Der Tag, an dem meine Tochter verrückt wurde – Michael Greenberg

  • Gebundene Ausgabe: 288 Seiten
    Verlag: Hoffmann und Campe (16. Februar 2009)
    Preis: Euro 19.95


    Kurzbeschreibung / Klappentext


    Michael Greenberg ist Schriftsteller und führt ein mehr oder weniger geordnetes Leben in New York. Doch dann wird seine Tochter krank – und die Welt um ihn gerät ins Wanken. Der eindrucksvoll erzählte Bericht eines Vaters, der um sein Kind kämpft. Ein heißer Tag in Manhattan. Michael Greenberg sieht ein Polizeiauto vor seinem Wohnhaus parken. Dass oben zwei Polizisten damit beschäftigt sind, seine von Visionen geschüttelte Tochter zur Ruhe zu bringen, erfährt er erst später. Es ist der Beginn eines langen Weges, den er zu gehen hat, um sein Kind in die Wirklichkeit zurückzuholen. »Ich habe das Gefühl zu reisen, aber ohne Möglichkeit zur Umkehr«, sagt Sally. Ihr Vater folgt ihr auf dieser »Reise«, die sie unter anderem durch die Psychiatrie führt, hin zu einem halbwegs »normalen« Leben. Ein anrührendes Buch, das einen ganz eigenen Sog ausübt.


    Autor


    Michael Greenberg ist Kolumnist für Times Literary Supplement (London), wo seit 2003 seine Beiträge erscheinen. Seine Prosastücke, Kritiken und Reiseartikel sind bei einem großen Publikum beliebt. Er lebt in New York. Bei Hoffmann und Campe erschien Der Tag, an dem meine Tochter verrückt wurde. Eine wahre Geschichte (2008).


    Meine Meinung


    Dieses Buch unterscheidet sich zu vielen anderen Biografien darin, dass der Erzähler Michael Greenberg selbst Autor und Schriftsteller ist und somit nicht wie etliche andere Personen die eine Biografie veröffentlichen auf einen Ghostwriter zurückgreifen muss. Und das ist es auch was mir allererstes aufgefallen ist, die sprachliche und literarische Qualität ist für eine Biografie hervorragend. Es fühlt sich für mich als Leser einfach anders an wenn ein Mensch der sich auszudrücken weiss über ein selbst erlebtes Familienschicksal schreibt, als wenn ein Ghostwriter aus Aussagen und Fakten eine Biographie schreibt, aber das worüber er schreibt nicht selbst erlebt hat.


    Das Buch beginnt der Autor ohne grosse Einleitung direkt mit dem Tag des Zusammenbruchs der 15-jährigen Tochter Sally und deren anschliessenden Einweisung in eine psychiatrische Klink. Was folgt sind die ganz normalen Gedankengänge eines Vaters der sich Selbstvorwürfe macht die Anzeichen der Erkrankung nicht wahrgenommen oder eben auch verdrängt zu haben. Mal ganz ehrlich, welche Eltern gestehen sich ein, dass mit ihrem Kind etwas nicht in Ordnung ist? Besonders im Alter von ca. zwölf aufwärts wird doch eigenwilliges Verhalten der Kinder mit der Pubertät und den damit verbunden körperlichen und hormonellen Veränderungen begründet. Wer will sich schon eingestehen das mit seinem Kind etwas nicht stimmt, zumal es sich dabei um ein Tabu Thema handelt das man der Öffentlichkeit lieber verschweigt.


    Auf den folgenden Seiten wird dann die Hilflosigkeit der Angehörigen geschildert sobald die Ärzte und Pfleger sich um das wohlergehen von Sally kümmern oder etwas härter ausgedrückt das Kommando übernommen haben. Als Eltern hat man dabei eine passive Rolle und kann nur ohnmächtig zusehen wie Medikamente die eigene Tochter ruhigstellen und wie apathisch sie wird. In den paar Minuten der Besuchszeit kann man nur versuchen so gut als möglich für die Tochter da zu sein. Doch auch mit dieser Situation lernt man umzugehen und man freut sich über jeden fortschritt der Genesung und sei es auch nur wenn Dosis der Medikamente um ein paar winzige Milligramm zurückgefahren wird. Schlussendlich dann der Tag der Entlassung und die schrittweise Wiedereingliederung von Sally in ihr Leben und die Gesellschaft.


    Fazit


    Dies ist kein Buch das Tipps und Ratschläge erteilt wie mit manisch-depressiven (bipolare Störung) Menschen oder ganz allgemein mit dem Schicksal einer solchen Erkrankung umzugehen hat. Es ist einfach ein Bericht eines Vaters wie er diese Zeit erlebt und was er dabei gefühlt hat. Er legt dabei auch schonungslos seine Familienverhältnisse offen und wie seine Ex-Frau und die neue Lebenspartnerin mit dieser Sache umgehen. Dadurch das er Schriftsteller ist kann er seine Gedanken und seine Gefühlswelt gut in Worte fassen, wobei ich erwähnen muss das er sich zwischendurch immer wieder in Details verliert. Anzumerken gilt es noch das ich nicht mein gewohntes Lesetempo erreicht habe, es ging alles ein bisschen langsamer vonstatten. Obs am nicht immer leichtverdaulichen Inhalt lag oder am Erzählstil vermag ich so kurz nach Beendigung des Buches nicht zu sagen. Ich vergebe 8 Punkte.

  • Das hört sich sehr interessant an. Herzlichen Dank für diese Buchvorstellung. Vielleicht werde ich es auch lesen, obwohl es mir nicht leichtfällt, Bücher mit derartigen oder vergleichbaren Inhalten zu lesen. Mit dem Leiden von Kindern und Jugendlichen habe ich so meine Schwierigkeiten........(Weichei halt).

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Das klingt sehr interessant, dank dir für den Tipp, geht gleich auf die Wishlist, muss ich schnellstens haben. Das Thema interessiert mich sehr, eben auch mal aus der Sicht eines Angehörigen. Ich bin z.b. Betroffene und es ist wichtig auch zu wissen was die Familie etc. empfindet.

  • Zitat

    Original von Voltaire
    Vielleicht werde ich es auch lesen, obwohl es mir nicht leichtfällt, Bücher mit derartigen oder vergleichbaren Inhalten zu lesen. Mit dem Leiden von Kindern und Jugendlichen habe ich so meine Schwierigkeiten........(Weichei halt).


    Also hier kann ich dich und andere Leser sie ähnliches Befürchten doch beruhigen. Sally geschieht soweit nichts schlimmes, also jetzt körperlich betrachtet, und die Medis stellen sie ruhig und lassen sie apathisch wirken. Böse formuliert könnte ich auch sagen sie hat von ihrem Leiden, zumindest am Anfang, eher wenig mitbekommen. Und auch sonst geht sie mit Ihrer Krankheit gut um. Von der ersten Minute an als sie mit anderen Patienten in Kontakt kommt sieht sie sich in der Rolle den anderen zu helfen und als ein Vorbild. (Ihre Gedankenwelt: Ich bin doch nicht verrückt! Neeeiiin, die anderen sind verrückt und denen helfe ich jetzt auf den rechten Weg zu kommen! :grin)


    Es dreht sich fast alles um die Sichtweise der Angehörigen, vorab um die Sicht des Vaters, wenn auch manchmal etwas vom eigentlichen Thema abschweifend.


    Ich möchte noch anfügen das ich den Preis von Euro 19.95 für 288 Seiten recht hoch finde. Das Buch ist aber im Februar 2009 erschienen und ich könnte mir vorstellen das in ein paar Monaten das Taschenbuch erscheint. Wer mit dem Kauf noch etwas zuwarten kann, kann noch ein paar Euros sparen.

  • Zitat

    Original von sapperlot
    Ich möchte noch anfügen das ich den Preis von Euro 19.95 für 288 Seiten recht hoch finde. Das Buch ist aber im Februar 2009 erschienen und ich könnte mir vorstellen das in ein paar Monaten das Taschenbuch erscheint. Wer mit dem Kauf noch etwas zuwarten kann, kann noch ein paar Euros sparen.


    Der Preis ist etwas, was mich bisher auch immer noch etwas abgeschreckt hat - bis jetzt ist auch leider noch kein Taschenbuch angekündigt.


    Für die Eulen, die auch auf Englisch lesen, wäre die englische Ausgabe vielleicht noch eine Alternative.

  • Zitat

    Original von MissKazumi
    Das klingt sehr interessant, dank dir für den Tipp, geht gleich auf die Wishlist, muss ich schnellstens haben. Das Thema interessiert mich sehr, eben auch mal aus der Sicht eines Angehörigen. Ich bin z.b. Betroffene und es ist wichtig auch zu wissen was die Familie etc. empfindet.


    Auch hier möchte ich kurz etwas dazu schreiben: Es lässt sich grundsätzlich nicht verallgemeinern wie Angehörige eines Menschen mit bipolarer Störung mit der Krankheit umgehen. Die Voraussetzungen der Familie Greenberg sind doch speziell, die Eltern geschieden, die Mutter wohnt entfernt in Vermont, Michael Greenberg hat eine neue Lebenspartnerin und sein Bruder, um den er sich auch kümmern muss ist, ist geistig behindert. Zudem ist er Schriftsteller und er kann ganze Tage am Stück in der psychiatrischen Klink verbringen. Wie würde es zum Beispiel ein Vater sehen der jeden Tag zur Arbeit müsste und nur Abends zu seiner Tochter in die Klinik könnte? Eltern die nicht geschieden sind? Es ist ein Buch das zeigt wie die Familie Greenberg mit dieser Situation umgegangen ist und sie schliesslich gemeistert hat.

  • Natürlich läst sich das nicht verallgemeirn, ist ja klar. Natürlich gehts auch immer um die Lebensumstände und vorallem Beziehungen zwischen den einzelnen Familienmitgliedern. Klar sieht ein Vater das anders der den ganzen Tag in der klinik vebringt, obwohl mir ein Rätsel ist wie das gehen soll, naja ok ist ja auch nicht in Deutschland, es anders als z.b. mein dad der mich nur einmal die Woch besuchen konnte. Und es kommt natürlich auf das Krankheitsbild ansich an, gibt ja zahlreiche psychischen Störungen. Bei manchen kann man andere nicht wahrnehmen o nicht komunizieren u hat Wahnvorstellungen. Wenn da ein Vater vor seiner Tochter sitzt die z.b. Wahnvorstellungen hat muss das echt hart sein. Bin gespannt auf das Buch.
    Hab im Anfangsposting gar nix von bipolar gelesen sapperlot, hattest das glaub nicht rein geschrieben. Muss nochma durchlesen.

  • "Der Tag, an dem meine Tochter verrückt wurde" hat mir insgesamt gut gefallen - obwohl sich der Autor in der Tat immer mal wieder in Details und Nebensächlichkeiten verliert, lässt sich das Buch sehr flüssig lesen und ich habe dadurch auch ein hohes Lesetempo erreicht und das Buch an beinahe zwei Tagen durchgelesen. Das Buch beschreibt die Zeit der Familie nach dem Zusammenbruch, was sehr eindringlich gelingt. Man merkt, dass Michael Greenberg es gewohnt ist, zu schreiben.


    Bei dem Buch handelt es sich sicherlich nicht um ein Sachbuch, trotzdem finde ich es schade, dass dennoch einige Dinge einfach faktisch falsch sind - da hätte ich mir vielleicht doch mehr Recherche gewünscht.


    Dennoch ein interessantes und gut lesbares Buch, mit einem sehr bedrückenden Thema.


    8 Punkte.

  • dass das buch hier schon rezensiert wurde, war mir bisher mal wieder entgangen. der fred hat mich aber zum glück daran erinnert, mich endlich an die hörbuch-version zu machen, die auch schon einige zeit bei mir liegt. sobald ich mein aktuelles hörbuch beendet habe also... :-)