Die Expo 2000 fand in Hannover statt, der Landeshauptstadt Niedersachsens. Den Rang als eine Art Kulturhauptstadt muss Hannover allerdings inzwischen gegen das peripher gelegene kleine Städtchen Wunstorf verteidigen, wo die Buchhandlung "Bücherparadies" schon eine Weile ganz fabelhafte und stets ausverkaufte Lesungen organisiert und veranstaltet!
Gestern abend war nun Sandra Lüpkes zu Gast im "Küsters Hof", welcher den Wunstorfer Lesungen einen sehr angenehmen Rahmen gibt - obschon während der Veranstaltungen weiterhin serviert wird kommt es selten oder gar nicht zu irgendwelchen störenden Geräuschen wie Gläserklirren oder das Bimmeln der Kasse.
Wobei das in diesem Fall sicherlich nicht aufgefallen wäre, die Autorin - die auch mit selbstgeschriebenen Chansons als Sängerin auftritt - sorgte von Anfang an dafür das sie die volle Aufmerksamkeit des Publikums hatte.
Sie stellte ihren soeben bei dtv erschienenen Roman "Todesbraut" vor, einen neuen Fall für die Ermittlerin und Profilerin Wencke Tydmers, die sich inzwischen in Hannover niedergelassen hat. Im benachbarten Wunstorf wird die Polizistin dann in einen Mordfall an einer jungen Frau verwickelt, ein brisanter Fall, scheint es sich doch um einen Ehrenmord zu handeln. Hauptverdächtiger ist der Bruder der Ermordeten, der schon einmal versucht hatte, seine Schwester ob ihres Lebenswandels umzubringen....
Die Autorin liest ausgesprochen lebendig und ausdrucksstark, und obwohl ihr professionelles Training offensichtlich ist wirk die Lesung nie gekünstelt, sondern im Gegenteil ausgesprochen echt. Sandra Lüpkes sorgt mit ihrer Art des Vortrags für ein echtes Kopfkino, Bilder und Scenen werden vor den Augen der Zuhörer lebendig, wir verlassen für einen Moment den Saal und befinden uns direkt am Schauplatz des Verbrechens.
Unterbrochen wird das Vorlesen nur durch die Songs, Sandra Lüpkes kann nicht nur sprechen sondern auch außerordentlich gut singen! Auch hier vermag ein professionelles Training ihre Natürlichkeit nicht überdecken, es unterstützt ihren Vortrag - auch wenn sie das spielen der traditionellen Hirtenflöte, das stellte sie auch selbst fest, dringend noch üben muss. 
Sehr schön hingegen ist ihr Trompetenspiel, sie hat einen warmen, an Miles Davis erinnernden Ton und ein gutes Gespür für Nuancen und Timing, leider spielte sie nur kurz zu einem Song.
Da ein Teil der Geschichte, neben Hannover und Istanbul, in Wunstorf spielt kam es in der Entstehungsphase zu einer recht außergewöhnlichen Zusammenarbeit zwischen Autorin und Buchhandel. Das Team des "Bücherparadies" fungierte hier auch als Lektorat, um die Stimmigkeit der Details zu überprüfen und zu verbessern.
Was z.B. das nicht Vorhandensein einiger als Versteck geeigneter Büsche am wunstorfer Bahnhof angeht hatte das Team leider recht - wie ich selbst zu meinem Leidwesen feststellen musste..... 
Lesungen werden immer mehr zu einem Event aufgeblasen, Höhepunkt ist sicherlich die Multimedia-Show von Frank Schätzing zu seinem neusten Werk. Es gibt einige, die die traditionelle Lesung zugunsten solcher Shows verschwinden sehen.
All jenen kann ich zurufen: :bruell"Wir brauchen kein Multimedia - wir hatten Sandra Lüpkes!"
