Die Gärten von Landrake Hall - Elizabeth Edmondson

  • Klappentext:


    Als die exaltierte Schauspielerin Rosina den Lord von Landrake Hall heiratet, lädt sie ihre erwachsene Tochter Cleo ein, sie in ihrem neuen Heim zu besuchen. Landrake Hall ist ein wunderschöner Landsitz, gelegen inmitten von weitläufigen Parks und dichten Wäldern. Doch auf den verschlungenen Gängen und prachtvollen Hallen des Anwesens lastet eine bedrohliche Stimmung. Bald wird Cleo klar, dass ihr Stiefvater erpresst wird. Ihre Stiefschwestern verhalten sich merkwürdig feindselig, die kleinste scheint völlig verstört zu sein. Und Esmond, der designierte Erbe von Landrake Hall, hat ganz offensichtlich etwas zu verbergen. Nur Fitz Falconer, ein entfernter Verwandter der Familie, empfängt Cleo offen und freundlich. Von dem gutaussehenden Reporter erfährt sie, dass es auf Landrake Hall in der Vergangenheit einige tragische Unfälle gegeben hat – alle in einem Jahr. Bald fürchtet Cleo um das Leben ihrer Mutter


    Meine Meinung:


    Familiengeheimnisse und ein zwangloses Familientreffen auf einem herrschaftlichen Landsitz mitten in Cornwall sind die Zutaten eines ausgewogenen, wohl schmeckenden Menüs in einer ausgelassenen Zeit kurz vor dem zweiten Weltkrieg. Cleo Otway fährt für ein Wochenende auf Landrake Hall, eingeladen von ihrer Mutter, die kurz vorher den wohlhabenden Lord Jerry Landrake geheiratet hat. Sie soll dort ihre Stiefschwestern Philippa, Tissy und Mattie kennen lernen. Selbstverständlich auch ihren neuen Stiefvater, seinen Neffen Esmond und Jerrys Schwager, Fitz Falconer. Obwohl Cleo nur ein Wochenende zu Gast ist, erlebt sie doch eine aufregende Reise in die Vergangenheit, entdeckt Abgründe menschlichen Verhaltens, sieht Geister und deckt auch noch verloren geglaubte Familiengeheimnisse auf.


    Edmondson entführt uns in eine wildromantische Landschaft mit romantisch angelegten Gärten auf einem riesigen Landsitz, in dem Cleo sich ständig verirrt. Dadurch entdeckt sie aber viel Unbekanntes und Verstaubtes. Ein altmodischen Lebensstil, bei dem noch Butler, Dienstmädchen und Zofen regieren, wird sehr lebendig geschildert. Eingezwängt in einem Korsett aus Konventionen und der Allmacht des Vaters versuchen die drei Töchter von Lord Landrake sich auf unterschiedliche Weise zu befreien. Ihre Charaktere sind sehr vielschichtig angelegt, man erkennt immer wieder neue Eigenschaften. Nichts ist ganz schwarz oder weiß, Edmondson beherrscht die Zwischentöne perfekt. Eigentlich spielt die Geschichte im Jahr 1935, aber immer wieder werden Erinnerungen an das Jahr 1919 wach, welches so viel Leid über die Familie Landrake gebracht hatte. Waren es wirklich nur Unfälle, die sich damals unglücklicherweise gehäuft haben? Oder gab es doch jemanden, der dabei seine Hand im Spiel hatte? Cleo sieht als Außenstehende viel mehr hinter den Fassaden, selbst die Schatten der Vergangenheit stellen sich ihr vor. Dieser leichte Mystery Touch passt hervorragend zu der Geschichte und verleiht ihr damit noch die richtige Würze. Insgesamt ist das Verhältnis sehr ausgewogen zwischen den eigentlichen Ereignissen und der Vergangenheit.
    Subtile Gesellschaftskritik, gut verpackt in einem leichten, angenehmen Erzählstil, der unterschwellig ständig zum Weiterlesen animiert. Frauen durften zwar schon wählen und studieren zu der Zeit, aber anhand der unterschiedlichen Frauen, Cleo und die drei Töchter Lord Landrakes, zeigt Elizabeth Edmondson eindringlich die unterschiedlichen Auswirkungen eines despotischen und überholten Lebensstiles auf. Cleo konnte ihr Leben schon immer selbst bestimmen, als einzige Tochter einer Schauspielerin war sich schon früh auf sich selbst gestellt. Ihren Traum, als Modedesignerin zu arbeiten, kann sie sich noch nicht erfüllen, zumindest arbeitet sie aber in einem Modesalon in der Verwaltung. Dies sieht Lord Landrake überhaupt nicht gerne, für ihn gehören Frauen immer noch ins Haus und verheiratet. Schulische Bildung oder sogar eine Berufsausbildung hält er für überflüssig, er sieht sofort rot, wenn eine Frau es wagt, sich gegen ihn aufzulehnen oder sich für ihn auf eine untypische Art zu benehmen. Seine Ansichten verkündet er lautstark und lässt sich von seinen Töchtern in keinster Weise erweichen. Gelingt es Tissy und Mattie wohl noch, trotzdem ihr Ziel, arbeiten und studieren zu können, zu erreichen?


    Der Stil verzaubert, eingebettet in eine archaischen Lebensweise findet sich der Leser in einem Wochenende wieder, wie es die Adligen früher auf ihre ganz besondere Weise leben konnten. Reitausflüge, Dinnerpartys, ein Ball und ein Picknick runden die Erlebnisse ab, ein verwunschenes und verwinkeltes Schloss gehören genauso dazu. Die Personen sind interessant und tiefsinnig, fast jeder birgt irgendein Geheimnis. Am Ende kommt es zu einem großen Showdown, in bester Hercule Poirot Manier.


    Fazit


    Eine kleine, feine Perle für jeden Liebhaber von Familiengeheimnissen und Gesellschaftsstudien, ausgewogen gemischt mit einem Hauch Mystery und Vergangenheit. Ein bereits vergangenes Zeitalter wird wieder lebendig, antiquierte Konventionen regen zum Nachdenken an. Der magische Erzählstil zieht den Leser in seinen Bann, wundervolle Bilder entstehen. Gesellschaftskritik, fein eingestreut, sorgt für den nötigen Tiefgang, Neugier und Spannung wohl dosiert lassen auf glückliche Problemlösungen hoffen.


    LG
    Patty

  • Oh fein, das habe ich schon auf meinem SUB.
    Vielen Dank für die schöne ausführliche Rezi.


    :wave ebenfalls aus der Kulturhauptstadt 2010 :grin

  • Das habe ich heute bei den Taschenbuch-Neuerscheinungen entdeckt und es hat mich sehr angesprochen (kenne von den älteren Büchern der Autorin noch nichts, aber sie sind mir schon oft aufgefallen). Diese Rezension hier ist ja sehr überzeugend! Gekauft ;-) Na ja, noch nicht, aber beim nächsten Buchladenbesuch werde ich nochmal etwas weiter reinlesen.



    -----------------------------------

  • Mir gefällt das Buch leider nicht, von "magischem Erzählstil", durch den "wundervolle Bilder entstehen", finde ich hier nichts. Beim Lesen kommt bei mir gar nichts auf, keine Stimmung, keine Bilder - ich musste manchmal an Susanna Kearsley denken, wegen der mysteriösen Anteile und des eher leichten Tons, allerdings hat Kearsley Esprit und Witz und kann außerdem sehr gut Landschaften und Geschehnisse stimmungsvoll beschreiben, was dieser Autorin hier meines Erachtens völlig abgeht.


    Ich hatte schon "Villa Dante" gelesen, was mir besser gefiel - das war für mich eine angenehme Unterhaltungslektüre, die mir trotz einer gewissen Langatmigkeit im Großen und Ganzen ganz gut gefiel, weil ich auch die Situation, in der die Protagonisten waren, spannend fand (Die Ausgangssituation erinnert an "Das Geisterschloss"). Bei "Die Gärten von Landrake Hall" habe ich das Gefühl, es ist egal, ob ich dieses oder gar kein Buch lese.


    Das war für mich der letzte Versuch mit Elizabeth Edmondson.

  • Ich habe dem Buch doch noch eine Chance gegeben und offenbar war es beim ersten Versuch einfach nicht das richtige zu der Zeit, denn jetzt hat mir das Buch doch ganz gut gefallen. Vom Erzählstil her finde ich es zwar immer noch nicht besonders gut, aber auch auf keinen Fall so grottenschlecht wie vor knapp drei Monaten.


    Das riesige, verwinkelte Herrenhaus, die adlige Lebensweise, die vielen verschiedenen Charaktere haben mich auch gut unterhalten und ich empfand das Buch als angenehm unaufregend. Es ist eine eher anspruchslose Lektüre, die aber doch einen gewissen Reiz hat. tinkerbell hat das, was das Buch ausmacht, sehr gut dargestellt, wenn ich auch die Begeisterung nicht so ganz teile.