Buchpremiere „Das Krähenweib“ Corina Boman Meißen, Franziskaneum, 23.04. 2010
Schade- aus dem Veranstaltungsort hätte man mehr machen können, doch die Veranstalter waren der Elternrat des Gymnasiums, da war das ganze etwas unprofessionell.
Aber der Reihe nach. Zum Welttag des Buches sollte man doch wohl zu einer Lesung gehen. Die Buchhandlung meines Vertrauens bot – Nichts. Also machte ich mich auf den Weg nach Meißen, normalerweise ein flotter Ritt über die Autobahn und dann nach ein Stück Landstrasse – aber 15 Km Stau durch Unfälle in der Baustelle- das wirft den Zeitplan durcheinander. Also nichts mit Geldtanken am Automat, die letzten Cents Bargeld zusammengeklaubt und direkt zum Veranstaltungsort.
Das ist ein altes Gymnasium, das sich auf eine Schultradition seit 900ebbeszwetzgig beruft, das Gebäude eher so etwa 100 Jahre alt, die große Schulaula war auch ganz gut besetzt.
Die Eröffnungsrede hält eine Vertreterin des Elternrates, die uns auseinandersetzt, warum wir hier sind. Es geht um die Aktion des Elternrates die armen Schulkinder vom schweren Ranzen tragen zu entlasten und deshalb für die fünften und sechsten Klassen einen zweiten Satz Schulbücher zu kaufen, damit die in der Schule verbleiben können und nicht immer hin- und hergetragen werden müssen. A- ha. Zum Welttag des Buches ist das doch eine tolle Idee zur Finanzierung eine Lesung, sozusagen Buch finanziert Bücher. Aua. Der (gespendete) Sekt (ausführlicher Dank an den Sponsor) wurde drum auch für zwei Euro das Gläschen verkauft- Autofahrersekt gab es schon für einen Euro das Sektglas. Der Eintritt von drei Euro kam wohl auch der Schule zu gute, dank an die Autorin, die „uns finanziell sehr entgegengekommen ist“- nicht nur finanziell- die wohnt ja auch nicht um die Ecke- aber was schreibt sie auch ein Buch in dem Johann Friedrich Böttger eine wesentliche Rolle spielt und (erneut A-ha!) wir haben doch dieses Jahr 300 Jahre Porzellanmanufaktur, da bot sich dieses Buch doch so an.
Nach dieser hochprofessionellen Einleitung hätte es schlimmer kaum kommen können? Denkste. Das Schultheater führte Szenen aus seinem Stück zu Böttger auf. Die hypernervöse Schülerin vernuschelte ihr Eingangsstatement und nannte die späteren Aufführungstermine und –orte, dann ging es mit der ersten Szene los- ohne Kostüme und Schminke. Hätte der einen Schüler der Jetztzeit darstellende junge Mann, seine Partnerin, ein etwas jüngeres Mädchen nicht permanent mit Oma angesprochen – was hätte man sich unter diesem Dialog vorstellen können. Etwas Schminke, etwas Verkleidung und der Text war doch gar nicht so schlecht...
Dann aber endlich kam die Lesung.
Corina war- modern, modern- mit einem tragbaren Mikrophon ausgestattet worden und begann nun- die letzten Seiten ihres Romanes – vorzulesen. Da in der Spielszene von August dem Starken die Rede war, fing die Lesung mit einer Szene 1719, nach dem Tode von Johann Friedrich Böttger an, hmm. Wenn noch jemand als Germanist ein Diplomthema sucht: „Die Rolle des Epilogs als Prolog“ – öfter mal was neues?
Doch dann begann die Autorin von Anfang des Buches zu lesen und uns ihre Protagonisten vorzustellen. Dabei kam meines Erachtens die Titelfigur, das Krähenweib, die (erfundene Figur der) Annalena Habrecht etwas kurz weg und blieb daher leider etwas farblos- der die Meißner interessierende Goldmacher, der dann gemeinsam mit einem anderen das Porzellan- das weiße Gold – erfand- wurde deutlicher vorgestellt, aber sympathisch kam mir der Herr nicht gerade rüber- ziemlicher Egoist, was die Autorin in den Zwischenpassagen mit den Worten umschrieb „Die Alchimie – seine große Liebe“ . Das Buch behandelt in Preussen den Beginn der Beziehung zwischen der ehemaligen Henkersfrau aus dem Norden, die von dort geflüchtet aus einer brutalen Ehe und aus einem von Geburt herrührenden verfemtem Stamm- den Henkersfamilien- auf den aus angesehener Familie stammenden Apothekerlehrling trifft, der trotz Verbot seines Lehrherrn das Experimentieren mit dem Stein der Weisen nicht lassen kann. Er will es schaffen niedriges Metall in Gold zu verwandeln. Als er- an einem sehr anschaulich geschilderten Abend ein Experiment zum Beweis seiner Kunst vorführen muss- als er aus alten Münzen Gold herstellen soll, da gelingt ihm der Trick die Zuschauer aufs Glatteis zu führen- und damit sitzt er dick in der Tinte, oder eher im Eisloch selbst, denn der preussische König braucht Geld und Gold für seine neue Königswürde drum kommt Böttger erstmal in den Kerker in sicheren Gewahrsam. Annalena verspricht zu helfen und verschwindet (die Autorin blättert einige Seiten weiter) Böttger gelingt es zu fliehen, aber kommt vom Regen in die Traufe, der sächsische Kurfürst braucht für seine polnische Krone noch mehr Gold und wer Gold machen kann, verspricht Reichtum und Macht – solange er selbst keine hat, macht der, der sie hat mit ihm was einfaches- er sperrt ihn ein.
Etwas mehr Lesung wäre mir Recht gewesen, gerade weil Annalena doch recht blaß blieb, aber es kam ja noch zwei Spielszenen des Schultheaters. Diesmal etwas besser, mit Kostüm, das hob die Qualität des Laienschauspiels.
Anschliessend konnte man die Bücher noch käuflich erwerben und sich signieren lassen, an der Zahl deren, die das taten konnte man erkennen, wie viel der Zuhörer wegen der Schule und wie viel der Autorin wegen gekommen waren. Ich habe- siehe oben kein Buch erwerben können, die Buchhandlung hatte kein Kartenlesegerät dabei und ich kein Bargeld, dabei ist das Buch für 16. 95€ ein durchaus preisvernünftiges Hardcover, das nach dem Eindruck der Lesung seinen Preis aus Wert ist- ich freue mich schon auf die Leserunde, auch wenn es bis dahin noch was dauert.