Dass das Leben einfach lächerlich anstrengend sein kann.
Nicht genug, dass mein Vater im künstlichen Koma lag, nun sehr langsam wieder aufwacht (wobei er seine linke Körperseite noch kein bisschen bewegt geschweige denn erkennen lässt, dass er dort etwas fühlt) und es generell noch sehr, sehr, sehr lange dauern kann und wahrscheinlich wird bis seine Gehirn- und Körperfunktionen wieder einigermaßen normal sind.
Nein, dann musste ich auch noch vorletzten Freitag von meiner Organisation erfahren, dass meine Gastfamilie mich nicht mehr aufnehmen möchte. Nicht für alles Geld der Welt.
Zwar habe ich nun eine neue Gastfamilie, dafür aber auch einen netten "Verhaltensvertrag", dem ich entweder zustimmen oder mein Austauschjahr vergessen kann. Und warum? Weil meine Gastmutter Lügen über mich erzählt hat. Ach, und Siebzehnjährige werden in Amerika ja wie dumme Kinder behandelt, die keine eigene Meinung haben dürfen. Und wenn ich meine dann auf nette Weise äußere, nennt sich das "Drück ausüben".
Und jetzt?
Meine neue Gastfamilie kann mich am Freitag nicht am Flughafen abholen. Eine erneute Umbuchung eines Fluges würde aber mich $600 kosten und ich werde diese nicht zahlen nur weil meine Gastfamilie einen Wochenendstrip geplant hat.
Meine Lösung wäre ja, übers Wochenende bei meiner besten amerikanischen Freundin unterzukommen, die bereits alles mit ihren Eltern geklärt hat - Ein paar Tage bei ihr würden mich beruhigen.
Aber ich schätze, dass meine Organisation komplett dagegen sein wird.
Mit anderen Worten: Ich habe keine Ahnung ob ich am Freitag fliege. Ich habe keine Ahnung, wo ich schlafen werde. Ich habe keine Ahnung, wie meine neue Gastfamilie mich behandeln wird nach allem, was ihnen über mich erzählt wurde.
Und ich habe Angst zurück nach Amerika zu fliegen, möchte aber nicht, dass mein Austauschjahr auf diese Weise endet. Es ist mir vollkommen egal, wie viele Steine mir von den ach-so-tolllen-und-klugen-und-reifen Erwachsenen (meine ehemalige Gastmutter hat mich mehrmals angeschrien. Äh, ja) in Amerika in den Weg gelegt werden: Ich werde es schaffen. Ich bin zwar vollkommen fertig und es geht komplett gegen meine Persönlichkeit, diesen bescheuerten Verhaltensvertrag zu unterzeichnen, der meine Freiheit im Land der Freiheit extrem beschränkt, aber es ist doch nur noch für dreieinhalb Monate. Danach habe ich meine Freiheit wieder und kann wieder unabhängig sein.
Und zurück nach Amerika muss ich schon allein wegen der Tatsache, dass der größte Teil meines Besitzes immer noch dort ist, auch Medikamente und Kontaktlinsen. Und ich muss meine Freunde wiedersehen.
Trotzdem will ich mich bis Freitag unter der Decke verstecken und keine nervenaufreibenden Gespräche mehr führen.
Und dennoch... obwohl mein Austauschjahr seit vier, fünf Wochen der absolute Horror ist, bin ich froh, dass ich mich dafür entschieden habe. Ich lerne momentan mehr fürs Leben als ich je getan hätte, wenn ich ganz normal in die elfte Klasse in Deutschland gegangen wäre. Und dass ich kein bisschen mehr zögere, jemanden anzurufen um etwas zu klären, sei es auf Englisch oder Deutsch, ist noch die kleinste Sache.
Und irgendwann werde ich bestimmt auch noch damit klar kommen, dass diejenigen Menschen, denen ich vertraut habe und mit denen ich sechs Monate lang zusammengelebt habe, mich sozusagen hintergangen haben und sogar zu feige waren, mir das alles ins Gesicht zu sagen. Momentan tut es zwar noch verdammt weh, aber es wird schon, davon bin ich überzeugt.
Das geht mir gerade durch den Kopf.....
- Voltaire
- Geschlossen
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Ich finds beeindruckend, wie du damit umgehst, Nastja. Ich wünsche dir sehr, dass du trotz dieses Vertrags (was steht da überhaupt drin?) mit der anderen Gastfamilie noch eine gute Zeit hast und dein Auslandsjahr gut abschließen kannst.Und natürlich hoffe ich sehr, dass dein Vater so schnell wie es geht, wieder gesund wird.
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@ Nastja: ich habe die letzten Tage an dich bzw. deinen Vater gedacht.
Ich hoffe, dass es ihm bald besser geht!!Und dir wünsche ich von Herzen gaaanz viel Glück, egal wie du dich entscheidest.
Ich finde dich wirklich sehr mutig! -
Nastja :knuddel1, Da hst Du wirklich fürs Leben gelernt, schätze ich. Schön, dass es Deinem Vater etwas besser geht und Du schaffst die paar Monate auch noch.
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...wenn man jmd den kleinen Finger reicht........................no comment gut dass schon Mittwoch ist. Und Frühling
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Nastja, wie schön wieder von dir zu hören!
Ich hab öfter an dich gedacht und hoffte, dass es mit deinem Vater bald wieder bergauf geht. Sieht ja auch ganz danach aus. Das freut mich natürlich sehr!
Ich find es wirklich schade und traurig zugleich, dass dir die Zeit nicht gelassen wird, dich in Ruhe um deinen Vater zu sorgen. Nein, stattdessen zwingen sich dir andere Probleme auf, die geklärt werden müssen - mangels Empathie seitens deiner Gastmutter. Schon wieder!
Weißt du, Nastja, ich glaube, ich habe das letzte Mal schon gesagt, dass du dieser Frau nun wirklich nicht einleuchtend beweisen und ihr nichts geben kannst, weil das voraussetzen würde, dass sie etwas annimmt und das kann sie scheinbar nicht. Vergiss sie und ihre Intrigen, denn sie ist es wirklich nicht wert, sich weiter drüber aufzuregen. Verlass dich stattdessen auf dein Gefühl, dass die restliche deiner alten Gastfamilie zu dir steht und dich zu schätzen und evtl sogar zu lieben weiß.
Was deinen Verhaltensvertrag angeht, so kann ich mir sehr gut vorstellen, dass dir das total gegen den Strich geht und du dich innerlich weigerst, etwas zu unterschreiben, das nur dazu dient, dich zu knebeln... und das - wie du schon selbst sagst - im Land der unbegrenzten Freiheiten. Unglaublich.
So, wie es für mich klingt, wirst du diesen Vertrag dennoch unterschreiben und trotzdem hinfliegen, denn das hast du dir ja in den Kopf gesetzt. Ehrlich, ich find das unheimlich tough von dir! Du schaffst das, davon bin ich überzeugt. Ich sehe das mal optimistisch und hoffe, dass du dieses Mal zu einer besseren Gastfamilie kommst, als beim letzten Mal. Wie wahrscheinlich ist es, dass man gleich zwei Mal hintereinander in einen großen Pott Sch**** greift?
Doch urteile nicht vorschnell über deine neue Gastfamilie, denn gerade diese geben dir eine zweite Chance. Sicher, vorerst misstrauen sie dir und knebeln dir mit einem solchen Vertrag die Hände, aber das ist nicht deren Schuld, sondern die deiner Gastmutter. Benimm dich ganz normal, wettere nicht über deine Gastmutter, denn das rückt dich nur weiter ins schlechte Licht und bestätigt die Vorurteile, die sie über dich haben. Ich denke, mit deiner Art und deinem guten Willen wirst du recht bald überzeugen und merken, dass sie dir entgegenkommen werden... ganz genau so wie deine Gastbrüder und dein Gastvater es auch taten. Treten dir deine Gasteltern von sich aus entgegen, schenke reinen Wein ohne groß auszuschmücken. Wenn sie sich vorher ein Bild von dir gemacht haben, werden sie von alleine verstehen, was passiert ist. Davon gehe ich einfach mal stark aus.
Wenn deine Gastmutter im Nachhinein hören sollte, dass ihr Plan trotz aller Mühen nicht gefruchtet hat, wird es sie härter treffen, als Worte es je könnten. Ein netter Nebeneffekt, um der Dame zu zeigen, dass sie nicht der Nabel der Welt ist, so wie sie sich wohl sieht.
Viel Glück, Kraft und ganz viel Mut wünsch ich dir für dein Vorhaben. Ich ziehe ehrlich meinen Hut vor dir!Und noch eins an dieser Stelle: Ich hab beim letzten Mal, als ich dir so ausführlich antwortete, viele Dinge geschrieben, die ich zwar so meinte, aber nicht wirklich für mich verinnerlicht hatte. Wie glaubwürdig und ernst kann man mich nehmen, wenn ich nicht selbst befolge, was ich anderen rate? Wie viel wert hat dann mein Ratschlag überhaupt? Das hat mich sehr zum Nachdenken gebracht, eben weil mich vieles davon selbst betraf, und mir den letzten Ruck gegeben etwas zu tun, woran ich schon sehr lange habe knabbern müssen. Ich lag die halbe Nacht wach und habe am nächsten Tag (auch noch am Valentinstag!) die Kraft, Einsicht und vor allem den Entschluss gefasst, mich von meiner derzeitigen Beziehung zu trennen. Das war richtig, unglaublich schwer und verletzend, aber schon länger fällig.
Danke, dass du mich zum Nachdenken gebracht hast und irgendeinen Teil von mir mit deiner Geschichte unabsichtlich berührt hast, der wohl lange vor mir selbst verborgen lag. Du hast an meinem Verstand appelliert oder besser gesagt ich mir selber, weil ich dir helfen und dir mit ehrlichem Rat zur Seite stehen wollte. Mit gutem Beispiel voran, sozusagen. Danke dafür. -
Nastja, ich finde es unglaublich, wie du es meisterst. Ich bin mir sicher, dass alles sich zum Guten wendet. Lass den Kopf nicht hängen! (Aber ich glaube, du tust es eh nicht ... :zwinker)
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Liebe Nastja, ich wollte dir auch mal weiterhin alles Gute wünschen. Ich hatte schon die Geschichte von deinem Vater gelesen und freue mich sehr für dich, dass es ihm besser geht. Und ich wünsche dir trotz allem noch eine schöne Zeit in Amerika. Die wirst du schon haben, denn du meisterst das ja alles wirklich gut, und du hast ja auch liebe Menschen dort kennengelernt, die zu dir halten.
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Liebe Nastja, alles Gute
Du bist so mutig, und du wirst auch noch die dreieinhalb Monate irgendwie herumbiegen.Darf ich fragen, was in dem "Verhaltensvertrag" denn drinnen steht?
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Liebe Nastja, du stehst das bestimmt durch, wenn du das bisher auch geschafft hast.
Mir geht gerade durch den Kopf, dass in letzter Zeit unheimlich viele meiner Freunde bei Facebook mit meinem Exfreund befreundet sind. Wird ein Spaß, sie meinem Freund vorzustellen...
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Vielen lieben Dank euch allen :knuddel1.
Auf die Büchereulen ist doch immer Verlass :-).
Ich möchte den Inhalt des Verhaltenvertrages hier nicht unbedingt ausbreiten, weil einiges davon doch sehr privat ist. Was ich aber sagen kann, ist, dass meine Betreuerin von der Austauschorganisation nun der Direktor des gesamten Bezirks ist und ich muss mich bei ihm mindestens einmal in der Woche melden.
Die meisten Punkte (insgesamt elf) zielen darauf ab, mich "in Schach zu halten" und enthalten auch nette Drohungen wie "wenn du diesen Vertrag nicht akzeptierst und auch nur versuchst, etwas daran ändern zu lassen, werden wir die nötigen Konsequenzen ziehen müssen".
Da mir die Konsequenzen mehr als bewusst sind, werde ich mich wirklich an den Vertrag halten müssen. Ich kann nur darauf hoffen, dass meine neue Gastfamilie mich ins Herz schließt und von sich aus einige Regeln lockert.bleeding : Ich danke dir ganz besonders :knuddel1. Vielen Dank!
Und ich werde deine Ratschläge berücksichtigen :-).
Die Sache mit deiner Beziehung tut mir auf der einen Seite leid, auf der anderen Seite scheint es das Richtige für dich gewesen zu sein. Also "gratuliere" ich dir zur getroffenen Entscheidung, auch wenn sie weh tut. -
Sehr süß formuliert.
Wenn man eine Entscheidung mit dem Kopf und nicht mit dem Herzen trifft, tut sie immer weh. Zähne zusammen und durch, sonst wird das nichts. Bis jetzt sieht es sogar ganz in Ordnung aus.Freut mich sehr, dass du meine Ratschläge beherzigen möchtest! Und wenn du zurück bist, dann lad ich dich mal auf einen Kaffee oder so ein. Ich sehe, du wohnst auch in NRW. Ich glaub, wir hätten uns viel zu sagen.
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Zitat
Original von bleeding
Ich sehe, du wohnst auch in NRW. Ich glaub, wir hätten uns viel zu sagen.Wenn man dich des Öfteren so liest, müsste man davon ausgehen, NRW sei so groß wie das Saarland.
"Ach, ich komm mal fix rüber!" -
Ich schau mir eben gerne andere Orte an und da ich NRW zudem umsonst befahren kann, steht dem ja nichts im Wege.
Außerdem find ich alles, was in 3 Std Fahrt zu erreichen ist, recht erträglich. Die Zeit, die man im Zug verbringt, kann man nämlich sehr effektiv zum Lesen nutzen, ganz ohne Ablenkung der Eulen. *hust*
... das ist zumindest der nette Nebeneffekt. -
ich hoffe so sehr dass alles gut wird
puuuuuh alles in Ordnung alles ist ok
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Mache mir Sorgen um die Menschen in Japan
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Mir dreht sich der Kopf vor lauter Déjà-vus Und als ob es eine Ironie des Schicksals wäre, wird mir heute bewusst, dass etwas, worüber ich noch vor ein paar Wochen lachend und verneinend den Kopf geschüttelt habe, überrascht, wie mein Gegenüber auf so einen Schwachsinn kommen kann, doch irgendwie zur Wirklichkeit wird. Was das Gefühl des Déjà-vus irgendwie verstärkt. Und was mir so unheimlich in der Seele weh tut, weil ich das vor paar Wochen ganz aufrichtig meinte und nie auf den Gedanken gekommen wäre, dass es so sein könnte.
Und ich weiß jetzt schon, dass ich Dummheiten machen werde.
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@ Nastja
Irgendwie klingt dieser "Verhaltensvertrag", als seist du ein verhaltensauffälliger Teenager mit krimineller Ader oder so. Ich wünsche dir dennoch eine schöne Restzeit.
@ Gummibärchen
Ich habe keine Ahnung, ob und wie ich dir helfen kann, darum drücke ich dich einfach nur fest und hoffe, dass du keine Dummheiten machst. (Jedenfalls nicht allzu dumme Dummheiten ...)
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Zitat
Original von Iszlá
@ GummibärchenIch habe keine Ahnung, ob und wie ich dir helfen kann, darum drücke ich dich einfach nur fest und hoffe, dass du keine Dummheiten machst.
Tja...das Problem ist, dass ich bei manchen Dingen nicht sicher bin, ob sie in meiner derzeitigen Lage noch akzeptabel sind oder schon als Dummheiten zählen. Außerdem hab ich gestern offensichtlich schon genug Dummheiten gemacht und es ist heute schon egal. Dennoch danke...