erfolgreichen Einstieg in die Theaterwelt, eine Karriere mit Ecken und Kanten zwischen Gradwanderungen höchster Popularität und Verfemung, den Ruhm, den Rausch, den persönlichen Fall, Exil und Rückkehr. Doch unbesiegbarer Optimismus und Hoffnung führten Kortner immer wieder auf die Bühne zurück, er wollte spielen und inszenieren.
Fritz Kortner war ein Künstler, dem es gelungen ist, mit den Höhepunkten seines Wirkens Schaltstellen zwischen Theater und Geschichte zu fixieren.
Aufgrund einer weiteren Begabung, die des Schreibens und Erzählens, gibt Kortner einen persönlichen Einblick in die Theatergeschichte.
Pressestimmen:
"Kortner bewahrte sich bis ins hohe Alter sein Talent zur Auflehnung und zum leidenschaftlichen Widerspruch, er hatte keinerlei Ambitionen, sich zu 'vollenden', er bemühte sich, ein Suchender zu bleiben und beim Inszenieren ein Regisseur, der immer wie zum ersten Mal bis auf den Grund des Kunstwerks sieht und alles wiederzugeben versucht, was er gesehen hat." (Klaus Völker im Nachwort) "Kortner erweist sich in diesen Schilderungen nicht als Memoirenschreiber üblicher Art, sondern als Schriftsteller, der seines Stils sicher ist." (Werner Helwiges)
Über den Autor:
Fritz Kortner, 1892 in Wien geboren, war Schauspieler an zahlreichen Theatern, bis er 1933 - als Jude und Sozialdemokrat - nach Wien, dann London und in die USA emigrierte. Nach seiner Rückkehr nach Deutschland (1949) fing er als Regisseur eine zweite Karriere an. Er schaffte mit seinem gesten- und detailreichen Realismus ein Gegenmodell zu Gründgens Klassizismus und dem Stil-Theater seiner Zeit. Kortner starb 1970 in München.