Der Gedankenleser - Jürgen Domian

  • Kurzbeschreibung:
    Arne hat eine tolle Frau, ein schönes Haus, einen guten Job – sein Leben scheint perfekt. Bis er von einem Blitzschlag getroffen niedersinkt. Als er wieder erwacht, kann er die Gedanken anderer Menschen hören und erfährt: Seine Frau hat ihn nie geliebt, seine Freunde haben nur Spott für ihn übrig, sein Chef verachtet ihn. Arnes Existenz stürzt wie ein Kartenhaus in sich zusammen. Kurzerhand lässt er alles hinter sich und begibt sich auf die Suche nach dem richtigen Leben.


    Über den Autor und Sprecher:
    Jürgen Domian wurde 1957 in Gummersbach geboren. Nachdem er bei verschiedenen Sendern der ARD als Autor und Reporter arbeitete, moderiert er seit 1995 die bimediale Telefon-Talkshow "Domian" (WDR-Fernsehen/WDR-Hörfunk 1LIVE). 2003 wurde er für die Sendung mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet.


    Meine Rezension:
    Jürgen Domian hat mit "Der Gedankenleser" einen nachdenklichen Roman vorgelegt, der sich mit den Abgründen der menschlichen Seele und tiefgründigen Fragen nach Freundschaft, Liebe, Ehrlichkeit und dem Sinn des Lebens beschäftigt. Das Leben seines Protagonisten Arne Stahl wird völlig auf den Kopf gestellt, als er durch die aus einem Blitzschlag resultierende Gabe, die Gedanken anderer Menschen zu hören und ihre Gefühle anhand von Farben zu sehen, erfährt, was sie wirklich über ihn denken. Kaum jemand in seinem Umfeld ist ehrlich, seine Gabe, von der er schon bald merkt, dass sie mehr Fluch als Segen ist, zeigt ihm die wahren (und zumeist erschütternden) Gesichter der Menschen.


    Die Idee dieser Geschichte ist ohne Frage spannend und originell und wird von Domian auch gut erzählt. Wenn auch einige Enthüllungen und Entdeckungen vorhersehbar sind, gibt es doch die ein oder andere überraschende Wendung, was der Geschichte sehr gut tut. Für meinen Geschmack war sie jedoch insgesamt leider zu "moraldurchtränkt", die Botschaft ist von Beginn an offensichtlich und wird auch immer wieder betont. Auch sind viele der Charaktere sehr eindimensional gezeichnet, gut oder böse - dazwischen gibt es kaum etwas.


    Arne Stahl, der Protagonist, ist in vielerlei Hinsicht ein Opfer, aber so selbstreflektiert und gefasst, dass man nur staunen kann. Wer Domians TV/Radio-Sendung "Domian" kennt, wird bei den Fragen, die sich Arne im Laufe der Zeit stellt, schnell eine verblüffende Ähnlichkeit zu den Fragen erkennen, die Domian selbst in seiner Sendung stellen würde. Dass er auch noch selbst das Hörbuch spricht, verstärkt diesen Eindruck natürlich noch. Ob die Entscheidung, dass Domian, der zweifellos ein guter Sprecher/Vorleser ist und dem ich sehr gerne zuhöre, sein eigenes Buch spricht, in diesem Fall der Geschichte zugute kommt, bezweifele ich deshalb stark. "Der Gedankenleser" ist eine originelle Geschichte, die durchaus zum Nachdenken anregt, die jedoch durch ihre relative Geradlinigkeit einiges Potenzial verschenkt.


    Deshalb vergebe ich 6 Punkte.

  • Bin am Ende der ersten CD und sowohl inhaltlich als auch vom Vortrag enttäuscht. Vielleicht höre ich morgen früh nochmal rein, wobei es ja anscheinend kaum besser wird. :-(

    "It is our choices, Harry, that show what we truly are, far more than our abilities." Albus Dumbledore
    ("Vielmehr als unsere Fähigkeiten sind es unsere Entscheidungen, die zeigen, wer wir wirklich sind.")


    "An allem Unfug, der passiert, sind nicht etwa nur die Schuld, die ihn tun, sondern auch die, die ihn nicht verhindern."

    Erich Kästner.

  • Also ich brauchte auch paar Minuten bis ich mich an seine Stimme gewöhnt hatte, er spricht ja bissle einschläfernd, aber dann wars doch ganz nett. Fängt ja mit einer anderen Stimme an, die die ihr immer hört wenn er die Gedanken der anderen wahrnimmt, die find ich auch nicht so dolle.
    Den Inhalt selbst fand ich doch recht gut, hatte hier dazu was geschrieben:
    https://www.buechereule.de/wbb/thread/51965&hilight=gedankenleser+domian
    Gib dem Ganzen doch noch ne Chance. Ist ein ruhiger, schöner Roman.

  • Zitat

    Original von MissKazumi
    Gib dem Ganzen doch noch ne Chance. Ist ein ruhiger, schöner Roman.


    Danke für den Tipp. :-) Habe es jetzt erstmal abgebrochen, im Herbst bekommt "Der Gedankenleser" dann noch eine zweite Chance. Momentan war ich von Jürgen Domians Vortrag und seiner etwas besserwisserischen Hauptfigur zu sehr genervt. Die Grundidee finde ich jedoch nach wie vor sehr interessant.

    "It is our choices, Harry, that show what we truly are, far more than our abilities." Albus Dumbledore
    ("Vielmehr als unsere Fähigkeiten sind es unsere Entscheidungen, die zeigen, wer wir wirklich sind.")


    "An allem Unfug, der passiert, sind nicht etwa nur die Schuld, die ihn tun, sondern auch die, die ihn nicht verhindern."

    Erich Kästner.

  • Ich hätte hier mal einen Blick reinwerfen sollen, bevor ich mir das reingezogen habe.


    Man, so ein ätzender Protagonist, so beherrscht, so unmenschlich, so weinerlich, so depressiv, so nörgelig, so gutmenschlich, so überheblich.
    Schrecklich.
    Arne hört die Gedanken anderer Menschen, nachdem er vom Blitz getroffen wurde. Aber anstatt, dies als Chance zu sehen, sich ein wenig zu amüsieren, mutiert er zum Trauerkloß, leidet schrecklich, weil seine Mitmenschen mal ein paar böse Dinge denken. Die Welt erscheint ihm schrecklich böse und gemein und nur er scheint gute und tugendhafte Gedanken zu pflegen.
    Einige ganz wenige der Gedankengänge von Arne, waren sicherlich denkwürdig und interessant, die meisten gingen mir einfach nur auf den Sender.
    Die wenigen Stellen des Buches, die einen tatsächlich zum Nachdenken anregten, gingen jedoch leider in dem mordsmiesen Vortragsstil von Jürgen Domian unter. Er nuschelt, er spricht total nöhlig, als wolle er den Weltschmerz ganz allein ertragen und würde vor lauter Traurigkeit erschlagen und hin und wieder hätte ich ihm, wäre er greifbar gewesen, ganz gerne an den Ohren gezogen.
    Nein, kein Buch für mich und mir fällt jetzt auch niemand ein, dem ich es empfehlen würde...

  • Als Arne Stahl in einem Krankenhaus erwacht, ändert sich sein Leben mit einem Mal schlagartig. Obwohl sein Arzt, der direkt vor ihm steht, die Lippen nicht bewegt, kann er klar und deutlich eine Stimme vernehmen. Als diese Situation sich mit seiner Ehefrau Anna wiederholt, erkennt er, welche Gabe er seit seinem Unfall hat: Er kann Gedanken lesen.


    Doch das dies keine positive Eigenschaft ist, muss Arne recht schnell erkennen: Seine Frau denkt immer wieder an ihren Exfreund Max und ist alles andere als glücklich in ihrer Ehe. Seine Arbeitskollegen führen ihn hinters Licht, sein Chef würde ihn am liebsten als Pflegefall sehen und sein ehemals bester Freund hat ein so dunkles Geheimnis, dass Arne an der gesamten Menschheit zweifelt.


    Er glaubt, dass es keinen einzigen ehrlichen Menschen mehr auf der Welt gibt. Seine Angst, erneut von der Menschheit enttäuscht zu werden, nimmt ihn so sehr mit, dass er beschließt, sich in die Einsamkeit zu flüchten.
    Er kündigt seinen Job als Journalist und flieht nach Nord-Finnland. Hier will er zurückgezogen ein neues Leben anfangen.
    Doch auch kommt er nicht vollständig zur Ruhe…


    Ich muss gestehen, dass mich dieses Hörbuch ein wenig sprachlos zurückgelassen hat.
    Was Jürgen Domian in „Der Gedankenleser“ erzählt, geht unter die Haut. Viele Textpassagen und Schicksale haben mich zum Nachdenken gebracht und haben mich auch jetzt noch nicht ganz losgelassen.
    Wieviel Wahrheit verträgt ein Mensch? Gibt es überhaupt jemanden auf der Welt, der immer die Wahrheit sagt und genau das sagt, was er denkt?


    Durch seine Radiosendung „Domian“ hat der Autor bereits oft die Möglichkeit erhalten, in die Köpfe der Menschen hinein sehen zu dürfen. Wer die Sendung regelmäßig verfolgt, wird erkennen, dass viele Nebencharaktere wie die Toilettenfrau in diesem Buch für die vielen Anrufer der Sendung stehen, denn meistens konzentrieren diese sich nicht auf für das Wichtige, sondern eher für nebensächliche Dinge.


    Arne, der hier als Ich-Erzähler auftritt, steht mit seinen 48 Jahren und seinem Job als Journalist mitten im Leben. Seine Ehe mit Anna lief bislang ohne große Komplikationen, blieb jedoch farblos. Anna denkt immer wieder an ihren Exfreund Max und leidet unter der Zeugungsunfähigkeit ihres Mannes.
    Arne ist ein sympathischer, ehrlicher und vor allem authentischer Protagonist, der seine Gabe eher als Fluch, als ein Segen ansieht. Durch viele negative Erfahrungen steht er den Menschen ängstlich, aber auch gleichzeitig neugierig gegenüber.


    Bei diesem Hörbuch handelt es sich um eine Autorenlesung. Mit gewohnt ruhiger Stimme erzählt Jürgen Domian aus Arnes Gedanken und sorgt dafür, dass dieses Hörbuch niemals langweilig ist. Die Geschichte allein überzeugt so sehr von sich, dass hier nicht sonderlich viele Betonungen oder sonstiges nötig sind.


    „Der Gedankenleser“ ist für jedermann geeignet, der bereit ist, sich auf eine einmalige Reise durch die Gedankenwelt des Arne Stahl einzulassen. Die Geschichte vermittelt Werte und plädiert zu mehr Ehrlichkeit.


    Absolut empfehlenswert!

  • Hm...
    die Rezi von Incomplete irritiert mich jetzt total.
    Warst du denn von diesem ätzenden Besserwisser und Besserkönner und immer total Ehrlichen nicht angenervt?

  • Mir hat das Hörbuch gut gefallen.


    Schon heftig, wenn man plötzlich die Gedanken seiner Mitmenschen hören kann und somit ungefiltert mitkriegt was die echt von einem halten, denken und sich so für Gedanken machen. Also ich möchte das ja nie erleben.... man möchte das doch echt gar nicht wissen. Denn dann geht es einem in den meisten Fällen garantiert wie Arne, denn ich glaube eh das 90 Prozent meiner lieben Mitmenschen zum gelinde gesagt abhaken sind und die 10 Prozent die übrig bleiben dafür aber umso grössere Schätze sind.
    Ich habe Arne jetzt nicht als Besserwisser oder so empfunden. Eher als Durchschnitts-Normalo-Typ. Das er bei dem was ihm da so an Gedanken entgegenschlägt, wo er doch ohne diese "Gabe" stinknormalen Alltagsstandard (vielleicht etwas langweilige Routine, aber doch durchaus vermutet das er gemocht, akzeptiert usw. wird, und dann kanllen dir die ungefilterten fiesen Wahrheiten so um die Ohren...) nicht grade vor Freude ausflippt kann ich sooo nachvollziehen. Ich würde da auch nicht MICH reflektieren in dem Moment, sondern auch denken: was für eine verlogene, scheinheilige Bagage seid ihr doch alle. Da hätte ich dann gar keinen Kopf zu, wenn mir da auch so mein Alltag um die Ohren knallen würde.
    Das einzigste wo mir der Arne auf den Keks ging, war als er den Boris da so gedrängt hat : Du musst zur Polizei gehen blabla. Also da war ich absolut dagegen! Boris hat doch schon genug gelitten, er hat ein Kind das ihn braucht und der andere Typ (der den Boris ja wohl aufs übelste beschissen hat) ist eh tot, daran ändert sich nichts. Ich würde meinem Freund doch da nicht raten sich da quasi selber anzuschwärzen. Ich würde für ihn da sein wollen und da er seine Situation und sein "Verbrechen" (bewusst in Klammern) ja haarklein geschildert hat und ich da keinen Mord erkennen kann.... neee das fand ich voll blöd. Da hätte ich den Arne schütteln können, sonst eigentlich nicht.
    Und ich hätte mir gewünscht das er dem Moritz eine reinhaut ;-). Den Kinderschänder im Freundeskreis.... das war vielleicht auch etwas too much, aber ist ja leider oft so, das grade das Umfeld nix ahnt. Ich finde nur irgendwie hätte da mehr kommen müssen - vor allem wenn man das mit Arnes Haltung gegenüber Boris vergleicht. Den hat er gedrängt sein "Verbrechen" einzugestehen blabla (was ich immer noch für total daneben halte), aber Moritz, der beste Freund der sich als Kinderschänder entpuppt - der wurde nichtmal drauf angesprochen. Den hätte ich gerne winseln hören, wenn er ein paar kassiert hätte *gg* (jaja ich weiß ich bin böse, aber da hört meine Toleranz dann absolut auf)


    Das Hörbuch hat mir jedenfalls gefallen und von mir aus hätte die Geschichte ruhig noch länger sein können. Ich mag Domians ruhige Art vorzulesen und höre ihm gerne zu. Aber das empfindet eh jeder anders. Was für den einen ruhig und angenehm ist ist vielleicht für andere langweilig. Mir hat es gefallen.

    "We are ka-tet...We are one from many. We have shared our water as we have shared our lives and our quest. If one should fall, that one will not be lost, for we are one and will not forget, even in death."Roland Deschain of Gilead (DT-Saga/King)