Geert Mak
Das Jahrhundert meines Vaters
btb Verlag
Juni 2005
576 Seiten
In diesem Buch entführt der niederländische Autor den Leser in eine dem Deutschen fast unbekannte Welt: Das 20. Jahrhundert aus der Sicht niederländischer Calvinisten.
Der namensgebende Vater des Autors wurde 1899 in einem kleinen Ort in den Niederlanden geboren, erlebte die Spaltung der Protestanten aktiv mit und war als calvinistischer Pfarrer in Sumatra. Dort wird die Familie durch die japanische Besetzung während des zweiten Weltkriegs auseinandergerissen, erst nach einigen Odyseen finden sie sich wieder in den Niederlanden ein.
Der Autor, selbst 1946 als sechstes Kind geboren, konstruiert aus Gesprächen und der umfangreichen Familienkorrespondenz die damalige Zeit, beschwört sie gar herauf. Unsentimental breitet er vor dem staundenden Leser ein Land aus, das wir höchstens als den kleinen Nachbarn mit den Tulpen zur Kenntnis genommen haben. Dabei werden quasi im Vorbeigehen auch zahlreiche Fakten und historischen Gegebenheiten beleuchtet, erklärt und ihre Konsequenzen erläutert.
Die Niederlande interessieren mich allein schon aufgrund der räumlichen Nähe, aber mit diesem Buch ist Mak noch mehr gelungen, ein Blick auf die Geschichte des 20. Jahrhunderts in Europa, der mal nicht “schwarz-rot-gold” gefärbt ist, sondern unsere Nachbarn zeigt und mit dem detailreichen Wissen viele Mißverständnisse und Unklarheiten im deutsch-niederländischen Verhältnis erklärt.
Für mich ein wunderbares Buch, das amüsant, locker und ausführlich geschrieben ist, dessen chronologischer Aufbau mir sehr entgegengekommen ist und das mich dazu gebracht hat, mich mit weiteren Geschichtsbüchern auseinanderzusetzen.
Eine Bereicherung meines Lesejahrs!