Julia - Anne Fortier

  • Gebundene Ausgabe mit 637 Seiten
    Verlag: Krüger (April 2010)
    Sprache: Deutsch
    Originaltitel: Juliet



    Kurzbeschreibung
    Ein altes Buch lockt die junge Amerikanerin Julia nach Italien: Es ist die längst vergessene erste Fassung der Romeo-und-Julia-Geschichte und handelt von den verfeindeten Familien Tolomei und Salimbeni in Siena. Völlig überrascht stößt Julia auch auf die Warnung ihrer verstorbenen Mutter: Bis heute liege ein Fluch auf den Familien - und damit auch auf ihr. Denn ihr wahrer Name ist Giulietta Tolomei... Auf der Suche nach ihrem Erbe spürt Julia, dass sie beobachtet und verfolgt wird. Wird der Fluch der Vergangenheit auch ihr zum Schicksal?


    Zur Autorin
    ... bei den Fischer Verlagen



    Meine Meinung
    Dieser Roman wartet mit diversen Handlungssträngen auf. Die Haupthandlung spielt in Amerika und Siena, Italien der Gegenwart und wird aus der Ich-Perspektive der Protagonistin Julia/Giulietta erzählt. Darüber hinaus finden sich Ausflüge in die Vergangenheit, z.B. nach Siena im Zeitraum 1340 bis 1370 n. Chr. Und in die nähere Vergangenheit zur Lebensgeschichte der Eltern von Julia und ihrer Zwillingsschwester Janice. Am Anfang finden sich nur geringfügige Verbindungen zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Aber nach gut 200 Seiten kann man erste Schlüsse ziehen und die Geschehnisse rund um die erste Giulietta Tolomei und ihren Romeo Marescotti gewinnen an Gestalt. Diese beiden Menschen waren der Ursprung der Romeo und Julia Legende, so stellt die Autorin fest. Shakespeare und andere Autoren haben sich lediglich wahrer Ereignisse bedient und sie mit dramatischen Stilmitteln angereichert. Shakespeare hat nur eine geringfügige Rolle in diesem Roman und liefert einige Zitate, die jeweils am Anfang der Kapitel stehen.


    Sieht man einmal von Julia ab, waren die Figuren für mich nicht recht greifbar. Das liegt zum Teil auch daran, dass Anne Fortier ihrer Handlung immer wieder durch überraschende Ereignisse eine neue Richtung zu geben vermag. Das hat mich begeistert, es mir andererseits aber schwer gemacht, die Figuren fassen zu können. Mit jeder Seite muss man damit rechnen, dass eine soeben begriffene Figur plötzlich in einem ganz anderen Licht dasteht und alles andere als berechenbar ist. Auf Grund dieser Tatsache war es mir schwer, jenseits von Julia Sympathien oder Antipathien zu entwickeln. Kaum eine der Figuren ist komplett böse oder gut. Besonders spannend sind die Rollen, die Alessandro und dem Bediensteten Umberto zukommen. Sie haben mich am meisten überrascht.
    Sehr sympathisch erklärt wurde Julias Faszination für wichtige, leider aber meist tote Persönlichkeiten. Sie ist insgesamt eine interessante Figur, die zwar im letzten Viertel eher zum Spielball der Ereignisse verkümmert, aber durch die unbewusste Nähe zu ihrer Mutter an Farbe gewinnt und den Roman neben den sonderbaren Nebenfiguren zu tragen weiß.


    Was ebenfalls leicht negativ ins Auge fällt, ist das Ende dieses Romans. Die letzten gut 60 Seiten sind angereichert mit Action und Spannung pur, was im Gegensatz zum restlichen, durchaus unterschwellig spannenden Buch steht. Die Geschichte ist lesenswert und fesselnd, ohne dass es gleich Kugeln hageln muss oder eine wilde Jagd durch die Straßen Sienas nötig wird. Von diesem Grundsatz weicht die Autorin aber am Ende ab und sorgt für einen rasanten Showdown, den ich ihr nicht recht abnehmen wollte.


    Besonders begeistern konnte mich der Handlungsstrang rund um Siena im Jahre 1340. Was recht gleichmäßig und ruhig begann, gipfelte in einem Palio-Pferde-Rennen, das so lebhaft beschrieben war, dass man als Leser eher mittendrin statt nur dabei war.



    Fazit
    Nach einem Anfang, der mich nicht so recht packen wollte, entwickelt sich dieser Roman zusehends fesselnd und toll. Wunderschöne Lesestunden, ein Buch zum Abtauchen. Allein das Ende wirkt leicht übertrieben.



    Bewertung
    9/10 Punkten

  • Ich hab das Buch im englischen Original lesen koennen, was allerdings erst im August 2010 erscheinen wird.


    "Romeo und Julia" ist wohl die beruehmteste Liebesgeschichte ueberhaupt. Und altbekannt. Anne Fortier schafft es hier aber die weniger bekannten Aspekte in der Geschichte dieser Liebe zu beleuchten. Shakespeare bekam seine Eingebung fuer das Stueck von mehreren frueheren Erzaehlungen. Dabei war die erste nichtmal in Verona sondern in Siena angesiedelt. Und das macht diese Erzaehlung sehr spannend fuer den Leser: auch wenn wir denken wir kennen doch die Geschichte, entwickelt sie sich doch so gar nicht gemaess unseren Erwartungen.


    Anne Fortier wechselt die Erzaehlperspektive zwischen der zeitgenoessischen Julie Jacobs, eine Amerikanerin, die nach Siena reist, um ihre Familiengeschichte zu erforschen, und Guiletta, Julies Vorfahre aus dem mittelalterlichen Siena und verliebt in den gutaussehenden und draufgaengerischen Romeo. Diese Erzaehltechnik ist nicht sonderlich neu, erinnerte mich auch an Tracy Chevaliers Das Dunkelste Blau. Aber es funktioniert!


    Mir gefaellt die Art wie Fortier sehr ueberzeugend die Atmosphaere Sienas mit Leben und Kultur fuellt, uns dabei Architektur und Kunst, Cafes, Verkehr und natuerlich (Familien-)Politik naeher bringt. Ich fuehlte mich gleich wie zu Hause und wuerd am liebsten sofort wieder hin! Zu meiner Ueberraschung sind es gerade die Kapitel aus dem modernen Siena, die die meisten Informationen ueber die Stadt und ihre Geschichte bringen. Sehr gut geschrieben, keineswegs trockene Geschichtsstunden sondern zeitgenoessische Erlaeuterungen dieser einzigartigen Stadtkultur. Die geschichtlichen Kapitel fand ich etwas weniger interessant, ein bischen enttaeuschend, da ich sonst eigentlich recht gerne historische Romane lese. Aber die ausgezeichnete Beschriebung des mittelalterlichen Palio macht diese kleineren Schwaechen mehr als wett. Wie Steena auch schon schrieb, ist das eine der besten Szenen des Buches.


    Auch die moderne Julie erlebt so einiges an Aufregung, sie ist nicht die einzige, die nach Schaetzen der Vergangenheit Sienas sucht. Und so beginnt eine gefaehrliche und spannende Jagd mit Geheimnissen und Verwirrungen, dass es mir schwer fiel das Buch auch nur kurz aus der Hand zu legen, da ich unbedingt wissen wollte wie's weiter geht.


    Julia ist eine spannende Mischung aus Thriller, Liebesgeschichte und historischer Roman. Gelegentlich fuehlt es sich etwas klischeehaft an, aber die meiste Zeit kann ich es der Autorin durchaus verzeihen, da diese "neue" alte Geschichte immer wieder neue Ueberraschungen und Plotwendungen bietet. Die Spannung des Buches basiert dabei ueber weite Strecken auf gut gezeichnete alles andere als eindimensionale Charaktere, die sich nicht leicht einordnen lassen, und einen ansprechenden und gut lesbaren Schreibstil.


    Leider enttaeuscht das Ende, wo Anne Fortier wohl meint die Spannung mit den ueblichen billigen Thrillerelementen anziehen zu muessen - und die literarische Qualitaet darunter leiden laesst.


    Fazit: Sehr schoener Lesegenuss, ein moderner historischer Schmoeker, der gleichzeitig interessante Literaturgeschichte naeher bringt. Nur schade, dass der Schluss diesem literarischen Anspruch nicht gerecht werden kann.

    Gruss aus Calgary, Canada
    Beatrix


    "Well behaved women rarely make history" -- Laura Thatcher Ulrich

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  • Beatrix, das freut mich aber, dass wir zu sehr ähnlichen Ergebnissen gekommen sind :-). Eigentlich wollte ich auch auf das Erscheinen der englischen Ausgabe warten, aber da ich mir jetzt die deutsche leihen konnte, war die für den Anfang OK. Vielleicht würde ich mir das englische TB dann später noch zum Hinstellen kaufen :gruebel.

  • :wave Danke für eure Rezis. Ich kann mich der guten Meinung zu diesem Buch so gar nicht anschließen. Ich fand den Anfang einfach nur schlecht. Irgendwie wurde jedes Klischee bedient. Ich spoilere mal:


  • Eskalina : Mich wollte der Anfang auch nicht so recht packen, aber im Mittelteil war es aus meiner Perspektive dann doch lohnenswert mit der ein oder anderen guten Szene.


    Das Buch ist durchaus durch Klischees bestimmt, die Autorin gibt ihrer Geschichte aber auch viele unerwartete Wendungen, die mich damit sehr gut haben leben lassen.

  • @ Eskalina,


    die von dir genannte Szene ist durchaus eine, wegen der ich in meiner Rezis von gelegentlichen Klischees und enttaeuschenden historischen Kapiteln schrieb. Dies ist fuer mich auch eine der schwaechsten Stellen des Buches, ein Weiterlesen lohnt sich aber durchaus.

    Gruss aus Calgary, Canada
    Beatrix


    "Well behaved women rarely make history" -- Laura Thatcher Ulrich

  • Gerade wollte ich "Julia" in "Rezension gesucht" einstellen, weil ich in der Bahnzeitschrift einen Artikel über Julia und ein Interview mit der Autorin gelesen haben. Aber was finde ich? Auf die Eulen ist einfach Verlaß! Und irgendwie lauf ich immer Steena über den Weg. Ich glaube, wir haben den gleichen Büchergeschmack. Du liest nur viel mehr als ich. Wieviele sind es denn 2010 schon?
    Achja: Danke für die Rezi, Steena :wave


    Edit hat die Links entfernt, die mittlerweile zu den falschen Seiten führen.

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    "Es hat alles seine Stunde und ein jedes seine Zeit, denn wir gehören dem Jetzt und nicht der Ewigkeit."

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  • Mir haben die Passagen im 14. Jahrhundert weniger gefallen, dafür hatte ich am Gegenwartsstrang meine diebische Freude. Ich bin eigentlich sofort drin gewesen in der Geschichte und wollte immer nur wissen, wie es weitergeht. So habe ich die letzte Seite nachts um zwei umgeschlagen :grin
    Julia/Giulietta hat zu Beginn schon was naiv-doofes, macht aber im Buch eine Entwicklung durch. Am Ende steht keine Superheldin aber eine sympathische junge Frau, die im Leben angekommen ist. Ich finde, dass Anne Fortier das italienische Flair sehr gut eingefangen hat. Das Buch macht Lust, sich Siena und seine Bewohner selber mal anschauen zu wollen.

  • Ich hab die gekürzte Fassung gehört und muss sagen, dass es eine sehr angenehme, mit liebevollen Details ausgeschmückte, aber nicht sonderlich mitreißende Geschichte ist.
    Die fiktiven Hintergründe von Romeo und Julia fand ich sehr gelungen und das Verwechslungsspiel um die Bösen hat ein wenig Spannung in die Geschichte gebracht.
    Aber ansonsten konnte ich mich das "Liebesgetue" weder im 20. noch im 14. Jahrhundert überzeugen.

    Von mir gibt es 7 Punkte.

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    "Es hat alles seine Stunde und ein jedes seine Zeit, denn wir gehören dem Jetzt und nicht der Ewigkeit."

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  • Dieses Buch habe ich vor kurzen auch gelesen und fand es super!


    Von allen etwas dabei,Liebesgeschichte, Geheimnisse und auch Selbstfindung.
    Es war flüssig zu lesen, und ich bekam fast Lust mal nach Italien zu fahren. :-]

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    Bookworms will rule the world! As soon, as we finish one more chapter...

  • Hallo :wave


    Leider kann ich mich den bisherigen Meinungen nicht so ganz anschließen. Ich habe mich bis knapp über die Hälfte geschleppt und es gestern abgebrochen. Sprache und Erzählform haben mir zwar gefallen, aber die Geschichte kam einfach nicht in Schwung. Außerdem ging aus dem Klappentext nicht hervor, dass der Roman auf zwei Zeitebenen spielt. Das mag ich generell nicht so gerne. Vielleicht hätte ich mir die Inhaltsangabe im Buch besser durchlesen sollen :-(


    Schade, aber wenigstens DAS hab ich daraus gelernt.


    Ich geb dem Buch 5 Punkte.


    LG Nala

  • Ich hatte vor ein paar Monaten schon mal überlegt, ob ich mir das Buch kaufen soll, war mir allerdings unsicher, ob es zu meinem Lesegeschmack passt. Was mich nun dazu bewogen hat, es zu bestellen, weiß ich nicht.

    Jedenfalls ist das Buch großartig!
    Ich finde die Sprache und die Erzählform gut.
    Auch ich wusste nicht, dass es zwei Zeitebenen gibt, aber das hat mich wirklich gar nicht gestört. Eher hat es die ganze Geschichte noch mehr unterstützt und spannender gemacht. Zwischendurch hat mich die Geschichte aus dem Jahr 1340 dann doch mehr gefesselt, als die Gegenwart.
    Normalerweise lese ich die Bücher ohne zwischendurch mal vom Text hochzusehen und darüber nachzudenken. Bei diesem Buch konnte ich allerdings nichts anders und musste ab und zu das Gelesene durchdenken. Obwohl in dem Buch ja nun eigentlich keine schwierigen Gedankengänge zu finden sind.
    Die Personen finde ich gut beschrieben.
    Wie Bouquineur schon erwähnt hat, bekommt man Lust die Stadt zu besichtigen. Jedenfalls steht Siena nun bei mir auf meiner Reiseliste ziemlich weit oben.
    Dass das Buch am Anfang so klischeehaft ist, hat mich nicht gestört.
    Einen kleinen Kritikpunkt habe ich aber doch: Am Anfang finde ich die Streitereien und die Vergleiche der Schwestern ein wenig nervend, aber das legt sich dann doch relativ schnell irgendwann wieder.


    Dieses Buch hat mich auf eine ganz andere Weise gefesselt, als Bücher das sonst tun. Nochmal lesen werde ich es aber wohl eher nicht, da ich ja nun schon das Ende kenne.
    Trotzdem ist es meiner Meinung nach sehr zu empfehlen. :-)

  • Das Geheimnis über die größte Liebesgeschichte der Welt: Romeo und Julia.
    Nach dem Tod ihrer Tante reist die 25jährige Amerikanerin Julia Jacobs nach Italien, um dort ihre Familiengeschichte zu erforschen und mehr über ihre verstorbene Mutter zu erfahren.
    In Siena entdeckt sie ein altes Buch, das die Urfassung des Romeo-und-Giulietta-Stoffes enthält und von den verfeindeten Familien Tolomei und Salimbeni erzählt.
    Julia merkt schnell, dass sie verfolgt wird und als sie den mysteriösen Alessandro kennen lernt, weiß sie nicht wem sie überhaupt vertrauen kann und gerät in höchste Gefahr.
    Anne Fortier erzählt in „Julia“ eine Geschichte gemixt aus Fiktion und historischen Fakten.
    Dabei gibt es immer wieder Rückblicke in das Jahr 1340, in dem Giulietta Tolomei und Romeo Marescotti gelebt haben. Diese Ausflüge in die Vergangenheit waren wie auch die Geschichte in der Gegenwart spannend und lebendig erzählt, wenn auch einige Längen vorhanden waren. Dennoch war es interessant zu lesen wie die Zustände zu dieser Zeit in Siena und die Hintergründe zu besagten Familien waren.
    Die Gegenwartserzählung fand ich aber um einiges mitreißender und vor allem immer wieder sehr überraschend.
    Julia ist eine eher schüchterne Person, die unter ihrer dominanten Zwillingsschwester Janice zu leiden hatte und nun in Siena die Geschichte ihres Ursprungs aufdecken will. Ich mochte Julia sehr, auch wenn ihre Passivität bezüglich ihrer „Terrorschwester“ nicht wirklich nachvollziehbar war.
    Fortier hat ein sehr schönes, romantisches Buch geschrieben, das nicht zu kitschig oder unglaubwürdig ist. Die Verbindung zwischen historischen Details und Fiktion ist glaubwürdig und nachvollziehbar und besonders die Figuren sind mir schnell ans Herz gewachsen. Sie sind authentisch und eigenständig. Besonders das Zusammenspiel von Julia mit Alessandro war ein Highlight.
    Der Schreibstil ist flüssig und die Geschichte entwickelt einen schnellen Sog, der einen bis zum Ende nicht mehr loslässt.
    Die vielen überraschenden Wenden in der Handlung lassen die Geschichte bis zum Ende unvorhersehbar sein und sorgen für genug Abwechslung.
    Das Ende war dann zwar etwas unspektakulär, aber im Gesamten hat mir das Buch außerordentlich gut gefallen und hat mich teilweise sehr aufgewühlt.


    10 von 10 Punkten!