Meine Freundin, die Nonne - Ilka Piepgras

  • Kurzbeschreibung
    Als junge Mädchen waren sie beste Freundinnen - heute führen sie Leben, die unterschiedlicher nicht sein könnten: Ilka ist erfolgreiche Journalistin und Mutter von Zwillingen. Und Charlotte, die sich nun Diodora nennt, ist Äbtissin in Griechenland. Nach einer einschneidenden Begegnung mit einem Mönch war sie noch während ihres Kunststudiums in ein orthodoxes Kloster eingetreten und machte dort auf ihre Weise Karriere. Im östlichen Christentum fand sie das, was sie in der Kunst jahrelang vergeblich gesucht hatte. Ihre Familie reagierte schockiert auf ihren Entschluss, dem bisherigen Leben den Rücken zu kehren doch Diodora hat ihn nie bereut. Zwanzig Jahre nach ihrer letzten Begegnung begibt sich Ilka auf den Weg zu ihrer Freundin - es wird eine Reise in die Vergangenheit und zugleich eine Suche nach Spiritualität in der heutigen Zeit.


    Eigene Meinung
    Dieses Buch entführt uns in eine ganz andere Welt, in die abgeschiedene, stille Welt einer orthodoxen Klostergemeinschaft in Griechenland.


    Charlotte und Ilka waren enge Freundinnen, bis sich Charlotte nach einem Aufenthalt in Griechenland Hals über Kopf dazu entschliesst, sich einer orthodoxen Glaubensgemeinschaft anzuschliessen.
    Dieser Entschluss kam durch einem Zufall zustande, weil ein Mönch sie auf der Strasse angesprochen und gefragt hat, ob sie aus ihrem Herzen eine Kirche Christi machen möchte. Dieser Mönch hat die Charlotte durch seine beeindruckende Persönlichkeit in gewisser Weise „gefangen genommen“.


    Mit grosser innerer Ueberzeugung, unbeirrbar zielstrebig hat sie sich in der Folge auf den Weg gemacht, um Nonne in einer griechisch-orthodoxen Klostergemeinschaft zu werden. Sie hat innert kürzester Zeit Griechisch gelernt, Alt- und Neugriechisch, hat sich umtaufen lassen….und nach wenigen Jahren ihres Nonnen-Daseins, im Alter von 31, wurde sie bereits zur Aeptissin gewählt, die erste ausländische Aeptissin in einem griechisch-orthodoxen Kloster überhaupt…..


    Ihre Familie und der Freundeskreis konnten diesen Entschluss nie wirklich nachvollziehen….und so macht sich ihre Jugendfreundin Ilka nach 20 Jahren auf den Weg nach Griechenland, sie möchte versuchen zu verstehen.


    Ihre Eindrücke von diesem kargen und weltabgewandten klösterlichen Lebens....all die Fragen, die sie auf behutsame Art ihrer Freundin Diadora (das ist Charlottes Name als Ordensfrau) gestellt hat, u.a. auch diejenige nach unausgelebten/unterdrückten sexuellen Bedürfnissen.....die Antworten die sie darauf erhalten hat, oder manchmal halt auch nicht, Antworten welche die Autorin überdenkt und hinterfragt.... neue Perspektiven, die sich ihr durch diese Gespräche mit Diadora und anderen Nonnen (und auch Mönchen) erschlossen haben.... Einsichten, wie sie ihr eigenes oft bis zur letzten Minute verplantes Leben etwas anders/ruhiger/reichhaltiger gestalten könnte…. all das hat sie in diesem Buch niedergeschrieben.


    Doch trotz des guten Willens ihre Freundin zu verstehen, ist der Autorin einiges im Zusammenhang mit den Entscheidungen Charlottes für diese Lebensform fremd und unerklärlich geblieben.
    Mir selber ist es vor allem schleierhaft geblieben, warum eine derart eigensinnige, selbstbewusste und starke Frau sich einer Art „Guru“ (sorry, aber anders kann ich ihn nicht benennen, Mönch hin oder her…) unterwirft, sich fraglos dessen religiöse Ansichten quasi zu Eigen macht….


    Es ist ein stilles, und doch, oder gerade deswegen, ein recht eindrückliches Buch, eines das mich selber auch zum Nachdenken über meine eigene Lebensgestaltung angeregt hat. Manche dieser orthodoxen "Weisheiten" waren mir zwar zu mystisch-verklärt, als dass ich einen Zugang gefunden hätte. Mit solcherart philosophisch-religiösen Aussagen/Lebensanschauungen, aus welchen Richtungen auch immer sie abgegeben werden, konnte ich seit eh und jeh nicht viel anfangen. Sie sind mir zu verschwommen-vernebelt-ausweichend….
    Doch sind in diesem Buch darüber hinaus auch recht viele „praktische“ Anregungen/Anleitungen zu finden, wie ich selber einiges an Alltags-Stress vermeiden könnte…selber bisschen mehr zu innerer Ruhe und Gelassenheit finden könnte.


    Ein Buch, das ich all jenen ans Herz legen kann, die sich für andere Lebensformen interessieren….vielleicht ist es auch hilfreich für Menschen auf der Suche nach dem inneren Gleichgewicht. Es zeigt die eine und andere Idee auf, wie man lernen kann, der Hektik des Alltags entgegen zu wirken, wie man sich selber Ruhepunkte setzen kann, und vor allem, dass man seine ganz individuellen Prioritäten setzen kann, was für einen selbst wichtig ist, man sich dazu durchringen kann, Unwichtiges einfach mal über Bord zu werfen....

    Avatar: James Joyce in Bronze... mit Buch, Zigarette und Gehstock.
    Diese Plastik steht auf seinem Grab. (Friedhof Fluntern, Zürich)
    "An Joyces Grab verweht die Menschensprache." (Yvan Goll)

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  • Eine interessante Buchvorstellung über ein sehr interessantes Thema. Ich habe den Titel mal auf meiner Merkliste aufgenommen. Es gibt eben auch alternative Lebensformen über die man kaum etwas weiß. :wave

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Zitat

    Original von Voltaire
    Eine interessante Buchvorstellung über ein sehr interessantes Thema. Ich habe den Titel mal auf meiner Merkliste aufgenommen. Es gibt eben auch alternative Lebensformen über die man kaum etwas weiß. :wave


    Bei dieser Buchvorstellung habe ich jetzt nicht an Dich gedacht Voltaire... :grin....da dachte ich vor allem an die Izlà, die sich für dieses Buch interessiert hat, ich hoffe nun, dass sie es entdeckt.


    Und ja, genau...ich habe während der ganzen Lektüre mir darüber Gedanken gemacht, wie viele verschiedene Lebensformen es doch gibt, Lebensformen, von denen man kaum je einmal etwas gehört hat, und die einem vielleicht deshalb dann so fremd sind....


    :wave

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  • Ah, die Iszlà hats entdeckt.



    Beowulf....das wollte ich eigentlich noch unterbringen, mein Eindruck über den Schreibstil, und habs halt wieder vergessen.
    Der Schreibstil geht schon eher in die Richtung: journalistisch-nüchtern....man kann ihn nicht unbedingt als literarischen Höhenflug einstufen, doch sehr flüssig lesbar.

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