Der Engel mit der Rosenschere - Colin Bateman

  • Es ist wohl Batemans Schicksal, dass seine Bücher in Deutschland mit grauenhaften Covern, bescheuerten Titeln und billigster Aufmachung herauskommen. Aber auch hier gilt mal wieder: nicht abschrecken lassen, Augen zu und hinein in ein herrlich abgefahrenes Lesevergnügen:


    Bobby McMaster ist irischer Boxchampion, global betrachtet freilich ein sehr, sehr mittelmäßiger. Dennoch hat sein Manager das fast Unmögliche geschafft: Bobby wird in einem Weltmeisterschaftskampf gegen keinen Geringeren als Mike Tyson antreten. Und da die Bedeutung dieses Kampfes für das (nord)irische Selbstbewusstsein nicht überschätzt werden kann, wird Dan Starkey, versoffener Sportreporter aus Belfast, engagiert, die Reise nach USA zu begleiten und sie in einem Buch zu dokumentieren. Der hat so eben erfahren dass seine Frau einen Liebhaber hat, von dem sie gar ein Kind erwartet und ist froh über jede Abwechslung.


    Hat aber schon Starkey alleine einen Schmutzengel, der ihm die Fettnäpfchen direkt vor die Füße stellt und ihn zielsicher in brenzlige Situationen führt, hat er in Bobby seinen Meister gefunden: kaum in den USA angekommen, haben sie schon eine Meute fanatischer Schwarzer, eine IRA-Splittergruppe und eine Horde empörter schwuler Aktivisten an der Backe, was hauptsächlich daran liegt, dass nordirische Bauernschädel ins politisch korrrekt New York passen wie Hugh Hefner ins Schweigekloster. Und so rutscht Starkey immer tiefer in diese haarsträubend Geschichte, ist nicht nur Chronist, sondern auch Pressesprecher und Leibwächter, ziemlich viele Tote sind zu beklagen, aber auch eine zarte, wenn auch hoffnungslose Liebesgeschichte zu erleben.


    Um dieses Buch genießen zu können, sollte man allerdings ein gewisses Maß an Schmerzfreiheit mitbringen. Starkeys Selbstironie steigert sich oft bis zur Selbstzerfleischung, politisch korrekt geht es so überhaupt gar nicht zu (es wird sogar auf friedliche Wale geschossen :yikes) und es ist doch ziemlich oft vom Boxen die Rede, was, wie wir ja alle wissen, die langweiligste Sportart der Welt ist.
    Wenn man sich davon nicht abschrecken lässt, erwartet einen ein urkomisches, ziemlich ernstes und manchmal sogar tiefgründiges Lesevergnügen

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

  • Das hört sich ja sehr vielversprechend an. Herzlichen Dank für diese Buchvorstellung. :wave

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Das hört sich nach jeder Menge Spaß an :lache Danke für die Rezi!
    Der Autor ist bislang komplett an mir vorbeigegangen... Offenbar gibt es aber mehrere Bände mit dem Protagonisten Starkey, kennt jemand die korrekte Reihenfolge oder ist das wurscht? :grin

  • "Der Engel mit der Rosenschere" ist die Fortsetzung vom ersten Buch mit Dan Starkey mit dem nicht weniger bescheuerten Titel "Eine Nonne war sie nicht".


    Dann gibt es noch "Nachtwächter im Empire State". Ob das auch ein Starkey-Roman ist, weiß ich jetzt gar nicht, werde zuhause aber mal reingucken.

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

  • Meine Recherchen haben ergeben: es gibt noch zwei Starkey-Romane, die aber offensichtlich (noch?) nicht auf deutsch erschienen sind: Turbulent Priests und Shooting Sean.
    Das Empire State - Buch ist kein Starkey.

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

  • Colin Bateman habe ich seit längerem auf der Merkliste, da es aber in OV so viele Titel gibt und anscheinend mehrere Serien und auch Einzeltitel, habe ich mich noch nicht wirklich "eingearbeitet", womit ich denn beginnen sollte / würde. :gruebel



    Es gibt auch eine Reihe mit einem Buchhändler, der zufällig jetzt als Privatdetektiv arbeitet, weil die Detektei nebenan Pleite gegangen ist, und die Detekteikunden jetzt bei ihm im Buchladen stehen ...


    Kurzbeschreibung
    A superbly gripping and blackly funny mystery by the king of the crime caper. He's the Man With No Name and the owner of No Alibis, a mystery bookshop in Belfast. But when a detective agency next door goes bust, the agency's clients start calling into his shop asking him to solve their cases. It's an easy way to sell books to his gullible customers and Alison, the beautiful girl in the jewellery shop across the road, will surely be impressed. Except she's not. And when they break into the shuttered shop on a dare, they have their answer. Suddenly they're catapulted along a murder trail which leads them from modern dance to Nazi secrets and serial killers...




    Die Covergestaltung der meisten Bücher von Colin Bateman ist einheitlich in dieser Art gemacht, und ich finde diesen nach "billigem" 1970er Pulp aussehenden Stil eigentlich ganz nett. ;-)



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